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ZOOLOGIE/1412: Elefantenbullen reagieren auf unbekannte Weibchen stärker (idw)


Universität Wien - 19.04.2017

Elefantenbullen reagieren auf unbekannte Weibchen stärker


Die KognitionsbiologInnen Angela Stöger und Anton Baotic von der Universität Wien erforschen die Kommunikation von Elefanten. Im Speziellen untersuchen sie, wie Elefantenbullen vokalisieren - diese gelten im Gegensatz zu den Weibchen als schweigsame Zuhörer. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Scientific Reports" konnten sie zeigen, dass Elefantenbullen die Laute von unbekannten Weibchen viel attraktiver und anziehender fanden als jene von vertrauten Weibchen: Möglicherweise eine evolutionäre Anpassung, um Inzucht zu vermeiden.


Foto: © Anton Baotic/Universität Wien

Mit einem 300 kg schweren Subwoofer gingen die KognitionsbiologInnen der Kommunikation unter Elefanten auf den Grund.
Foto: © Anton Baotic/Universität Wien

Afrikanische Elefanten verfügen über ein flexibles Sozial- und Wanderverhalten. Um in Kontakt zu bleiben, produzieren die grauen Riesen sehr tiefe Laute, die teilweise unter der Hörschwelle des Menschen im sogenannten Infraschallbereich liegen. Mit Hilfe dieser Infraschalllaute, die "Rumbles" genannt werden, können sich Elefanten über große Distanzen hinweg verständigen. Diese "geheime Sprache" bietet einen wichtigen Informations- und Kommunikationskanal für die sozial lebenden Dickhäuter.

Im Rahmen eines vom FWF geförderten Projektes beschäftigen sich Angela Stöger und Anton Baotic mit dem Verhalten und der Kommunikation der verhältnismäßig wenig erforschten Elefantenbullen, konkret im "Addo Elephant National Park" in Südafrika. Dabei wenden sie Playbackexperimente an, um die sensorischen und kognitiven Fähigkeiten der männlichen Dickhäuter zu erforschen.

Denn nur mittels Playbackexperimenten kann festgestellt werden, welche akustische Information Elefanten auch tatsächlich wahrnehmen, unterscheiden und verarbeiten. Dabei spielen die ForscherInnen einem Tier Audioaufnahmen vor und beobachten dessen Reaktion. So können sie die Bedeutung der Tierlaute und deren Wahrnehmung untersuchen.

Die Besonderheit dieser Forschung liegt auch in der technischen Durchführung: Beim Elefanten als Studienobjekt müssen nämlich Laute mit Infraschallanteil (um die 10 Hz) mit etwa 110 dB Lautstärke (gemessen in einem Meter Entfernung) abgespielt werden. Daher braucht es viel Energie und einen großen Resonanzkörper, um die tiefen Töne nachstellen zu können. Beim Feldversuch in Südafrika wurde daher ein 300 Kilogramm schwerer, speziell angefertigter "Subwoofer" zum Einsatz gebracht.

In der aktuellen Studie konnten die WissenschafterInnen nachweisen, dass Bullen sich zum Lautsprecher drehten und sich diesem signifikant häufiger näherten, wenn Rumbles von fremden Weibchen abgespielt wurden. Solche Verhaltensweisen werden generell als starke Präferenz gedeutet. "Unser Ergebnis deutet stark darauf hin, dass auch Männchen soziale Information aus Lauten beziehen. Weibchen tun dies vornehmlich, um sich mit ihren Herdenmitgliedern zu koordinieren und zu treffen. Männchen hingegen scheinen diese Fähigkeit primär zu nutzen, um potenzielle Partnerinnen zu finden", erklärt Angela Stöger. Die Präferenz zu Lauten von unbekannten Weibchen könnte auf eine evolutionäre Anpassung hindeuten, bei der Männchen akustische Information nutzen, um Inzucht zu vermeiden.


Foto: © Anton Baotic/Universität Wien

Mit Hilfe von Playbackexperimenten wurden die sensorischen und kognitiven Fähigkeiten der männlichen Dickhäuter erforscht.
Foto: © Anton Baotic/Universität Wien


Publikation in "Scientific Reports":
Male African elephants discriminate and prefer vocalizations of unfamiliar females. Angela S. Stoeger & Anton Baotic (Scientific Reports 2017).
https://www.nature.com/articles/srep46414

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution84

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Stephan Brodicky, 19.04.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2017

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