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INFEKTION/1194: 1. Welt-Sepsis-Tag am 13. September 2012 (idw)


Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. - 05.09.2012

Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin begrüßt 1. Welt-Sepsis-Tag



Kaum eine andere Krankheit in Deutschland wird so dramatisch unterschätzt, wie eine Blutvergiftung. Jedes Jahr erkranken 154.000 Menschen an einer Sepsis, wie es in der Fachsprache heißt, 60.000 überleben sie nicht. Nur an Herz-Kreislaufleiden und Krebs sterben noch mehr Menschen, Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache. Deshalb ist es so wichtig zu wissen, worauf zu achten ist.

Wenn es um bedrohliche Krankheiten geht, fallen den meisten Menschen die üblichen Verdächtigen ein: Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs oder auch Multiple Sklerose. An eine Sepsis denken nur die wenigsten. Dabei kann jeder Mensch in jedem Lebensalter an einer Sepsis lebensbedrohlich erkranken.

"Deshalb sind wir froh, dass am 13. September in diesem Jahr erstmals der Welt-Sepsis-Tag stattfindet", sagt Professor Michael Quintel, Präsident der DIVI und Direktor der Abteilung Anästhesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin am Uniklinikum Göttingen. "So haben wir die Möglichkeit, die Bevölkerung besser über die Erkrankung aufzuklären." Denn leider ist es schwierig, eine Sepsis richtig zu deuten und dann auch zu behandeln.

Ein Problem sind die nicht eindeutigen Krankheitszeichen. "Erhöhte Körpertemperatur, manchmal in Verbindung mit Schüttelfrost, beschleunigte Atmung oder erhöhter Pulsschlag können ganz verschiedene Ursachen haben", sagt Professor Gernot Marx, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin an der Uniklinik Aachen. "Auch rötlich-bläuliche Streifen auf der Haut und Verwirrtheit müssen nicht unbedingt auf eine Sepsis hinweisen."

In der Regel wird Sepsis durch Bakterien verursacht. Seltener sind es Pilze oder Viren. Eine mögliche Eintrittspforte für diese Mikroorganismen sind verschmutzte Wunden oder eingedrungene Fremdkörper. Oft liegt der Infektionsherd aber innerhalb des Körpers, beispielsweise im Fall eines Harnweginfektes oder eines entzündeten Zahnes. Nicht selten kommt es zu einer Blutvergiftung als Begleiterkrankung einer Lungenentzündung, einer Krebserkrankung oder Diabetes, weil das Immunsystem dann bereits geschwächt ist.

Denn immer dann, wenn die körpereigene Abwehr nicht mehr in der Lage ist, die Erreger zu bekämpfen, können sie in die Blutbahn gelangen und so Herz, Leber, Lungen oder Nieren infizieren. Die Folge: Killerzellen und Botenstoffe versuchen die Krankheitskeime massiv zu bekämpfen. "In einer Art Schneeballeffekt kann diese Reaktion in kürzester Zeit völlig außer Kontrolle geraten", sagt Professor Marx, der auch Sektionssprecher der DIVI im Bereich Systemische Inflammation und Sepsis ist.

"Dabei können sie die Gefäßwände schädigen. Es entstehen Löcher, Flüssigkeit tritt aus, der Blutdruck sinkt rapide. Das Blut sackt förmlich weg, das Herz schlägt wie verrückt, der Sauerstoff wird knapp und der Kreislauf bricht zusammen. Man spricht dann vom schwersten Grad, dem septischen Schock. Die Organe erhalten nicht mehr genug Sauerstoff, sie können ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen." Jede Sepsis kann innerhalb kurzer Zeit in einen septischen Schock, verbunden mit einem Multiorganversagen übergehen.

Da die Symptome einer Sepsis zunächst nicht eindeutig sind, ist die Diagnose sehr schwierig. Typische Hinweise für den Arzt: Sehr schneller Puls und niedriger Blutdruck. Zeigt sich in einer Blutuntersuchung, dass auch die weißen Blutkörperchen und der Wert des so genannten Procalcitonins erhöht sind, weist das auf eine Sepsis hin.

"Je früher man die Krankheit dann aggressiv therapiert, desto größer sind die Überlebenschancen", sagt der DIVI-Experte. Um einen Patienten mit einem septischen Schock zu retten bleibt maximal eine Stunde Zeit. In dieser Zeit benötigt er das richtige Antibiotikum. In den darauffolgenden sechs Stunden geht es darum, den Kreislauf durch Flüssigkeitszufuhr zu stabilisieren. Häufig muss der Patient künstlich beatmet, nicht selten sogar operiert werden, um den Entzündungsherd auszuschalten.

Damit es gar nicht erst so weit kommt, sind einige Ratschläge zu beherzigen: Jede offene Wunde sollte sofort desinfiziert werden. Alle zehn Jahre muss eine Tetanus-Impfung erfolgen, ebenso wie eine Pneumokokken-Impfung. Pneumokokken sind der häufigste Erreger der Lungenentzündung, die zahlreichste bakterielle Infektion weltweit. Für eine starkes Immunsystem wichtig: eine gesunde Ernährung, viel Bewegung, wenig Alkohol und der Verzicht auf Nikotin.

Jede Sepsis ist ein Wettlauf mit der Zeit, "Sepsis hat leider noch nicht das erforderliche Bewusstsein in der Öffentlichkeit", sagt Professor Gernot Marx. "Für mehr Information und Aufklärung der breiten Öffentlichkeit sorgt jetzt auch die DIVI."


Ihre Ansprechpartnerin:
Larissa Vogt
Pressesprecherin
Luisenstraße 45
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E-Mail: pressestelle@divi-org.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.divi-org.de
Homepage der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)


DIVI weltweit einzigartig
Die 1977 gegründete DIVI ist ein weltweit einzigartiger Zusammenschluss von mehr als 1500 Anästhesisten, Neurologen, Chirurgen, Internisten, Kinder- und Jugendmedizinern sowie Fachkrankenpflegern und entsprechenden Fachgesellschaften: Ihre fächer- und berufsübergreifende Zusammenarbeit und ihr Wissensaustausch machen im Alltag den Erfolg der Intensiv- und Notfallmedizin aus. Insgesamt bündelt die DIVI damit das Engagement von mehr als 30 Fachgesellschaften.

Die Experten der DIVI:
Michael Quintel ist Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Er leitet die Anästhesiologie am Universitätsklinikum Göttingen.
Professor Gernot Marx, Sprecher und Gründungsmitglied der Sektion Systemische Inflammation und Sepsis bei der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Er arbeitet als Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum der RWTH Aachen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1527

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V.
Larissa Vogt, 05.09.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2012