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INFEKTION/1430: Helicobacter pylori - Freund, Feind oder beides? (DGVS)


Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS) - 18. September 2015

Helicobacter pylori - Freund, Feind oder beides?

Gastroenterologen empfehlen Behandlung des Magenkeims


Berlin/Leipzig - Eine Infektion mit Helicobacter pylori kann zu lebensbedrohlichen Krankheiten wie Magenkrebs und Geschwüren führen. Meistens bleibt sie aber harmlos, und es gibt sogar Hinweise auf nützliche Effekte. Warum ein Befall mit dem Bakterium dennoch in jedem Fall therapiert werden sollte, erläutern Experten auf dem Kongress Viszeralmedizin 2015 der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), ihrer Sektion Endoskopie und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) in Leipzig.

Helicobacter pylori ist ein Bakterium der Extreme: Es kann sich trotz der Magensäure im Magen des Menschen einnisten, was lange Zeit als unmöglich galt. Und es ist dasjenige Bakterium, mit dem die meisten Menschen chronisch infiziert sind, nämlich rund die Hälfte der Weltbevölkerung. In Ländern mit hohem Lebensstandard, zum Beispiel Deutschland, beträgt der Anteil zirka ein Drittel.

"Eine Infektion mit Helicobacter kann zu einer Reihe von Erkrankungen führen", erläutert Professor Dr. med. Joachim Labenz, Chefarzt am Jung-Stilling-Krankenhaus in Siegen und Kongresspräsident der DGVS. Zu den möglichen Folgeerkrankungen zählen Magenschleimhautentzündungen, Geschwüre im Magen oder im Zwölffingerdarm, Tumore im Lymphgewebe und Magenkrebs. Allerdings bleibt die Infektion in den meisten Fällen symptomfrei, nur bei etwa einem Fünftel der Betroffenen führt sie zu einer Erkrankung. Aus diesem Grund zögern Ärzte und Patienten bei der Diagnose häufig, die Infektion zu behandeln.

"Die Frage 'behandeln oder nicht?' ist eindeutig zu beantworten: Jede Infektion sollte therapiert werden", so Labenz. Zwar gebe es Hinweise darauf, dass das Bakterium vor bestimmten Erkrankungen schütze; beispielsweise hätten Fettleibigkeit, Sodbrennen und Speiseröhrenkrebs in Ländern mit abnehmender Helicobacter-Durchseuchung zugenommen. Ein direkter Zusammenhang sei aber bisher nicht erwiesen. Zudem sei es noch nicht möglich, zuverlässig eine möglicherweise harmlose von einer riskanten Infektion zu unterscheiden. "Nach kritischer Abwägung aller bisherigen Erkenntnisse, scheint das Risiko einer Infektion weit größer als deren Nutzen zu sein", sagt Labenz. Schließlich könne ein Träger des Helicobacter jederzeit schwer erkranken. Außerdem reduziere eine erfolgreiche Therapie das Risiko für andere Menschen, ebenfalls von dem Keim befallen zu werden.

Die Behandlung einer Helicobacter-Infektion ist nicht immer einfach: Die bisher bevorzugte Methode einer sogenannten Tripel-Therapie, bestehend aus einem Magensäurehemmer, dem Antibiotikum Clarithromycin sowie einem der beiden Antibiotika Amoxicillin oder Metronidazol, versagt häufiger als bisher angenommen. Aus diesem Grund werden heute in vielen Situationen Vierfachtherapien bevorzugt. "In mehr als 90 Prozent der Fälle kann der Keim so eliminiert werden", sagt Labenz. Noch in diesem Jahr wird die DGVS eine neue Leitlinie "Helicobacter pylori" herausgeben, die Behandlungsempfehlungen entsprechend dem aktuellen Wissensstand zusammenfasst. Auf dem Kongress Viszeralmedizin 2015, der vom 16. bis 19. September 2015 in Leipzig stattfindet, diskutieren Experten über Gefahren, möglichen Nutzen und Behandlung des Magenbakteriums.


Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane - zum Wohle des Patienten.

Weitere Informationen:
www.viszeralmedizin.com

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)
Pressemitteilung vom 18.09.2015
Pressestelle
Anna Julia Voormann, Irina Lorenz-Meyer
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
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E-Mail: lorenz-meyer@medizinkommunikation.org
Internet: www.dgvs.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2015

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