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KASSEN/631: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 29.04.2009 (KBV)


KBV-Kompakt - Kurznachrichten aus der KBV vom 29. April 2009


→  Caspers-Merk fordert Präventionsgesetz
→  Das Gendiagnostikgesetz ist verabschiedet
→  Am 29. April fragte KBV kontrovers: Gerecht versorgt in die Zukunft?
→  Qualitätsgestützte und kooperative Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Harninkontinenz
→  Spezialisierte ambulante Palliativversorgung startet in Nordrhein
→  KVB Vertreterversammlung beschloss neue Regeln der Zusammenarbeit
→  Gescheiterte Arbeitszeit-Richtlinie: Lob von Ärzteverbänden - Kritik von der DKG
→  Apotheken sind für Pandemiefall vorbereitet
→  Hartmannbund: "Vertreter des Kollektivvertragssystems sind jetzt gefordert"
→  Ärzte verteidigen Nebeneinander von GKV und PKV
→  BÄK begrüßt Arztvorbehalt im Gendiagnostikgesetz
→  Lärm: Jedes achte Kind hat einen Hörschaden

Raute

___Aus Berlin___

Caspers-Merk fordert Präventionsgesetz

"Prävention wirkt. Wer es ernst meint mit dem Potenzial der Prävention, muss 'Ja' sagen zu einem Präventionsgesetz", hat die parlamentarische Staatssekretärin, Marion Caspers-Merk (SPD), anlässlich des "Deutschen Bädertags 2009" resümiert. Deutschland brauche eine breitere Finanzierungsbasis, stringente Zielorientierung und systematische Qualitätssicherung. Caspers-Merk forderte eine Verstärkung der Präventionsmaßnahmen nicht nur im individuellen, sondern auch im direkten Lebensumfeld der Menschen - in Kindertagesstätten, Schulen, Betrieben und Stadtteilen. Sie bedauerte, dass der Koalitionspartner hier noch Widerstand leistet. Die deutschen Heilbäder und Kurorte sind mit rund 350.000 direkt und indirekt Beschäftigten und einem jährlichen Umsatz von über 26 Mrd. Euro ein bedeutender Standort für Gesundheitsdienstleistungen und Tourismus. Mit ihren qualitativ hochwertigen Angeboten der Prävention und Gesundheitsförderung sind die deutschen Kurorte und Heilbäder gut aufgestellt für die künftige Entwicklung.

(Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit, 24. April)


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Das Gendiagnostikgesetz ist verabschiedet

Am 24. April hat sich der Deutsche Bundestag auf ein Gendiagnostikgesetz verständigt. Auf diese Weise regelten die Politiker alle genetischen Untersuchungen, auch die in der Zeit vor der Geburt. "Das Gesetz trägt dem Gedanken des Schutzbedürfnisses in hohem Maße Rechnung. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein zentraler Grundsatz des Gesetzes. Dazu gehören sowohl das Recht, die eigenen genetischen Befunde zu kennen, als auch das Recht auf Nichtwissen, erklärte die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Nach diesem Gesetzt sind solche genetischen Untersuchungen nur durch Ärzte durchzuführen. Andererseits sind sowohl Patienten, als auch Arbeitnehmer durch klare, festgelegte Regeln und Sanktionen geschützt. Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

(Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit, 24. April)

Raute

___Aus KBV und KVen___

Am 29. April fragte KBV kontrovers: Gerecht versorgt in die Zukunft?

"Die Versorgungssteuerung über selektive Verträge einzelner Kassen ohne die Basis des Kollektivvertrages führt zwangsläufig zum Verlust von Versorgungssicherheit und Versorgungsgerechtigkeit". Das hat KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller heute in seiner Eröffnungsrede auf der Diskussionsveranstaltung KBV kontrovers gesagt. Zum Thema "Arzt für alle Kassen: Gerecht versorgt in die Zukunft?" trafen sich Experten aus dem Gesundheitswesen auf Einladung der KBV in Berlin. Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Köhler, führte mit dem Vorstandsvorsitzenden der AOK Rheinland/Hamburg, Wilfried Jacobs, ein Streitgespräch unter der Überschrift "Das deutsche Gesundheitswesen: Umbau oder Raubbau?". Jacobs kritisierte: "Bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) kommt es mir so vor, als würde ihr Gestaltungswille schrumpfen, ihr Behauptungswille scheint aber ungebrochen." "Die KVen gestalten sehr wohl", betonte Köhler. Problem sei, dass "die staatliche Einflussnahme die Ausübung ärztlicher Tätigkeit als freier Beruf gefährdet und mittelfristig die ärztliche und gemeinsame Selbstverwaltung zerstört." Am Nachmittag ging es mit der Podiumsdiskussion zum Thema "Vermessen, klassifiziert, abgestempelt: Versorgungsgerechtigkeit für Patienten?" weiter. Einig waren sich die Diskutanten darüber, dass die Versorgungssicherheit in Deutschland auf einem sehr hohen Niveau ist, es aber bei der Versorgungsgerechtigkeit - nicht zuletzt aufgrund des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs - Probleme gibt.

(KBV-Pressemitteilung, 29. April)


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Qualitätsgestützte und kooperative Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Harninkontinenz

"Harninkontinenz ist ein Tabuthema. Dabei leiden in Deutschland rund fünf Millionen Menschen unter dieser Krankheit", sagte KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller. Um die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Harninkontinenz zu verbessern, hat die Vertragswerkstatt der KBV gemeinsam mit den Berufsverbänden der Urologen und der Frauenärzte ein neues Vertragskonzept entwickelt. Ziel dieses Vertragskonzepts ist die verbesserte Aufklärung betroffener Patienten und deren qualifizierte und kooperative vertragsärztliche Versorgung unter Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstands. Die Entwickler werden das Konzept am Dienstag, dem 5. Mai um 14 Uhr im Haus der KBV, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin vorstellen. Die Veranstaltung richtet sich insbesondere an Hausärzte, Gynäkologen, Urologen und nichtärztliche Gesundheitsberufe (zum Beispiel Psychotherapeuten), sowie an solche Krankenkassen, die die Versorgung der Harninkontinenzpatienten und damit ihrer Versicherten verbessern wollen.

(KBV-Pressemitteilung, 28. April)


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Spezialisierte ambulante Palliativversorgung startet in Nordrhein

Am 24. April haben die Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) und die gesetzlichen Krankenkassen der Region den bundesweit ersten Vertrag zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) geschlossen. Dieser ermöglicht eine medizinische und pflegerische Versorgung der Schwerstkranken zu Hause, im Kreise ihrer Angehörigen. Der Anspruch der Versicherten auf SAPV wurde mit der jüngsten Gesundheitsreform geschaffen. Das Herzstück der SAPV bildet das Palliative-Care-Team der jeweiligen Region, bestehend aus mindestens drei qualifizierten Palliativ-Medizinern und mindestens vier Palliativpflegekräften. Das Team muss eine 24-Stunden-Bereitschaft an sieben Tagen der Woche gewährleisten.

"Mit diesem Vertrag vollenden wir unsere erfolgreiche Initiative zur menschenfreundlichen Versorgung von Patienten am Ende ihres Lebenswegs", kommentierte Dr. Leonhard Hansen, Vorsitzender der KVNO. Besonders erfreulich sei, dass der Vertrag einheitlich mit allen Kassen der Region geschlossen werden konnte.

(Pressemitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, 24. April)


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KVB Vertreterversammlung beschloss neue Regeln der Zusammenarbeit

Die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) beschloss am 27. April, die Mitglieder künftig offener und umfassender als bisher über die Entscheidungsprozesse zu informieren und diese wenn möglich auch zu beteiligen. Zu diesem Zweck wurde einstimmig ein Codex verabschiedet, der eine engere Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen VV und dem KVB-Vorstand zum Ziel hat. Darin ist unter anderem festgeschrieben, dass über grundsätzliche und weitreichende Entscheidungen die VV zu entscheiden hat. "In schwierigen Zeiten müssen wir enger denn je zusammen stehen. Nachdem es zuletzt einige Reibungspunkte gab, haben wir nun wieder eine gemeinsame Stimme gefunden. Das ist auch notwendig, um die Interessen der niedergelassenen Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten wirkungsvoll nach außen vertreten zu können", erklärte die VV-Vorsitzende Dr. Irmgard Pfaffinger.

(Pressemitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, 27. April)

Raute

___Aus den Verbänden___

Gescheiterte Arbeitszeit-Richtlinie: Lob von Ärzteverbänden - Kritik von der DKG

Das endgültige Scheitern der Verhandlungen um eine Neuauflage der EU-Arbeitszeit-Richtlinie haben die in Berlin ansässigen Verbände erwartungsgemäß ambivalent aufgenommen. "Wenige Wochen vor der Europa-Wahl hat das Europäische Parlament die Beschäftigten in den Krankenhäusern vor einer Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen bewahrt. Für ihre Standfestigkeit gegenüber der Kommission und dem Rat der Europäischen Union kann man den Abgeordneten nur dankbar sein", kommentierte Dr. Frank Ulrich Montgomery, Vizepräsident der Bundesärztekammer. Enttäuschung gab es hingegen bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). "Mit dem Scheitern der Vermittlungsrunde stehen wir wieder dort, wo wir schon vor vier Jahren gestanden haben", sagte Georg Baum, DKG-Hauptgeschäftsführer. Er forderte, dass die inaktive Zeit des Bereitschaftsdienstes nicht als Arbeitszeit gewertet werden dürfe. Positiv fasste hingegen der Hartmannbund das Aus für die Neufassung auf. Es sei ohnehin ein Trugschluss gewesen, zu glauben, den Fachärztemangel im Europäischen Gesundheitswesen durch eine Intensivierung der Arbeitszeiten zu Lasten der Ärzte bekämpfen zu können, so der Hartmannbund. Die Neufassung der Richtlinie hätte die bislang strengen deutschen Arbeitszeitregeln für Klinikärzte, aber auch für Pfleger, aufgeweicht.

(Pressemitteilung der Bundesärztekammer, 28. April,
Pressemitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft, 28. April)


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Apotheken sind für Pandemiefall vorbereitet

Sollte es in Deutschland zu einem Pandemiefall kommen, wären die wohnortnahen Apotheken auf eine dezentrale Versorgung der Bürger vorbereitet. Wie die Apotheken eingebunden sind, hängt jedoch vom jeweiligen Bundesland ab. "Panik ist immer die falsche Reaktion. Alle Bundesbürger sollten Medienberichte zur Pandemie aufmerksam verfolgen. Apotheken sind für die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zuständig - das bedeutet im Falle einer Influenzapandemie insbesondere die Versorgung mit antiviralen Arzneimitteln", sagte Dr. Ulrich Krötsch, Präsident der Bundesapothekerkammer.

(Pressemitteilung der ABDA, 27. April)


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Hartmannbund: "Vertreter des Kollektivvertragssystems sind jetzt gefordert"

Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Prof. Kuno Winn, sieht die Bundestagswahl nicht nur als entscheidende Weichenstellung für das Gesundheitssystem, sondern ganz konkret auch als Ultimatum für das Überleben der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) als Säulen eines kollektiven Vertragssystems. "Dem KV-System bleibt also nur noch wenig Zeit zu belegen, dass es willens und in der Lage ist, den Grundgedanken der kollektiven ärztlichen Vergütung überzeugend zu vertreten und vor allem auch technisch umzusetzen", sagte er. Dazu gehöre, dass die föderalen Strukturen nicht zu einer Übermacht von Einzelinteressen gegenüber dem Gesamtinteresse der Ärzteschaft führen. Der Hartmannbund-Vorsitzende bekannte sich gleichzeitig ausdrücklich auch zu Selektivverträgen. Diese dürften aber nicht weiter zu einer Kannibalisierung innerhalb der Ärzteschaft beitragen und könnten das Kollektivvertragssystem nicht ersetzen, sondern lediglich sinnvoll ergänzen.

(Pressemitteilung des Hartmannbundes, 27. April)


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Ärzte verteidigen Nebeneinander von GKV und PKV

Auch in Zukunft müsse das System von gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV) bestehen bleiben. Das forderten die Bundesärztekammer (BÄK) und der Verband der Privatärztlichen Verrechnungsstellen e.V. (PVS/Verband) anlässlich eines gemeinsamen Workshops in Berlin. Zur Begründung hieß es, dass es bisher durch das Zwei-Säulen-System gelungen sei, die Nachteile staatlicher Gesundheitssysteme mit langen Wartelisten, Einschränkungen der Patientensouveränität und die Entstehung "grauer" Gesundheitsmärkte zu verhindern. "Wer dennoch die Schaffung einer staatlich verordneten Einheitsversicherung zu Lasten der PKV propagiert, nimmt eine Absenkung des Versorgungsniveaus billigend in Kauf - zum Nachteil aller Patienten", betonte der Vorsitzende des Ausschusses Gebührenordnung der BÄK, Dr. Franz Gadomski. Indes sprach sich der Vorsitzende des PVS/Verbandes, Michael Schäfer, für eine Kombination aus Basisversorgung und privaten Zusatzversicherungen aus: "Die Prognosen zur Kostenentwicklung im Gesundheitswesen lassen keinen anderen Lösungsweg zu, als die über die Grundversicherung hinausreichenden Leistungen in privatrechtlichen Versicherungsverhältnissen abzusichern."

(Pressemitteilung der Bundesärztekammer, 23. April)


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BÄK begrüßt Arztvorbehalt im Gendiagnostikgesetz

Mehr Rechtsklarheit bei der Anwendung genetischer Untersuchungen erhofft sich die Bundesärztekammer (BÄK) von dem kürzlich verabschiedeten Gendiagnostikgesetz. "Wichtig ist vor allem die genetische Beratung vor und nach den Tests durch entsprechend qualifizierte Ärztinnen und Ärzte. Es ist deshalb sehr zu begrüßen, dass in dem Gesetz ein Arztvorbehalt bei prädiktiven genetischen Untersuchungen festgeschrieben wird", sagte Prof. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der BÄK. Auch hat der Gesetzgeber weitere wichtige Forderungen der Ärzteschaft berücksichtigt, wie die Verankerung eines Rechtes auf Nichtwissen und die Freiwilligkeit der Teilnahme an genetischen Untersuchungen. Allerdings äußerte Hoppe auch Kritik an dem Gesetz - so an den weit in das ärztliche Berufsrecht hineinreichenden Regelungen zur Qualitätssicherung, zur Prüfung der Qualifikation von Ärzten im Hinblick auf Weiterbildung und Fortbildung sowie zur Feststellung des allgemein anerkannten Standes von Wissenschaft und Technik.

(Pressemitteilung der Bundesärztekammer, 24. April)

Raute

___Außerdem___

Lärm: Jedes achte Kind hat einen Hörschaden

Jedes achte Kind in Deutschland weist eine auffällige Minderung seiner Hörfähigkeit auf. Dies zeigt eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zum Thema "Lärm" bei 1.084 Kindern im Alter von acht bis 14 Jahren. Aus der Studie geht zudem hervor, dass jedes sechste Kind an einer stark befahrenen Haupt- oder Durchgangsstraße wohnt, wobei bei fast zwei Dritteln das Kinderzimmer zur Straße ausgerichtet ist. "Wir sollten uns bewusst werden, dass wir in einer zu lauten Welt leben. Lärm ist ein Stressfaktor für Erwachsene wie auch für Kinder. Hohe Schallpegel führen zu Gehörschäden, die sich über das gesamte Leben hinweg summieren. Deshalb müssen wir besonders Kinder und Jugendliche vor Lärm schützen", sagte Dr. Thomas Holzmann, Vizepräsident des UBA. Die Daten stammen aus dem Kinder-Umwelt-Survey, einer vom UBA zwischen den Jahren 2003 bis 2006 durchgeführten repräsentativen Studie zur Umweltbelastung der Kinder in Deutschland.

(Pressemitteilung des Umweltbundesamtes, 28. April)

Raute

Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt vom 29. April 2009
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Dr. Andreas Köhler (1. Vorsitzender der KBV, v.i.S.d.P.)
Redaktion: Dezernat Kommunikation der KBV
Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin
E-Mail: info@kbv.de
Internet: www.kbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2009