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KOMET/089: Die Top Ten der Kometen (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 12/13 - Dezember 2013
Zeitschrift für Astronomie

Die Top Ten der Kometen
Die eindrucksvollsten Schweifsterne des letzten Jahrtausends

Von Stefan Krause



Die Ankunft von ISON wirft die Frage auf: Was ist eigentlich ein großer Komet? Anhand historischer Aufzeichnungen lässt sich eine Hitparade der bemerkenswertesten Schweifsterne erstellen.


Kaum ein Komet hat eine so große Erwartungshaltung ausgelöst wie ISON (C/2012 S1). Von »Jahrhundertkomet« oder »einem der hellsten Kometen« war gelegentlich die Rede. Letztlich werden wir erst während und nach seiner engen Sonnenpassage Ende November wissen, wie beeindruckend seine Erscheinung ausfällt.

Die bisherigen Prognosen und Spekulationen um die Entwicklung von ISON werfen die Frage auf, welche Kometen denn nun die »größten« überhaupt waren. Aufzeichnungen über diese Himmelsobjekte sind bereits seit vielen Jahrhunderten überliefert, doch geben sich viele der antiken und frühmittelalterlichen Texte sehr knapp und vage. Vielleicht sind über den einen oder anderen sehr hellen Schweifstern auch gar keine Notizen überliefert worden. Besser wird die Quellenlage ab dem Hochmittelalter. Für diesen Zeitraum seit etwa 1000 n. Chr. lässt sich also eine Art Hitparade der Kometen, eine Top Ten der Schweifsterne, erstellen. Zum Glück müssen wir dafür nicht die in Bibliotheken und teilweise in Tresoren lagernden Originalquellen einsehen, sondern können uns auf das 2009 erschienene Buch »The Greatest Comets in History« des Australiers David Seargent stützen. Der Autor zählt für die letzten 1000 Jahre immerhin 26 besonders eindrucksvolle Schweifsterne auf, darunter zwei Auftritte von 1P/Halley (in den Jahren 1066 und 1910). Aus dieser Vorauswahl können wir also unsere Top Ten zusammenstellen.

Die Auswahl von neun Kometen erwies sich als relativ einfach, beim zehnten wurde es etwas schwieriger. Unter mehreren Kandidaten habe ich mich schließlich für 1P/Halley entschieden, weil ich denke, dass dieser mit Abstand berühmteste Schweifstern in einer solchen Aufstellung nicht fehlen sollte. Seine Erscheinung des Jahres 1066 belegt nun Platz 10.



Platz 10: 1P/Halley (1066)

1P/Halley ist der einzige der nummerierten periodischen Kometen, der bei jeder Wiederkehr problemlos mit bloßem Auge sichtbar ist. Sicher belegt ist er in chinesischen Quellen seit 240 v. Chr., wobei die antiken Beobachter aus dem Reich der Mitte natürlich nicht wussten, dass im Abstand von etwa 76 Jahren stets der gleiche Schweifstern am Himmel stand.

Die wohl berühmteste und zumindest in den letzten 1000 Jahren eindrucksvollste Perihelpassage von Halleys Komet fand im Jahr 1066 statt. Sie wird in zahlreichen Quellen von Europa über Arabien bis nach China erwähnt. Halley näherte sich der Erde damals bis auf 0,1 Astronomische Einheiten, also etwa 15 Millionen Kilometer (1 AE = Abstand Sonne-Erde). Selbst für diese recht geringe Distanz war Halley offenbar ungewöhnlich hell. Dabei könnte Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts ebenso eine Rolle gespielt haben wie einer oder mehrere Helligkeitsausbrüche. Möglicherweise war der Komet kurzzeitig auch am Taghimmel sichtbar.

Berühmt wurde diese Erscheinung von 1P/Halley vor allem durch die Darstellung auf dem Teppich von Bayeux. Diese verdeutlicht wie vielleicht keine andere die Ambivalenz und die Unsinnigkeit der über Jahrhunderte verbreiteten Kometenfurcht. Für den letzten angelsächsischen König Englands, Harald II., der in der Schlacht von Hastings am 14. Oktober 1066 sein Reich und sein Leben verlor, war der Schweifstern ein Unglücksbringer. Der siegreiche Normannen-Herzog Wilhelm der Eroberer wird den Schweifstern dagegen als günstiges Omen für sich gedeutet haben.



Platz 9: C/1402 D1 (Großer Komet)

Dieser Schweifstern des Jahres 1402 ist weltweit in zahlreichen Quellen bezeugt. Obwohl die Positionsangaben eher vage sind, ließ sich näherungsweise eine Umlaufbahn berechnen. Demnach durchlief der Komet sein Perihel, also den sonnennächsten Punkt seiner Bahn, am 21. März 1402 in einer Entfernung von 0,38 Astronomischen Einheiten zur Sonne. Die nächste Annäherung an die Erde wurde bereits am 20. Februar 1402 mit 0,71 AE erreicht.

Beide Entfernungswerte sind nicht sonderlich beeindruckend. Dass der Schweifstern dennoch enorm hell wurde und nach einer italienischen Quelle Ende März eine Woche lang am Taghimmel beobachtet werden konnte (ein bis heute gültiger Rekord, falls die Angabe stimmt), spricht für einen ungewöhnlich großen und aktiven Kern sowie starke Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts. Der bis zu 45 Grad lange Schweif hatte ein fächerartiges Aussehen mit mehreren Strahlen, bei denen es sich entweder um Synchronen oder um Striae gehandelt haben dürfte. Die gesamte Beobachtungsperiode erstreckte sich von Anfang Februar bis Ende März; insofern müsste die Bezeichnung korrekterweise C/1402 C1 lauten.

Wenig überraschend wurde der gewaltige Schweifstern mit allen möglichen Unglücken und Kriegshandlungen in Verbindung gebracht, so in England mit der Schlacht von Shrewsbury im Juli 1403, mit der König Heinrich IV. eine Rebellion des Adels blutig beendete. Ein Braunschweiger Chronist notierte lapidar: »In düssem jare stod ein Comete mit eine langen sterte, de brachten starven und vele kriges.«



Platz 8: C/2006 P1 (McNaught)

Komet McNaught (C/2006 P1) konnte Mitte Januar 2007 mehrere Tage neben der Sonne am Taghimmel beobachtet werden. Davor präsentierte er sich als extrem helles Objekt in der Dämmerung. Beides hat er mit zahlreichen Kometen der Vergangenheit gemeinsam. Einen Platz in unseren Top Ten belegt McNaught deshalb vor allem auf Grund seines unglaublichen Schweifs, der eine Länge von etwa 50 Grad und eine Breite von mindestens 20 Grad erreichte, als er Ende Januar 2007 am Südhimmel stand.

In den letzten 1000 Jahren gab es nur einen weiteren Schweifstern (nämlich C/1743 X1), der sich mit einer derart ausgeprägten Struktur aus nahezu parallelen Streifen im Staubschweif präsentiert hatte. Interessanterweise schienen selbst diejenigen, die McNaught in voller Pracht am Südhimmel bestaunten, nicht zu realisieren, dass sie gerade einen der eindrucksvollsten Kometen der Geschichte vor sich hatten.

Als der Australier Robert McNaught am 7. August 2006 seinen 31. Kometen entdeckte, ahnte wohl niemand, was bevorstand. Es war eine Besonderheit von C/2006 P1 (McNaught) beziehungsweise der Lage seiner Bahn relativ zur Erde, dass er bereits Monate vor seinem Periheldurchgang einen sehr geringen Winkelabstand von der Sonne aufwies (siehe SuW 3/2007, S. 14). Bis weit in den Dezember 2006 gelangen daher nur wenige verwertbare Beobachtungen, was alle Helligkeitsprognosen mit Unsicherheiten behaftete.

Rasanter Helligkeitsanstieg

Erst zum Jahresende 2006 verbesserte sich die Beobachtungsituation. McNaught hatte jetzt eine Helligkeit von etwa 4,0 mag. Mit Beginn des Jahres 2007 begann ein rasanter Helligkeitsanstieg, am 3. Januar hatte er bereits 1,5 mag erreicht, am 7. Januar wurden 0,0 mag gemeldet. Trotzdem war er wegen seiner Position in der hellen Dämmerung mit bloßem Auge zu diesem Zeitpunkt nur schwach erkennbar. Am Abend des 7. Januar 2007 wurde C/2006 P1 in Mitteleuropa erstmals weit verbreitet beobachtet. Weitere Sichtungen und zum Teil eindrucksvolle Fotos gelangen am folgenden Tag. Auffällig war die goldgelbe Farbe des Kometen, die in erster Linie durch die Schwächung der kurzwelligen Teile des Spektrums in Horizontnähe bedingt war. Er hatte mittlerweile eine Helligkeit von mehr als -1 mag erreicht und war bei klarem Himmel problemlos mit bloßem Auge sichtbar.

Am 10. Januar 2007 wurde die Helligkeit von Komet McNaught auf mindestens -2,0 mag geschätzt; er besaß einen mehrere Grad langen Schweif. Dank günstiger Witterungsbedingungen gelangen an diesem Tag in Süddeutschland und in Österreich erneut zahlreiche stimmungsvolle Fotos des goldfarbenen Kometen in der Abenddämmerung. McNaught war binnen weniger Tage zu einer der eindrucksvollsten Himmelserscheinungen unserer Zeit geworden.

Am Taghimmel sichtbar

Am 11. und 12. Januar 2007 konnte der Komet bei weiter zunehmender Helligkeit auf Grund verbreitet ungünstiger Wetterbedingungen nur vereinzelt beobachtet werden. Am 13. Januar bestand die letzte Gelegenheit, ihn in der hellen Abenddämmerung zu beobachten - eine Chance, die auch vielfach genutzt wurde. McNaught war nun deutlich heller als die Venus und daher mit bloßem Auge neben der Sonne am Taghimmel sichtbar. Der Bonner Amateurastronom Paul Hombach schrieb damals über seine Beobachtung: »Eine gnädige Wolkenlücke über der Nordeifel um 15 Uhr, die grelle Sonne hinter einer Dachkante, mit dem 8x30-Fernglas ins klare Blau geschaut: Da war er! Nur gut 6 Grad links oberhalb der Sonne, überraschend fern und klein, aber silberweiß und fein, mit Schweif nach 10 Uhr. Muss mindestens -6 mag haben, damit es derart einfach geht!«

Am 14. Januar 2007 herrschte erstmals seit Wochen in Deutschland sonniges Wetter. Da es ein Sonntag war, bereiteten sich zahlreiche Astronomiefreunde auf Tageshimmelbeobachtungen von C/2006 P1 vor. Wegen hoher Luftfeuchtigkeit war die Transparenz der Atmosphäre viel schlechter als am Vortag; bis in etwa 10 Grad Entfernung von der Sonne erschien der Himmel durch Streulicht milchig weiß. Unter diesen Umständen gelangen nur sehr wenige Sichtungen des Kometen. Da sich die atmosphärische Transparenz auch am nächsten Tag nicht verbesserte und zudem die Helligkeit von C/2006 P1 bereits etwas nachgelassen hatte, konnte er, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht mehr beobachtet werden.

Die deutschsprachige Tagespresse hatten spät über McNaught berichtet, und so wunderte es nicht, dass so mancher erst nach ihm Ausschau hielt, als seine Sichtbarkeit in unseren Breiten bereits beendet war. Durch Fernsehberichte oder mehr schlecht als recht geschriebene Zeitungsartikel alarmiert, richteten viele Leute den Blick in die Abenddämmerung, die vorher wenig auf das Geschehen am Himmel geachtet hatten und nicht so genau wussten, wie ein Komet aussieht. Daher wurden um den 15. Januar 2007 mehrfach auffällige Kondensstreifen als vermeintliche Kometensichtungen gemeldet. Währenddessen wurde in Fachkreisen heftig darüber debattiert, ob man die Medien nicht hätte früher informieren müssen.

Bereits am 15. Januar 2007 war Komet McNaught mit etwa -3 mag auf der Südhalbkugel als eindrucksvolle Himmelserscheinung in der Abenddämmerung zu sehen. Um den 20. Januar hatte er einen rund 150 Millionen Kilometer langen, stark gekrümmten und ungewöhnlich breiten Staubschweif entwickelt, der sich in zahlreiche Striae aufgliederte. Das Ende des Staubschweifs war für ein paar Tage an Orten ohne störendes Kunstlicht auch in Deutschland zumindest mit dem Fernglas und auf Digitalfotos, vereinzelt auch mit bloßem Auge, zu sehen. So gelangen am Abend des 20. Januar 2007 Beobachtungen zum Beispiel bei Hamburg und München. Die Schweiflänge erreichte mehr als 50 Grad, was sich aber erst durch Überlagerung von Fotos, die etwa zeitgleich auf der Nord- und Südhalbkugel aufgenommen wurden, erkennen ließ.

Nach dem 25. Januar 2007 ließ die Helligkeit des Kometen deutlich nach, die sichtbare Schweiflänge ging ebenfalls leicht zurück; zudem störte das helle Licht des zunehmenden Mondes bei den Beobachtungen am Abendhimmel. Aber immer noch bot er mit seinem gewaltigen, reich strukturierten Staubschweif einen fantastischen Anblick, nur vergleichbar mit einigen der bedeutendsten historischen Kometen.

Komet McNaught wurde um die Monatswende Januar/Februar immer lichtschwächer; zudem störte das Mondlicht während der gesamten Nacht die Beobachtung vor allem des Schweifs empfindlich. Nach Mitte Februar war C/2006 P1 nur noch ein eher unscheinbares Objekt der 5. Größenklasse, kein Vergleich mehr mit seinen besten Zeiten Ende Januar. Die letzte Beobachtung mit bloßem Auge gelang dem Australier Dave Seargent aM 9. März 2007.

Da sich McNaught recht überraschend zu einem hellen Kometen entwickelt hatte, konnten - anders als etwa bei Hale-Bopp (C/1995 O1) - keine größeren wissenschaftlichen Projekte vorbereitet werden. Dennoch brachte dieser Schweifstern einige interessante neue Erkenntnisse. So wurde auf Aufnahmen der STEREO-Raumsonden im Spektralbereich zwischen 630 und 730 Nanometern ein Schweif aus Eisenatomen nachgewiesen. Während ein Gasschweif bei C/2006 P1 kaum erkennbar war, konnte um die Monatswende Januar/Februar ein kurzer Gegenschweif beobachtet werden.

Das weitaus auffälligste Merkmal im Staubschweif waren die zahlreichen Striae, die einen spektakulären Anblick boten. Es waren die sonnenfernsten Abschnitte dieser Striae, die um den 20. Januar 2007 in mittleren nördlichen Breiten über den Horizont ragten.

Dadurch wurde ein über 250 Jahre altes Rätsel um Komet Klinkenberg (C/1743 X1) gelöst. Dessen Schweif hatte mehrfach gefächert über den mitteleuropäischen Horizont geragt, als der Kopf bereits tief am Südhimmel stand. Das Fächerphänomen war lange Zeit als Synchronen gedeutet worden, vergleichbar mit dem Schweif des Kometen Tebbutt (C/1861 J1). Letzterer konnte perspektivisch deshalb weit auffächern, weil die Erde mitten im Schweif stand. Das war bei Klinkenberg aber nicht der Fall. Die bei diesem Kometen beobachteten Schweifstrahlen lassen sich durch den Vergleich mit McNaught nunmehr zwanglos als Striae deuten.

Erstmals genauer analysiert wurde bei Komet McNaught die Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts am Staub der Koma. Joseph Marcus erkannte Ende Dezember 2006, dass C/2006 P1 in den Tagen nach dem Perihel in einer Position relativ zu Sonne und Erde stehen würde, die eine nennenswerte Vorwärtsstreuung zur Erde hin ermöglichen sollte. Marcus prognostizierte, dass die Helligkeit des Kometen sich dadurch um bis zu 2,5 mag steigern würde, wodurch er am 14. Januar 2007 etwa -5,5 mag erreichen sollte. Die am 12. Januar 2007 noch einmal aktualisierte Vorhersage wurde durch die Beobachtungen hervorragend bestätigt.

Da die Helligkeitskurve von McNaught in den Wochen vor und nach dem Perihel völlig gleichmäßig und symmetrisch verlief, ließ sich nahezu ausschließen, dass die Helligkeitssteigerung durch eine Kernteilung oder andere spontane Prozesse im Kometen bedingt war.



Platz 7: C/1882 R1 (Großer Septemberkomet)

Nach heutigem Wissensstand sind alle Sungrazer (»Sonnenstreifer«) der Kreutz-Gruppe durch kaskadierenden Zerfall aus einem Ursprungskörper hervorgegangen, dessen erste Teilung bei einem Periheldurchgang im 5. Jahrhundert erfolgte. Die Tochterkometen sind im frühen 12. Jahrhundert zur Sonne zurückgekehrt, jedoch wurde offenbar nur einer davon (X/1106 C1) beobachtet. Bei den seit dem 19. Jahrhundert beobachteten Kreutz-Kometen handelt es sich demnach um Bruchstücke der zweiten Generation. Der Kern des Ausgangskometen muss keineswegs sonderlich groß gewesen sein - ein Objekt von zehn Kilometer Durchmesser reicht völlig aus, um die unzähligen in den letzten 170 Jahren beobachteten Fragmente zu erklären.

Das bislang wohl größte Bruchstück durchlief sein Perihel am 17. September 1882 und trat spektakulär in Erscheinung. Entdeckt wurde der als Großer Septemberkomet (C/1882 R1) in die Geschichte eingegangene Schweifstern am 1. September 1882, als er bereits mit bloßem Auge sichtbar war. Er bewegte sich rasch auf die Sonne zu, wobei seine Helligkeit enorm anstieg. Am Tag seiner Perihelpassage in nur 0,0078 AE Abstand zur Sonne konnte er mit bloßem Auge bis zum Sonnenrand verfolgt werden. Welche Helligkeit er dabei erreichte, lässt sich schwer abschätzen. David Seargent gibt nach sorgfältiger Auswertung der überlieferten Beobachtungen -12,5 mag an, also so hell wie der Vollmond. C/1882 R1 ist wahrscheinlich der hellste Komet, der jemals beobachtet wurde. Insgesamt blieb er sechs Tage mit bloßem Auge am Taghimmel sichtbar.

Während der Perihelpassage teilte sich der Kern des Kometen in sechs Komponenten. Die damit verbundene Staubfreisetzung verschaffte ihm einen extrem flächenhellen Schweif, der Ende September eine Länge von 25 Grad erreichte, während der Kopf immer noch etwa 0 mag hell war. Zu dieser Zeit war C/1882 R1 ein Objekt des Morgenhimmels. Obwohl die Schweifform derjenigen aller anderen Kreutz-Kometen entsprach, verlief die weitere Entwicklung ausgesprochen untypisch. Mitte Oktober wurde ein Gegenschweif beobachtet. Erst Ende dieses Monats wurde bei einer Helligkeit von immer noch 2 mag mit 30 Grad - für einen Kreutz-Kometen recht wenig - die maximale Schweiflänge erreicht. Noch Mitte Januar 1883 wurden Längen von 15 Grad angegeben, und der Komet blieb bis Mitte Februar mit bloßem Auge sichtbar.



Platz 6: C/1843 D1 (Tageslichtkomet)

Dies war der erste der hellen Sungrazer der Kreutz-Gruppe des 19. und 20. Jahrhunderts und eine der großartigsten Kometenerscheinungen der Geschichte. Entdeckt wurde C/1843 D1 - der als »Tageslichtkomet« oder auch »Großer Märzkomet 1843« in die Annalen einging - von mehreren namentlich nicht bekannten Personen Anfang Februar 1843 im Raum New York. Die ersten vagen Beobachtungsberichte wurden in Tageszeitungen publiziert. Eine Meldung vom 11. Februar verortete den Kometen »in die Nähe von Beta Ceti«.

Im Lauf des Monats bewegte sich der Komet auf die Sonne zu, weshalb er trotz zunehmender Helligkeit kaum noch beachtet wurde. Bei seinem Periheldurchgang am 27. Februar 1843 in einem Abstand von nur 0,0055 Astronomischen Einheiten vom Mittelpunkt der Sonne näherte er sich ihrer Oberfläche auf etwa 140.000 Kilometer an. Am folgenden Tag waren die Koma des Kometen und etwa 5 Grad des Schweifs mit einer unglaublichen Brillanz und Schärfe neben dem Tagesgestirn sichtbar.

Bezeichnenderweise ist es der einzige Sungrazer, dessen Sichtbarkeit am Taghimmel in chinesischen Annalen erwähnt wird. Nie zuvor oder danach hat sich ein Schweifstern derart eindrucksvoll am Taghimmel präsentiert. In Europa herrschte in jenen Tagen Bewölkung vor; nur aus Italien sind Beobachtungen bekannt.

In den folgenden zwei Wochen trat C/1843 D1 vor allem auf der Südhalbkugel in Erscheinung, wobei die Schweiflänge bei rasch abnehmender Helligkeit der Koma immer mehr zunahm. Als er gegen Mitte März wieder auf der Nordhalbkugel sichtbar wurde, präsentierte er sich mit einem winzigen Kopf und einem schmalen, aber bis zu 65 Grad langen, flächenhellen, leicht gebogenen und am Ende etwas gegabelten Schweif. Es war die archetypische Schweifform, die seitdem bei allen Kreutz-Kometen beobachtet worden ist. Anfang April 1843 war nur noch ein Teil des Schweifs mit bloßem Auge sichtbar, nicht aber der Kopf. War schon die scheinbare Schweiflänge beeindruckend, so gilt dies erst recht für die absolute Länge: Sie wurde auf bis zu 300 Millionen Kilometer, also zwei Astronomische Einheiten, geschätzt. Es ist bis heute die größte bekannte Ausdehnung eines Staubschweifs geblieben.



Platz 5: Komet Klinkenberg (C/1743 X1)

Die Entdeckung des weitaus hellsten Schweifsterns des 18. Jahrhunderts wird im Allgemeinen dem niederländischen Amateurastronomen Dirk Klinkenberg (1709-1799) zugeschrieben, der ihn am 9. Dezember 1743 fand. Doch bereits zehn Tage zuvor hatte ihn sein Landsmann Jan de Munck, auch er ein Amateur, gesehen. Eine weitere unabhängige Entdeckung erfolgte am 13. Dezember 1743 durch den Schweizer Jean-Philippe de Chéseaux (1718-1751).

C/1743 X1 ähnelte in seinem ganzen Auftreten verblüffend dem Kometen McNaught (C/2006 P1). Beide hatten fast identische Werte von Periheldistanz und größter Erdnähe, beide waren in Folge von Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts am Taghimmel neben der Sonne sichtbar, und bei beiden war der Staubschweif durch extrem ausgeprägte Striae gegliedert. Doch Klinkenberg war mit fast fünf Monaten deutlich länger mit bloßem Auge sichtbar als McNaught (gut zwei Monate) und für Beobachter auf der Nordhalbkugel vor dem Perihel viel günstiger postiert. Sein Schweif übertraf mit bis zu 90 Grad Länge denjenigen von McNaught deutlich.

Auf die Zeitgenossen muss die gewaltige Himmelserscheinung einen tiefen Eindruck gemacht haben - davon zeugt eine Flut von Schriften, die zum Teil noch vom althergebrachten Aberglauben geprägt waren. Unter den Beobachtern war auch der 13-jährige Charles Messier, den dieses Erlebnis veranlasste, sein Leben den Kometen zu widmen. Messier gilt als der erste »Kometenjäger«. Dabei wird aber übersehen, dass vor ihm bereits andere - so auch Dirk Klinkenberg, der immerhin vier Schweifsterne entdeckte - mehr oder weniger systematisch nach den Himmelsboten Ausschau hielten.

C/1743 X1 war bereits im Dezember 1743 mit bloßem Auge gut sichtbar. Anfang Januar 1744 wurde er so hell, dass auch unbedarfte Zeitgenossen ihn nicht mehr übersehen konnten; die »Neuentdeckungen« häuften sich jetzt. Mitte Februar hatte Klinkenberg einen etwa 25 Grad langen Schweif entwickelt; der Kopf war jetzt heller als alle Sterne, mit Ausnahme des Sirius. Am 23. Februar 1744 hatte er Jupiter übertroffen, zwei Tage später stand er zusammen mit der Venus in der Morgendämmerung und kam dieser an Helligkeit gleich. Am 28. Februar 1744 war er etwa 12 Grad neben der Sonne mühelos am Taghimmel sichtbar - mit einer Helligkeit von zumindest -6 mag.

Nach der Perihelpassage am 1. März 1744 wanderte Klinkenberg - wie später McNaught - steil nach Süden. Zwischen dem 5. und dem 9. März 1744 ragte sein Schweifende, gegliedert in sechs bis elf Strahlen, über den mitteleuropäischen Horizont. Lange war über die Natur dieses Phänomens gerätselt worden, weder Synchronen noch Syndynen lieferten eine befriedigende Erklärung. Erst als um den 20. Januar 2007 einige Striae im Schweif des Kometen McNaught ebenfalls über dem mitteleuropäischen Horizont standen, wurde klar, dass man genau dieses Phänomen bereits 263 Jahre zuvor beobachtet hatte.

Nach dem 10. März 1744 war C/1743 X1 ein exklusives Objekt des Südhimmels. Sein Schweif erreichte um den 18. März eine Länge von bis zu 90 Grad. Nachdem Klinkenberg drei Monate lang den Himmel beherrscht hatte, ging seine Helligkeit offenbar ziemlich rasch zurück; die letzte Beobachtung datiert vom 22. April 1744.



Platz 4:C/1680 V1 (Kirch)

Der deutsche Hobbyastronom Gottfried Kirch bemerkte diesen Schweifstern am 14. November 1680 zufällig bei teleskopischen Beobachtungen. C/1680 V1 war der erste Komet überhaupt, der nicht mit bloßem Auge, sondern mit optischen Hilfsmitteln entdeckt wurde. Im Lauf der kommenden zwei Wochen wurde das Objekt am Morgenhimmel allmählich heller und entwickelte einen eindrucksvollen Schweif, dessen Länge Ende November mehr als 30 Grad betrug.

Komet Kirch erreichte seinen geringsten Erdabstand am 1. Dezember 1680 mit 0,42 Astronomischen Einheiten. Als er am 18. Dezember 1680 in weniger als einer Million Kilometer Entfernung von der Sonne sein Perihel durchlief, konnte dies am Taghimmel beobachtet werden.

Nach der Sonnenpassage entwickelte sich C/1680 V1 zu einer der imposantesten Kometenerscheinungen der letzten 1000 Jahre. Binnen weniger Tage stieg er am Abendhimmel steil nach Norden. Um die Weihnachtszeit 1680 erreichte sein Schweif eine Länge von 90 Grad, überspannte also den halben Himmel. Am 5. Januar 1681 näherte er sich der Erde noch einmal auf 0,49 Astronomische Einheiten an. Bis weit in den Januar hinein stand er auffällig am Himmel und entfaltete auf die Öffentlichkeit eine ungeheure Wirkung. Eine Flut von Traktaten und Einblattdrucken erschien, zumeist beflügelt von der grassierenden Kometenfurcht. C/1680 V1 galt als Zeichen des nahenden Weltendes, zumindest aber als Mahnung Gottes; in den Kirchen wurden Bußgottesdienste abgehalten.

Doch der Komet, der den Aberglauben zur höchsten Blüte führte, läutete zugleich dessen Ende ein. Zahlreiche Astronomen beobachteten den gewaltigen Schweifstern mit großer Sorgfalt. Unabhängig voneinander erkannten Georg Damuel Dörffel in Sachsen und Isaac Newton in England, dass sich der Komet auf einer parabolischen Bahn um die Sonne bewegt. Zwar hatten schon Johannes Hevelius und Giovanni Borelli Gleiches von dem hellen Kometen C/1664 W1 vermutet, doch allgemein herrschte noch Johannes Keplers Auffassung vor, wonach sich Schweifsterne auf geradlinigen Bahnen bewegten. Die Kurve, die Komet Kirch vor aller Augen um die Sonne zog, widerlegte jedoch klar Keplers Theorie.



Platz 3: X/1106 C1 (Großer Komet)

X/1106 C1 ist in zahlreichen mittelalterlichen Quellen von Europa über den Nahen Osten bis nach Ostasien belegt. Entdeckt wurde er vermutlich am 2. Februar 1106 im heutigen Belgien von Sigebertus Gemblacensis am Taghimmel unmittelbar neben der Sonne. In den folgenden Tagen wanderte er in die Abenddämmerung, wo er mit einem hellen Schweif von geradezu unglaublichen Dimensionen in Erscheinung trat, dessen Länge nach mehreren Quellen 90 bis 100 Grad erreichte.

Offenbar war der Himmelszauber aber rasch vorbei, spätestens Mitte März war der Komet nicht mehr sichtbar. Da die Positionsangaben in den historischen Texten widersprüchlich sind, war es nicht möglich, eine Bahn zu berechnen - daher das »X« in der Bezeichnung. Immerhin konnte schlüssig gezeigt werden, dass X/1106 C1 keine frühere Erscheinung von C/1680 V1 (Kirch) war.

Das ganze Auftreten des Großen Kometen von 1106 erinnert freilich sehr an einen Sungrazer der Kreutz-Gruppe. Sehr wahrscheinlich handelte es sich um eines von mindestens zwei Kreutz-Fragmenten der ersten Generation und vermutlich um einen Vorläufer des Tageslichtkometen C/1843 D1. Demnach muss sich der Kern von X/1106 C1 irgendwann während oder nach dem Periheldurchgang geteilt haben.

Zeitgenössische Zeichnungen dieses Schweifsterns sind nicht überliefert. Man liegt aber gewiss nicht falsch, wenn man ihn sich als eine vergrößerte Version des Tageslichtkometen C/1843 D1 vorstellt.

Nach einer chinesischen Quelle erreichte der Schweif eine Breite von 4 bis 5 Grad. Verschiedene Texte berichten von »Blitzen« und »Strahlen« im Schweif - möglicherweise ein Hinweis auf Striae. So schwierig die historischen Quellen auch zu interpretieren sein mögen, so besteht doch kaum ein Zweifel, dass X/1106 C1 der gewaltigste Sungrazer war, der jemals beobachtet wurde.



Platz 2: C/1264 N1 (Großer Komet)

Die im Mittelalter und in der frühen Neuzeit allgegenwärtige Kometenfurcht gebar vor allem im europäischen Raum so manche grotesk übertriebene Beschreibung oder Abbildung von Schweifsternen. Doch es gab tatsächlich einen Kometen, der den wildesten Albträumen jener Zeit entsprach: der Große Komet von 1264.

Der Schweifstern wurde am 17. Juli 1264 erstmals in Frankreich in der Abenddämmerung gesichtet, wenige Tage später dann auch andernorts in Europa und in Japan. Nach seiner Perihelpassage, die wohl am 20. Juli im Abstand von 0,82 Astronomischen Einheiten (AE) von der Sonne erfolgte, zog er sich vom Abendhimmel zurück, um ab dem 25. Juli in der Morgendämmerung wieder aufzutauchen.

Als C/1264 N1 (wahrscheinlich) am 29. Juli 1264 in nur 0,18 AE Entfernung an der Erde vorbeizog, präsentierte er sich mit einem 100 Grad langen und offenbar aufgefächerten Schweif. Anders als der in gewisser Weise vergleichbare Hyakutake (C/1996 B2) erfolgte die Erdpassage beim großen Kometen des Jahres 1264 nach dem Perihel. Dementsprechend - und dies deckt sich mit den Quellenangaben - war der lange Schweif ein heller Staubschweif. Hyakutakes ähnlich langer Schweif war dagegen ein blasser Gasschweif. War schon C/1996 B2 unter dunklem Himmel eine überaus beeindruckende Erscheinung, so lässt sich erahnen, wie gewaltig sich C/1264 N1 präsentierte. Nach chinesischen Angaben war er vier Monate mit bloßem Auge sichtbar, also bis in den November 1264 hinein. Dabei änderte er offenbar sein Aussehen. Koreanische Beobachter notierten, dass die zuvor gesichteten Schweifstrahlen sich im August wieder zu einem Schweif vereinigten. Als die Erde um den 22. August 1264 durch die Bahnebene des Kometen zog, änderte sich der Blickwinkel. Dadurch erschien der Schweif wohl wieder heller und länger; jedenfalls werden um den 11. September 1264 von den Koreanern erneut enorme Schweiflängen verzeichnet.

C/1264 N1 ist durch zahlreiche Quellen so gut belegt, dass zumindest annähernd ein Orbit berechnet werden konnte, welcher durch die Angaben zum wechselnden Aussehen des Schweifs bestätigt wird.



Platz 1: C/1861 J1 (Tebbutt)

John Tebbutt (1834-1916) war der wohl bedeutendste australische Astronom des 19. Jahrhunderts. Er verbrachte sein gesamtes Leben in Windsor (New South Wales), wo er sich im Jahr 1863 ein kleines Observatorium einrichtete. Im Jahr zuvor hatte er die Stelle als Government Astronomer in Sydney abgelehnt. Tebbutt, der fast 400 Fachartikel schrieb, blieb zeitlebens Amateurastronom.

Die wohl wichtigste Beobachtung seiner Laufbahn machte Tebbutt am 13. Mai 1861, als er in der Abenddämmerung ein schwaches, diffuses Objekt im Sternbild Eridanus entdeckte. Tebbutt ahnte wohl kaum, dass er gerade einen Jahrtausendkometen gefunden hatte. Im Gegenteil, es schien falscher Alarm zu sein, denn das Objekt änderte seine Position in den folgenden Tagen nicht. Erst am 21. Mai ließ sich eine Bewegung erkennen. Tebbutt wurde bald klar, dass sein Komet fast genau auf die Erde zusteuerte. Er beobachtete ihn in den kommenden Wochen weiter und sagte am 15. Juni 1861 in einem Artikel für die Tageszeitung »Sydney Morning Herald« voraus, dass die Erde etwa am 29. Juni durch den Schweif ziehen und der Komet dann am Taghimmel sichtbar sein würde.

C/1861 J1 (Tebbutt) hatte mittlerweile (am 12. Juni 1861) sein Perihel in einer Sonnenentfernung von 0,82 AE durchlaufen. Um den 20. Juni präsentierte er sich den Beobachtern auf der Südhalbkugel bereits mit einem 40 Grad langen Schweif. Die Bahn von C/1861 J1 stand fast senkrecht zur Ekliptik, und zudem zog der Komet fast genau zwischen Sonne und Erde hindurch. Es war daher unmöglich, ihn vor der Erdnähe von der nördlichen Halbkugel aus zu sehen. Hier ahnte niemand etwas von dem Schweifstern, denn die Nachrichten verbreiteten sich damals mangels Telegrafenverbindung noch im Tempo der Schiffe.

Das schlagartige Auftauchen von Komet Tebbutt am Nordhimmel am Abend des 30. Juni 1861 könnte dem Plot zu einem Endzeitfilm entstammen: Als es spät an diesem Sommerabend dunkel wurde, stand wie aus dem Nichts ein Schweifstern von geradezu unglaublichen Dimensionen am Himmel. Der breit aufgefächerte Schweif nahm den gesamten Sektor zwischen den Sternbildern Kassiopeia und Großer Bär ein und erstreckte sich über etwa 120 Grad. Seine Helligkeit war so groß, dass er Schatten warf. Vernünftige Helligkeitsschätzungen waren angesichts der Ausmaße des Kometen kaum möglich, der mondgroße Kopf soll etwa -3 mag erreicht haben; er blieb nach Sonnenaufgang am 1. Juli 1861 am Taghimmel sichtbar. C/1861 J1 war ohne jeden Zweifel das größte Objekt, das man jemals am Himmel gesehen hat.

Die unwirklichen Dimensionen und die enorme Helligkeit waren sowohl der geringen Entfernung (etwa 20 Millionen Kilometer) als auch einer starken Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts am Kometenstaub geschuldet. Vermutlich bedeckte der Schweif in jener Nacht sogar den kompletten Himmel. Weltweit wurden seltsame diffuse Lichterscheinungen gemeldet, John Tebbutt berichtet von einem weißlichen Licht, das vom gesamten Firmament kam, insbesondere aber vom Osthorizont.

Beobachter auf der Nordhalbkugel blickten entlang der Synchronen des Schweifs sozusagen von hinten auf die Koma, welche sich im Teleskop reich strukturiert mit Jets und »Envelopes« präsentierte. Nachdem die Erde den Schweif nach etwa zwei Tagen verlassen hatte, nahmen Helligkeit und Schweiflänge rasch ab. Am 8. Juli 1861 betrug die Länge noch knapp 60 Grad, am 12. Juli etwa 30 Grad. Die letzte Beobachtung mit bloßem Auge datiert vom 15. August 1861; teleskopisch konnte Tebbutt noch bis Ende April 1862 verfolgt werden. Bahnberechnungen ergaben eine Umlaufzeit von 409 Jahren - C/1861 J1 ist ein periodischer Komet, der vielleicht identisch mit einem allerdings schlecht dokumentierten Schweifstern aus dem Jahr 1500 ist.

Das plötzliche Auftreten von C/1861 J1 hatte den Nebeneffekt, dass anders als bei 1P/Halley im Jahr 1910 keine Zeit blieb, um irgendwelche Weltuntergangsfantasien zu entwickeln. Dennoch deuteten abergläubische Naturen Komet Tebbutt später als Vorzeichen des amerikanischen Bürgerkriegs.

Keiner der hellen Kometen des 20. Jahrhunderts hat es in die Top Ten geschafft, doch allein fünf von ihnen würden sich unter den Plätzen 11 bis 20 wiederfinden: C/1910 A1 (Großer Januarkomet), 1P/Halley (1910), C/1965 S1 (Ikeya-Seki), C/1996 B2 (Hyakutake) und C/1995 O1 (Hale-Bopp) sowie der vielleicht schönste Komet der Geschichte, C/1858 L1 (Donati).

Eine solche Top-20-Liste würde also noch stärker die Kometen der letzten 200 Jahre bevorzugen als unsere Top Ten. Diese Häufung eindrucksvoller Kometen im 19. und 20. Jahrhundert ist real, auch wenn wir berücksichtigen, dass zuvor helle Schweifsterne, die nur auf der Südhalbkugel sichtbar waren, den Chronisten entgangen sind. Eine solche Häufung ist zufällig und liegt im Bereich statistischer Schwankungen, wenn man wirklich lange Zeiträume betrachtet.


Stefan Krause beschäftigt sich seit seiner Kindheit mit Kometen und betreibt mehrere Internetprojekte zu Schweifsternen. Er ist Mitarbeiter einer Agentur für astronomische Reisen und Mitglied der Volkssternwarte Bonn.



Literaturhinweise

Stefan Krause: Komet ISON - Ein Jahrhundert-Komet?
Books on Demand, Norderstedt
2013. 140 Seiten mit Schwarz-Weiß-Abbildungen.
ISBN: 978-3-7322-4843-8. Kartoniert € 8,90

Chambers, G.F.: The Story of the Comets. Clarendon Press, Oxford 1909

Helmolt: Der Comet vom Frühjahr 1402. In: Astronomische Nachrichten 129, S. 301-306, 1892

Helmolt: Nachträge zu »Der Comet vom Frühjahr 1402« in A. N. 3090. In: Astronomische Nachrichten 134, S. 163-164, 1893

Kronk, G.: Cometography - A Catalog of Comets. Vol. 1: Ancient - 1799, Vol. 2: 1800-1899, Cambridge 1999, 2003

Lynn, W.T.: Lord Macclesfield and the Great Comet of 1744. In: The Observatory 35, S. 198-199, 1912

Orchiston, W.: Illuminating Incidents in Antipodean Astronomy - John Tebbutt and the Great Comet of 1861. In: Irish Astronomical Journal 25, S. 167-178, 1998

Schmidt, J.: Beobachtung des großen Cometen auf der Sternwarte zu Athen. In: Astronomische Nachrichten 1320, S. 369-372, 1861

Seargent, D.: The Greatest Comets in History. Springer, New York 2009

Sekanina, Z., Chodas, P.W.: A New Orbit Determination for Bright Sungrazing Comet of 1843. In: The Astrophysical Journal 687, S. 1415-1422, 2008

Wurm, K.: Die Kometen, Springer 1955



Weblinks unter www.sterne-und-weltraum.
de/artikel/1211964

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Didaktische Materialien zu diesem Beitrag

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WiS in Sterne und Weltraum

Zu unserem Schwerpunktthema Kometen möchten wir drei WIS-Materialien empfehlen:

»Tempel 1 - wir landen auf einem Kometenkern« führt Schüler als »Astronauten« auf die Oberfläche eines Kometenkerns. Dort ermitteln sie ihr eigenes Gewicht, führen Experimente durch und lösen Aufgaben. (ID-Nummer: 1063516)

»Die Rosetta-Mission«: Kometen beeindrucken die Menschheit seitjeher. Wurden sie früher eher als Unglücksboten angesehen, soll ihre Erforschung nun die Entstehung des Sonnensystems erklären helfen. Dazu erkunden sie Raumfahrtmissionen aus der Nähe. Das neueste Projekt ist die europäische Kometensonde Rosetta, die ab Mitte 2014 den Schweifstern Tschurjumow-Gerasimenko für längere Zeit begleiten soll. (ID-Nummer: 1051430)

»Kometen in der Schule«: Kometen bieten eine Reihe von interessanten Anknüpfungspunkten zu schulischen Themen. Einige Möglichkeiten werden in Form von Modellvorstellungen, verschiedenen Aufgaben, einem Freihandversuch, einer Medienseite mit Filmen und Illustrationen und anderem mehr vorgestellt. (ID-Nummer: 1051514)


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 48: Der berühmte Teppich von Bayeux enthält eine Darstellung des Halleyschen Kometen.

Abb. S. 49: Wohl der Komet von 1402 diente Giovanni da Modena als Vorbild für dieses Fresko.

Abb. S. 50-51: Grandiose Vorstellung: Die Strukturen im weit gefächerten Schweif des Kometen McNaught entstanden durch unregelmäßige Freisetzung von Staubteilchen, die von der Sonnenstrahlung abgelenkt wurden.

Abb. S. 52: Von Kapstadt aus fotografierte der schottische Astronom David Gill den Kometen C/1882 R1. Dass auf dieser Aufnahme vom 14. November 1882 und auf weiteren Fotos derart viele Sterne zu sehen waren, begeisterte Astronomen auf der ganzen Welt und trug zum Aufschwung der Astrofotografie bei.

Abb. S. 53: Der »Tageslichtkomet« C/1843 D1 war der bisher imposanteste Vertreter der Kreutz-Gruppe. Sein Schweif erstreckte sich über eine Länge von 300 Millionen Kilometern; am irdischen Himmel erreichte er eine Winkelausdehnung von 70 Grad.

Abb. S. 54: Dieser Einblattdruck zum Erscheinen des Kometen Klinkenberg aus dem Jahr 1744 ist frei von früherer Kometenfurcht - das Zeitalter der Aufklärung war angebrochen. Korrekt wurde auch die Umlaufbahn des Schweifsterns dargestellt (links unten).

Abb. S. 55: Dieses Flugblatt zeigt Komet Kirch am Abendhimmel über der Sternwarte von Georg Christoph Eimmart in Nürnberg.

Abb. S. 56: Skizzen des Großen Kometen C/1264 N1 wurden erst viele Jahrhunderte später angefertigt - wie diese hier von 1847.

Abb. S. 56-57: Komet Tebbutt präsentierte sich 1861 für wenige Tage mit einem extrem hellen und ausgedehnten Schweif.


© 2013 Stefan Krause, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg

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Quelle:
Sterne und Weltraum 12/13 - Dezember 2013, Seite 48 - 57
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie)
Redaktion Sterne und Weltraum:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2014