Paul-Ehrlich-Institut / Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel - 24.06.2015
Protein- statt Gentransfer: neuer Ansatz für Impfstoffe?
Forschern des Paul-Ehrlich-Instituts ist es in Kooperation mit Wissenschaftlern aus Hannover gelungen, mithilfe eines neuartigen lentiviralen Vektors Proteine (statt Gene) gezielt in ausgewählte Immunzellen zu übertragen. So konnten die Wissenschaftler spezifisch Immuneffektorzellen (CD8-positive T-Zellen) auf die Erkennung bestimmter Antigene ausrichten und scharf schalten. Diese Methode könnte zur Bekämpfung von Tumorzellen genutzt werden. Der neue Ansatz, Proteine statt Gene zu transferieren, hat den Vorteil, dass Immunzellen ohne genetische Modifikation spezifisch aktiviert werden. Über die Forschungsergebnisse berichtete das Journal of Virology in seiner Online-Ausgabe vom 17.06.2015.
Lentivirale Vektoren sind modifizierte Viruspartikel, die dazu genutzt werden, genetisches Material in Zellen zu schleusen, um so beispielsweise erblich bedingte Krankheiten und Krebs zu behandeln. Ein Problem dabei: Mit Gentransfervektoren übertragene therapeutische Gene rufen unter Umständen unerwünschte Mutationen im Erbgut der Zielzellen hervor. Diese können ein erster Schritt zu einer krebsartigen Entartung der genetisch modifizierten Zellen sein.
Dieses Risiko haben jetzt Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) um Dr. Michael Mühlebach, Leiter des Fachgebiets "Produktprüfung immunologischer Tierarzneimittel" der Abteilung Veterinärmedizin des Paul-Ehrlich-Instituts, in Zusammenarbeit mit weiteren Forschungsgruppen im PEI sowie in Kooperation mit Wissenschaftlern aus Hannover umgangen: An Stelle von therapeutischen Genen, die erst in der Zielzelle in Proteine übersetzt werden, transferierten die Forscher mittels neuer lentiviraler Vektorpartikel direkt Proteine. Die übertragenen Proteine waren in diesem Fall Antigene (bestimmte immunologisch relevante Proteine) zur Aktivierung von Immunzellen. Die Idee dahinter: Die Aufnahme, Verarbeitung und Präsentation der Antigene aktiviert das Immunsystem zur Erkennung und Abtötung von (Tumor-)Zellen, die dieses Antigen tragen.
Um die Proteine in die gewünschten Immunzellen zu transferieren, bauten die Forscher lentivirale Vektoren so um, dass sie gezielt nur solche Zellen ansteuern, die den sogenannten SLAM-Rezeptor tragen (SLAM steht für signaling lymphocyte activation molecule). SLAM befindet sich auf stimulierten Lymphozyten und antigenpräsentierenden Zellen.
Die Forscher konnten nachweisen, dass die gewünschten Proteine in die Vektorpartikel aufgenommen wurden und die Vektorpartikel tatsächlich gezielt Zellen ansteuerten, die SLAM tragen. Auch konnten sie zeigen, dass die Proteine in die Zielzellen übertragen wurden. Transferierten die Forscher mit ihren Proteintransfer-Vektoren gezielt Antigene in Immunzellen, aktivierten diese wiederum CD8-positive T-Zellen. Spezifisch aktivierte T-Zellen können antigentragenden Tumorzellen abtöten. Somit könnte dieses neue Verfahren, mit lentiviralen Vektoren gezielt Proteine in Immunzellen zu übertragen, geeignet sein, als (Tumor-)Impfstoff eingesetzt zu werden.
Um die Wirksamkeit ihrer Methode zu überprüfen, behandelten die Wissenschaftler Mäuse mit dem potenziellen Impfstoff. Die Mäuse entwickelten eine starke Immunantwort, wie sie nach einer Impfung gewünscht wird. "Die Induktion der antigenspezifischen CD8-positiven T-Zellen ist eine Eigenschaft, die insbesondere in der Immuntherapie von Krebserkrankungen, aber auch von bestimmten Infektionskrankheiten oder Allergien erwünscht wird. Die starke Immunantwort lässt vermuten, dass die Methode wirksam zur Bekämpfung antigentragender Krebszellen eingesetzt werden könnte", erläutert Mühlebach
Originalpublikation:
Uhlig KM, Schülke S, Scheuplein VA, Malczyk AH, Reusch J, Kugelmann S, Muth
A, Koch V, Hutzler S, Bodmer BS, Schambach A, Buchholz CJ, Waibler Z,
Scheurer S, Mühlebach MD: Lentiviral protein transfer vectors are an
efficient vaccine-platform inducing strong antigen-specific cytotoxic T cell
response. J Virol. 2015 Jun 17. pii: JVI.00844-15
doi: 10.1128/JVI.00844-15
Das Paul-Ehrlich-Institut in Langen bei Frankfurt am Main ist als
Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine
Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Gesundheit (BMG). Es erforscht, bewertet und lässt biomedizinische
Human-Arzneimittel und Veterinär-Impfstoffe zu und ist für die Genehmigung
klinischer Prüfungen sowie die Pharmakovigilanz - Erfassung und Bewertung
möglicher Nebenwirkungen - zuständig. Die staatliche Chargenprüfung,
wissenschaftliche Beratung/Scientific Advice und Inspektionen gehören zu
den weiteren Aufgaben des Instituts. Unverzichtbare Basis für die
vielseitigen Aufgaben ist die eigene experimentelle Forschung auf dem
Gebiet der Biomedizin und der Lebenswissenschaften. Das
Paul-Ehrlich-Institut mit seinen rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
nimmt zudem Beratungsfunktionen in nationalem (Bundesregierung, Länder) und
internationalem Umfeld (Weltgesundheitsorganisation, Europäische
Arzneimittelbehörde, Europäische Kommission, Europarat und andere) wahr.
Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=Lentiviral+protein+transfer+vectors+are+an+efficient+vaccine-platform+inducing+strong+antigen-specific+cytotoxic+T+cell+response
Abstract der Publikation
http://www.pei.de/DE/infos/presse/pressemitteilungen/2015/09-protein-statt-gentransfer-neuer-ansatz-impfstoffe.html
Diese Pressemitteilung auf den Internetseiten des PEI
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution430
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Paul-Ehrlich-Institut - Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel
Dr. Susanne Stöcker, 24.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2015
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