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KASSEN/770: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 15.12.2010 (KBV)


KBV-Kompakt - Kurznachrichten aus der KBV vom 15. Dezember 2010


→  Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung schafft Rechtsrahmen
→  Reform-Kommission will Bürgerversicherung
→  Müller: Eindeutige Wirkstoffangabe beugt Verunsicherung der Patienten vor
→  KV Nordrhein und KV Westfalen-Lippe: Arzneimittelvereinbarung 2011 steht
→  Fachärzte sind stärkster Listenverband in Berlin
→  KVBB und KVS richten Koordinierungsstelle für die Weiterbildung zum Hausarzt ein
→  KV Baden-Württemberg informiert über Konzepte gegen Ärztemangel
→  Dank Mammografie-Screening bei 7.000 Frauen Karzinome entdeckt
→  Patienten erhalten Tipps zur sicheren Arzneimitteltherapie
→  Reichelt: Neue Bedarfsplanung ist notwendig
→  Widerstand von Verbänden gegen Öffnungsklausel der PKV
→  Vdek kritisiert Alleingänge der PKV bei Qualitätsprüfungen

Raute

___Aus Berlin___

Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung schafft Rechtsrahmen

Am 1. Januar tritt die Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) in Kraft, die einen verlässlichen Rechtsrahmen für eine frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln schafft. Die Nachweise von Nutzen und Zusatznutzen eines Arzneimittels müssen auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Bewertung und nach internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin erfolgen. Darüber hinaus enthält die Rechtsverordnung Vorgaben für die Bestimmung der Vergleichstherapie und die Offenlegung der wissenschaftlichen Nachweise, um ein transparentes Verfahren zu ermöglichen. Die AM-NutzenV des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) konkretisiert das ebenfalls am 1. Januar in Kraft tretende Arzneimittelneuordnungsgesetz. Dieses verpflichtet Pharmaunternehmen, zukünftig den Nutzen aller neuen Arzneimittel nach der Zulassung nachzuweisen. Auf Grundlage der Studien handeln die Hersteller mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen Preise aus. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat nach Inkrafttreten der AM-NutzenV einen Monat Zeit, eine Verfahrensordnung zu erlassen.

(Pressemitteilung des BMG, 15. Dezember)


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Reform-Kommission will Bürgerversicherung

Die vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) initiierte Reform-Kommission "Für ein solidarisches Gesundheitssystem der Zukunft" hat ihren Abschlussbericht Hannelore Kraft (SPD), Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens, überreicht. In dem Bericht kritisiert die Kommission die Regierungspläne zur Kopfpauschale in der gesetzlichen Krankenversicherung und fordert den Ausbau der solidarischen Finanzierung zu einer sozialen Bürgerversicherung. "Die Kopfpauschale ist nicht nachhaltig, sondern gesundheitspolitisch gefährlich und in höchstem Maße ungerecht", sagte Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des DGB. Die Kommission, bestehend aus Gewerkschaften, Verbänden und Wissenschaftsvertretern, will in den kommenden Jahren die gesellschaftliche Debatte zur Zukunft der Krankenversicherung vorantreiben. Im Jahr 2011 planen die Akteure weitere Schritte zur konkreten Umsetzung der Bürgerversicherung.

(Pressemitteilung des DGB, 13. Dezember)

Raute

___Aus KBV und KVen___

Müller: Eindeutige Wirkstoffangabe beugt Verunsicherung der Patienten vor

KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller hat zu der Berichterstattung über den Altenbericht der Bundesregierung Stellung bezogen. Medienangaben zufolge gebe es in der Arzneimitteltherapie Wissensdefizite auf Seiten der Ärzte. Die Vorwürfe an die Niedergelassenen, sie würden ältere Menschen unzureichend beziehungsweise falsch mit Arzneimitteln behandeln, wies Müller zurück: "Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen verordnen insgesamt äußerst gewissenhaft." Das Problem bestehe darin, dass die meisten Menschen in der Apotheke nicht mehr das Medikament erhielten, das der Arzt ihnen verordnet hat. Apotheker seien in der Regel verpflichtet, die günstigste Variante eines Arzneimittels abzugeben beziehungsweise das Präparat, mit dessen Hersteller die Krankenkasse des Patienten einen Vertrag geschlossen habe. Der Versicherte erhalte deshalb oft ein ihm unbekanntes Mittel, das weder dem Produktnamen nach noch optisch mit dem übereinstimme, was der Versicherte erwarte, erläuterte Müller. Das verunsichere insbesondere ältere Menschen. Müller wies darauf hin, dass die Bundesregierung den Vorschlag der KBV bisher nicht aufgegriffen habe. Dieser sieht vor, auf jeder Packung die Bezeichnung des Wirkstoffes im Vergleich zum Produktnamen größer und gut lesbar anzugeben.

(Pressemitteilung der KBV, 15. Dezember)


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KV Nordrhein und KV Westfalen-Lippe - Arzneimittelvereinbarung 2011 steht

Etwa 3,3 Milliarden Euro, und damit 1,2 Prozent weniger als im Jahr 2010, beträgt das Arzneimittelvolumen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein im kommenden Jahr. Zu der Verringerung führten eine Erhöhung des Herstellerrabatts sowie die Berücksichtigung ambulanter Leistungen im Krankenhaus. Darüber hinaus sieht die zwischen der KV Nordrhein und den Krankenkassen abgeschlossene Arzneimittelvereinbarung für 2011 vor, die Zahl der Wirkstoffgruppen, für die im Rahmen von Zielvereinbarungen Quoten gelten, zu reduzieren und die Quoten je Fachgruppe zu begrenzen. Für Ärzte, die sich an die Vorgabe halten, entfällt die Richtgrößenprüfung, während Ärzte, die mehr verordnen, zunächst eine Beratung erhalten.

Die neue Arzneimittelvereinbarung der KV Westfalen-Lippe setzt stärker als bisher auf die Empfehlung bestimmter Wirkstoffe (Leitsubstanzen). Ärzte, die sich in einem definierten Umfang je Indikationsgruppe an die Leitsubstanzempfehlungen halten, werden von der Richtgrößenprüfung und damit von der Regressgefahr befreit. Die erstmalig vereinbarte Prüfentlastung gilt für die Fachgruppen der Hausärzte, fachärztlichen Internisten, Anästhesisten, Urologen, Nervenärzte, Neurologen und Psychiater.

(Pressemitteilung der KV Nordrhein, 8. Dezember; Pressemitteilung der KV Westfalen-Lippe, 13. Dezember)


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Fachärzte sind stärkster Listenverband in Berlin

Die Berliner Vertragsärzte haben eine neue Vertreterversammlung (VV) gewählt. Der Listenverband "Die Fachärzte" hat mit 21 Sitzen die absolute Mehrheit in der künftigen VV errungen. Der Hausärzteverband Berlin und Brandenburg zieht mit acht Vertretern in die VV. Die Liste 2 "Gruppe 73" sowie die Liste 6 der "Hausärztevereinigung Berlin" haben jeweils einen Sitz im kommenden Ärzteparlament. Die Kinderärzte erhielten zwei Sitze. Die Liste 1 "Kooperation ist Zukunft" zieht mit drei Vertretern in die VV ein. Die beiden Listen "Psychodynamische Verfahren" und "Psychotherapie Berlin" stellen jeweils zwei Abgeordnete. Am 13. Januar nächsten Jahres wählen die Mitglieder des Ärzteparlamentes die neue VV-Führungsspitze. Am 27. Januar 2011 wählt die VV dann den neuen Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin.

(Pressemitteilung der KV Berlin, 10. Dezember)


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KVBB und KVS richten Koordinierungsstelle für die Weiterbildung zum Hausarzt ein

Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) und die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) haben mit den zuständigen Landesärztekammern und Landeskrankenhausgesellschaften Koordinierungsstellen für die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin eingerichtet. Diese stehen allen angehenden Hausärzten sowie Praxen und Kliniken, die eine Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin anbieten, als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Koordinierungsstellen beraten in Fragen rund um die Weiterbildung, informieren über spezielle Angebote und Veranstaltungen und vermitteln freie Plätze. Gemeinsames Ziel der Vertragspartner ist es, die hausärztliche Versorgung langfristig zu sichern.

(Pressemitteilung der KV Brandenburg, 9. Dezember; Sächsische Landesärztekammer, 14. Dezember)


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KV Baden-Württemberg informiert über Konzepte gegen Ärztemangel

Für die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg wird es immer schwieriger, Haus- und Fachärzte für frei werdende Arztsitze zu finden. Auf einer Tagung informierte die KV, wie die medizinische Versorgung im ländlichen Raum gesichert werden kann. Beispielsweise wurde die Niederlassungsberatung intensiviert und neue Kooperationsmöglichkeiten beworben und gefördert. Die Landespolitik stellt mit dem Aktionsprogramm "Landärzte" zusätzlich sieben Millionen Euro zur Verfügung, um die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu sichern.

(Pressemitteilung der KV Baden-Württemberg, 14. Dezember)


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Dank Mammografie-Screening bei 7.000 Frauen Karzinome entdeckt

Bei etwa 7.000 Frauen aus Nordrhein entdeckten Ärzte in den vergangenen fünf Jahren ein Brustkarzinom. Das führt die Zentrale Stelle bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein auf das Mammografie-Screening-Programm zurück, das vor fünf Jahren gestartet war. Seitdem erhielten etwa zwei Millionen Frauen Einladungen für eine Brustkrebs-Früherkennungsuntersuchung, denen 52 Prozent gefolgt sind. Damit ist die Teilnahmequote höher als bei anderen Krebsvorsorgeuntersuchungen. "Das Mammografie-Screening ist eine hervorragende Methode der Früherkennung. Das belegen Qualitätsindikatoren", sagte Dr. Peter Potthoff, Gynäkologe und Vorstand der KV Nordrhein. Eine Einladung erhalten anspruchsberechtigte Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Nimmt eine Frau nicht teil, erhält sie nach einigen Wochen eine zweite Einladung. Bei wiederholter Nichtteilnahme lädt sie die Zentrale Stelle nach zwei Jahren erneut ein.

Die bundesweite Einführung des Mammografie-Screening-Programms hat der Gesetzgeber 2002 beschlossen. Jährlich erkranken 58.000 Frauen an Brustkrebs, 16.000 sterben daran. Das sind mehr als bei anderen Krebserkrankungen.

(Pressemitteilung der KV Nordrhein, 15. Dezember)

Raute

___Aus den Verbänden___

Patienten erhalten Tipps zur sicheren Arzneimitteltherapie

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG), die KBV, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und weitere Institutionen haben einen Flyer für den sicheren Umgang mit Medikamenten herausgebracht. Das Merkblatt gibt Patienten unter anderem Tipps zur Einnahme von Arzneimitteln. Der Flyer ist Teil des Aktionsplanes zur Arzneimitteltherapiesicherheit des BMG in Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft und anderen gesundheitspolitischen Akteuren. Das Informationsblatt wird in einer Auflage von fünf Millionen Exemplaren über öffentliche Apotheken, die Verbandszeitschrift des Sozialverbandes VdK sowie über Krankenhäuser verbreitet.

(Pressemitteilung der Bundesärztekammer, 15. Dezember)


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Reichelt: Neue Bedarfsplanung ist notwendig

Dr. Herbert Reichelt, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, hat sich zu dem Thema Versorgungsplanung geäußert. "Der Bedarf an medizinischer Versorgung muss davon abhängen, wie alt die Bevölkerung in einer Region ist und welche Krankheiten dort am häufigsten versorgt werden müssen." Das forderte Reichelt in einem Interview mit dem AOK-Medienservice. Er plädierte für neue Planungsstrukturen in der medizinischen Versorgung. So könnten etwa in Regionen mit Überversorgung Abfindungen gezahlt werden, wenn Kassenarztsitze vom Markt genommen würden, schlug der AOK-Vorstandsvorsitzende vor. Er bewertete es positiv, dass die KBV und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) die Notwendigkeit einer Reform erkennen würden. "Ansonsten haben beide in ihren Konzepten zuallererst die eigene Klientel im Fokus, nicht aber die Versicherten", bemängelte er. Den Vorschlag der KBV und der DKG, die bisherige Trennung in ambulante und stationäre Versorgung zu durchbrechen und auch andere medizinische Berufe stärker einzubinden, befürwortete Reichelt.

(Pressemitteilung des AOK-Bundesverbandes, 14. Dezember)


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Widerstand von Verbänden gegen Öffnungsklausel der PKV

Vor dem Hintergrund der Reformpläne zu der ärztlichen und zahnärztlichen Gebührenordnung der Bundesregierung hat sich Reinhold Schulte, Vorsitzender des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV), für eine größere Vertragsfreiheit zwischen PKV und Ärzten ausgesprochen. Er plädierte für eine Öffnungsklausel. Mit dieser sollen medizinische Leistungen außerhalb der staatlich geregelten Gebührenordnungen auf Grundlage von Separatverträgen zwischen Privatversicherern und Ärzten abgerechnet werden.

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), die Bundesärztekammer (BÄK) und die Bürgerinitiative Gesundheit DGVP kritisierten den Vorschlag Schultes und kündigten Widerstand gegen eine solche Klausel an. Die Verbände erklärten auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, dass der Plan der PKV zu einer ernsthaften Gefährdung der medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland führen würde. "Die Umsetzung einer Öffnungsklausel, die letztendlich nichts anderes als eine Discountklausel ist, führt zu einem ruinösen Preiswettbewerb zwischen den Medizinern, zu weniger Behandlungsqualität durch Kostendruck und zu einseitiger Abhängigkeit der vertraglich gebundenen Ärzte von der PKV", argumentierte BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel.

(Gemeinsame Pressemitteilung der BÄK, BZÄK und des DGVP, 9. Dezember)


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Vdek kritisiert Alleingänge der PKV bei Qualitätsprüfungen

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) hat die private Krankenversicherung (PKV) aufgefordert, sich an Qualitätsprüfungen in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zu beteiligen. In der gesetzlichen Pflegeversicherung prüfen die Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) im Auftrag der gesetzlichen Pflegekassen entsprechende Einrichtungen. Die PKV ist gesetzlich dazu verpflichtet, sich an den Kontrollen zu beteiligen. Diese möchte zehn Prozent der Einrichtungen alleine prüfen, ohne Beteiligung des MDK. "Alleingänge bei den Qualitätsprüfungen der Pflegeeinrichtungen, wie sich die PKV das vorstellt, sollte es bei den Prüfungen nicht geben", betonte Thomas Ballast, Vorstandsvorsitzender des vdek. Darüber hinaus kritisiert der vdek, dass die PKV ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Kostenbeteiligung an den Prüfungen nicht nachkomme. "Bisher ist noch kein Cent geflossen, obwohl die MDK im Jahre 2010 alle 23.000 Heime erfolgreich ohne Beteiligung der PKV geprüft haben", so Ballast.

(Pressemitteilung des vdek, 14. Dezember)

Raute

Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt vom 15. Dezember 2010
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Dr. Andreas Köhler (1. Vorsitzender der KBV, v.i.S.d.P.)
Redaktion:
Dezernat Kommunikation der KBV
Tel: 030 / 4005 - 2203
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2010