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INITIATIVE/109: Psychosoziale Hilfe für Asylsuchende - Modellprojekt in Schweinfurt (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - 30.06.2017

Modellprojekt für psychosoziale Hilfe für Asylsuchende in Schweinfurt gestartet


Schweinfurt/Berlin, 30. Juni 2017. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen und das Krankenhaus St. Josef haben in Schweinfurt ein Modellprojekt zur psychosozialen Hilfe für Asylsuchende gestartet. Ein Team aus einer Psychologin und geschulten Laienberatern aus dem Kulturkreis der Geflüchteten hilft den Bewohnern der Erstaufnahmeeinrichtung seit März, mit psychischen Belastungen umzugehen. Ärzte ohne Grenzen will damit auch auf die unzureichende psychologische Versorgung von Asylsuchenden in Deutschland hinweisen und Organisationen und Behörden hierzulande anregen, ähnliche Programme zu starten.

"Die Asylsuchenden in Schweinfurt berichten uns, wie sie in Syrien ausgebombt oder in Afghanistan bedroht wurden, wie sie in Somalia Angehörige verloren oder auf der Flucht durch Libyen gefoltert wurden", sagt Projektleiterin Dr. Henrike Zellmann. "Dazu kommt die Unsicherheit über ihre Zukunft in Deutschland. Die Menschen brauchen Unterstützung, mit diesen Belastungen umzugehen. Leider gibt es dafür in Deutschland zu wenige Angebote, und die Sprachbarriere ist ein großes Problem. In Schweinfurt wollen wir zeigen, dass unser in zahlreichen Flüchtlingslagern weltweit bewährtes Modell psychosozialer Hilfe auch Asylsuchenden in Deutschland helfen kann." Zellmann hat 2013 als Psychologin ein ähnliches Projekt für syrische Flüchtlinge im Irak geleitet.

Seit März haben die Psychosozialen Berater der von Ärzte ohne Grenzen und dem Krankenhaus gemeinsam getragenen "Ambulanz für seelische Gesundheit St. Josef" mehr als 110 Asylsuchende beraten. In Einzelgesprächen und Gruppensitzungen finden sie einen geschützten Raum, um über ihre Belastungen sprechen und damit besser umgehen zu lernen. Die Asylsuchenden leiden unter anderem an Schlafstörungen, Ohnmachtsgefühlen, Wut, Trauer, der Angst um Angehörige und Zukunftsangst, vor allem auf Grund des unsicheren Asylstatus. Die Berater bieten ihre Hilfe auch in der Gemeinschaftsunterkunft in Geldersheim bei Schweinfurt an.

Die Psychosozialen Berater sind selbst vor einiger Zeit aus Syrien, Somalia und dem Iran geflohen. Sie sprechen die Muttersprachen ihrer Klienten und kennen die Situation von Asylsuchenden aus eigener Erfahrung. "Die Geflüchteten bauen so schnell ein Vertrauensverhältnis auf", so Zellmann. "Wir legen großen Wert auf die Schulung der Laienberater und auf eine umfassende Supervision, so dass sie Anzeichen schwerer psychischer Probleme sofort erkennen und Betroffene umgehend zu mir als klinischer Psychologin bringen." Diese Patienten werden an spezialisierte Einrichtungen überwiesen.

"Unsere niederschwellige Hilfe in den Unterkünften vor Ort ist eine Ergänzung zu den wichtigen spezialisierten psychotherapeutischen und psychiatrischen Angeboten", so Zellmann. "Wir glauben, dass wir diese Einrichtungen zum Teil entlasten können, indem wir psychische Belastungen frühzeitig erkennen und ihnen in einem frühen Stadium entgegenwirken. Wir sehen einen großen Bedarf an psychosozialer Unterstützung und möchten die zuständigen Behörden und die in der Versorgung von Geflüchteten tätigen Organisationen dazu ermuntern, ähnliche Programme zu starten. Wir freuen uns, wenn sich Verantwortliche mit uns in Verbindung setzen."

Ärzte ohne Grenzen leistet in mehr als 40 Ländern weltweit medizinische Hilfe für Flüchtlinge und Vertriebene. Seit 15 Jahren hat die Organisation auch Projekte für Asylsuchende in Europa, derzeit in Griechenland, Italien, Serbien, Schweden und Belgien, sowie Teams auf zwei Rettungsschiffen im Mittelmeer. Die psychosoziale Hilfe ist dabei eine feste Komponente.

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Im folgenden finden Sie einen Text zur Arbeit der Psychosozialen Berater und drei Geschichten von Klienten der Beratung.

"Für euch habe ich drei Ohren" - Psychosoziale Hilfe für Asylsuchende in Schweinfurt

Ein heißer Mittwochnachmittag in einem Dachgeschosszimmer der ehemaligen "Ledward Barracks" in Schweinfurt, einst einer der größten Standorte der US-Armee in Deutschland, jetzt eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Bayern. Sieben junge Männer aus Afghanistan sitzen im Kreis vor einer Schautafel. In einfachen Bildern sind dort explodierende Bomben in einem Kriegsgebiet aufgezeichnet; eine Familie, die einen Angehörigen zu Grabe trägt; Vertreibung, Arbeitslosigkeit, Zukunftsangst. Auf Dari fragt Parisa Zare Moayedi, die Leiterin der Gruppensitzung zum Thema "Umgang mit Stress", welche der Bilder auf die jungen Asylsuchenden zutreffen.

"Wir kennen das alles", sagt ein junger Mann, dessen rechter Fuß ständig nervös auf und ab zuckt. Ein anderer erzählt, er sei in ständiger Unruhe, habe Angst, nach Kabul abgeschoben zu werden. Ein dritter leidet darunter, zum Nichtstun im Heim verdammt zu sein: "Ich kann nur immer Fußball schauen, Fußball spielen, Spazierengehen. Mehr gibt es nicht zu tun." Salah Al Hamada, der zweite psychosoziale Berater, kennt diese Situation. Er kam vor drei Jahren selbst als Flüchtling in Deutschland an. "Wir wissen, dass die Zeit in der Erstaufnahmeeinrichtung nicht leicht ist", hat er zu Beginn der Gruppensitzung gesagt. "Wir haben diese Situation auch erlebt. Deshalb wollen wir mit euch darüber reden, wie man mit diesen Problemen umgehen kann."

Modellprojekt mit Laienberatern

Parisa Zare Moayedi und Salah Al Hamada sind Laienberater im Modellprojekt "Niederschwellige psychosoziale Hilfen für Geflüchtete" in Schweinfurt. Es wird von Ärzte ohne Grenzen und dem Krankenhaus "St. Josef" gemeinsam durchgeführt. "Als im Jahr 2015 knapp eine Million Flüchtlinge nach Deutschland kamen, hat Ärzte ohne Grenzen zum ersten Mal auch hierzulande an einigen Orten sondiert, ob es Lücken in der Gesundheitsversorgung gibt", erklärt die Projektleiterin Henrike Zellmann. "Unser Eindruck war, dass die Asylsuchenden gerade im Bereich der mentalen Gesundheit große Bedürfnisse haben, um die sich niemand ausreichend kümmert. In den medizinischen Programmen von Ärzte ohne Grenzen mit Flüchtlingen weltweit sind psychosoziale Hilfsangebote ein fester Bestandteil. Deshalb wollten wir nach diesem Muster ein Modellprojekt starten, das dann von Organisationen in Deutschland übernommen werden kann."

Das Besondere an dieser Form der niederschwelligen Hilfe: Die Asylsuchenden werden durch speziell geschulte Laienberater, die selbst vor einiger Zeit geflohen sind, in ihrer eigenen Sprache betreut. Die Berater sind beim Krankenhaus St. Josef fest angestellt. Henrike Zellmann ist als klinische Psychologin für Supervision und Schulung der Laienberater zuständig.

"Wenn ich meine Geschichte einem Deutschen erzähle, versteht er mich nicht gut"

Salah Al Hamada war Englischlehrer in Aleppo, als 2011 der Bürgerkrieg ausbrach. Mit Frau und Kindern floh er zuerst in den Norden Syriens, dann alleine in die Türkei. Weil er dort keine Arbeit finden konnte, floh die Familie weiter nach Deutschland: "Ich habe die Situation, in der die Menschen jetzt sind, selbst erlebt. Ich habe damals auch vor lauter Stress manchmal meine Kinder nicht gut behandelt."

In der Erstaufnahmeeinrichtung in Schweinfurt berät Al Hamada auf Arabisch, vor allem Syrer und Algerier. Er beobachtet, dass es den Asylsuchenden leichter fällt, sich ihm zu öffnen, weil er ihre Sprache spricht und die Situation in ihren Heimatländern kennt: "Sie sagen: Wenn ich meine Geschichte einem Deutschen erzähle, versteht er mich nicht gut. Aber wenn ich sie dir erzähle, dann kannst du verstehen, was ich durchgemacht habe." Gleichzeitig weiß er, dass er nur eingeschränkt helfen kann: "Wir können unseren Klienten ihre Probleme nicht nehmen, aber wir können ihnen helfen, dass sie damit besser umgehen. Wir versuchen, sie zu motivieren und ihre inneren Ressourcen zu stärken. Manchmal sind wir für sie wie ein Vorbild. Sie sehen: Da ist jemand, der ist wie ich hier hergekommen. Er hat Deutsch gelernt und lebt ein normales Leben."

Nach vorne schauen trotz traumatischer Erfahrungen

Parisa Zare Moayedi war 10 Jahre lang Sozialarbeiterin in iranischen Gefängnissen, bevor sie aus politischen Gründen nach Deutschland floh. In Schweinfurt berät sie vor allem afghanische Asylsuchende auf Dari. "Ich spreche mit vielen jungen Männern ohne Familie. In ihnen ist oft eine große Traurigkeit, sie haben ihre Familie seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Viele berichten, dass sie Probleme mit den Taliban hatten, ein Mann war von den Taliban zehn Jahre ins Gefängnis geworfen worden. Oft haben sie auch schlimme Erfahrungen auf dem Fluchtweg gemacht. Einer hat mir erzählt: 'Bei der Überfahrt über das Meer sind zwei Flüchtlinge, die mit uns im Boot waren, ertrunken. Wir waren auf offener See und konnten ihnen nicht helfen. Ich mache mir Vorwürfe deswegen.'"

Die Probleme wirken nun in Deutschland nach: "Viele können nicht schlafen. Sie haben Angst vor der Zukunft, vor allem vor einer Abschiebung. Viele ziehen sich stark zurück. Manche zittern bei den Beratungsgesprächen: Oft zittert der Mund, manchmal die Augenlider. Ich lasse ihnen dann Zeit und sage: 'Es ist kein Problem. Wenn du ruhig bist, beginnen wir mit dem Gespräch.' Ich zeige ihnen, dass ich da bin, um ihnen zuzuhören: 'Für euch habe ich drei Ohren.' Darüber haben wir während der Schulung gesprochen. Das 'dritte Ohr' bedeutet: Damit höre ich, was das dahinterstehende Bedürfnis meiner Klienten ist, wenn sie sprechen. Ich höre nicht nur, was sie mir sagen, sondern höre auch heraus, wie sie mir implizit mitteilen: Ich brauche jemanden, der zuhört. Sie haben ein Bedürfnis nach Akzeptanz."

Angst vor der Abschiebung

Das größte Problem für die Afghanen ist die Angst vor der Abschiebung. "Ich bin oft traurig, wenn ich an meine Klienten aus Afghanistan denke", so Zare Moayedi. "Ich versuche, sie trotzdem zu motivieren. Ich komme oft schon eine halbe Stunde vor meinem Dienstbeginn und klopfe vorsichtig an ihre Türen, um zu schauen, ob sie noch da sind: 'Schläfst du? Gehst du nicht zum Deutschkurs?' Manchmal fragt mich einer: 'Warum soll ich Deutsch lernen? Sie schicken mich sowieso zurück nach Afghanistan!' Ich sage dann: 'Lerne trotzdem deutsch! Selbst wenn du zurückmusst, kannst du vielleicht etwas damit anfangen, zum Beispiel Unterricht geben. Du musst etwas aus dir machen!' Ich erzähle dann von mir."

Parisa Zare Moayedi hat nach wenigen Monaten in Deutschland ihren B1-Sprachtest fehlerfrei bestanden. Durch ihr großes Engagement schaffte sie es, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten und die Stelle als psychosoziale Beraterin zu bekommen. "Ich möchte vor allem die afghanischen Frauen ermutigen, selbstständig zu werden."

Traumatische Flucht durch die Wüste und über das Meer

Abdifatah Hussen Mohamed aus Somalia ist der dritte Laienberater in dem Projekt in Schweinfurt. Er war vor seiner Flucht Journalist beim bekannten Radiosender "Shabelle" in Mogadischu, auf dessen Mitarbeiter die radikalislamischen Al-Shabab-Milizen zahlreiche Anschläge verübt haben. In Schweinfurt betreut er vor allem Somalier, die vor dem Bürgerkrieg geflohen sind und die eine entsetzliche Flucht durch die Sahara, durch Libyen und über das Mittelmeer hinter sich haben: "Ich habe hier viele schlimme Geschichten gehört. Ich habe oft erlebt, dass Frauen während des Beratungsgesprächs anfangen zu weinen. Ich bin mir sicher: Fast alle Somalier, die eine solche Flucht hinter sich haben, haben psychische Probleme. Aber es ist schwierig, sie davon zu überzeugen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. In Somalia glaubt man: Zum Psychologen gehen nur Verrückte." Doch immer wieder merkt er auch, dass die Klienten die Gespräche schätzen: "Einmal kam eine Frau zu mir, deren Tochter gestorben war. Sie hatte alles verloren. Ich fühlte, dass sie sehr allein ist. Als sie bei mir im Beratungszimmer saß, wurde sie plötzlich still und sagte: 'Das ist das erste Mal seit Wochen, dass mir jemand einen Tee angeboten hat.'"

Manche sprechen von Selbstmord

Immer wieder kommen die psychosozialen Berater an den Punkt, an dem professionelle Hilfe nötig ist. In den Schulungen haben sie genau gelernt, wann sie unbedingt die Psychologin einschalten müssen. "Ich habe es zweimal erlebt, dass mir Klienten gesagt haben: 'Ich will mich umbringen.' Natürlich ist das ein Schock. Ich habe sofort Frau Zellmann eingeschaltet", erzählt Mohamed. "Einmal hat ein Mann aus Somalia den Bescheid bekommen, dass er nach Italien abgeschoben wird. Er hat daraufhin Tabletten genommen - Gott sei Dank haben es seine Freunde rechtzeitig bemerkt. Er wurde in die geschlossene Abteilung des Bezirkskrankenhauses eingeliefert. Ich habe ihn dorthin begleitet und am ersten Tag alles übersetzt. Wir betreuen ihn dann auch weiter, wenn er wieder entlassen wird."

Immer wieder hat Mohamed aber auch positive Erlebnisse: "Erst neulich habe ich eine Gruppe Somalier auf der Straße getroffen, die an einem Kurs zum Umgang mit Stress teilgenommen hatten. Sie haben mir gesagt: 'Du hast uns motiviert! Vor dem Kurs sind wir den ganzen Tag im Zimmer gesessen. Aber dann haben wir begriffen, dass wir unsere Zeit nutzen müssen. Jetzt gehen wir alle zur Berufsschule.'"

Ein Augenblick Stille

In der Gruppensitzung im Dachgeschosszimmer besprechen die jungen Afghanen mit den psychosozialen Beratern, was sie tun können, um den Stress abzubauen, den sie empfinden. Sie diskutieren: Was kann ich ändern, was muss ich akzeptieren? Am Ende machen die Berater mit ihnen eine Atemübung. Die jungen Männer schließen die Augen, konzentrieren sich ganz auf sich selbst.

Für einen Moment ist alles still - zum ersten Mal an diesem Tag, vielleicht zum ersten Mal seit langem. Auch der junge Mann, der nicht weiß, wie er zur Ruhe kommen kann, ist jetzt still. Nur sein rechter Fuß zuckt weiterhin auf und ab, wie eine ständige Erinnerung an etwas, das ihn nicht loslässt.

Seit März 2017 bietet ein Team des Krankenhauses "St. Josef" und von Ärzte ohne Grenzen den Asylsuchenden in der Erstaufnahmeeinrichtung Schweinfurt und in einer Gemeinschaftsunterkunft psychosoziale Hilfe an. Neben Einzelgesprächen werden ihnen Gruppensitzungen zum Beispiel zum Thema "Umgang mit Stress" angeboten.

"Man versucht immer, zu lachen und zu vergessen"

Die Familie von Hamdi G. (Name geändert) ist aus dem Bürgerkrieg in Somalia geflohen, er selbst ist im Jemen geboren. Nachdem auch dort Krieg ausgebrochen ist, war er monatelang in einem Gefängnis inhaftiert, wo die Insassen schwer misshandelt wurden. Unter dramatischen Umständen floh er durch die Sahara und über das Mittelmeer nach Deutschland. Er fürchtet, nach Italien abgeschoben zu werden und auf der Straße zu landen.

Ich bin 19 Jahre alt. Meine Familie stammt aus der Nähe von Mogadischu. Meine Eltern sind vor dem Bürgerkrieg in den Jemen geflohen, bevor ich geboren wurde. Als ich sechs Jahre alt war, ist mein Vater verschwunden. Ich nehme an, er hat sich geschämt, dass er nicht in Somalia geblieben ist, um sein Land zu verteidigen, und ist dorthin zurückgekehrt, als seine Familie in Sicherheit war. Seit damals musste ich Geld verdienen, um meiner Mutter zu helfen, mich und meine drei Schwestern zu versorgen. Ich habe für die Männer gearbeitet, die auf einem Markt in der Stadt Al-Baida die Kat-Blätter verkaufen, die dort fast jeder kaut. In der ersten Zeit musste ich immer Ausschau nach der Polizei und nach Dieben halten.

Bis 2013 war es im Jemen nicht so schlimm, aber dann hat die radikale Gruppe "Ansar al-Scharia", die mit Al-Kaida verbunden ist, in der Stadt immer mehr Einfluss gewonnen. Ich war damals 15. Mich haben sie auch verhaftet und einen Monat gefangen gehalten, weil ich Kat verkauft habe.

Deshalb sind wir in die Hauptstadt Sanaa geflohen. Dort war das Leben teuer, und niemand hat sich für uns Flüchtlinge interessiert. Meine Mutter musste ihre Kleidung verkaufen, um unsere kleine Wohnung bezahlen zu können. Dann haben die Huthi-Milizen aus dem Norden Sanaa erobert. Alles wurde noch teurer und uns Flüchtlingen ging es noch schlechter. Es gab ständig Kontrollen, und die Gefängnisse waren voller Somalier. Schließlich begann der Krieg gegen Saudi-Arabien, bald gab es auch keinen Strom mehr.

Ich habe beschlossen, zu fliehen, aber wurde von den Huthis in der Hafenstadt Al-Hodeida verhaftet. Sie verdächtigten mich, für Saudi-Arabien zu arbeiten. Fünf Monate war ich eingesperrt, vor allem im zweiten Gefängnis für Spionageverdächtige war es schlimm. In einem Raum hatten sie 40 Leute zusammengepfercht, es war heiß und man konnte kaum atmen. Er wurde "Guantanamo" genannt. In diesem Raum war ich glücklicherweise nur einen Tag. Aber sie haben mich oft geschlagen, mit Stöcken, Gürteln und Schläuchen, und die Handschellen so eng angelegt, dass es geblutet hat. Einen Freund haben sie bewusstlos geschlagen und ihm den Fuß gebrochen, ein anderer hat Blut erbrochen. Drei Äthiopier sind gestorben. Auch eine der Frauen, die versucht hat, aus dem Frauenbereich zu fliehen, wurde erschossen. Eine andere verlor ihr ungeborenes Baby, weil sie geschlagen wurde. Ich habe die Erinnerungen an dieses Gefängnis noch immer im Kopf, ich kann es nicht vergessen.

Irgendwann sind Leute von den Vereinten Nationen gekommen und haben darauf gedrängt, uns freizulassen. Offiziell wurde das dann wohl auch so verkündet und womöglich haben sie dafür Geld bekommen, tatsächlich haben sie aber mit Schmugglern gemeinsame Sache gemacht. Bewaffnete haben uns zu einem Boot gebracht, dass uns über das Rote Meer nach Port Sudan gebracht hat. Im Sudan waren wir in der Gewalt von Bewaffneten eines Stammes. Auf sechs oder sieben LKWs haben sie etwa 400 Frauen und Männer aus Somalia durch die Wüste nach Libyen gebracht.

Die Fahrt durch die Wüste war entsetzlich. Einige von uns sind auf dem Weg gestorben. Ich erinnere mich an eine Frau, die nicht mehr richtig atmen konnte und einfach zurückgelassen wurde.

In Libyen wurde unser Konvoi von einer anderen bewaffneten Gruppe angegriffen. Es gab einen Kampf und sie haben uns gekidnappt. Wir wurden in ein Lager gesperrt und mussten unsere Familien anrufen, um Lösegeld zu erpressen. Sie haben uns jeden Tag geschlagen. Die Familien mussten mindestens 1.200 Dollar für unsere Freilassung zahlen. Meine Mutter hat sich das Geld geliehen und es geschickt. Diese Schmuggler waren Barbaren.

Danach wurden wir in eine Lagerhalle mit Metalldach gebracht, wo wir zwei Monate lang eingesperrt waren. Dort sind fünf von uns gestorben. Wir hatten Würmer und Läuse und eine Hautkrankheit. Alle haben sich immer gekratzt, bis es zu bluten begann. Die Haut ist bei manchen schwarz geworden.

Dann haben sie uns an die Küste gebracht. Unser Schlauchboot startete um drei Uhr nachts. Wir waren etwa 100 Menschen. Gegen sieben Uhr hat uns ein italienisches Militärschiff gefunden und an Bord genommen. Sie haben uns dann an ein anderes Schiff übergeben. Dort gab es Ärzte und etwas zu essen. Sie haben uns nach Sizilien gebracht, wo ich zwei Monate war und wegen meiner Hautkrankheit behandelt wurde.

Im Februar bin ich nach Deutschland gekommen und habe einen Asylantrag gestellt. Ich war bei der Anhörung und warte auf mein Ergebnis.

Diese schrecklichen Erfahrungen sind ein Teil meines Lebens. Ich versuche, sie zu vergessen, aber es ist nicht so einfach. Jetzt geht es mir besser, ich habe keine Kopfschmerzen und keine Hautkrankheit mehr. Aber ich habe noch keine Ruhe. Ich bin gestresst. Ich weiß, dass meine Fingerabdrücke in Italien sind, und ich habe sehr große Angst, dass sie mich wegen der Dublin-Regeln nach Italien abschieben. Wir Somalier werden immer im Kreis herumgeschickt. Drei meiner Freunde mussten nach Österreich, einer nach Italien. Damit, dass sie mich nach Somalia abschieben könnten, will ich mich gar nicht erst auseinandersetzen. Das wäre das Schlimmste. Ich war nie dort.

Ich denke viel an meine Mutter und meine Schwestern, die noch im Jemen im Krieg sind. Ich kann ihnen nicht helfen. Was mir hilft, ist: Gott hat das alles für mich geplant, ob ich will oder nicht. Ich muss mein Schicksal akzeptieren. Ich muss stark sein für meine Mutter und die Familie. Wenn ich die Kontrolle verliere, sind auch sie in Gefahr. Ich muss für eine gute Zukunft arbeiten, um meine Familie zu retten.

Die Gespräche mit den Beratern haben mir geholfen. Zuvor habe ich nur geschlafen und dann ängstlich auf die Tafel geschaut, auf der immer bekannt gegeben wird, wer wohin muss. Wenn man immer nur in seinem Zimmer bleibt, wird man wie ein Tier. Jetzt habe ich mehr Kontakt. Ich arbeite jetzt immer wieder für das Beraterteam, indem ich für andere Asylsuchende von Somali auf arabisch übersetze. Ich bin beschäftigt und nützlich und helfe meinen Leuten. Und vergesse meine Situation ein bisschen.

Ich will nur meine Mutter und Geschwister in Sicherheit bringen, eine Familie und eine Arbeit finden und in Frieden leben. Man versucht immer, zu lachen und zu vergessen.

"Es hilft, wenn mir jemand zuhört"

Yassin E. aus Aleppo lebt mit seiner Frau und neun Kindern in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in Schweinfurt. Seit ihrer Flucht vor vier Jahren hat die Familie eine Odyssee durch Syrien, den Libanon, die Türkei und die EU hinter sich.

Als der Krieg ausbrach, lebte ich mit meiner Familie in Aleppo. Ich war LKW-Fahrer und deshalb viel unterwegs, bis in den Irak. Ich wollte immer in Syrien bleiben, aber der Krieg kam immer näher. Ich hatte keine Arbeit mehr, aber viele Kinder. Um meine Familie zu ernähren, hätte ich entweder klauen müssen - oder mit der Regierung oder den Islamisten kämpfen. Da habe ich gesagt: Das mache ich nicht. Lieber verlassen wir Aleppo. Ich wollte niemanden töten, nur in Frieden leben und meine Familie in Sicherheit bringen.

Später haben Fassbomben unser Haus getroffen. Ich weiß den Tag noch genau: Es war der 29. November 2013. Sieben zweistöckige Häuser wurden durch den Angriff zerstört. Mein Vater und mein Bruder wurden getötet. Es gibt keine Worte für das, was ich empfunden habe. Auch ein Onkel, eine Nichte und drei Neffen wurden im Krieg getötet.

Wir sind zuerst in Syrien geblieben, in der Nähe von Homs. Ich habe wieder versucht, als Fahrer zu arbeiten, aber es war nicht einfach. Ich konnte die Situation nicht mehr ertragen. Aus dieser Zeit kommt auch die Narbe an meinem linken Arm. Ich war zwischen Homs und dem Libanon unterwegs, als ein Scharfschütze auf meine Reifen geschossen hat. Bei dem Unfall habe ich mich verletzt, es war eine große Wunde. Ich habe sie selbst behandelt. Wenn ich ins Krankenhaus gegangen wäre, hätten sie mich womöglich festgenommen, weil sie angenommen hätten, ich hätte für die Opposition gekämpft. Seitdem habe ich auch weiße Haare.

2014 sind wir in den Libanon geflohen. Die ganze Familie musste auf dem Feld arbeiten, damit wir durchkamen. Ich wollte nicht, dass meine Kinder arbeiten, aber ich war dazu gezwungen. Eine meiner Töchter hat sich beim Spielen verletzt und musste zweimal am Unterleib operiert werden. Eine andere Tochter hat Diabetes. Für sie gab es keine gute medizinische Behandlung. Es ging nicht mehr.

Deshalb bin ich alleine in die Türkei, um dort Arbeit zu finden. Aber ich hatte keine Chance. Es gab zu viele arbeitslose Syrer dort. Schließlich habe ich einem Schlepper 5.000 Euro gegeben. Er hatte versprochen, mich nach Italien zu bringen. Aber er ist mit dem Geld einfach verschwunden. 2015 habe ich dann versucht, mit dem Boot auf eine der griechischen Inseln zu kommen. Erst beim achten Mal hat es geklappt. Zu Fuß und mit dem Zug bin ich weiter durch Europa.

Im August 2015 bin ich in Deutschland angekommen. An der Grenze wurde ich nach Schweinfurt geschickt. Für mich als Fremder war es schwierig, aber meiner Familie ging es noch viel schlechter. Sie waren allein und fremd im Libanon und wussten nicht, wie sie über die Runden kommen sollten. Deshalb sind sie zuerst nach Syrien zurückgegangen, dann in die Türkei geflohen. Der Gesundheitszustand meiner diabeteskranken Tochter verschlechterte sich, sie war 40 Tage lang bewusstlos. Ich war völlig ohnmächtig, konnte ihr nicht helfen.

Ich wollte zurück zu meiner Familie, aber über meinen Asylantrag war damals noch nicht entschieden. Ich überlegte trotzdem, in die Türkei zurückzufliegen, notfalls illegal. Ich wäre bereit gewesen, eine meiner Nieren zu verkaufen, um meine Tochter zu retten. Doch nach 40 Tagen ging es ihr glücklicherweise besser.

Dann habe ich eine der schwersten Entscheidungen meines Lebens getroffen. Ich habe meiner Frau Geld geschickt, damit sie mit den Kindern auf einem der Boote nach Griechenland kommen konnten. Es war ein schwerer innerer Konflikt. Ich hatte so große Angst, dass ihnen etwas passiert.

Glücklicherweise kamen sie gut auf Chios an. Danach flog ich zu ihnen. Doch das Wiedersehen war kein einfacher Moment. Die jüngsten Kinder haben mich nach zwei Jahren nicht mehr als ihren Vater erkannt. Mein Sohn hat mich "Onkel" gerufen, so wie man bei uns Fremde bezeichnet.

Weil meine Tochter so schwer krank war, bekam sie eine spezielle Behandlung. Nach einiger Zeit durften wir aus dem Lager auf Chios heraus und wurden in Athen in einer Wohnung untergebracht. Während dieser Zeit hat eine syrische Frau in Griechenland meine Frau in die Klinik von Ärzte ohne Grenzen am Viktoria-Platz geschickt, weil sie schwere psychische Probleme hatte. Sie hatte so viel durchgemacht: Die Bomben, die Unsicherheit mit neun Kindern. Aber die Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen haben sich sehr um sie gekümmert.

Als wir einmal dort waren, hat die Ärztin zu mir gesagt: Yassin, du brauchst auch Hilfe. Heute weiß ich, dass seelische Gesundheit wichtig ist, aber damals war ich hin- und hergerissen. Bei uns in Syrien gibt es die Auffassung: Wer zum Psychologen geht, ist verrückt. Werden meine Freunde sagen, dass ich verrückt bin? Aber ich habe erkannt: Ich brauche Hilfe.

Es hat ein Jahr gedauert, bis meine Familie endlich nach Deutschland kommen durfte, wo ich als Flüchtling anerkannt war. Jetzt sind wir wieder in der Erstaufnahmeeinrichtung in Schweinfurt.

Unsere Situation hier mit neun Kindern ist noch immer schlimm. Wir können uns nicht selbst versorgen, sind in allem abhängig. Einmal habe ich in der Kantine nur um eine Banane für meinen kleinen Sohn gebeten, aber sie wollten mir keine geben. Dabei wird doch so viel Essen weggeworfen. Ich habe mich geärgert und bin mit den Security-Mitarbeitern aneinandergeraten.

Die Gespräche mit den Mitarbeitern hier tun mir gut. Ich suche sie immer wieder. Es hilft, wenn mir jemand zuhört. Ich will gern deutsch lernen, um wieder als LKW-Fahrer arbeiten zu können, ich will wieder selbst mein Geld verdienen. Aber es ist nicht leicht für mich, ich bin derzeit so vergesslich, oft durcheinander. Ich brauche Hilfe.

"Ich bin nicht sicher in Afghanistan"

Bachodur M. (Name geändert) aus Mazar-i-Sharif ist vor den Taliban geflohen. Sein Bruder hat für die Bundeswehr als Übersetzer gearbeitet, jetzt fürchtet er Rache. Die Angst, nach Afghanistan zurückgeschickt zu werden, lässt ihm auch nachts keine Ruhe.

Ich bin 20 Jahre alt und komme aus einer tadschikischen Familie in Mazar-i-Sharif im Norden Afghanistans, wo auch die Bundeswehr stationiert war. Mein Bruder hat als Englisch-Dolmetscher für die Bundeswehr und die NATO-Streitkräfte gearbeitet. Deshalb haben ihn die Taliban massiv bedroht. Vor drei Jahren ist er geflohen. Er konnte glücklicherweise direkt nach Deutschland kommen.

In Mazar-i-Sharif war ich Student an der Universität. Ich habe auch bei einem Fernsehsender gearbeitet, als Ansager für Fußball-Berichte. Deshalb kennen mich viele in Mazar-i-Sharif.

Ich weiß, dass mich die Taliban einmal auf der Straße zusammen mit meinem Bruder gesehen haben. Sie haben nach ihm gefahndet und unsere Adresse herausgefunden. Sie haben Drohungen ausgesprochen. Sie sagen, wir seien Ungläubige, weil mein Bruder für die NATO gearbeitet hat.

Eines Tages haben die Taliban die Universität angegriffen. Ich war dort und habe den Angriff miterlebt. Womöglich haben sie nach mir gesucht. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass sie mich entführen würden, wenn sie es könnten. Ich bin damals entkommen. Ich hatte große Angst. Als ich zu Hause angekommen bin, hat mein Vater gesagt: Du musst fliehen!

Anfang 2016 bin ich auf einem Motorrad geflohen. Die Grenze zum Iran mussten wir zu Fuß über die Berge überqueren. Wir sind 20 Stunden gelaufen. Kurze Zeit war ich illegal in Teheran. Glücklicherweise hat mich die Polizei nicht gefunden. Afghanen, die im Iran aufgegriffen werden, müssen oft in Syrien kämpfen. Zwei Freunden, die mit mir geflohen sind, ist das passiert.

Auch die Grenze in die Türkei musste ich zu Fuß passieren. Diesmal waren wir 18 Stunden unterwegs. Sechs Monate habe ich dann in Istanbul in einem Restaurant und einer Bäckerei gearbeitet, um Geld zu sparen. Dann bin ich auf einem Boot nach Lesbos. Es war sehr gefährlich, es war dunkel und hat geregnet, wir waren vier Stunden auf dem Wasser. Drei Monate habe ich dann im EU-Hotspot Moria auf Lesbos gelebt. Ich hatte viel Glück, dass ich dann nach Athen weiterreisen konnte.

Von dort habe ich es nach Deutschland geschafft zu meinem Bruder, den ich als erstes besucht habe. Hier habe ich Asyl beantragt und wurde nach Schweinfurt verlegt. Jetzt habe ich einen Interviewtermin bei der Behörde, wo es aber nur um meinen Fluchtweg gehen soll.

Mein Bruder in Frankfurt ist vor 15 Tagen Vater geworden. Ich möchte so gern meinen kleinen Neffen besuchen, aber ich darf nicht. Warum will man mir das nicht erlauben? Ich fühle mich ein bisschen wie ein Gefangener.

Die meisten Afghanen, mit denen ich hier zu tun haben, bekommen Ablehnungen. Ich verstehe das nicht. Ich mache mir große Sorgen. Ich kann nicht nach Afghanistan zurück. Ich bin dort nicht sicher. Mir geht es nicht um Vorteile oder einen deutschen Pass oder so - ich will nur hierbleiben, bis es in meinem Land wieder sicher ist. Ich liebe mein Land, aber ich sehe, wie es immer neue Angriffe gibt. Schutz ist für mich am wichtigsten.

Wir Afghanen haben hier mehr Probleme als andere. Wir können oft nicht an Sprach- oder Integrationskursen teilnehmen. Das ist ein großes Problem. Ich sitze die ganze Zeit in meinem Zimmer und grüble und habe Angst um meine Familie. Die Taliban wissen, wo sie wohnt.

Es macht mir große Angst, dass Afghanen abgeschoben werden. Es ist entsetzlich. Einige Afghanen haben ihre Bescheide bekommen: Negativ, alle negativ. Die Leute werden dadurch verrückt. Viele haben angefangen zu trinken. Sie haben Angst vor der Abschiebung.

Ich kann nur in manchen Nächten wirklich schlafen. Jede Nacht bin ich bis nach Mitternacht wach. Ich bin schon müde vom Nachdenken.

Ich habe hier Gespräche mit der Beraterin geführt und eine Gruppensitzung besucht. Es hilft, wenn man weiß, dass jemand einen versteht. Dann fühle ich mich etwas besser. Aber ich weiß auch: Das hilft mir nichts für meinen Asylantrag. Dann fühle ich mich wieder einsam. Aber es ist gut, dass ich jemanden habe, der mir zuhört und meine Probleme versteht. Ich spreche darüber sonst mit niemandem, nur mit Frau Parisa, der Beraterin. Manchmal höre ich Musik. Das hilft mir.

Aber es ist immer nur für einen Moment. Wenn ich wieder allein im Zimmer bin, dann geht alles wieder von vorne los. Aber ich trinke nicht. Ich weiß: Das ist keine Lösung.

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen e. V. / Medecins Sans Frontieres
Pressemitteilung vom 30.06.2017
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2017

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