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DIABETES/1593: Fragen und Antworten - Diabetes im Berufsalltag (diabetesDE)


diabetesDE - 13. Juli 2012

Chat-Protokoll zum Thema
"Diabetes im Berufsalltag - Dem Traumjob steht meist nichts im Weg"

Auszüge aus dem diabetesDE-Experten-Chat vom 12. Juli 2012
mit dem Experten: Dr. Kurt Rinnert



___Protokoll der Sprechstunde___
Karina D. fragt:

Hallo Herr Dr. Rinnert,
Meine Chatfrage an Sie lautet: Ich bin seit 2 Jahren diagnostizierter Typ 2 Diabetiker. Nehme Tabletten, mit Hypos habe ich keine Probleme, also ich habe nie welche. Momentan habe ich ein paar Bewerbungen laufen - es handelt sich um Bürojobs, also nichts, was sich mit dem Zucker irgendwie in die Quere kommen sollte. Zu welchem Zeitpunkt empfehlen Sie mir, dass ich meinem Arbeitgeber vom Diabetes erzähle? Beim Bewerbungsgespräch muss das ja sicher noch nicht berichtet werden?

Vielen Dank im Voraus für Ihren Tipp
Karina D., Düsseldorf


Dr. Rinnert:

Hallo Frau D.,
das ist eine sehr wichtige Frage, die viele Menschen mit Diabetes in Ihrer Situation betrifft. Zunächst nehme ich an, dass die von Ihnen eingenommenen Medikamente tatsächlich keine Unterzuckerung hervorrufen können. Außerdem setze ich voraus, dass Sie keine tätigkeitsrelevanten Begleit- und Folgeerkrankungen haben und von sich aus nicht erkennen können, dass es eine krankheitsbedingte Einschränkung Ihrer Arbeitsfähigkeit gibt. Dann hat die Erkrankung, einen ausreichend ausgeglichenen Stoffwechsel vorausgesetzt, grundsätzlich keinen Einfluss auf Ihre Arbeitsfähigkeit.
Falls Sie sich aber nicht ganz sicher sind, ist es völlig ausreichend, nach der Einstellung im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Pflichtuntersuchung oder einer Untersuchung auf eigenen Wunsch hin beim zuständigen Arbeitsmediziner diese Fragen zu besprechen. Was viele nicht wissen: seit 1996 muss jeder Betrieb in Deutschland ab einem Mitarbeiter eine arbeitsmedizinische Betreuung gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen
Kurt Rinnert

*

Jens W. fragt:

Betreff: Frage zur Arbeit

Guten Tag, ich hätte da mal eine Frage. Habe Diabetes Typ 2; bin berufstätig in einem Tiefkühlbetrieb; arbeite von Montag-Freitag je acht Stunden, manchmal auch mehr. Nun meine Frage: der Betrieb ordnet an, jetzt auch Samstags zu arbeiten. Ist es für mich rechtens oder kann ich es ablehnen?

Mit freundlichen Grüßen
Jens W.


Dr. Rinnert:

Sehr geehrter Herr W.,
grundsätzlich kann ein Betrieb unter bestimmten Voraussetzungen Mehrarbeit anordnen. Ggf. gibt es in ihrem Fall auch betriebsinterne Zusatzregelungen, die ich natürlich nicht kenne. Ihre Diabeteserkrankung ist dabei zunächst einmal grundsätzlich kein Hinderungsgrund. Nach § 124 SGB IX sind allerdings Menschen mit einer Schwerbehinderung und ihnen (von der Agentur für Arbeit) Gleichgestellte auf Verlangen von Mehrarbeit freizustellen. Dies wäre ggf. bei Ihnen zu prüfen.

Mit freundlichen Grüßen
Kurt Rinnert

*

Jens W. fragt:

Danke für Ihre Antwort; hatte auch vergessen zu erwähnen, dass ich zu 50 Prozent einen Schwerbehindertenausweis habe und eine Gleichstellung vom Amt habe. Wie sieht es jetzt aus mit Mehrarbeit für mich; ist das rechtens vom Betrieb? Würde mich sehr über eine Antwort freuen.


Dr. Rinnert:

Sehr geehrter Herr W.,
schwerbehinderte Menschen und ihnen (von der Agentur für Arbeit) Gleichgestellte sind auf Verlangen von Mehrarbeit freizustellen (Ausnahme Notarbeit i.S. von § 14 und 15 ArbZG). Neben Arbeitern und Angestellten können auch Beamte Freistellung von Mehrarbeit verlangen. (§ 72 BBG oder dementsprechende länderrechtliche Regelungen). Der Anwendungsbereich ist auf zu leistende Mehrarbeit beschränkt. Die Vorschrift gibt den schwerbehinderten Arbeitnehmern nach allgemeiner Auffassung kein Recht, Sonn- oder Feiertagsarbeit bzw. Nachtarbeit und Bereitschaftsdienst generell abzulehnen.
Ordnet der Arbeitgeber Mehrarbeit an, hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer sie grundsätzlich zu leisten, sofern er nicht rechtzeitig eine Befreiung von der Mehrarbeit (gemäß § 124 SGB IX) verlangt hat. Der § 81 Abs. 4 SGB IX ist hierbei aber ggf. auch zu beachten und anzuwenden. Voraussetzungen dafür sind: Der Arbeitgeber kann Mehrarbeit anordnen, soweit dies arbeitsvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder aufgrund des Tarifvertrages zulässig ist.
Diese Anordnung bedarf aber trotzdem der Zustimmung

  1. des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG oder
  2. des Personalrates.

Die Schwerbehindertenvertretung ist nach § 95 zu beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen
Kurt Rinnert



zum kompletten Chat-Protokoll:
http://tinyurl.com/7brgpay

Der Diabetes-Chat steht allen Internet-Nutzern kostenfrei auf www.diabetesde.org zur Verfügung.
Protokolle der letzten Sprechstunden können Sie abrufen unter:
www.diabetesde.org/experten_chat

Eine weitere wichtige Anlaufstelle ist das Diabetes Gesundheitstelefon.
Unter der Nummer 0180 250 5205 (6 Cent/Anruf aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 42 Cent/Minute) stehen täglich 24 Stunden Experten bereit.


diabetesDE ist eine gemeinnützige Organisation, die alle Menschen mit Diabetes und alle Berufsgruppen wie Ärzte, Diabetesberater und Forscher vereint, um sich für eine bessere Prävention, Versorgung und Forschung im Kampf gegen Diabetes einzusetzen. An oberster Stelle steht die Interessenvertretung für die Menschen, die von dieser Volkskrankheit betroffen sind, die sich in großem Tempo in vielen Ländern der Erde, so auch in Deutschland ausbreitet. Gegründet wurde diabetesDE von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) und dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD).

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Quelle:
diabetesDE, Pressestelle
diabetesDE-Experten-Chat vom 12. Juli 2012
Bundesgeschäftsstelle
Reinhardtstraße 14, 10117 Berlin
Telefonnummer: +49 (0)30 201 677-0, Fax: +49 (0)30 201 677-20
E-Mail: presse@diabetesde.org
Internet: www.diabetesde.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juli 2012