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FORSCHUNG/305: Jules Vernes Vision bestätigt - Es gibt Wasser im Erdinneren (idw)


Goethe-Universität Frankfurt am Main - 13.03.2014

Jules Vernes Vision bestätigt: Es gibt Wasser im Erdinneren

Internationales Wissenschaftlerteam findet erste direkte Beweise für riesige Wassermengen in über 520km Tiefe



FRANKFURT / EDMONTON. Jules Vernes Vision von großen Wassermengen im Erdinneren konnte jetzt bestätigt werden. Die gemessenen Wassergehalte seien selbst für die optimistischsten Forscher überwältigend gewesen, berichten Frank Brenker von der Goethe-Universität und seine kanadischen Kollegen in der aktuellen Ausgabe von Nature. Ihren Berechnungen zufolge gibt es dort zumindest lokal bis zu ein Gewichtsprozent Wasser. Würde die gesamte Zone einen ähnlichen Wert aufweisen, wäre dort fast die sechsfache der Wassermenge der heutigen Ozeane verborgen.

Foto: © Uwe Dettmar

Brasilianischer Diamant mit wasserhaltigen Mineraleinschlüssen, die den Wissenschaftlern Einblicke in für uns unerreichbare Tiefen gewähren.
Foto: © Uwe Dettmar

Schon länger vermuten Forscher, dass Wasser durch die Bewegung der Kontinentalplatten ins Erdinnere gelangt. Denn dabei schiebt sich der Ozeanboden entlang von Tiefseegräben in die Tiefe. Unklar war bisher, ob das Wasser aus diesen vollgesaugten Schichten aufgrund der hohen Drücke und Temperaturen im Inneren der Erde wieder herausgedrückt wird wie bei einem Schwamm. Von den Mineralen und Gesteinen des Erdmantels, der einen Großteil der Erde ausmacht, ist bekannt, dass sie meist nur sehr kleine Gehalte an Wasser zurückhalten können. Lediglich in einer relativ dünnen Schicht zwischen etwa 410 und 670 Kilometern Tiefe, die den Oberen vom Unteren Erdmantel trennt, könnten riesige Wassermengen gespeichert werden, denn dort ändert sich die Struktur der Minerale.

"Es ist leichter, Untersuchungen an den entferntesten Punkten unseres Sonnensystems durchzuführen als direkt unter unseren Füßen. Mit Tiefbohrungen stoßen wir technisch bereits in etwas mehr als 10 Kilometern an unsere Grenzen", erläutert Prof. Frank Brenker vom Institut für Geowissenschaften. Da eine direkte Beprobung unmöglich ist, sind die Wissenschaftler darauf angewiesen, dass die Natur selbst Material an die Oberfläche fördert und dies möglichst schnell und ohne Austausch mit den umliegenden Gesteinsschichten.

Obwohl dies geradezu utopisch erscheint, entdeckte man vor einigen Jahrzehnten, dass es tatsächlich zu einem solchen Probentransport in der Erde kommt. Eine spezielle, hochexplosive Vulkanart, so genannte Kimberlite, können Material aus hunderten von Kilometern in nur wenigen Stunden an die Erdoberfläche fördern. Die letzten Kilometer überwinden die Magmen sogar mit Schallgeschwindigkeit. Bei ihrem Wachstum in großen Tiefen schließen sie manchmal umliegendes Probenmaterial ein. Mit Diamanten als "Transportcontainern" bekommen die Wissenschaftler einzigartige Mineral- und manchmal auch Gesteinsfragmente für ihre Untersuchungen.

Der bisher einzigartige Fund eines Minerals mit dem schönen Namen Ringwoodit brachte die gewünschte Information an die Erdoberfläche. Dieses Mineral bildet sich erst bei einem Umgebungsdruck, der einer Tiefe von mindestens 520 Kilometern entspricht. Es ist das häufigste Mineral in dieser Tiefe und wird als einer der beiden wichtigsten Wasserspeicher gehandelt.

Nach einem weltweiten Untersuchungsmarathon an der Ringwoodit-Probe fand Brenker zusammen mit Kollegen der University of Alberta in Edmonton, Kanada, nun die Bestätigung. "Nun können wir endlich mit absoluter Gewissheit schließen, dass die Gesteinsschichten der tiefen Erde, zumindest lokal, sehr hohe Wassermengen gespeichert haben", sagt er. Damit ist erneut eine Vision, die einst Jules Verne niederschrieb, Realität geworden. Auch wenn es sich dabei nicht um einen schiffbaren Ozean handelt.

Publikation:
D.G. Pearson, F.E. Brenker et. Al.: A hydrous mantle transition zone indicated by ringwoodite included within diamond, in Nature.
http://dx.doi.org/10.1038/nature13080


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Dr. Anne Hardy, 13.03.2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2014