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PHARMAZIE/075: Mängel der Hautcremes als Sprungbrett für gentechnische Produkte (SB)


Längst fällige Aufklärung - Hautcremes trocknen die Haut aus -
erweist sich als Sprungbrett für eine neue gentechnische Produktpalette


Inzwischen ist es nicht nur ein offenes Geheimnis, sondern mittels einer wissenschaftlichen Untersuchung der schwedischen Universität in Uppsala tatsächlich nachgewiesen, Hautcremes machen nicht gerade das mit der Haut, was man/frau von ihnen erwartet...

Aber wer kennt das nicht längst aus eigener Erfahrung: Da sind die Hände nach dem Abwasch oder durch das winterliche Wechselbad von Frost und Heizungsluft spröde und rissig geworden und man greift zum Cremetöpfchen. Solange die fette Creme dann die Oberfläche "schmiert", fühlt sich alles zwar nicht unbedingt besser, aber doch zumindest "glatter" an, so daß man an eine Regeneration glauben könnte. Allerdings sind die fettigen Hände in ihrer normalen Funktion reichlich eingeschränkt. Also wird die Fettschicht baldmöglichst entfernt und es stellt sich heraus, daß sich rein gar nichts am Hautzustand verbessert hat und sich die zuvor mit Öl verklebten Hornschuppen wieder störend aufrichten. Sobald wie möglich greifen Empfindliche, die sich in ihrer eigenen Haut nicht mehr wohl fühlen, erneut zum Cremetöpfchen... usw.

Die Erfahrung, daß man immer wieder "nachölen" muß, wenn man einmal mit der Schmiererei begonnen hat, beschränkt sich nicht nur auf die wesentlich stärker belasteten Hände. Ganz gleich, wo man angefangen hat, Fett aufzutragen ..., sobald man damit aufhört, scheint die Haut viel trockener zu sein als vor der Behandlung.

Der Verdacht scheint sich nun zu bestätigen, daß dieser Effekt tatsächlich von den Cremes selbst hervorgerufen wird und damit gewissermaßen eine leichte Abhängigkeit zu dem jeweiligen Hautpflegeprodukt hergestellt wird. Ob das vom Hersteller mehr oder weniger direkt angestrebt wird, bleibt dahingestellt.

Laut einem Bericht des Informationsdienst Wissenschaft vom 22. Oktober 2008 dokumentiert Izabela Buraczewska ihre Ergebnisse in einer Dissertation, die sie am 24. Oktober veröffentlichte. Darin scheint die Chemikerin endlich das wissenschaftlich zu fundieren, was schon viele geahnt haben: Cremes und Lotionen können die Haut austrocknen...

In ihrer Arbeit untersucht die Wissenschaftlerin die positiven und negativen Wirkungen von Cremes auf der Haut, wobei sie Veränderungen auf der molekularen Ebene beobachtet haben will. Selbst die vielfach angepriesenen und werbewirksam als "natürlicher Schutzmantel der Haut" propagierten Mittel mit saurem pH-Wert machen da überhaupt keinen Unterschied bei ihrer Wirkung auf die Haut aus. Dabei stützte man sich früher auf die Idee, daß der "natürliche" Lipid- und Schweißfilm der Haut, der einen pH-Wert von ungefähr 5 besitzt, sich fördernd auf die Hautgesundheit auswirkt und durch Pflegeprodukte von entsprechendem pH- Wert nicht in seiner Funktion behindert werden könnte. Doch natürlich verändert das Auftragen von Cremes die Zusammensetzung eines solchen Films beträchtlich.

Außerdem wies Buraczewska nach, daß die verschiedenen pflanzlichen oder mineralischen Öle (die gewöhnlich ebenfalls in der Produktwerbung als Qualitätsmerkmal ausgeschlachtet werden) keinen Unterschied machen. Sowohl Produkte auf Vaseline- bzw. Mineralölbasis als auch exquisite pflanzliche Öle wie Mandel-, Avocado-, Sesamöl und dgl. führen dazu, daß die Haut empfindlicher auf äußere Streßreize reagiert als ohne die Anwendung.

Durch eine komplexere Rezeptur habe man allerdings eine leichte Verbesserung in der Wirkung erzielen können, d.h. einen geringeren Verlust von Feuchtigkeit und Widerstandsfähigkeit der Haut. Das ist die runde Ecke der Studie, mit der sie den Herstellern pharmazeutischer oder kosmetischer Produkte dann doch nicht ganz die Existenzgrundlage rauben will, was wohl notwendig war, da viele Kosmetikhersteller ihre wissenschaftlichen Expertisen an vermeintlich neutralen Instituten in Schweden erstellen lassen. Da durfte man dann wohl sprichwörtlich nicht mit voller Wucht ins Fettnäpfchen treten. Und zur Erklärung der doch recht widersprüchlichen Erkenntnisse verweist die Wissenschaftlerin dann auf den unüberschaubaren und unkontrollierbaren Bereich der Genetik, in dem sich keiner so recht auszukennen scheint:

Tissues samples taken from the treated skin areas also show that the weakening of the skin's protective barrier can be tied to changes in the activity of certain genes involved in producing skin fats, among other functions. [Gewebeproben, die von behandelten Hautpartien entnommen wurden, zeigten, daß die Schwächung der natürlichen Schutzschicht der Haut an bestimmte Genaktivitäten gebunden sei, die neben anderen Funktionen für die Erzeugung bestimmter Hautfette verantwortlich sind. Übers. Schattenblick-Red.]

Mit anderen Worten steht am Ende der folgende Kompromiß: Cremes und Salben schädigen die Haut, indem sie die Genaktivität stören oder ungünstig beeinflussen. Daher kommt es jetzt darauf an, für den jeweiligen Hauttypus maßgeschneiderte (und natürlich auch entsprechend teure) Gen-Designerprodukte zu entwickeln, die die Genaktivitäten auf positive Weise beeinflussen, die Schutzwirkung der Haut verstärken und einem Austrocknen wirklich vorbeugen. Auf diese Weise könnte beispielsweise für Patienten mit Hautekzemen und Schuppenflechte eine bessere Lebensqualität erreicht werden, sagt die Wissenschaflterin.

Wie allerdings eine simple Hautcreme, der bisher jede Wirkung in tieferliegenden Hautschichten mangels der notwendigen Durchdringungsfähigkeit abgesprochen wurde, nun auf einmal bis in die genaktiven Zonen des Zellkerns vorrücken soll, bleibt eine ungeklärte Frage dieses ansonsten so durchsichtigen, industriefreundlichen Konzepts.

Sollten allerdings tatsächlich Cremes entwickelt werden, die ihre Wirkstoffe bis in den Zellkern einbringen, dann hätte man es hier mit derart starkwirksamen Pharmazeutika zu tun und gleichwohl entsprechend bedrohlichen, genverändernden Nebenwirkungen. Unter diesen Voraussetzungen eine Verbesserung der Lebensqualität zu versprechen, ist wohl ein wenig verfrüht.

11. November 2008