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ORNITHOLOGIE/172: Weißkehlammer - fliegen auf Fett (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 11/2009

Ornithologie aktuell

Weißkehlammer: fliegen auf Fett


Zugvögel können im Unterschied zum Menschen Höchstleistungen allein mit Fett als Brennstoff bewerkstelligen. Wie dies möglich ist, hat man nun am Beispiel der Weißkehlammer (Zonotrichia albicollis) klären können. Während der Zugsaison bilden die Vögel vermehrt Proteine, die Fettsäuren aus dem Blut in die Muskelzellen schaffen. Die Menge der Transporteure in der Flugmuskulatur steigt im Herbst und Frühjahr um mehr als 100 Prozent über den Ruhewert. Wahrscheinlich ist die beschleunigte Nachlieferung von Brennstoff die physiologische Grundlage des Vogelzugs. Pro Gramm Masse liefert Fett mehr Stoffwechselenergie als Kohlenhydrate oder Protein und somit mehr Brennstoff. Für Zugvögel ist es daher der optimale "Treibstoff".

Säugetiere schaffen annähernd vergleichbare Höchstleistungen dagegen mit Kohlenhydraten. Die Weißkehlammer überwintert an der Küste des Golfs von Mexiko und brütet bis zu 5000 Kilometer weiter nördlich in den borealen Wäldern Kanadas. Forscher fingen einige Vögel zu unterschiedlichen Zeiten des Jahres und analysierten Gewebeproben aus dem großen Brustmuskel. Es zeigte sich, dass in der Zugsaison mehrere Gene verstärkt abgelesen und in Protein übersetzt werden, darunter auch mit der Fettsäuretranslocase und dem Plasmamembran-Fettsäureprotein zwei Proteine, die bislang nur bei Säugetieren bekannt waren. Die beiden Proteine übernehmen Fettsäuren aus dem Blut und schaffen sie in die Zelle, wo sie an ein weiteres Bindeprotein weitergereicht werden, das während der Zugzeit ebenfalls im verstärkten Maße gebildet wird. (wir)

J. McFarlan u. a., Journal of Experimental Biology 212, 2009,
S. 2934-2940, doi: 10.1242/jeb.031682.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 11/2009
56. Jahrgang, November 2009, S. 402
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. November 2009