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LABOR/062: Das Rätsel der Tinte und andere geheime Rezepturen (SB)


SCHABERNACK UND EXPERIMENTE FÜR HOBBYALCHIMISTEN

Das Geheimnis der Geheimtinten

Geheime Rezepturen


Die ersten Schreibtinten wurden schon von den alten Chinesen und Ägyptern 2600 v. Chr. benutzt, die Ruß in einer Gummilösung mit einem Pinsel oder einem kleinen Rohr zum Malen ihrer Schriftzeichen verwendeten. Seither sind Schreibtinten immer wieder in ihrer chemischen Zusammensetzung verbessert worden. Vom Prinzip her gleicht jedoch die Schreibflüssigkeit, mit der wir heutzutage Füllfederhalter und Patronen füllen, der eisenhaltigen Tinte, die es schon seit 200 v. Chr. gibt, während ihre genaue Herkunft im Dunklen bleibt.

Da zu jener Zeit der Beruf des Schreibers einen ganz besonderen Stellenwert hatte, denn nicht jeder konnte lesen und schreiben, blieb die Zubereitung und die genaue Rezeptur jener Schreibflüssigkeiten ein Berufsgeheimnis, das der Meister an den Schüler weitergab, die ersten Geheimtinten sozusagen.

Heutige Schreibtinten sind Eisengallustinten und werden aus bekannten Gerbstoffen: Gallussäure, Tannin, Eisensulfat und einem Anilinfarbstoff sowie weiteren Zusätzen hergestellt. Die dauerhafte Schwärze der Schrift entsteht erst dadurch, daß nach dem Eintrocknen der Schriftzüge die Gallussäure durch den Sauerstoff der Luft oxydiert wird. Es entsteht "gallussaures Eisenoxyd" von dauerhaft dunkler Farbe.

Farbige Tinten enthalten meist Lösungen von Teerfarbstoffen mit geeigneten Zusätzen. Für die Farbe roter Tinte ist z.B. Eosin verantwortlich.

Spezielle Tinten wie Kopiertinte enthalten einen höheren Farbstoffgehalt, der auch noch für den Abdruck ausreicht und Zusätze aus Sirup oder Glycerin enthält.

Bei Wäschezeichen-Tinten wird die dunkle Farbe mit Ruß,
Silbernitrat oder Teerfarbstoffen hergestellt.

Tinten-Pulver enthalten neben Teerfarbstoffen häufig
Blauholzextrakte.


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Geheimschriften - Geheimtinten

Um die Nachrichtenvermittlung für Unbefugte, Spione oder Feinde, denen die Nachrichtenkuriere in die Hände fallen konnten, unzugänglich und uneinsichtig zu machen, haben schon Juden, Inder, Phönizier, Griechen und sogar Römer einfache Chiffrierverfahren erfunden. Mit ihnen nahm die Entwicklung von Geheimschriften und ihre Wissenschaft, die Kryptographie und Kryptologie, ihren Anfang.

Etwa im 14. Jahrhundert entstand in Italien die moderne Geheimschrift, die in der Zeit der Gegenpäpste im Dienste der päpstlichen Kurie eine regelrechte Blüte erfuhr. Zunächst begnügte man sich mit einfachem Wortetausch: D.h. man ersetzte Personen und Ortsnamen und einige wichtige Bezeichnungen durch andere Worte, die einem größeren Zusammenhang, beispielsweise dem Klosterleben, entliehen waren. Dadurch bekamen die Texte einen neuen, harmlosen Sinn beigelegt. Handschriftlichen Geheimschriften waren in ihren vielfältigen Möglichkeiten und Kombinationsmöglichkeiten verschiedener Methoden kaum Grenzen gesetzt.

Erste Manuskripte zur Kryptographie und Kryptologie wurden von L.B. Alberti ca. 1472 und S. Simonetta 1474 verfaßt. In Deutschland folgte J. Tritheim mit "Stenographia" 1500 und "Polygraphia" 1518. Vom 16. Jahrhundert an verloren die handschriftlichen Geheimschriften mit der Entwicklung der Buchdruckkunst ihre vorrangige Bedeutung. Man reduzierte sich verstärkt auf Buchstaben und Ziffern als Geheimtext-Elemente und somit auf bestimmte Codes.

In der Zeit des 14. bis 16. Jahrhunderts, der Zeit der individuellen handschriftlichen Geheim- und Phantasiezeichen, wurden parallel auch "Sympathetische- oder Geheimtinten" entwickelt, die die eigentlichen Schriftzeichen unsichtbar machten oder unsichtbar ließen, welche erst nach einer entsprechenden chemischen Behandlung sichtbar gemacht werden konnten.


*


Geheimtinten sind in der Regel klare Flüssigkeiten, die farblos auftrocknen und sich erst durch die Einwirkung von Wärme (bei Kobaltsalzen) oder durch die chemische Begasung mit Schwefelwasserstoff (bei Bleisalzen) zeigen.

In beiden Fällen wird durch die Nachbehandlung eine chemische Reaktion ausgelöst, die das Metall (Kobalt, Blei) in seiner ursprünglichen Verbindung verändert. Im ersten Fall bildet sich Kobaltoxid im zweiten Bleisulfid - beides schwarze Verbindungen.

Sowohl Kobalt als auch Blei sind giftige Stoffe, mit denen man nicht herumexperimentieren sollte. Bei Geheimtinten aus Bleisalzen kommt noch hinzu, daß bei der Sichtbarmachung der Schrift das ebenfalls giftige Schwefelwasserstoffgas unumgänglich ist.

Einfache Geheimtinten lassen sich jedoch auch aus natürlichen, ungiftigen chemischen Inhaltsstoffen der Zitrone (braune Geheimschrift) oder der Zwiebel (schwarze Geheimschrift) oder aus Weinessig (rote Geheimschrift) herstellen. Dabei verwendet man den Saft einer Zitrone, einer Zwiebel oder Weinessig als "Tinte", die man für die Zeit der Benutzung in einem lichtgeschützten Glasgefäß (Tintenfaß) auffangen sollte. Sie wird mit einer Feder oder einem zugespitzten Holzstäbchen (Zahnstocher) auf ein normales Schreibmaschinen- oder Briefpapier übertragen und getrocknet. Um die Geheimtinte sichtbar zu machen, muß man das Papier erwärmen. Dazu reicht die Wärme einer Glühlampe meist völlig aus. Man muß die Botschaft also nicht über eine rußende Kerze halten und damit möglicherweise die ganze Nachricht unleserlich machen. Bei einem offenen Feuer besteht immer die Gefahr, daß man das Blatt falsch herum hält und die Nachricht auf der falschen Seite verkohlt oder schlimmstenfalls sogar verbrennt. Man hält das Geheimpapier also so lange vor eine brennende Glühbirne bis die Schrift leserlich wird.

In hartnäckigen Fällen kann man das Papier auch in einigem Abstand über die heiße Herdplatte halten oder mit dem Bügeleisen erwärmen.

Durch die Wärme bildet sich mit den organischen Säuren dieser Geheimtinten und dem im Papier enthaltenen Klebstoff sowie der Cellulose eine farbige Verbindung. Man sollte deshalb auch kein besonders teures, glattes oder versiegeltes Papier verwenden, weil es dann möglicherweise nicht funktioniert.

Der Nachteil dieser Geheimtinten ist, daß sie frisch hergestellt werden müssen, und sich auch die damit hergestellten Geheimbotschaften nicht unbegrenzt lange "geheimhalten" lassen. Der durch Wärme beschleunigte Vorgang ist nämlich ein chemischer Prozeß, der auch dann abläuft, wenn das Papier nicht erwärmt wird, nur daß es dann wesentlich länger dauert. Legt man die geheime Nachricht zudem auch noch in die Sonne, so kann es mit der ganzen Geheimniskrämerei ganz schnell für die Katz sein, falls sie in falsche Hände gerät.

Bekannte Geheimtinten
Tinte

Milch
Kaliumnitrat(*)
Aluminiumchlorid(*)
Kobaldchlorid(*)
Blutlaugensalz, gelb(*)
Gerbsäure(*)
Laugen, Sodalösung
Obstsaft
Weinessig
Zitronensaft
Zwiebelsaft
sichtbarmachen durch

Wärme
Wärme
Wärme
Wärme
Eisen(III)-sulfat(*)
Eisen(III)-sulfat(*)
Phenolphtalein(*)
UV-Bestrahlung
UV-Bestrahlung und Wärme
UV-Bestrahlung und Wärme
UV-Bestrahlung und Wärme
Farbe der Schrift

braun
schwarz
schwarz
blau
blau
blauschwarz
rot
blau oder gelb
rot
braun
schwarz

Rezepturen: Die Natursäfte werden mit Hilfe einer Presse aus den jeweiligen Früchten oder Gemüsen ausgepreßt und roh auf das Papier aufgetragen. Von den Chemikalien (*) werden Lösungen hergestellt:

(*) jeweils 1 Messerspitze in 5 ml Wasser gelöst.

(**) Ausnahme: 1 Messerspitze Phenolphtalein wird in 5 ml Alkohol gelöst.

Die Chemikalien unter der Rubrik "sichtbarmachen durch" werden ebenfalls wie oben aufgelöst (siehe *). Anschließend füllt man sie am besten in eine kleine Pumpsprayflasche. Auf diese Weise kann man die zweite Komponente für die Farbreaktion ganz fein über das Papier verteilen, ohne das Papier zu tränken, bis die Schrift sichtbar wird.

Hilfsmittel

* Zitronenpresse oder Haushaltsreibe
* Schreibfeder oder Zahnstocher
* ein kleines, lichtgeschütztes Gefäß
* eventuell Sprühflasche

12. März 2008