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POLITIK/1803: Rede von Daniel Bahr zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs und zur Praxisgebühr (BMG)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung - BPA Bulletin vom 12. November 2012

Rede des Bundesministers für Gesundheit, Daniel Bahr, zum Gesetzentwurf zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen und zur Praxisgebühr

vor dem Deutschen Bundestag am 9. November 2012 in Berlin



Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine Damen und Herren Abgeordneten!

Heute ist ein guter Tag für die Patientinnen und Patienten in Deutschland. Nach Umfragen sind 80 Prozent der Menschen in Deutschland der Überzeugung, dass das größte Ärgernis für ihre Alltagssorgen die Praxisgebühr ist. Die bürgerlich-liberale Koalition beweist heute, dass sie die Alltagssorgen der Menschen ernst nimmt und das größte Ärgernis der Deutschen endlich abschafft. Das ist eine gute Entscheidung.

SPD und Grüne haben die Praxisgebühr seinerzeit mit viel Hoffnung eingeführt. Sie haben erwartet, dass dadurch die hohe Zahl der Arztbesuche reduziert würde, dass Ärzte wieder mehr Zeit für ihre Patienten haben und Patienten nur für wirklich notwendige Untersuchungen die Arztpraxis aufsuchen würden. Heute, nach einigen Jahren der Erfahrung, stellen wir fest, dass der seinerzeit formulierte Zweck und die damit verbundenen Hoffnungen nicht erfüllt worden sind.

Das zeigt den Unterschied zu anderen Eigenbeteiligungen, die es im Gesundheitswesen natürlich braucht. Die bürgerlich-liberale Koalition stellt ja nicht die Eigenbeteiligung im Gesundheitswesen als solche infrage. Wir sind der Überzeugung, dass es im Gesundheitswesen sinnvolle Eigenbeteiligungen auch weiterhin braucht. Die Patienten sollen erkennen, dass Kosten verursacht werden.

Allein die Umfragen beweisen, dass die Bürgerinnen und Bürger einen großen Unterschied machen zwischen den Eigenbeteiligungen beim Zahnersatz, den Arzneimittelzuzahlungen und der Eigenbeteiligung im Krankenhausbereich einerseits und der Eigenbeteiligung in Form der Praxisgebühr andererseits. Keine Eigenbeteiligung trifft auf eine so große Ablehnung in der Bevölkerung wie die Praxisgebühr.

Das beweist: Die Praxisgebühr ist keine sinnvolle Eigenbeteiligung. Sie hat keine steuernde Funktion, sie findet in der Bevölkerung keine Akzeptanz und führt nicht zu Transparenz über die in Anspruch genommenen Leistungen.

Die Politik der christlich-liberalen Bundesregierung hat bei den Krankenversicherungen zu einer finanziellen Situation geführt, von der Sie in Ihrer Regierungszeit nur hätten träumen können. Das hätten Sie durch Ihre Politik nie erreicht. Deswegen ist es heute an der Zeit, dass wir angesichts der Überschüsse bei den Krankenkassen etwas davon an die Versicherten zurückgeben.

Es ist und bleibt das Geld der Versicherten und der Patienten. Es sind ihre Beiträge, die sie eingezahlt haben. Im Gesundheitsfonds werden im nächsten Jahr etwa 14 Milliarden Euro liegen und noch einmal die gleiche Summe bei den gesetzlichen Krankenkassen selbst. Deswegen ist es richtig, dass wir dieses Geld nicht weiter horten. Wir werden von dieser Summe ein finanzielles Polster, eine solide Finanzierung stehen lassen, aber wir werden den Patienten und Versicherten auch einen Teil davon zurückgeben.

Es gibt viele Optionen, was man mit den Überschüssen machen könnte. Der Verzicht auf die Praxisgebühr bleibt jedoch die spürbarste Entlastung der Patienten in Deutschland. Zugleich tragen wir damit zum Bürokratieabbau bei, damit Patienten und Ärzte wieder mehr Zeit für ein Gespräch in den Arztpraxen haben.

Deswegen hat sich die Koalition nach ausführlichen Beratungen entschlossen, dass die Praxisgebühr ab 1. Januar 2013 entfallen soll, damit Arzt und Patient in der Arztpraxis wieder mehr Zeit füreinander haben, damit die ungeheure Bürokratie, die dadurch entstanden ist, abgebaut wird. Es gibt Schätzungen, die besagen, dass ein Arzt allein für die Verwaltung der Gebühr etwa 120 Stunden pro Jahr aufwenden muss, dass sie Bürokratiekosten von insgesamt ungefähr 360 Millionen Euro pro Jahr verursacht. Bei einem Aufkommen von 1,9 Milliarden Euro ist das wirklich ein stattlicher Anteil an Bürokratiekosten. Wenn all das in der Realität nicht dazu geführt hat, den eigentlichen Zweck der Praxisgebühr zu erfüllen, dann ist es an der Zeit, dass wir jetzt auf die Praxisgebühr verzichten. Insofern hat die Koalition hier eine Entscheidung getroffen, die den Menschen unmittelbar zugutekommt und ihnen in den nächsten Jahren Verlässlichkeit bringt.

Es gibt einen Witz, und der Witz geht wie folgt: Kommt ein Mann zum Arzt. Fragt der Arzt: Was fehlt Ihnen? Sagt der Mann: Zunächst einmal zehn Euro, Herr Doktor.

Dieser Witz wird ab 1. Januar Geschichte sein, weil die Menschen sich darauf verlassen können, dass diese unsinnige Gebühr, eine Autobahnvignette in der Arztpraxis, nicht mehr erhoben wird.

Ihr Genöle zeigt doch nur eines, meine Damen und Herren von SPD und Grünen: Sie sind neidisch, dass es eine bürgerlich-liberale Koalition ist, die die Sorgen der Menschen ernst nimmt, die mit ihrer Politik - durch Einsparungen bei Arzneimitteln, durch kluges und solides Wirtschaften, durch die Schaffung von Arbeitsplätzen für die Menschen - erst die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass Ihr Fehler von seinerzeit, der Fehler von Rot-Grün, die Praxisgebühr einzuführen, jetzt korrigiert werden kann. Das trifft Sie; anders kann ich Ihr Verhalten hier heute nicht verstehen, meine Damen und Herren von Rot-Grün.

Das Gesetz beweist zusätzlich, dass wir die Alltagssorgen betroffener Menschen ernst nehmen. Mit dem Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs wird ein Beitrag dazu geleistet, dass Menschen, deren Behinderung so stark ist, dass sie auf einen Pflegeassistenten angewiesen sind, den Pflegeassistenten künftig nicht nur bei einem Krankenhausaufenthalt mitnehmen können; diese Regelung wird jetzt auf Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ausgeweitet. Das heißt, die Betreuung durch eine vertraute Pflegeperson muss nicht unterbrochen werden. Damit kann die Behandlung optimal unterstützt werden. Wir sorgen für eine bessere Regelung hinsichtlich der Investitionskosten in Pflegeheimen. Wir sorgen mit den Regelungen dafür, dass Fehlverhalten im Bereich der Pflegeversicherung nun bekämpft werden kann.

All das beweist einmal mehr, dass in dieser Legislaturperiode, bei der christlich-liberalen Koalition, die Patienten im Mittelpunkt stehen. Wir machen eine Politik, deren Ergebnisse unmittelbar bei den Patientinnen und Patienten ankommen. Wir sorgen mit Blick auf ihre Alltagssorgen vor und lösen Probleme.

Das zeichnet Christlich-Liberal aus. Das ist eine solide, verlässliche Gesundheitspolitik, die für eine gute Finanzlage sorgt, aber auch dafür, dass es dort, wo es nötig ist, zu einer Entlastung kommt und der Bürokratieabbau vorangebracht wird. Deswegen ist das heute ein guter Tag für die Patientinnen und Patienten in Deutschland.

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Quelle:
Rede des Bundesministers für Gesundheit, Daniel Bahr
vor dem Deutschen Bundestag am 9. November 2012 in Berlin
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Bulletin/2012/11/Anlagen/104-1-bmg.pdf?__blob=publicationFile
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2012