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INSTRUMENTE/310: Radioteleskop Spekt-R im All (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 10/11 - Oktober 2011
Zeitschrift für Astronomie

Nachrichten

Radioteleskop Spektr-R im All


Einen Meilenstein in der weltraumgestützten Radioastronomie kann die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos für sich verbuchen: Am 18. Juli 2011 gelang der Start des Radioteleskops Spektr-R mit einer Zenit-Rakete vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur. Das Teleskop wurde in eine stark elliptische Erdumlaufbahn eingeschossen, die von 500 bis 350 Kilometer reicht, also rund 90 Prozent der Entfernung der Erde zum Mond. Für einen Umlauf benötigt Spektr-R rund neun Tage. Etwa eine Woche nach dem Start gelang das kritische Aufklappen der wie ein Regenschirm zusammengefalteten Zehn-Meter-Parabolantenne. Das Ziel des Programms ist die Zusammenschaltung der Antenne von Spektr-R mit erdgebundenen Radioteleskopen zu einem Interferometer mit extrem großer Basislänge.

Schon seit Jahrzehnten werden auf der Erde Radioteleskope über Kontinente hinweg zu Antennenverbünden kombiniert, um die räumliche Auflösung der Radiobeobachtungen drastisch gegenüber einzelnen Radioteleskopen zu erhöhen. Dies wird als Very Long Baseline Interferometry (VLBI) bezeichnet, also Interferometrie mit sehr großer Basislänge. Allerdings sind diesen Verbünden durch den Durchmesser der Erde natürliche Grenzen gesetzt. Um noch höhere Auflösungen zu erreichen, sind größere Basislängen nötig, so dass man ein Radioteleskop ins All entsenden muss.

Wenn Spektr-R bei großem Erdabstand mit erdgebundenen Radioteleskopen zusammengeschaltet wird, lässt sich im optimalen Fall eine räumliche Auflösung von sieben Mikrobogensekunden erreichen. Dies ist einige tausend mal höher als die Auflösung des Weltraumteleskops Hubble im sichtbaren und infraroten Licht, die zwischen 0,05 und 0,1 Bogensekunden beträgt.

Spektr-R soll im Verbund »Radio-Astron« unter anderem Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien untersuchen, wobei die Astronomen hoffen, Details im unmittelbaren Umfeld des Ereignishorizonts auflösen zu können. Eines der ersten Ziele ist die elliptische Riesengalaxie Messier 87 im Sternbild Jungfrau, in deren Zentrum sich ein Schwarzes Loch mit bis zu 6,6 Milliarden Sonnenmassen verbirgt.

Radio-Astron, 25. Juli 2011


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w i s - wissenschaft in die schulen

Zu diesem Beitrag stehen didaktische Materialien auf unserer Internetseite www.wissenschaft-schulen.de/artikel/1116788 zur freien Verfügung. Sie beschäftigen sich mit dem begrenzten physikalischen Auflösungsvermögen von optischen, infraroten und radioastronomischen Teleskopen.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Durch Zusammenschalten von Spektr-R mit irdischen Radioteleskopen lässt sich eine hohe räumliche Auflösung erzielen.


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Quelle:
Sterne und Weltraum 10/11 - Oktober 2011, Seite 14-15
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
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Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2011