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ORNITHOLOGIE/138: Fichtenkreuzschnabel - Karotinoide aus der Leber (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 6/2009

Ornithologie aktuell

Fichtenkreuzschnabel: Karotinoide aus der Leber


Karotinoide finden sich bei vielen unserer einheimischen Vögel als Farbpigmente. Sie lassen das Gefieder der Goldammer und den Flügelstreifen beim Erlenzeisig gelb aufleuchten. Selbst das Gelb der Kohl- und Blaumeise beruht auf Karotinoiden, die zur Hauptsache über ihre Insektennahrung aufgenommen werden. Karotinoide sind aber auch in unbefiederten Körperteilen anzutreffen. Sie sind an der roten Färbung des Hahnenkamms und des nackten Truthahnhalses ebenso beteiligt wie am gelb-orangen Schnabel der Amsel, dem roten Schnabel des Weißstorchs und dem gelben Gesicht des Schmutzgeiers. Selbst die Rachen von Vogelküken werden durch Karotinoide gelblich bis rötlich, wobei die Durchblutung die Intensität der Färbung beeinflusst. Bei den Männchen des nordamerikanischen Hausgimpels (Carpodacus mexicanus) variiert die Gefiederfärbung von blassgelb bis leuchtend rot und auch beim Fichtenkreuzschnabel bestimmen Karotinoide die Gefiederfärbung. Diese Farbstoffe werden jedoch nicht, wie bislang angenommen in der Haut, sondern in der Leber gebildet. Karotinoide haben eine wichtige Funktion im Stoffwechsel. Sie wirken als Antioxidantien immunmodulierend und schützen vor starker Sonneneinstrahlung. Bei vielen Vogelarten werden sie zudem als Signalfarben eingesetzt. Sie stehen für einen guten Ernährungs- und allgemeinen Gesundsheitszustand des Individuums und die Fähigkeit, qualitativ hochwertige Ressourcen zu ergründen. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass die Ausbildung von Karotinoidpigmenten unmittelbar in den Follikeln während des Federwachstums erfolgt. Die Ursprünge der Pigmente fanden sich in der Leber und im Blut, was darauf hindeutet, dass sie in der Leber gebildet werden und dann durch die peripheren Gefäße in den Blutkreislauf gelangen. Diese überraschende Abweichung zu den bisherigen Erkenntnissen wirft die Frage nach möglichen interspezifischen Unterschieden auf. Das Verständnis solcher Unterschiede in den Mechanismen der Produktion von Gefiederfarben könnte dazu beitragen, die unterschiedlichen Pfade der Evolution zu verstehen, die an der Signalgebung beteiligt sind. (wir)

E. Del Val u. a., Naturwisenschatten 2009,
DOI 10.1007/s00114-009-0534-9.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 6/2009
56. Jahrgang, Juni 2009, S. 202
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2009