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STERN/174: Das Innenleben der Roten Riesen (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 8/11 - August 2011
Zeitschrift für Astronomie

Nachrichten

Das Innenleben der Roten Riesen


Die längste Zeit ihrer Existenz verbringen Sterne damit, in ihren Kernen Wasserstoff zu Helium zu verschmelzen. Dabei bleiben ihre Helligkeit und Größe bemerkenswert konstant, auch wenn im Inneren große Veränderungen vor sich gehen. Aber gegen Ende dieser Phase verschmelzen sie das Helium zu noch schwereren Elementen wie Kohlenstoff oder Sauerstoff. Dann werden sie zu Roten Riesen, wobei sie sich bis auf das Hundertfache ihres vorherigen Durchmessers ausdehnen und in einem intensiven roten Licht mit dem Vieltausendfachen ihrer vorherigen Leuchtkraft leuchten. Ein typisches Beispiel ist der Rote Riese Beteigeuze, der östliche Schulterstern des Sternbilds Orion, der rund 600 Lichtjahre von uns entfernt ist.

Das bei der Fusion angefallene Helium sammelt sich in der Zentralregion des Roten Riesen an und zwingt den verbleibenden Wasserstoff in Schichten um sie herum, wo die Fusionsreaktionen weiterhin ablaufen. Dieses Entwicklungsstadium wird als Wasserstoffschalenbrennen bezeichnet.

Im weiteren Verlauf der Sternalterung beginnt aber auch das Helium im Kern mit Fusionsreaktionen, das Heliumbrennen setzt ein. Diese Vorgänge wurden aus detaillierten Simulationsrechnungen über den inneren Aufbau von Riesensternen abgeleitet.

Ein Forscherteam um Timothy Bedding an der University of Sydney in Australien stellte nun ein neues Verfahren vor, wie sich diese beiden Lebensphasen Roter Riesen aufgrund von Beobachtungen unterscheiden lassen. Dafür verwendeten sie ausführliche Messdaten des Weltraumteleskops Kepler, das von mehreren hundert Riesensternen periodische Veränderungen ihrer Helligkeit registriert hatte. Diese Variabilität enthält Informationen über die innere Struktur der Roten Riesen.

In der Hülle eines Roten Riesen gibt es starke Konvektionsströmungen, bei denen wärmere Gasmassen aufsteigen und kältere absinken. Sie sind turbulent und erzeugen Schallwellen, die das Innere des Sterns durchdringen und wieder die Oberfläche erreichen. Manche von ihnen haben dabei die richtige Frequenz, um stehende Wellen im Sterninneren zu erzeugen, die sich an der Oberfläche in periodischen Änderungen der Helligkeit äußern, die sich mittels Fotometrie messen lassen.

Die Schallwellen, die in der ausgedehnten Sternhülle entstehen, treten mit Wellen in Wechselwirkung, die sich nur im Inneren des Heliumkerns ausbreiten. Diese werden davon beeinflusst, ob dort das Helium bereits zu noch schwereren Elementen fusioniert. Durch diese Oszillationsmoden«, die Informationen Wechselwirkung entstehen »gemischte über das Geschehen im Kern bis an die Oberfläche tragen. Damit lassen sich Rote Riesen nur mit Wasserstoffschalenbrennen von solchen mit gleichzeitigem Schalenbrennen und Heliumbrennen voneinander unterscheiden.

Nature 471, S. 608, 2011


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w i s - wissenschaft in die schulen

Zu diesem Beitrag stehen didaktische Materialien auf unserer Internetseite www.wissenschaft-schulen.de/artikel/1115459 zur freien Verfügung. Sie bieten detaillierte Versuchsanleitungen für Experimente unterschiedlicher Komplexität zur Veranschaulichung von Sternschwingungen.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Der Stern Beteigeuze, ein Roter Riese im Sternbild Orion, wurde mit dem Interferometer IOTA auf dem Mt. Hopkins im US-Bundesstaat Arizona als Scheibe aufgelöst. Die hellen Flecken sind Aktivitätsgebiete, die rund 500 Grad heißer sind als die im Mittel 3300 Grad Celsius heiße Oberfläche.



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Quelle:
Sterne und Weltraum 8/11 - August 2011, Seite 14
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2011