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STUDIE/283: Neuer Wirkstoff BTZ-043 gegen Tuberkulose erstmals an Patienten verabreicht (idw)


Klinikum der Universität München - 11.12.2019

Neuer Wirkstoff BTZ-043 gegen Tuberkulose erstmals an Patienten verabreicht


Das Tropeninstitut am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München führt derzeit unter der Leitung von Professor Michael Hoelscher eine klinische Studie durch. Seit Mitte November werden darin erstmals Tuberkulose-Patientinnen und Patienten mit der neuen Substanz BTZ-043 in Kapstadt, Südafrika, behandelt. Die Studie wird im PanACEA Konsortium in Zusammenarbeit mit dem TASK Applied Science Clinical Research Centre, dem University of Cape Town Lung Institute (UCTLI) und dem Radboud University Medical Center durchgeführt.

Entdeckt wurde BTZ-043 von Forscherinnen und Forschern des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) in Jena. Seit 2014 wird der Wirkstoff in einer Entwicklungsgemeinschaft von Wissenschaftlern des Leibniz-HKI und des Tropeninstituts am Klinikum der LMU München im Rahmen des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) entwickelt. Finanziert wird die Studie mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des European and Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP).

Tuberkulose ist die weltweit häufigste Todesursache, die durch eine bakterielle Infektion verursacht wird. Jährlich sterben daran nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) circa 1,5 Millionen Menschen, insbesondere in Südostasien, Afrika und der Westpazifik-Region. Eine enorme Herausforderung bei der Behandlung von Tuberkulose ist das vermehrte Auftreten resistenter Keime, gegen die nur noch wenige Antibiotika helfen. Die WHO setzt daher große Hoffnungen auf die Entwicklung von Medikamenten, die auf neuen Wirkstoffen basieren. Die Prüfsubstanz BTZ-043, ein Benzothiazinon, ist so ein neuer Wirkstoff.

Das internationale Forschungsteam befindet sich mit dem Start der Studie in Kapstadt an einem entscheidenden Punkt: Eine in Deutschland durchgeführte Phase-I-Studie hatte eine gute Verträglichkeit von BTZ-043 gezeigt. Erweist sich der Wirkstoff in der jetzt laufenden Studie (Phase II) als sicher und wirksam, wäre dies ein großer Schritt in der Entwicklung eines neuen Medikaments. Dieses könnte in absehbarer Zukunft eines der herkömmlichen, häufig resistenzbehafteten Antibiotika in einer Kombinationstherapie ersetzen und die Behandlungsdauer der Tuberkulose deutlich verkürzen.

In der Studie wird der neue Wirkstoff in zwei klinischen Zentren in Kapstadt insgesamt an 80 freiwillig teilnehmenden Tuberkulose-Patientinnen und Patienten über einen Zeitraum von 14 Tagen verabreicht. Im ersten Schritt geht es darum, eine optimale Dosis für die Substanz BTZ-043 zu finden, in der die höchste Wirksamkeit bei gleichzeitig bester Verträglichkeit erzielt wird. Im zweiten Schritt werden diese Ergebnisse an sehr viel mehr Patienten bestätigt und sowohl die Wirksamkeit als auch die Verträglichkeit mit der bisherigen Standardtherapie für Tuberkulose verglichen. Sämtliche teilnehmende Patientinnen und Patienten werden nach Abschluss ihrer Studienteilnahme nach 14 Tagen an ein lokales Gesundheitszentrum überwiesen. Dort wird ihre Behandlung nach den nationalen Leitlinien fortgeführt.

Mitte November 2019 wurden die ersten Patientinnen und Patienten zur Behandlung mit BTZ-043 in die Studie eingeschlossen. Erste Ergebnisse zu Verträglichkeit und Wirksamkeit werden Mitte 2020 erwartet. Nach dem Besuch des Studienstandortes in Kapstadt äußert sich Professor Michael Hoelscher vom Tropeninstitut am Klinikum der LMU optimistisch: "Nach den vielversprechenden Ergebnissen der Phase-I-Studie in Deutschland sehen wir eine große Chance, dass sich die gute Verträglichkeit von BTZ-043 bei der Behandlung von Tuberkulose-Patientinnen und Patienten bestätigt. Wir sind zuversichtlich, auch gute Ergebnisse bei den ersten Wirksamkeitsdaten zu sehen." Projektmanagerin Dr. Julia Dreisbach vom Tropeninstitut bekräftigt: "Um die Patientensicherheit zu gewährleisten, arbeiten wir mit unseren langjährigen Partnern in Südafrika und gleichzeitig weltweit erfahrensten Studienteams um die Professoren Andreas Diacon und Rodney Dawson zusammen."

Die Entwicklung neuer Medikamente, die primär für ärmere Länder bestimmt sind, wird zu großen Teilen durch öffentliche Gelder finanziert. Besonders ist allerdings, dass das erste in Deutschland entwickelte Antibiotikum seit Jahrzehnten durch eine Kooperation akademischer Institutionen erreicht wurde. Dies ist auch ein wesentliches Verdienst der strategischen Entscheidung des Bundesforschungsministeriums, die translationale Forschung in der Medizin durch die Einrichtung der Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung zu fördern. Die besondere Bedeutung für den Forschungsstandort in Thüringen (Jena und Gera) wurde durch die Verleihung des IQ Innovationspreises Mitteldeutschland als "Innovation des Jahres 2019" zum Ausdruck gebracht.

Die laufende Studie ist Teil des EDCTP2 Programms, das durch die Europäische Union unterstützt wird (Förderungsnummer TRIA2015 - 1102 - PanACEA II). Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) mit seinem Translational Project Management Office (TPMO) hat die präklinische und galenische Entwicklung von BTZ-043 wissenschaftlich begleitet und unterstützt. Weitere Finanzierungspartner bei der Entwicklung von BTZ-043 sind das Konsortium InfectControl 2020, das vom BMBF gefördert wird, und der Freistaat Thüringen. Als Sponsor ist das Klinikum der LMU für die präklinische und klinische Entwicklung sowie die Qualität und Sicherheit des Arzneimittels verantwortlich. Die Herstellung der Substanz erfolgt bei einem mittelständischen Unternehmen, der Hapila GmbH in Gera.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.klinikum.uni-muenchen.de
http://www.tropinst.med.uni-muenchen.de

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PM 49/19 - Neuer Wirkstoff gegen Tuberkulose erstmals an Patienten verabreicht

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Klinikum der Universität München - 11.12.2019
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2019

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