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SCHLAGANFALL/181: Stent in der Halsschlagader beugt Schlaganfall vor (idw)


Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin / Kommunikation - 29.06.2010

DGNR - Stent in der Halsschlagader beugt Schlaganfall vor


Berlin - Für Menschen, deren Halsschlagader durch kalkhaltige Ablagerungen stark verengt ist, gibt es eine gleichwertige Behandlungsalternative zum bisherigen operativen Verfahren. Mit einem Katheter dehnen die Ärzte die Halsarterie auf und setzen dann eine Gefäßstütze, einen Stent, ein. Vor allem bei jüngeren Patienten kann damit ebenso zuverlässig einer Durchblutungsstörung des Gehirns und Schlaganfällen vorgebeugt werden wie mit einer Operation. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) anlässlich einer aktuellen US-amerikanischen Studie hin, die im "New England Journal of Medicine" erschienen ist.

An der CREST-Studie beteiligten sich 2 502 Patienten, die bereits einen Schlaganfall erlitten hatten oder bei denen wegen einer erheblich verengten Halsschlagader ein Schlaganfall drohte. Die Hälfte der Patienten wurde mit dem bisherigen Standardverfahren, der Karotis-Endarteriektomie, behandelt. "Hierbei öffnen die Ärzte die Schlagader und schälen die kalkhaltigen Ablagerungen aus der Wand heraus", erklärt Professor Dr. med. Joachim Berkefeld vom Institut für Neuroradiologie an der Universitätsklinik Frankfurt am Main. Die andere Hälfte der Studienteilnehmer erhielt eine Katheterbehandlung mit Stent.

Nur 4,1 Prozent der Patienten erlitten im ersten Monat nach dem Kathetereingriff einen Schlaganfall, der bei 0,9 Prozent schwere Folgen hatte. Nach der Operation erlitten 2,3 Prozent der Patienten einen Schlaganfall, bei 0,3 Prozent mit schwerer Folge. "Die etwas höhere Rate an Schlaganfällen in der mit Stents behandelten Gruppe wurde durch eine geringere Rate an Herzinfarkten wieder aufgehoben. Ein Herzinfarkt trat nach der Operation bei 2,3 Prozent der Patienten, nach der Katheterbehandlung nur bei 1,1 Prozent auf", so Berkefeld.

Entscheidend für den Erfolg der Katheterbehandlung sei vor allem die Erfahrung der behandelnden Ärzte, erklärt Berkefeld. Denn der Eingriff erfordere Übung und besondere Vorsicht und sei - ebenso wie die OP - nicht ohne Risiken: "Eine Gefahr besteht darin, dass sich bei der Stentbehandlung Teile der Kalkablagerungen lösen und im Gehirn ein Gefäß verlegen. Dann kann der Eingriff den Schlaganfall auslösen, vor dem er eigentlich schützen soll." Dieses Risiko kann jedoch durch eine gute Ausbildung der Ärzte und standardisierte Techniken minimiert werden, so der Experte von der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie weiter. "In der CREST-Studie mussten die Ärzte dokumentieren, dass sie mehr als zwölf Katheterbehandlungen im Jahr durchführen und ihre Komplikationsrate unter drei bis fünf Prozent liegt."

"In den Händen eines erfahrenen Arztes ist die Katheterbehandlung heute eine sichere Alternative zur Operation dieser für die Gehirndurchblutung sehr wichtigen Arterie", schlussfolgert auch der Präsident der DGNR, Professor Dr. med. Rüdiger von Kummer. Besonders günstig waren die Ergebnisse bei 50 bis 70jährigen Patienten, bei denen die Stenosen leichter mit dem Katheter erreicht werden können. Bei älteren Menschen mit einem ausgedehnten Befall der Halsschlagader sei die Operation häufig die bessere Wahl. "Wir entscheiden hier immer im Einzelfall zusammen mit Gefäßchirurgen, Neurologen und Angiologen, um für jeden Patienten eine optimale Lösung zu finden", so von Kummer. Symptomfreien Patienten mit Einengungen der Halsschlagader wird die Behandlung innerhalb einer Studie empfohlen, die die rein medikamentöse Behandlung mit der Operation und der atheterintervention vergleicht (SPACE-2).


Literatur:
Brott TG et al.:
Stenting versus Endarterectomy for Treatment of Carotid-Artery Stenosis.
In: New England Journal of Medicine 2010
doi: 10.1056/NEJMoa0912321

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften,
Medizin - Kommunikation, 29.06.2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2010