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ARTIKEL/1058: Zeitmangel führt zu sinkender Zufriedenheit in den Kliniken (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 5/2009

Zeitmangel führt zu sinkender Zufriedenheit in den Kliniken

Von Dirk Schnack


Die Patienten in Schleswig-Holsteins Krankenhäusern sind mit den Ärzten und Pflegekräften zufrieden. Doch eine Umfrage der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein (KGSH) zeigt, dass die zunehmende Arbeitsverdichtung in den Kliniken nicht spurlos am Verhältnis zwischen Personal und Patienten vorbeigeht.

"Die Ergebnisse zeigen, dass aus Sicht der Patienten zu wenig pflegerisches und zu wenig ärztliches Personal in den schleswig-holsteinischen Kliniken vorhanden ist", interpretiert die KGSH die Ergebnisse. Geschäftsführer Bernd Krämer führt dafür Zahlen an: In Schleswig-Holstein muss eine Pflegekraft im Durchschnitt 58,9 Patienten versorgen, im Bundesdurchschnitt 56,2. Krämer sieht hierfür die Politik in der Verantwortung, denn in Schleswig-Holstein werden Klinikleistungen schlechter bezahlt als in den anderen Bundesländern. Folge ist aus seiner Sicht Personalknappheit; dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die freien Kommentare der Patienten. "Es ist sehr schade, dass es viel zu wenig Schwestern-Personal gibt. Gerade in der Nacht ist es unverantwortlich", schrieb ein Patient. Ein anderer gab zu Protokoll: "Für Patienten, die sich nicht selbst helfen können, ist zu wenig Zeit vorhanden - schade. Gerade diese Patienten brauchen etwas mehr an Zuwendung, als das wohl möglich ist."

Zugleich zeigt sich, dass die Bemühungen des Personals von den Patienten anerkannt werden. "Trotz großer Arbeitsbelastung hatte das Pflegepersonal immer noch ein liebes Wort für die Patientinnen" oder "Pflegepersonal scheint unterbesetzt, gleichwohl im Rahmen ihrer zeitlichen Möglichkeiten nett und zuvorkommend", lauteten typische Kommentare.

Keine Zeit, zu wenig Personal, gehetzte Ärzte und Schwestern - dies schlägt sich auf die Ergebnisse nieder. Die Behandlung durch die Ärzte wird auch im Jahr 2008 mit 94,5 Prozent noch immer hervorragend benotet und fällt im Vergleich zu 1997 kaum ab; dies gilt auch für die Zuwendung. Etwas deutlicher sinken diese Werte beim Pflegepersonal. Deutlicher wird die Verschlechterung schon beim organisatorischen Ablauf, den deutlich mehr Patienten heute nur noch als befriedigend bis mangelhaft bewerten. Auch zeigen sich heute nicht mehr zwei Prozent (1997), sondern über drei Prozent der befragten Patienten beim Thema Wartezeit unzufrieden. Die Aufklärung wird heute nur von 85,9 Prozent der Patienten als gut oder sehr gut bewertet, elf Jahre zuvor waren dies noch über 88 Prozent. Diese Entwicklung kommt auch in den Kommentaren der Patienten zum Ausdruck. "Es wurden Untersuchungen angekündigt, die dann doch nicht gemacht wurden, ohne uns zu sagen, warum. Etwas mehr Information wäre nötig", kritisierte ein Patient. Ein anderer schrieb: "Die Aufklärung seitens des Arztes vor und nach der OP war nicht ausreichend. Man hatte das Gefühl, dass er sich mit den Patienten nicht so gerne abgibt, das können andere. Man musste sehr viel selber fragen, um etwas zu erfahren - also für Ahnungslose schwierig." Ein dritter Patient schrieb dem Krankenhaus ins Stammbuch: "Bitte mehr und ausführlichere Erklärungen der einzelnen Maßnahmen. Ich möchte verstehen, was genau mit mir gemacht wird, warum und wie ich es genau machen soll." Ein weiterer Patient monierte, es könne nicht sein, "dass der Patient der Schwester sagen muss, was weiter passiert."

Auch bei der poststationären Vorbereitung gab es Rückschritte, wie dieser Kommentar deutlich machte: "Vorbereitung auf die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt kommt sehr zu kurz, wird wahrscheinlich viel zu sehr den nachbehandelnden Ärzten überlassen, die man wahrscheinlich viel später sieht nach der Entlassung." Ein anderer Klinikpatient fühlte sich hilflos: "Keine Ahnung, was ich nach der OP machen darf."

Auffallend ist, dass die Personalsituation der in die Umfrage einbezogenen Belegkrankenhäuser sehr viel besser bewertet wird. "Es gibt ausschließlich Lob für Pflegekräfte und Ärzte. Und es fällt auch schon einmal die Anmerkung, dass hier keinerlei Pflegenotstand zu verspüren ist. Offensichtlich fühlt sich der Patient durch die bessere Planbarkeit der Eingriffe und die Behandlung aus einer Hand rundum gut betreut ein Indiz für die Erhaltung des Belegarztsystems", lautet die Interpretation der KGSH.

In die Auswertung waren Befragungen von insgesamt 2.604 Patienten aus dem Zeitraum Oktober bis Dezember 2008 eingeflossen. Ein Drittel der Patienten war als Notfall behandelt worden. Die Ergebnisse stammen aus neun Krankenhäusern, in denen die Fachabteilungen Chirurgie, Innere Medizin, Gynäkologie, Orthopädie, Urologie und Neurologie einbezogen wurden.

 Bewertung der Zuwendung ärztlichen 
 Personals 
sehr gut
gut
befriedigend
ausreichend
mangelhaft
ist nicht durchgeführt
53,1 %
37,2 %
7,5 %
1,2 %
0,9 %
0,1 %

 Bewertung der pflegerischen Behandlung 
sehr gut
gut
befriedigend
ausreichend
mangelhaft
ist nicht durchgeführt
51,0 %
41,1 %
5,9 %
1,3 %
0,4 %
0,4 %

 Bewertung der ärztlichen Behandlung 
sehr gut
gut
befriedigend
ausreichend
mangelhaft
ist nicht durchgeführt
62,3 %
32,2 %
4,5 %
0,6 %
0,4 %
0,1 %

 Ärzte 
Durchschnitt über alle
Belegkrankenhäuser
Gesamt über alle
Krankenhäuser
Bewertung der ärztlichen
Behandlung (sehr gut bis gut)
97,6 %

94,5 %

Bewertung der Zuwendung ärztliche
Personal (sehr gut bis gut)
94,7 %

90,3 %


 Pflege 
Durchschnitt über alle
Belegkrankenhäuser
Gesamt über alle
Krankenhäuser
Bewertung der pflegerischen
Behandlung (sehr gut bis gut)
96,4 %

92,1 %

Bewertung der Zuwendung pfleger.
Personal (sehr gut bis gut)
96,0 %

92,2 %


 Behandlung / Zuwendung 
1997
2008
Ärzte - Behandlung
Ärzte - Zuwendung
95,3 %
91,3 %
94,5 %
90,3 %
Pflege - Behandlung
Pflege - Zuwendung
94,5 %
93,4 %
92,1 %
92,2 %

 Aufklärung / poststationäre Vorbereitung 
1997
2008
Aufklärung
(sehr gut bis gut)
poststationäre Vorbereitung
(sehr gut bis gut)
88,3 %

74,1 %

85,9 %

69,9 %

*

Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 5/2009 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2009/200905/h090504a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

*

Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Mai 2009
62. Jahrgang, Seite 30 - 31
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-119, -127, Fax: -188
E-Mail: aerzteblatt@aeksh.org
www.aeksh.de
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www.aerzteblatt-sh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2009

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