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KREBS/1238: Forschung - Muskeln für ein starkes Immunsystem (idw)


Deutsches Krebsforschungszentrum - 15.06.2020

Muskeln für ein starkes Immunsystem


Im Kampf gegen eine Krebserkrankung oder gegen chronische Infektionen muss das Immunsystem über lange Zeiträume aktiv sein. Doch auf Dauer kommt es häufig zu einer Erschöpfung der Immunabwehr. Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben nun bei Mäusen erste Hinweise dafür gefunden, dass Skelettmuskeln dazu beitragen, das Immunsystem bei chronischen Erkrankungen funktionsfähig zu erhalten.

Oft sind ein starker Gewichtsverlust und eine Abnahme der Muskelmasse die Folge einer Krebserkrankung oder einer schweren Infektion. Neben diesem als Kachexie bekannten Prozess leiden Betroffene häufig unter einem geschwächten Immunsystem. Verantwortlich dafür ist unter anderem ein Funktionsverlust einer Gruppe von T-Zellen, deren Aufgabe es ist, virusinfizierte Zellen oder Krebszellen zu erkennen und abzutöten.

Die Prozesse, durch die die T-Zellen an Aktivität verlieren, sind bislang weitgehend ungeklärt. Erste Hinweise deuten jedoch darauf hin, dass ein Zusammenhang mit der Kachexie besteht. "Es ist bekannt, dass T-Zellen an dem Verlust von Skelettmuskelmasse beteiligt sind. Doch ob und wie wiederum Skelettmuskeln die Funktion der T-Zellen beeinflussen, ist unklar", erläutert Guoliang Cui vom DKFZ.

Um dies herauszufinden, infizierten die Wissenschaftler Mäuse mit Lymphozytären-Choriomeningitis-Viren (LCMV). Diese Methode wird als weitverbreitetes Modellsystem genutzt, um den Verlauf von akuten oder chronischen Infektionen bei Mäusen zu untersuchen. Anschließend analysierten die Forscher die Genexpression der Skelettmuskulatur der Tiere und stellten fest: Bei einer chronischen Infektion schütten die Muskelzellen vermehrt den Botenstoff Interleukin-15 aus. Dieser bewirkt, dass sich T-Zell-Vorläufer in den Skelettmuskeln ansiedeln. Dadurch sind sie räumlich abgegrenzt und vor einem Kontakt mit der chronischen Entzündung geschützt.

"Verlieren die T-Zellen, die aktiv gegen die Infektion ankämpfen, durch eine andauernde Stimulation ihre volle Funktionsfähigkeit, so können die Vorläuferzellen aus den Muskeln auswandern und sich zu funktionsfähigen T-Zellen weiterentwickeln", so Jingxia Wu, Erstautorin der Studie. "Dies ermöglicht, dass das Immunsystem kontinuierlich und andauernd gegen das Virus ankämpfen kann."

Könnte also regelmäßiges Krafttraining das Immunsystem stärken? "In unserer Studie gelang es Mäusen mit mehr Muskelmasse besser, mit einer chronischen Vireninfektion umzugehen, als solchen, deren Muskeln schwächer ausgeprägt waren. Doch ob sich die Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, müssen künftige Experimente zeigen", erklärt Guoliang Cui.


Wu J, Weisshaar N, Hotz-Wagenblatt A, Madi A, Ma S, Mieg A, Hering M, Mohr K, Schlimbach T, Borgers H and Cui G:
Skeletal muscle antagonizes antiviral CD8+ T cell exhaustion. Science Advances 2020
DOI: 10.1126/sciadv.aba3458

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http://idw-online.de/de/institution386

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Krebsforschungszentrum - 15.06.2020
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2020

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