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KASSEN/827: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 24.08.2011 (KBV)


KBV-Kompakt Nr. 34 - Kurznachrichten aus der KBV vom 24. August 2011


→  Gesundheitspolitischer Newsletter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 24. August 2011
→  Dialyse-Patienten profitieren von besserer Versorgung
→  Falschabrechnung von Rezepten: AOK und DAV geben sich die Schuld
→  Kassen: Hoher Schaden durch falsche Krankenhausabrechnungen
→  Arztbewertungsportal stößt auf Kritik
→  ÄZQ veröffentlicht Versorgungsleitlinie zur diabetischen Neuropathie
→  Gericht stoppt Mindestmengenbeschluss zu Knie-Totalendoprothesen
→  Vorwurf: Zweitmeinungsportal verstößt gegen Berufsrecht
→  GBA beschließt Festbetragsregelung für Wirkstoff Pitavastatin

Raute

Minister wollen Gesundheitsprodukte und -dienstleistungen im Ausland vermarkten

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hat zusammen mit dem Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler (beide FDP) die Exportinitiative des Bundeswirtschaftsministeriums "Health made in Germany" vorgestellt. Diese sieht unter anderem vor, die Vermarktung der Gesundheitswirtschaft im Ausland zu verbessern. Geplant sind unter anderem ein einheitlicher Internetauftritt und gezielte Marketingaktionen in den Zielländern. Bundesminister Bahr erklärte dazu: "Die Qualität deutscher Produkte und Dienstleistungen ist weltweit geschätzt. Mit unserer gemeinsamen Initiative und den bilateralen Gesundheitsprojekten des Bundesministeriums für Gesundheit unterstützen wir die deutschen Unternehmen dabei, neue Kontakte aufzubauen und neue Geschäftsbeziehungen zu knüpfen."

Nach einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Auftrag gegebenen Studie wächst die Nachfrage nach Gesundheitsprodukten und -dienstleistungen weltweit. Bis 2030 könnte sich der Umsatz mehr als verdreifachen. Die Gesundheitswirtschaft gehört nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zu den wirtschaftlich bedeutendsten Branchen in Deutschland. Ihre Unternehmen erwirtschaften rund zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts und gehören mit einem Beschäftigtenanteil von etwa 13 Prozent zu den größten Arbeitgebern der deutschen Wirtschaft.

(Pressemitteilung des BMG, 22. August)


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Dialyse-Patienten profitieren von besserer Versorgung

Dialyse-Patienten profitieren in Deutschland von einer sich ständig verbessernden Versorgungsqualität. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Jahresbericht 2010 zur Qualitätssicherung in der ambulanten Dialysebehandlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA). Der Bericht zeigt erstmals über einen mehrjährigen Zeitraum seit 2008, dass sich die für die Versorgung der Dialyse-Patienten zentralen Parameter "Dialysefrequenz" und "Dialysedauer" stetig verbessert haben. "In den überwiegend sehr positiven Ergebnissen der Datenauswertungen und Qualitätsprüfungen der Dialyseversorgung in Deutschland spiegelt sich die engagierte Arbeit der Kommissionsärzte und ihr enormer Einsatz um beste Qualität wider", sagte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Köhler. Diese Arbeit komme vor allem den Patienten zugute, die sich auf eine bundesweit flächendeckend sehr gute Versorgung verlassen könnten.

(Gemeinsame Pressemitteilung der KBV und des GKV-Spitzenverbandes, 18. August)


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Falschabrechnung von Rezepten - AOK und DAV geben sich die Schuld

Die AOK wirft mehreren tausend Apothekern bundesweit vor, Medikamente zu ihren Lasten abgerechnet zu haben, die nachweislich noch nicht auf dem Markt waren. Allein im Juni seien mehr als 30.000 Fälle bekannt geworden. Vorrangig geht es dabei nicht um Abrechnungsbetrug, sondern um Verstöße gegen Arzneimittelsicherheit. Die Rezepte seien mit der falschen Pharmazentralnummer bedruckt gewesen. "Wir prüfen derzeit die Vorfälle und werden entsprechend die zuständigen Staatsanwaltschaften einschalten", erklärte ein Sprecher des AOK-Bundesverbandes. Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apotheker Verbandes (DAV) sieht dagegen eine Mitverantwortung der Kasse: "Die AOK unterlässt es, das eigentliche Problem beim Namen zu nennen - die Rabattverträge." Diese führten letztendlich zu Lieferschwierigkeiten.

[Pressemitteilung des AOK-Bundesverbandes, 19. August und Pressemitteilung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), 19. August]


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Kassen - Hoher Schaden durch falsche Krankenhausabrechnungen

Durch falsche Krankenhausabrechnungen ist laut Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) im vergangenen Jahr ein Schaden von bis zu 1,5 Milliarden Euro entstanden. Derzeit werden bundesweit rund elf bis zwölf Prozent aller Abrechnungen einer genauen Prüfung unterzogen. Für das Jahr 2010 habe sich gezeigt, dass 45,6 Prozent dieser Abrechnungen nicht richtig gewesen seien. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) weist die Vorwürfe zurück und erklärt, dass 96 Prozent aller abgerechneten Fälle selbst nach intensiver Prüfung durch die Krankenkassen nicht beanstandet worden seien. Bei den Beanstandungen habe es sich um überwiegend medizinische Streitfälle gehandelt.

(Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes, 18. August; Pressemitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft, 18. August)


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Arztbewertungsportal stößt auf Kritik

Ein vom Verband der Ersatzkassen (vdek) entwickeltes Internetportal zur Suche und Bewertung von Medizinern sorgt bei Ärzten und Psychotherapeuten für Kritik. "Das Angebot verspricht den Patienten Orientierung bei der Suche nach einem geeigneten Arzt, gleichzeitig aber muss der vdek schon bei der Vorstellung seines Portals einräumen, dass er nicht in der Lage ist, einen Missbrauch der Seite auszuschließen", kritisierte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Frank Ulrich Montgomery. So bräuchten sich Nutzer nicht registrieren, was Mehrfacheinträge und damit verfälschte Bewertungen ermögliche. Hinzu komme, dass keine Mindestbewertungsanzahl notwendig sei, bevor eine Note online geschaltet werde. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) bemängelte unter anderem, dass das Portal Freitextfelder enthalte, "die zu Diffamierungen und verzerrenden Darstellungen verleiten können, gegen die sich der bewertete Arzt oder Psychotherapeut aber kaum wehren kann." Beide Verbände verwiesen auf einen Kriterienkatalog des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin, den Arztbewertungsportale erfüllen sollten. Hierzu zählen beispielsweise ein sensibler Umgang mit persönlichen Daten, Transparenz bezüglich des Portalbetreibers und der Finanzierung des Angebots sowie ein verständliches und nachvollziehbares Bewertungsverfahren.

(Pressemitteilung der BÄK, 19. August; Pressemitteilung der BPtK, 23. August)


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ÄZQ veröffentlicht Versorgungsleitlinie zur diabetischen Neuropathie

Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) hat eine Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) zu Neuropathie, also Nervenschädigungen, bei Diabetes im Erwachsenenalter veröffentlicht. Die Leitlinie soll dabei helfen, die sektorenübergreifende Versorgung von Menschen mit diabetischer Neuropathie anhand praxisrelevanter Empfehlungen zu verbessern und überflüssige Therapien zu verhindern. Sie ist abrufbar unter www.versorgungsleitlinien.de.

Nervenschädigungen sind eine häufige Folgeerkrankung von Diabetes. Betroffene sind besonders gefährdet, Fußkomplikationen zu erleiden oder an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben. Zudem verursachen Nervenschädigungen starke Schmerzen und schränken so die Lebensqualität ein. Eine professionelle Therapie zeichne sich deshalb durch eine sorgfältige und sektorenübergreifende Langzeitbetreuung aus, so das ÄZQ.

Das NVL-Programm steht unter der Trägerschaft von KBV, Bundesärztekammer und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Um im Rahmen der strukturierten Versorgung chronisch kranker Menschen die angemessene und evidenzbasierte Patientenversorgung darzustellen, arbeitet das ÄZQ mit Experten verschiedener Organisationen zusammen.

(Pressemitteilung des ÄZQ, 23. August)


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Gericht stoppt Mindestmengenbeschluss zu Knie-Totalendoprothesen

Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat den seit 2005 bestehenden Mindestmengenbeschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) für Knie-Totalendoprothesen (Knie-TEP) gekippt.

Dieser Beschluss besagt, dass aus Gründen der Qualitätssicherung nur jenen Kliniken die Durchführung von Knie-TEP erlaubt ist, die mindestens 50 Fälle pro Jahr vorweisen können. Die Richter urteilten hingegen, dass ein klarer positiver Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Behandlungsqualität wissenschaftlich nicht belegt sei. Sie beriefen sich dabei auf ein Gutachten des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.

Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßte die Entscheidung. "Das Urteil ist ein klares Signal an den GBA wie an den Gesetzgeber, sich endlich von den bestehenden Mindestmengenregelungen als Instrument zur Qualitätssicherung zu verabschieden", sagte der Vorsitzende der Qualitätssicherungsgremien der BÄK, Dr. Günther Jonitz. Bereits im Januar dieses Jahres hatte das LSG einen Beschluss für unwirksam erklärt, wonach nur jene Krankenhäuser Frühgeborene versorgen dürften, die mindestens 30 statt wie bisher 14 Fälle pro Jahr vorweisen könnten.

(Pressemitteilung der BÄK, 18. August)


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Vorwurf - Zweitmeinungsportal verstößt gegen Berufsrecht

Als "unseriös und rechtswidrig" hat der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich, das Zweitmeinungsportal
www.vorsicht-operation.de bezeichnet. "Nur die direkte Befragung, Untersuchung und Auseinandersetzung mit dem Patienten ermöglicht eine seriöse Indikationsstellung, beispielsweise bei Operationen und anderen eingreifenden Maßnahmen", sagte Heinrich. Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Prof. Kuno Winn, verwies darauf, dass Fernbehandlungen gegen die Berufsordnung für Ärzte verstoßen und forderte die Bundesärztekammer auf, sich klar zum Thema Zweitmeinung zu positionieren.

Den Vorwurf, gegen die Berufsordnung zu verstoßen, wies der Initiator des Portals, Prof. Hans Pässler, zurück. Man würde die Patienten nicht beraten, sondern lediglich ein Gutachten aufgrund der übersandten Unterlagen erstellen. "Das ist durchaus legal und wird bereits von Gerichten und Krankenkassen seit Jahren durchgeführt, ohne dass die Patienten hierfür direkt vom Gutachter untersucht werden", sagte Pässler. Einer seiner Mitstreiter, der Direktor der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Uniklinikums Dresden, Prof. Hans Zwipp, hat indes seine Mitarbeit zur Erstellung solcher Gutachten zurückgezogen.

Die Betreiber des Internetportals www.vorsicht-operation.de wollen nach eigenen Angaben Patienten dabei helfen, unnötige Operationen zu vermeiden. Wer seine Röntgenbilder, Laborbefunde und sonstige medizinische Daten einsende und zur Diagnosestellung nötige Fragen beantworte, bekäme innerhalb von zwei Wochen mitgeteilt, ob geplante Operationen tatsächlich sinnvoll seien oder nicht. Die Auskunft soll zwischen 200 Euro und 600 Euro kosten.

(Pressemitteilung des NAV-Virchow-Bundes, 19. August; Schreiben des Hartmannbundes, 22. August; Spiegel online, 14. August; facharzt.de, 23. August)


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GBA beschließt Festbetragsregelung für Wirkstoff Pitavastatin

Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat im Rahmen der frühzeitigen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel erstmals einen Beschluss zum Wirkstoff Pitavastatin gefasst. Demnach sind Arzneimittel mit dieser Substanz wegen eines fehlenden Zusatznutzens der Festbetragsregelung zu unterwerfen. Festbeträge sind Höchstpreise, welche die gesetzlichen Krankenkassen für rezeptpflichtige Medikamente zahlen.

Dem seit 1. Januar 2011 geltenden Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz zufolge müssen neu zugelassene Arzneimittel grundsätzlich einer frühzeitigen Nutzenbewertung unterzogen werden. Dafür müssen die Hersteller dem GBA Dossiers auf Grundlage der Zulassungsunterlagen vorlegen, die einen Zusatznutzen des Medikaments im Vergleich zu einer zweckmäßigen Vergleichstherapie belegen. Bei Arzneimitteln mit erwiesenem Zusatznutzen verhandeln der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung und der Hersteller einen Erstattungsbetrag als Rabatt auf den durch den Hersteller selbst festgelegten Abgabepreis. Arzneimittel, bei denen kein Zusatznutzen festgestellt wird, werden in das Festbetragssystem überführt.

(Pressemitteilung des GBA, 18. August)


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Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt Nr. 34 vom 24. August 2011
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Impressum: http://www.kbv.de/8.html
Redaktion: Dezernat Kommunikation der KBV
Telefon: 030 / 4005 - 2203, Fax: 030 / 4005 - 27 2203
E-Mail: info@kbv.de
Internet: www.kbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2011