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FORSCHUNG/397: Tiefseeforschung und die Alpen - wie passt das zusammen? (idw)


GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel - 05.02.2018

Tiefseeforschung und die Alpen - wie passt das zusammen?


Die Alpen bildeten sich vor ungefähr 130 Millionen Jahren, als die eurasische Erdplatte mit der afrikanischen Platte zusammenstieß. Noch immer sind im Alpenraum starke Kräfte im Untergrund aktiv. Was aber geschieht dort genau, wenn sich zwei Erdplatten aufeinander zubewegen? Diese Frage will das europäische Großprojekt AlpArray beantworten. Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel übernimmt dabei zusammen mit dem Institut de Physique de Globe aus Paris den marinen Teil. Am 7. Februar startet eine Expedition vor die Küsten Frankreichs und Norditaliens.


Grafik: © AlpArray

Das Projekt AlpArray überzieht die Alpen mit einem dichten Netz seismischer Stationen. Die grünen Punkte zeigen die Ozeanbodenseismometer im Ligurischen Meer.
Grafik: © AlpArray

Europas größte "Knautschzone", die Alpen, liegt an der Grenze zweier großer Erdplatten: Europa und Afrika. Doch zwischen diesen beiden Platten sind eine ganze Anzahl kleinerer Mikroplatten im alpinen Raum gefangen. Die Bildung der Alpen findet also in einer tektonisch komplexen Region statt, die weit über die eigentliche Gebirgskette hinausreicht. Die tief im Erdinneren ablaufenden Vorgänge zu verstehen, erfordert einen multinationalen und multidisziplinären Ansatz. Im Rahmen des Projektes AlpArray haben sich 50 Institute aus 18 europäischen Nationen zusammengeschlossen, um den Alpenraum mit einem engmaschigen Netz von Erdbeben-Seismometer zu überdecken und so die Signale aus der Tiefe in hoher Auflösung zu registrieren.

Bei dieser Mammutaufgabe hat das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel zusammen mit dem Institut de Physique du Globe aus Paris den marinen Forschungspart übernommen. "Schließlich gehört auch die Ligurische See vor der Küste Frankreichs und Norditaliens zum alpinen Raum, der durch die Gebirgsfront bis weit ins Mittelmeer hinein geprägt ist", so Prof. Heidrun Kopp vom GEOMAR. Sie ist die Fahrleiterin einer Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff MARIA S. MERIAN, die am 7. Februar im Hafen von Las Palmas startet. Auf dieser Forschungsreise wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 30 Ozeanboden-Seismometer, die bereits im Juni 2017 zur Überwachung der Erdbebenaktivität in der Ligurischen See ausgesetzt wurden, bergen und die Daten auswerten. Zusätzlich wird das Team den Übergang vom ozeanischen zum kontinentalen Bereich untersuchen.

"Die Ligurische See wird unter Geowissenschaftlern auch als "Ligurischer Knoten" bezeichnet. Dies hängt mit dem Übergang zwischen den Alpen und dem Apennin zusammen, der mit einem Richtungswechsel der Plattenbewegung einhergeht - hier verknoten sich quasi mehrere Erdplatten ineinander", erläutert Dr. Dietrich Lange vom GEOMAR. "Diese Prozesse spielen sich in großer Tiefe ab. Daher setzen wir Ozeanboden-Seismometer ein, um Strukturen der Erdkruste und des Mantels - ähnlich wie bei einer medizinischen Tomographie - zu durchleuchten. Dazu werden sowohl kleine Erdbebensignale, als auch künstlich erzeugte akustische Wellen und das Hintergrundrauschen des Ozeanbodens und der Wassersäule benutzt."

Um auch Detailstrukturen in großer Tiefe hochauflösend abbilden zu können, ist eine große Anzahl an Instrumenten vonnöten, die zudem für einen langen Zeitraum autonom am Meeresboden die Signale registrieren. "Wir vereinen sowohl unsere Expertise als auch unsere Infrastruktur mit den französischen und italienischen Kollegen, um so auf europäischer Ebene die Komplexität des Untersuchungsgebietes sowie der tektonischen Prozesse im alpinen Raum zu entschlüsseln", erläutert Projektleiterin Prof. Heidrun Kopp das Vorhaben.

"Es ist ein großer Vorteil, den Aufwand der Logistik inklusive der Schiffszeit sowie auch die Last der Infrastruktur auf mehrere Schultern und Nationen verteilen zu können. Ein Projekt dieser Größe, das den gesamten alpinen Raum inklusive des alpinen Vorlandes überdeckt, ist in Europa nur in einem internationalen Rahmen möglich", so die Projektleiterin. "In dieser Form ist AlpArray weltweit einzigartig, insbesondere auch weil es von allen beteiligten Ländern auf nationaler Ebene unterstützt wird. In Deutschland wurde hierzu ein Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft etabliert. Unsere Aufgabe als Ozeanforscher ist es, den marinen Teil der Alpen abzudecken. Dabei ist der Einsatz von Tiefseeinstrumenten in mehreren tausend Metern Wassertiefe mit einem deutlich höheren Aufwand verbunden als für einen Großteil der Landstationen."

Expedition auf einen Blick
MARIA S. MERIAN, ALPARRAY, MSM71
Fahrtleitung: Prof. Heidrun Kopp
Fahrtdauer: 07.02.2018 - 27.02.2018
Starthafen: Las Palmas
Arbeitsgebiet: Mittelmeer
Zielhafen: Heraklion


Weitere Informationen unter:

http://www.geomar.de
- Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

http://www.alparray.ethz.ch/en/home
- Informationen zum AlpArray-Projekt

http://www.spp-mountainbuilding.de
- Informationen zum DFG-Schwerpunktprogramm

http://www.ipgp.fr/fr
- Institut de Physique de Globe

http://www.planeterde.de/logbuecher
- Logbuch der Expedition auf planeterde.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution818

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel,
Dr. Andreas Villwock, 05.02.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2018

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