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ORNITHOLOGIE/149: Bienenfresser in Sachsen-Anhalt (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 6/2009

Ein Exot auf dem Weg nach Norden: Bienenfresser in Sachsen-Anhalt

Von Martin Schulze und Ingolf Todte


Kaum ein Vogel zieht den Naturliebhaber und Vogelkundler in Mitteldeutschland derzeit mehr in seinen Bann als der farbenprächtige Bienenfresser. Wie kaum eine andere Vogelart profitierte der wärmeliebende Bienenfresser in den vergangenen Jahrzehnten - bedingt durch den Klimawandel - von immer häufigeren heißen und trockenen Sommern. Bienenfresser zählen somit zu den "Gewinnern" des Klimawandels, die nun auch in Gefilden nördlich ihres angestammten Verbreitungsgebietes zu beobachten sind. Der Schutz geeigneter Lebensräume ist hierbei jedoch von extrem hoher Bedeutung.


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Durch ihr farbenfrohes Gefieder sind Bienenfresser unverwechselbar. Nicht zuletzt deswegen sind Bienenfresservorkommen gut belegt. Das ausgedehnte geschlossene Verbreitungsgebiet des Bienenfressers erstreckt sich von Südeuropa und Nordwestafrika nach Osten über Vorderasien, Nordindien und Sinkiang, nach Norden bis Nordwest-Altai und die Kirgisensteppe. Eine isolierte Population existiert zudem in Südafrika. Der europäische Kontinent beherbergt mit geschätzten 480000 bis 1000000 Brutpaaren ca. 25 bis 49 % des Weltbestandes der Art. In Mitteleuropa brüten nur ca. 21000 bis 42000 Bienenfresser-Paare. Deutschland besitzt hiervon mit einigen Hundert Paaren nur einen sehr geringen Anteil.

Bienenfresser in Deutschland

Die erste verbürgte Meldung von Bienenfressern in Mitteldeutschland betrifft eine Feststellung der Art im Mai 1517 in Leipzig. Auch im 17. Jahrhundert, Mitte des 19. Jahrhunderts sowie Anfang und nach Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Arealerweiterungen bekannt, Brutansiedlungen waren jedoch meist nicht von langer Dauer. Seit Mitte der 1960er Jahre brütet der Bienenfresser fast alljährlich in Deutschland. Mit zwei unabhängig voneinander erfolgenden Ansiedlungen der Art im Kaiserstuhlgebiet (Baden-Württemberg) sowie im Regenschatten des Harzes (Sachsen-Anhalt) Ende der 1980er bzw. Anfang der 1990er Jahre begann dann eine kontinuierliche Bestandszunahme.

Vogelkundler gehen davon aus, dass Brutansiedlungen weit nördlich der bisherigen Verbreitungsgebiete durch auf dem Frühjahrszug weit über das Ziel hinausgeschossene Bienenfresser ermöglicht werden. Eine starke Zunahme der Bestände in den südlichen Verbreitungsgebieten (Spanien, Südfrankreich, Ungarn) fördert diese Vorstöße. Dabei sind die Tiere wenig kälteempfindlich - Auslöser für die Meidung gebirgiger und regenreicher Landschaften ist vielmehr die Abhängigkeit vom Insektenreichtum als Nahrungsgrundlage.

Im Jahr 2007 wurden deutschlandweit fast 700 Paare registriert. Dabei zählen die in wärmebegünstigten, niederschlagsarmen Regionen Baden-Württembergs und Sachsen-Anhalts nach wie vor zu den Kerngebieten der Verbreitung der Art in Deutschland. Aber auch in Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Sachsen existieren aktuelle Ansiedlungen.

Das Artenschutzprojekt in Sachsen-Anhalt

Seit 1990 ist der Bienenfresser Brutvogel in Sachsen-Anhalt, mit beständig wachsender Zahl von Brutplätzen und Brutpaaren. Während Ansiedlungen im äußersten Norden des Landes bislang nicht von Dauer waren, fand die Art vor allem im Regenschatten des Harzes, im mittleren und unteren Saaletal, günstige Voraussetzungen für eine lang währende Ansiedlung. Das Kerngebiet der derzeitigen Brutvorkommen, das sich über die Landkreise Salzland, Mansfeld-Südharz und Saalekreis erstreckt, ist durch hohe Julitemperaturen, geringe Niederschläge sowie Höhenlagen zwischen 70 und 200 m ü. NN gekennzeichnet. Die nördliche Grenze der Verbreitung der Art befindet sich zurzeit in Höhe der Colbitz-Letzlinger Heide.

Aufgrund der hohen Verantwortung, die das Land Sachsen-Anhalt durch die Konzentration von ca. 50 % des bundesweiten Bienenfresserbestandes trägt, startete der Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Sachsen-Anhalt e. V., mit Förderung durch das Land Sachsen-Anhalt und die Europäische Union in den Jahren 2006 und 2007 das Artenschutzprojekt "Bienenfresser in Sachsen-Anhalt". Mehr als zwanzig Vogelkundler und Beringer aus den Reihen des Naturschutzbundes (NABU) und des Ornithologenverbandes Sachsen-Anhalt e.V. (OSA) erfassten im Rahmen des zweijährigen Projektes die aktuellen Bestände des Bienenfressers in Sachsen-Anhalt und kontrollierten alle potenziellen und bereits bekannten Brutplätze. Anhand einer Gefährdungsanalyse wurde ein Maßnahmenkatalog zum Schutz der Art erarbeitet.

Zwischen 1990 und 2008 konnten die Vogelbeobachter 103 verschiedene Brutplätze des Bienenfressers feststellen, von denen im Jahr 2008 insgesamt 69 aktuell besetzt waren.

Die Brutkolonien haben bei gutem Bruterfolg ein Wachstum von jährlich bis zu 25 %, da die Rückkehrrate der Alt- und Jungvögel an den Brutplatz bzw. Geburtsort sehr hoch ist. So steigerte sich die Brutpaarzahl in einer Kolonie im Saalekreis von sieben Paaren im Jahr 2001 auf insgesamt 61 im Jahr 2007 und ist somit die aktuell größte Kolonie Deutschlands!

Nach hohem Bruterfolg im Jahr 2006 wuchs der Bestand des Bienenfressers binnen eines Jahres von 233 auf das bisherige Maximum von 329 Paaren. Nach ungünstigeren Aufzuchtbedingungen in der Saison 2007 fiel der Bestand dagegen leicht auf 320 Brutpaare im Jahr 2008. Damit beherbergt Sachsen-Anhalt - trotz der aktuellen Zunahme auch in anderen Bundesländern - weiterhin etwa die Hälfte des deutschen Brutbestandes.

Erkenntnisse aus der Vogelberingung

Viele Artenschutzmaßnahmen basieren auf Erkenntnissen, die durch Beringung und Wiederfang von Brut- und Zugvögeln gewonnen wurden. Durch die Markierung von Individuen können Fragen nach dem Lebensalter, zur Altersstruktur der Population, der Geburtsort- und Brutplatztreue, der Partnerbindung, Umsiedlungsentfernungen oder Zugwegen beantwortet werden.

In Sachsen-Anhalt wurden seit Anfang der 1990er Jahre mehr als 3000 Bienenfresser mit Ringen der Vogelwarte Hiddensee markiert. Durch den Wiederfang von über 450 Vögeln in den Folgejahren konnten bereits zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen werden.

Es zeigte sich beispielsweise, dass Alt- und Jungvögel oft über viele Jahre denselben Brutplatz nutzen. Diese Geburtsort- und Brutplatztreue ist ein Grund dafür, dass die Besiedelung weiterer potenzieller Brutplätze nur sehr langsam vonstatten geht, die Größe der jeweiligen Kolonie dagegen sehr schnell zunehmen kann. Gleichzeitig stützt dies die Annahme, dass sich Artenschutz- und Pflegemaßnahmen an den Brutplätzen sehr positiv auf die künftige Entwicklung des Bestandes in der Brutkolonie auswirken.

Hauptsächlich Jungvögel sind in der Lage, neue Brutplätze zu erschließen. So konnten Umsiedlungsentfernungen zwischen 100 und 300 km nachgewiesen werden: Beispielsweise brüten heute sachsen-anhaltische Jungvögel in Sachsen und sogar in Rheinland-Pfalz! Das bisherige Höchstalter wies ein siebenjähriger Vogel auf. Bei den meisten Brutvögeln handelt es sich jedoch um ein oder zweijährige Bienenfresser. Der große Anteil erfolgreicher Bruten und eine relativ hohe Jungenzahl gleichen die zahlreichen Verluste auf dem Zugweg oder im Winterquartier aus.

Das geringe Durchschnittsalter der Brutvögel ist der Grund dafür, dass Brutansiedlungen oft nur von kurzer Dauer sind. Gelingt es den Vögeln im Ansiedlungsjahr nicht, für eine ausreichende Zahl an Nachkommen zu sorgen, bleibt der Brutplatz im Folgejahr möglicherweise verwaist. Umso wichtiger ist es, für ein ausreichendes Nahrungsangebot zu sorgen, sodass selbst unter ungünstigen Witterungsverhältnissen gute Chancen für die Nachkommen bestehen.

Bienenfresser zählen zu den Langstreckenziehern und verlassen das Brutgebiet oft schon ab August, spätestens jedoch Ende September/Anfang Oktober, ihre Rückkehr in die Brutgebiete verzögert sich oft bis Mitte Mai. Unbekannt war bislang, ob unsere heimischen Brutvögel - ähnlich wie Weißstörche - den südwestlichen oder südöstlichen Zugweg nutzen.

Das bisher bekannte westafrikanische Winterquartier erstreckt sich über die Savannen vom Senegal bis nach Ghana, das östliche von Ostafrika (Kenia) bis nach Südafrika. Die dabei zu überfliegenden Wüsten wie die Sahara werden möglicherweise im Nonstopflug passiert. Mehrere Fernfunde von in Sachsen-Anhalt beringten Brut- und Jungvögeln in Italien und auf den Balearen sprechen mittlerweile für einen südwestlichen Zugweg ins westafrikanische Winterquartier. Die Kenntnis über den Aufenthaltsort im Winter ist die Voraussetzung für mögliche Artenschutzprojekte im Überwinterungsquartier und auf dem Zugweg. Weitgehend ungeklärt ist bisher die Frage, woher die sich in den 1990er Jahren an mehreren Stellen Deutschlands plötzlich ansiedelnden Bienenfresser eigentlich stammten. Vielleicht können die weiter fortgesetzten Beringungsaktivitäten eines Tages auch eine Antwort auf diese Frage liefern.

Lebensraum - Vielfalt statt Monotonie

Trocken-warme, halboffene, strukturreiche Landschaften der niederen Lagen werden von Bienenfressern, besonders an der Nordgrenze des Verbreitungsgebietes, deutlich bevorzugt. Die Brutplatzanalyse im Rahmen des Artenschutzprojektes 2006/07 zeigte, dass nur sehr wenige Bienenfresser in natürlichen Lebensräumen wie Flussauen und an Hangkanten oder in Erosionstälern brüten. Drei Viertel der Brutvorkommen befinden sich dagegen in aktiven oder stillgelegten Sand-, Kies-, Lehm- oder Braunkohlegruben, die oft genug Hotspots der Artenvielfalt in einer ausgeräumten Agrarlandschaft sind.

Wichtige Voraussetzungen für die Erstansiedlung des Bienenfressers stellen das reiche Nahrungsangebot im Mai sowie das Vorhandensein von potenziellen Brutplätzen dar. Strukturvielfalt spielt hierbei eine große Rolle. Häufig sind blütenreiche Brachen, Wiesen oder Weinberge, Streuobstbestände oder Gewässernähe (Nahrungsflächen) in den besiedelten Flächen miteinander verknüpft, die zudem einen lockeren Baum- oder Strauchbewuchs als Sitz-/Jagdwarten und Schlafbäume aufweisen. In dieses Lebensraummosaik sind die zur Höhlenanlage benötigten Böschungsabbrüche, Erdanrisse, Steilufer und -wände von vorzugsweise 2 bis 5 m Höhe und 5 bis 50 m Länge eingebettet.

Bienenfresser zählen laut Bundesartenschutzverordnung zu den "streng geschützten" Tierarten und unterliegen somit besonderen Schutzbestimmungen. Da einmal angelegte Brutröhren in Folgejahren zu einem gewissen Prozentsatz wieder genutzt werden, sollten die Brutplätze erhalten bleiben. Lößsteilwände zählen - zumindest in Sachsen-Anhalt - bereits zu den geschützten Biotopen. Natürliche Beutegreifer - Greifvögel, Füchse, Marder - spielen kaum eine Rolle, da die überwiegende Zahl der Brutröhren hoch genug angelegt sind oder so mancher Fuchs seine Grabaktivitäten aufgrund der Röhrentiefe von bis zu zwei Meter resigniert einstellt, bevor er an Eier oder Jungvögel gelangt. Somit ist der Bruterfolg von mehr als 90 % der begonnenen Bruten nicht verwunderlich.

Die Zahl der erfolgreich flügge werdenden Jungvögel ist stark von der Nahrungsverfügbarkeit in der Hauptfütterungszeit im Juli abhängig. Ungünstige Witterung verursacht Nahrungsengpässe, welche oft nicht durch ein entsprechend breit gefächertes Nahrungsangebot im 1-km-Radius um den Brutplatz ausgeglichen werden können. Strukturvielfalt im Lebensraum (Gewässer, blütenreiche Brachen, Streuobstwiesen) wirkt sich somit positiv auf den Bruterfolg aus.

Schutz und Pflege der Brutplätze und Nahrungsflächen

Die Hauptgefährdung des Bienenfressers ergibt sich in Sachsen-Anhalt aus der Wahl des Brutplatzes sowie der Nutzungsverhältnisse um die Brutplätze, die den Bruterfolg maßgeblich bestimmen. Bruten in aktiven Abbaustätten sind beispielsweise durch Abgrabungen zur Brutzeit in den Monaten Mai bis August/September bedroht. Jährliche Kontrollen der Brutplätze bieten die Grundlage für Absprachen mit den Abbauunternehmen bezüglich der ungestörten Aufzucht der Vögel. Dennoch gelang es - trotz der einschlägigen Rechtsvorschriften - bisher nicht immer, die Grubenbetreiber von der Notwendigkeit des Bienenfresser-Schutzes zu überzeugen. Der NABU suchte aus diesem Grund den Kontakt zum Landesamt für Bergbau und Geologie sowie zu den Naturschutzbehörden und informierte über den aktuellen Stand der Besiedlung von aktiven Abbaustätten. Hauptziel ist die Sicherung bestehender und Neuanlage weiterer Brutsteilwände im Rahmen der bergbaulichen Tätigkeiten.

Aber auch die Vorkommen in den stillgelegten Abbaugruben sind nicht sicher. Zwar können die Bienenfresser hier weitgehend ungestört ihre Jungen großziehen, jedoch sind die Brutplätze durch Auflagen gefährdet, die aus der Verkehrssicherungspflicht resultieren. Die vielfach durchgeführte Abflachung der Steilböschungen führt gerade in großen Tagebauen zum nahezu 100-prozentigen Verlust der potenziellen Brutplätze. Lösungen zum Erhalt bieten hier die Beschränkung der Steilwände auf 2 bis 3 m hohe Bereiche, die Sicherung der Steilwandbereiche durch Abschrankung oder Abpflanzung oder das Aufstellen von Hinweisschildern. Geeignete Mittel stellen auch der Flächenerwerb oder die Unterschutzstellung der Gebiete dar. Letzteres bewahrt die Gruben zudem vor der oft zu beobachtenden Nutzung als Endlager von Bauschutt oder Müll, Bade- und Angelgewässer oder Motocross-Strecke.

Auch an den wenigen bisher registrierten natürlichen Brutplätzen sind die Bienenfresser Gefährdungen ausgesetzt. Fluss- und Seeufer werden - trotz der europäischen Wasserrahmenrichtlinie - abgeholzt und mit Wasserbausteinen gesichert, Flüsse ausgebaggert und vertieft. Grund ist die noch immer vielfach verkannte Bedeutung der Flüsse als Lebensraum und die Reduzierung der Flüsse auf ihre Funktion als Wasserstraße. So fallen auch heute noch viele Steilufer sogenannten "Unterhaltungsmaßnahmen" zum Opfer.

An Trockenhängen steigt der Nutzungsdruck durch Erholung, Bebauung sowie örtlich durch die Wiedereinführung des Weinbaus. Der Rückgang der Wanderschäferei trägt zudem zur Verbuschung und Wiederbewaldung bei, wodurch wertvolle, insektenreiche Offenlandstandorte verloren gehen. Die naturschutzrechtliche Sicherung und die Förderung oder die Wiedereinführung der extensiven Bewirtschaftung halboffener Kulturlandschaften könnte insektenreiche Flächen als Nahrungshabitate der Bienenfresser dauerhaft erhalten.

Da Brutplätze an natürlichen Standorten selten sind, wird eine Bestandssicherung und -zunahme der Bienenfresser auch weiterhin eng mit der Pflege und Sicherung der Vorkommen in den stillgelegten und aktiven Abbaugruben verknüpft sein. Bereits heute werden zahlreiche Brutplätze der Art in enger Zusammenarbeit von Abbauunternehmen und örtlich aktiven Natur- und Vogelschützern erhalten und optimiert. Hierzu werden beispielsweise bestehende, erodierte Steilwände neu abgestochen und aufkommender Bewuchs vor den Brutröhren entfernt.

In störungsarmen, nahrungsreichen Hangbereichen in Trockentälern, Weinbergen oder Hohlwegen sowie an Flussufern können im Winterhalbjahr oft schon mit wenigen Handgriffen im gewachsenen Boden "Steilwandfenster" angelegt werden. Unter günstigen Voraussetzungen nimmt der Bienenfresser diese Brutmöglichkeiten aus Brutplatzmangel bereits im Folgejahr an.


Martin Schulze arbeitet als Dipl.-Biologe im Planungsbüro RANA in Halle/S. Er ist Naturschutzbeauftragter des Landes Sachsen-Anhalt für den Bienenfresser.

Ingolf Todte ist 2. Vorsitzender des Ornithologenverband Sachsen-Anhalt und zuständig für die bundesweite Erfassung von Bienenfressern und Beutelmeisen.


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Literatur zum Thema:

Bauer, H.-G., E. Bezzel & W. Fiedler (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Bd. 1. Aula-Verlag, Wiesbaden.

Del Hoyo, J., A. Elliot & J. Sargatal (Hrsg., 2002): Handbook of the Birds of the World. Vol. 7. Lynx Edicions, Barcelona.

Glutz von Blotzheim, U. N. & K. M. Bauer (1994): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 9. Aula-Verlag, Wiesbaden.

Hölzinger, J. & U. Mahler (Hrsg., 2002): Die Vögel Baden-Württembergs. Nicht-Singvögel 3. Ulmer, Stuttgart.

NABU (2008): Bestandsmonitoring, Gefährdungsanalyse, Erstellung eines Maßnahmekataloges sowie modellhafte Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen für den Bienenfresser (Merops apiaster, L. 1758) in Sachsen-Anhalt. Unveröff. Endbericht zum Förderprojekt.

Ortlieb, R. (2005): Arten- und Biotopschutzmaßnahmen für den Bienenfresser (Merops apiaster). Artenschutzreport 18: 12-15.

Schulze, M. (2008): Der Wendehals Jynx torquilla als Erdhöhlenbrüter. Ornithol. Jber. Mus. Heineanum 26: 109-116.

Todte, I (2003): Bienenfresser in Deutschland. Falke 50: 202-207.


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Von der "Teufelsschwalbe" zum Markenzeichen für Naturtourismus

Ganz überwiegend wird der Bienenfresser hierzulande als Bereicherung der Vogelwelt verstanden, setzt er doch den Kontrapunkt zum weitverbreiteten "kleinen braunen Vogel". Seine Farbenpracht und die relativ einfache Möglichkeit, ihn am Brutplatz zu beobachten, führten dazu, dass viele den Bienenfresser mittlerweile als Zugpferd des Naturtourismus und Zielart vogelkundlicher Exkursionen in Mittel- und Südwestdeutschland ansehen. Ganz nebenbei wird auch das Sachsen-Anhalt vielfach anhaftende Schmuddelimage aufpoliert und die Weinbauregion an Saale und Unstrut bekannter gemacht als durch manch andere Öffentlichkeitskampagne.

Als Sympathie-Träger wurde der Bienenfresser in den vergangenen Jahren auch zur Flaggschiffart des Naturschutzes in Mitteldeutschland. Schutzmaßnahmen zum Bienenfresser kommen zudem vielen anderen, seltenen und gefährdeten Arten (Eisvogel, Uferschwalbe, Wildbienen?) sowie dem oft vernachlässigten Lebensraum "Steilwand" zugute. Nachnutzer von Bienenfresser-Röhren sind vor allem Feldsperlinge, aber auch der Wendehals.

Bienenfresser waren in Deutschland jedoch nicht immer beliebt. Noch im 19. Jahrhundert wurde die Art aktiv verfolgt. Möglicherweise passte ihre bunte Erscheinung nicht in das damalige konservative Weltbild. Zudem bot auch die Spezialisierung auf den Fang von Bienen einen ausreichenden Anlass der Art nachzustellen. In der Avifauna von Baden-Württemberg ist folgende interessante Begebenheit über eine über viele Jahre existierende Kolonie im Kaiserstuhl zu lesen:

1876 existierte bei Bickensohl eine Kolonie von 60 bis 70 Bienenfressern, auch fremde Teufelsschwalben, italienische Schwalben oder ausländisches Raubzeug genannt, die aber in kurzer Zeit vernichtet wurde. Der Bischoffinger Landwirt G. Rieflin besuchte seinerzeit die Kolonie jeden Sonntag und bemühte sich tatkräftig um ihren Schutz. Obwohl Rieflin unter Mithilfe der Bischoffinger Jungmannschaft jeden Sonntag eine Art Naturschutz für die Bienenfresser organisierte, wobei es zu schweren Zusammenstößen mit Leuten aus Achkarren und Bickensohl kam, sollen alljährlich jeweils Dutzende von Bienenfressern getötet worden sein. Rieflin selbst soll oft als 'Teufelsanbeter' auf seinen Feldern bei Achkarren angegriffen worden sein.

Trotz des mittlerweile strengen Schutzstatus und der Aufführung der Art in der Roten Liste Sachsen-Anhalts gibt es auch heute noch argwöhnische Blicke und so manche kritische Bemerkung über die Tatsache, dass Bienenfresser während Schlechtwetterperioden und entsprechender Nahrungsknappheit Bienenstände regelrecht belagern. Der Rückgang der Bienenvölker ist indes kaum dem Bienenfresser anzulasten, denn seit vielen Jahren ist ein Rückgang der Imkerei zu beklagen. Honigbienen sind wie viele andere Insektenarten abhängig von Blütenreichtum, welcher durch intensive landwirtschaftliche Nutzung auch des letzten Wegrandes oder Ackerrains in der industrialisierten Agrarsteppe zunehmend seltener wird. Hinzu kommt der Einsatz von Pestiziden, durch die Insekten und damit die Nahrungsgrundlage des Bienenfressers direkt oder indirekt geschädigt werden. In Abhängigkeit von der Lebensraumausstattung und der Jahreszeit stellen Hummeln, Wespen, Bienen, Käfer, Libellen, Schmetterlinge und sogar flugfähige Heuschrecken die Hauptnahrungsgrundlage der Art dar.


Werden Sie aktiv! Der NABU engagiert sich in ganz Sachsen-Anhalt für den Erhalt der Arten- und Lebensraumvielfalt und speziell auch des Bienenfressers. Eine NABU-Gruppe befindet sich auch in Ihrer Nähe. Wenn Sie mithelfen wollen, die Brutplätze der Art zu erhalten, wenden Sie sich an eine der vielen Gruppen, die Sie auf der Internet-Seite www.nabu-lsa.de finden. Hier erhalten Sie auch weiteres Info-Material zum Artenschutzprojekt.

Bienenfresser hautnah erleben Die NABU-Gruppen und ornithologisch arbeitenden Fachgruppen des Landes Sachsen-Anhalt bieten insbesondere im Juli, in der Zeit der Jungenaufzucht, geführte Exkursionen zu den Bienenfresser-Brutplätzen an. Packen Sie diese einmalige Gelegenheit beim Schopfe und beobachten Sie Bienenfresser bei der faszinierenden Jagd auf Insekten und der Fütterung ihrer Jungvögel! Nähere Auskunft hierzu beim NABU Sachsen-Anhalt.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 6/2009
56. Jahrgang, Juni 2009, S. 230-236
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
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Tel.: 06766/903 141; Fax: 06766/903 320
E-Mail: falke@aula-verlag.de

Erscheinungsweise: monatlich
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2009