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AIDS/779: Hepatitis-C-Viren für HIV-Infizierte besonders gefährlich (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Dienstag, 15. Juni 2010

Hepatitis-C-Viren für HIV-Infizierte besonders gefährlich


fzm - Gesundheit und Leben von HIV-Infizierten werden nicht nur durch das Immunschwächevirus bedroht. Viele HIV-Positive sind gleichzeitig mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert. Die Viruserkrankung der Leber ist zu einer häufigen Todesursache von HIV-Infizierten geworden, berichtet ein Experte in der Fachzeitschrift DMW "Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2010). Eine rechtzeitige Therapie könne dies oftmals verhindern.

Vor allem in Osteuropa hat sich Hepatitis C unter HIV-Positiven ausgebreitet. In Russland sind 80 Prozent aller HIV-Erkrankten auch mit Hepatitis C infiziert, berichtet das Team um Dr. Martin Vogel und dem Vorsitzenden der Deutschen AIDS-Gesellschaft Professor Jürgen Rockstroh von der Universität Bonn. In Deutschland liege der Anteil bei zehn bis 15 Prozent. Ein Grund für die relativ niedrige Rate hierzulande seien die Spritzentausch- und Substitutionsprogramme, die Drogenabhängige vor einer Infektion bewahren. Neben diesen sind in Deutschland vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), von einer Doppelinfektion bedroht. Die Autoren führen dies auf riskante Sexualpraktiken zurück. Verletzungen der Schleimhaut im Analbereich bilden eine Eintrittspforte für die Hepatitis C-Viren, erläutert Dr. Vogel. Seit einigen Jahren gebe es in der MSM-Szene in verschiedenen Großstädten, auch in Deutschland, immer wieder Hepatitis C-Ausbrüche unter HIV-Positiven.

Der Infektiologe rät dieser und anderen Risikogruppen zu einem jährlichen Hepatitis C-Check. Eine frühe Diagnose sei wichtig, weil die Hepatitis C infolge der Immunschwäche schneller fortschreitet. Schon nach wenigen Jahren könne es zu einer Vernarbung der Leber, der gefürchteten Leberzirrhose kommen. Bedroht sind vor allem ältere männliche Patienten. Alkohol spielt ebenfalls eine Rolle, berichtet Dr. Vogel: Lebererkrankungen sind nach Aids die zweithäufigste Todesursache bei Menschen mit gleichzeitiger HIV- und HCV-Infektion geworden.

Eine wichtige Maßnahme gegen das Fortschreiten der Hepatitis ist eine frühe Behandlung der HIV-Infektion. Dr. Vogel: Die Patienten sollten die Therapie beginnen, bevor die Abwehrzellen im Blut deutlich abfallen. Die HIV-Therapie sei schwierig, weil viele Medikamente die Leber angreifen. Dank der großen Auswahl gelinge es den Ärzten jedoch oft auf "leberfreundliche" Mittel auszuweichen. Durch die Stabilisierung der Immunabwehr wird verhindert, dass die Leberentzündung rasch voranschreitet. Eine Therapie der Hepatitis C kann dies aber nicht ersetzen. Zusätzlich zu den drei oder vier HIV-Wirkstoffen erhalten die Patienten deshalb zwei Mittel gegen das Hepatitis C-Virus. Die Behandlung mit der Kombination aus einem Interferon und dem Virusblocker Ribavirin dauert zwischen 24 und 72 Wochen.

Anders als die HIV-Therapie, die lebenslang durchgeführt wird, kann eine Hepatitis C zur Ausheilung gebracht werden. Die Chancen hängen vom genetischen Typ des Hepatitis C-Virus ab, berichtet der HIV-Experte. Bei einem frühen Beginn heilt mehr als die Hälfte der Hepatitis-C-Erkrankungen aus. Die Ergebnisse seien nicht viel schlechter als bei Patienten ohne HIV-Infektion. Wenn keine Heilung erzielt wird, müsse die Therapie aber abgebrochen werden. Laut Dr. Vogel befinden sich jedoch einige neue Medikamente in der Entwicklung.


M. Vogel et al.:
HIV- und Hepatitis-C-Koinfektion.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010; 135 (23): S. 1186-1191


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Quelle:
FZMedNews - Dienstag, 15. Juni 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2010