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FORSCHUNG/375: Wie viel Biomasse wächst in der Savanne? (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 16.02.2017

Wie viel Biomasse wächst in der Savanne?

Geographen der Uni Jena erfassen mit Satelliten- und terrestrischen Daten die oberirdische Biomasse im Krüger-Nationalpark in Südafrika


Sie bilden einen der größten Lebensräume der Erde - die Savannen. Etwa ein Fünftel der Erdoberfläche ist von ihnen bedeckt. Der überwiegende Teil davon befindet sich südlich der Sahara in Afrika. Savannen sind nicht nur von einer einzigartigen Tierwelt geprägt, hier leben die sogenannten "Big Five" - Elefanten, Nashörner, Büffel, Leoparden und Löwen -, sie beheimaten auch Tausende endemischer Pflanzenarten, wie den Baobab, den Affenbrotbaum.

"Hinzu kommt, dass die Savannen eine wesentliche Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf und damit für das Weltklima spielen", weiß Victor Odipo von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Das entscheidende Maß für die Speicherfähigkeit des Treibhausgases Kohlendioxid durch die Savannen sei die Menge an oberirdischer pflanzlicher Biomasse, so der Doktorand vom Lehrstuhl für Fernerkundung. Doch diese wichtige Größe sei bislang nur schwer zu erfassen, weshalb gängige Klimamodelle zumeist auf groben Schätzungen der Biomasse basieren. Einem Team von Geographen der Universitäten Jena und Oxford sowie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ist es nun jedoch gelungen, eine Methodik zu etablieren, die geeignet ist, die oberirdische Biomasse der Savannen sehr genau zu vermessen und selbst kleine Veränderungen des Ökosystems zu erfassen. In der Fachzeitschrift "Forests" stellen sie ihre Ergebnisse vor (DOI: 10.3390/f7120294).

Dreidimensionales Modell der Landschaft

Die Forscher der Uni Jena nutzen sowohl von Satelliten aufgezeichnete Radardaten als auch vom Boden aus erhobene Laserscanning-Daten. "Die Radardaten können zwar die Biomasse großer Gebiete erfassen, geben aber nur unzureichend Auskunft über die Struktur der Vegetation", erläutert Victor Odipo. Das Typische der Savanne sei ihre Flickenteppich-artige Struktur: Aus einer dichten Grasschicht wachsen alleinstehend oder in lockeren Gruppen Bäume sehr unterschiedlicher Höhe. Um diese Struktur detailliert zu erfassen und in Biomasse umrechnen zu können, werden die Satelliten-Daten daher um bodengestützte Messungen ergänzt. Dabei kommt ein terrestrischer Laserscanner (TLS) zum Einsatz, der die Umgebung in einem Radius von mehreren hundert Metern mit einem Laserstrahl abtastet. "Auf diese Weise erhalten wir ein vollständiges dreidimensionales digitales Modell der Landschaft, das eine exakte Analyse der Vegetationsstruktur ermöglicht", sagt PD Dr. Jussi Baade vom Lehrstuhl für Physische Geographie der Uni Jena.

Nach ersten, eingehenden Tests im Stadtrodaer Forst und an den Hängen des Saaletals haben die Jenaer Forscher ihre Methodik nun in der Savanne des Krüger-Nationalparks in Südafrika angewandt. In einem rund neun Quadratkilometer großen Areal, für das Radar-Satellitendaten vorlagen, haben sie ausgehend von über 40 Messpunkten Laserscanning-Daten erhoben und diese in ein Modell zur Berechnung der Biomasse integriert. "Zwar ergeben die punktuell erhobenen Laserscanning-Daten wesentlich genauere Ergebnisse als das Satelliten-Radar", macht Christian Berger deutlich, Koautor der Studie und Leiter des Forschungsprojekts, in das Victor Odipos Doktorarbeit eingebettet ist. "Für die Untersuchung großer Gebiete ist diese Methode allein aber ungeeignet." Wie die vorliegende Studie belegt, lässt sich jedoch aus der Kombination beider Ansätze die Biomasse mit einer Genauigkeit von bis zu 2,9 Tonnen pro Hektar ermitteln.

Monitoring von Veränderungen im Ökosystem

Nutzen lassen sich diese Ergebnisse nicht nur für neue Klimamodelle. "Auch für das Monitoring von Veränderungen im Ökosystem Savanne brauchen wir verlässliche Angaben", betont Victor Odipo und verweist auf einen überraschenden Befund der Studie am Rande: Wie die Forscher bei ihren Messungen feststellten, nimmt die Biomasse in einem erheblichen Teil des untersuchten Gebietes im Krüger-Nationalpark von Jahr zu Jahr ab. "Das hatten wir nicht erwartet", so Odipo, "schließlich handelt es sich ja um ein Naturschutzgebiet". Wie sich herausstellte, sind diese Veränderungen aber - anders als in den meisten nicht geschützten Gebieten - nicht in erster Linie vom Menschen verursacht. Vielmehr bringen Elefanten zahlreiche Bäume zu Fall.

Die vorliegende Studie wurde unterstützt vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Der terrestrische Laserscanner wurde mit Hilfe von EFRE-Mitteln vom Freistaat Thüringen finanziert.


Original-Publikation:
Odipo VO et al. Assessment of Aboveground Woody Biomass Dynamics Using Terrestrial Laser Scanner and L-Band ALOS PALSAR Data in South African Savanna, Forests; DOI:10.3390/f7120294

Weitere Informationen unter:
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution23

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Dr. Ute Schönfelder, 16.02.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2017

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