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LABOR/002: Magisches, grünes Licht


SCHABERNACK UND EXPERIMENTE FÜR HOBBYALCHIMISTEN

Magisches, grünes Licht

Die Faszination des "Kalten Feuers"


Von den Substanzen, die der Chemiker heute als Elemente betrachtet, waren im Altertum neun bekannt, und zwar sieben Metalle Gold, Kupfer, Silber, Zinn, Eisen, Blei und Quecksilber sowie die Nichtmetalle Schwefel und Kohlenstoff. Vermutlich kannte man noch vier weitere Elemente, denn sie wurden von den Alchimisten des Mittelalters unverwechselbar beschrieben: Arsen, Antimon, Wismut und Zink. Wer diese Elemente zuerst gefunden hat und wann wissen wir nicht.

Das erste Element, dessen Entdecker uns namentlich überliefert wurde, war Phosphor. Und diesen Umstand verdanken wir allein dem großen allgemeinen Interesse, das mit seiner Erfindung bei Hofe hervorgerufen worden war. Der Hamburger Alchimist Heinrich Brand (gest. 1692), der 1669 bei seiner Suche nach dem sogenannten "Stein des Weisen" mit Harn experimentierte, ihn destillierte, dann intuitiv oder willkürlich, wie es damals noch üblich war (und heute oft nicht minder), den Bodensatz mit Kohle und Sand mischte und über lange Zeit erhitzte, staunte nicht schlecht, als im Reaktionskolben plötzlich ein schwaches grünliches Leuchten entstand, ein "kaltes Feuer", wie er es nannte. Eine weiße, wachsartige Substanz hatte sich abgesetzt, die an der Luft schwach glühte und die er deshalb Phosphor nannte (was aus dem Griechischen stammt und "Lichtträger" bedeutet). Das schwache Leuchten war auf die Tatsache zurückzuführen, daß Phosphor an der Luft spontan verbrennt.

Das Verfahren verkaufte er sozusagen als "Partyknüller" an den Dresdner Chemiker J. Kraft, der damit bei festlichen Anlässen und bei Hofe Furore machte.

Um die Geschichte der Phosphorentdeckung abzuschließen, muß noch gesagt werden, daß Robert Boyle, der als erster "echter Chemiker" geltende ursprüngliche Alchimist, angeblich unabhängig von diesen öffentlichen Vorführungen die gleiche Entdeckung noch einmal machte und Phosphor als chemisches Element einstufte [Wer hierüber mehr erfahren möchte, beachte HIST/002: Der chemische Code (1.Teil) - Festlegungen im Altertum].

Die eigentliche Charakterisierung des Elements und ein einfacheres Verfahren für die Phosphorherstellung wurde erst 1743 von A. Markgraf entwickelt.

Erst 1831 nutzte man das kalte Feuer der Phosphorsubstanz für die Herstellung von Zündhölzern. Phosphor hat allerdings einen gravierenden Nachteil: Es ist sehr giftig und bewirkte bei den Menschen, die damit arbeiteten, eine Degeneration der Knochen, was vor allem die Arbeiter in den Zündholzfabriken schmerzhaft am eigenen Leibe erfahren mußten und ihnen in der Regel einen frühen Tod bescherte (Erst 70 Jahre später wurde durch die Erfindung der Schwefelhölzchen ein ungiftiger Ersatz geschaffen).


Grüne Magie


Aufgrund der oben genannten Gefährlichkeit und Giftigkeit des Phosphors sei von jeglichem Experimentieren mit diesem Stoff abgeraten.

Statt dessen bietet sich ein weniger gesundheitsgefährdendes Experiment ebenfalls als Partyknüller an. Es leitet sich aus einer einfachen Nachweisreaktion für Borsäure ab, die nun mal die seltsame Eigenschaft besitzt, eine ganz gewöhnliche Flamme grün zu färben. Die Salze der Borsäure, die sogenannten Borate, lassen sich ebenfalls durch diesen Flammentest nachweisen, dazu werden sie jedoch in der Regel zunächst mit einer starken Säure versetzt und dadurch in die schwächere Borsäure umgewandelt, nach dem chemischen Grundsatz: Starke Säuren vertreiben die schwachen Säuren aus ihrem Salz und bilden ihr eigenes! Es ist letztlich also tatsächlich die Borsäure, die die Flamme grün färbt.

Ein erstaunlicher Effekt wenn das in einer einfachen Öllampe bzw. einem Spiritusbrenner geschieht, weil es gegen unsere Erwartung und Gewohnheit verstößt.

Zugleich wird das Zimmer in ein zauberhaft magisch-grünes Licht getaucht, das eine geheimnisvolle Atmosphäre schafft, bei der man sofort an die Geschichten alter Hexenmeister oder die Laboratorien der Alchimisten denken muß.

Als Brennflüssigkeit wird eine Art Alkohol (Ethylenglykol um genau zu sein) verwendet, den man im Chemikalienhandel oder in der Apotheke beziehen kann. Man sollte unbedingt diesen erprobten Grundbrennstoff benutzen, da er die richtige Brenntemperatur für den gewünschten Effekt gewährleistet. Außerdem verbrennt er rückstandsfrei, ohne zu rußen, ohne giftige Gase zu entwickeln und ist außerdem völlig farblos wie Spiritus. Zusätzlich verstärkt Ethylenglycol die Säurewirkung der Borsäure und stabilisiert sie gewissermaßen.

Glykol kennt man außerdem als Frostschutzmittel für den Kühler des Autos im Winter. Ähnlich wie reiner Alkohol setzt es den Gefrierpunkt des Wassers herunter. Leider kann man jedoch kein reines Frostschutzmittel in unserem Versuch verwenden, was wesentlich billiger wäre. Frostschutzmittel enthalten weitere Zusätze und Farbstoffe, die beim Verbrennen unangenehm riechen. Also immer nur reines Glykol verwenden!

Rezeptur:

* 750 ml Ethylenglykol (auch Glykol genannt)
* 30 g Borsäure (salzartige Kristalle)
* eine Messerspitze rote Lebensmittelfarbe

* 1 Haushaltsthermometer
* 1 Briefwaage
* 1 gefalztes Stück Papier
* 1 Wasserbad (2 ausrangierte Kochtöpfe)
* 1 l Flasche
* Trichter

Und falls sie keine Öllampe besitzen für den Bau einer provisorischen Leuchte:

* Aquariumsand
* Metallfolie
* Baumwolldocht oder Baumwollschnürsenkel
* Glasgefäß


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Zunächst wird die Borsäure in Glykol gelöst. Dazu wiegen Sie 30 g Borsäure auf einer Briefwaage ab. Legen Sie als erstes ein in der Mitte gefaltetes Stück Papier in wieder geöffnetem Zustand auf die Waagschale und merken Sie sich das Gewicht. Dann streuen Sie vorsichtig Borsäure in die Mitte auf den Falz, bis sie 30 g + Papiergewicht erreicht haben. Nun können Sie das Papier von der Waage herunternehmen und die abgewogene Menge Borsäure in einen Topf mit 750 ml Ethylenglykol schütten. Durch das gefalzte Papier sammeln sich die Borsäurekörnchen in der Mitte des Papiers und lassen sich leichter schütten, so daß kaum etwas am Papier hängen bleibt oder beim Übertragen in der Küche verstreut wird. Schließlich wird das Glykol zusammen mit der Borsäure auf 60 Grad in einem Wasserbad erhitzt, was Sie mit dem Thermometer überprüfen, und bis zur klaren Lösung der Borsäure gerührt. Ist kein Borsäurekristall mehr zu erkennen, nehmen Sie den Topf aus dem Wasserbad.

Als besonderen Gag kann man die Lösung zusätzlich mit etwas Lebensmittelfarbe einfärben (Ungefähr eine Messerspitze zugeben, solange die Flüssigkeit noch warm ist und dann rühren, bis sich der Farbstoff gleichmäßig verteilt hat). Anschließend wird die Lösung über den Trichter in die Literflasche gegossen, in der die Lösung lange Zeit haltbar bleibt. Nehmen Sie keine Selter- oder Limonadenflaschen, sondern möglichst eine, die den Inhalt vor Licht schützt und deutlich anders aussieht. Sie können im übrigen die Flasche verwenden, in der sie das Glykol gekauft haben. Beschriften Sie die Flasche gut leserlich, und verwahren Sie sie an einem Ort, den Kinder nicht erreichen können. Glykol ist zwar kein starkes Gift, eignet sich jedoch auch nicht zum Trinken. Mit einem womöglich kirschrot eingefärbten Inhalt sollte jede Verwechslung mit Fruchtsaft von vornherein ausgeschlossen werden.

Nach dem Abkühlen ist die Lösung eigentlich sofort verwendungsfähig und kann in die vorbereitete Lampe gegossen werden. Feuchten Sie vor dem Anzünden den Docht mit der Brennflüssigkeit an. Jetzt fehlt nur noch ein Schwefelhölzchen - und auf der kirschroten Flüssigkeit brennt eine grüne Flamme.

In einer Glaslampe sieht das besonders dekorativ aus. Kann man die Flüssigkeit nicht in ihrer Lampe sehen, dann lassen sie auch ruhig den Farbstoff weg. Auch die reine grüne Flamme hat ihren Reiz. Mit 150 ml Brennstoff kann ihre Lampe schon eine lange Partynacht (ca. 6 Stunden) reizvoll illuminieren.

Zur Schonung des Dochts und zur Vermeidung von unangenehmen Gasen sollte die Flamme grundsätzlich nicht ausgeblasen, sondern immer erstickt werden! Damit das Glykol nicht verdunstet, empfiehlt sich auch bei unbenutzten Lämpchen oder Gefäßen eine Abdeckung.


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Haben sie keine entsprechende Öllampe, deren Brennflüssigkeit sie austauschen könnten, basteln sie sich aus einem Glas und etwas Alufolie (mehrfach gefaltet wegen der Stabilität) eine provisorische Lampe. Auch das ist sehr einfach:

Rollen sie die Alufolie um einen runden Bleistift, den sie anschließend rausziehen und stecken sie durch das entstandene Röhrchen einen dicken Docht, z.B. einen Baumwollschnürsenkel, der auf der einen Seite nur ca. 1 cm hervorsteht. Die Länge des Röhrchens richtet sich nach dem Glasgefäß, das sie nehmen wollen und der Höhe des Glykolspiegels, der darin entsteht. Das Metallröhrchen sollte immer mindestens 2 cm aus der Brennflüssigkeit herausragen, damit sich nicht die Oberfläche des Glykols entzündet! Sollte dies doch einmal passieren, keine Panik! Legen sie sofort einen Teller oder einen anderen Deckel entsprechend abschließender Größe auf das Glas und das Feuer wird erstickt.

Das Glasgefäß bereiten sie nun folgendermaßen vor: Geeignet ist jede Art von Trinkglas oder Glasschale, die etwas mehr als 100 ml faßt. Auf den Boden des Gefäßes schütten Sie nun etwas Aquariumsand und darauf die vorbereitete Brennlösung. Das Röhrchen mit dem Docht wird jetzt regelrecht in den Sand gepflanzt. Eventuell noch mit Steinen, Perlen oder Murmeln (dekorativer) beschweren. Und es kann losgehen.

Ich wünsche Ihnen magisches Vergnügen

Erstveröffentlichung 1994