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SEISMIK/062: Methoden zur Bewältigung der Schadenswirkungen von Naturgefahren (idw)


Universität Potsdam - 30.10.2009

Wenn die Erde bebt

Seismologen der Universität Potsdam entwickeln moderne Methoden zur Bewältigung der Schadenswirkungen von Naturgefahren


Atomwaffentests und Tsunamis haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Doch für Geowissenschaftler sind beides "seismische Ereignisse", die man - wie im Fall Nordkoreas - orten und bewerten kann beziehungsweise bei Tsunamis, zum Schutz der Menschen so früh wie möglich erkennen möchte. Die Seismologen der Universität Potsdam (UP) sind am Aufbau von Frühwarnsystemen für Naturgefahren beteiligt und arbeiten an Verfahren zur Detektion von Nuklearversuchen.

Im Rahmen des geplanten weltweiten Überwachungssystems haben sich Dr. Matthias Ohrnberger und Dr. Carsten Riggelsen vom Institut für Geowissenschaften der UP bei der "Comprehensive Nucelar Test Ban Treaty Organization" (CTBTO) erfolgreich um ein Projekt beworben. Sinn und Zweck des Forschungsauftrages ist der Nachweis von unterirdischen Kernexplosionen. Dies ist allerdings nur eine, wenn auch politisch sehr wichtige Anwendungsmöglichkeit ihrer Forschungsergebnisse. Allgemein geht es darum, das Auftreten seismischer Ereignisse zu erkennen, sie zu orten und ihre Stärke zu bestimmen. Meistens handelt es sich dabei um Erdbeben. Benutzt werden dabei die Wellen, die von Beben beziehungsweise Bruchvorgängen abgestrahlt und mit empfindlichen Messgeräten weltweit aufgezeichnet werden.

Im Rahmen des CTBTO-Projektes verwenden die Seismologen neuartige Algorithmen, die sie mit den Daten des Internationalen Monitoring Systems (derzeit mehr als 130 Messstationen weltweit), testen. "Wir arbeiten an so genannten grafischen Modellen, einer Methode zur statistischen Beschreibung komplexer Daten, um die Detektion in Echtzeit zu verbessern", erklärt Doktor Ohrnberger. Die neuen Erkenntnisse aus dem aktuellen Datenmaterial sollen in die Bewertung verdächtiger Ereignisse einfließen. Die CTBTO ist letztlich für die Beurteilung zuständig, ob das betreffende Ereignis natürlichen Urspungs ist (Erdbeben) oder von Menschen ausgelöst wurde (Explosion). Hierzu werden neben den seismischen Verfahren auch Radionuklidmessswerte und im Falle des Inkrafttretens des internationalen Abkommens auch Vorortinspektionen ausgewertet.

Die Expertise der Wissenschaftler der Universität Potsdam auf dem Gebiet des geophysikalischen Monitorings von Naturgefahren kommt zudem in weiteren, von der Bundesregierung geförderten Projekten (GITEWS, Geotechnologie, PROGRESS = Potsdam Research Cluster for Georisk Analysis, Environomental Change and Sustainability) zum Tragen. Ziel ist es, mit modernen Verfahren Hebungen, Senkungen, Verschiebungen und Brüche (Deformationen) der Erdkruste in unterschiedlichen Zeitskalen zu erfassen und zu verstehen. Wichtig ist es hierbei, die Quellprozesse solcher Ereignisse zu verstehen. Auf der Grundlage von Modellierungen will man das Verständnis sowohl von kleinen Ereignissen etwa im Bergbau wie auch von großen Beben vertiefen. Die Potsdamer beschäftigen sich besonders mit Regionen in Zentralasien.

Diese Forschung findet vor allem am Computer statt. Das ist "Kopf- und Detektivarbeit", erklärt Professor Krüger, gute Kenntnisse in Mathematik, Physik und Statistik sind hierbei gefragt. Die Aussichten, dass die Forscher ihre Ziele erreichen, sind gut, denn die Zahl der seismologischen Stationen wächst stetig. Derzeit sind es 600-700 in aller Welt, 2010 sollen es schon mehr als 1000 sein. Ein Stück Globalisierung. "Die Echtzeit-Daten sind in der Regel frei zugänglich, sie sollen global verfügbar und nutzbar sein", so Krüger.


pearls o Potsdam Research Network

Führende Forschungseinrichtungen haben sich im Januar 2009 auf Initiative der Universität Potsdam (UP) zu einem bundesweit einmaligen Verbund unter dem Namen "pearls o Potsdam Research Network" zusammengeschlossen. Ziel der insgesamt 21 "Perlen" ist es, Potsdam als exzellenten Wissenschaftsstandort zu stärken nach dem Motto "Potsdam - Forschung first class". Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist das wichtigste Bindeglied in der "Perlenkette". Dazu bietet die UP mit ihrer Potsdam Graduate School eine moderne Doktorandenausbildung. Zu den Partnern der Universität Potsdam gehören das Who is Who der deutschen Wissenschaftsorganisationen: die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) mit drei Instituten, die Leibniz-Gemeinschaft mit sieben Instituten, sieben Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, zwei Institute der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) sowie das Hasso-Plattner-Institut (HPI) für Softwaresystemtechnik.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Potsdam, Sylvia Prietz, 30.10.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. November 2009