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MELDUNG/190: Marburger Radarstationen messen Niederschläge in Ecuador (idw)


Philipps-Universität Marburg - 01.06.2017

Marburger Radarstationen messen Niederschläge in Ecuador


So kriegt man "El Niño" auf den Schirm: Marburger Geografen haben ein Netz von Radaranlagen im Süden Ecuadors aufgebaut, um die räumliche und zeitliche Verteilung von Niederschlägen in dem südamerikanischen Land zu beobachten. Das Forschungsteam um Projektleiter Professor Dr. Jörg Bendix von der Philipps-Universität berichtet gemeinsam mit ecuadorianischen Beteiligten in der Juniausgabe der Fachzeitschrift "Bulletin of the American Meteorological Society" über das Radarnetz und präsentiert zugleich eine erste Studie zum Klimaphänomen "El Niño" im Jahr 2015.


Foto: © Philipps-Universität Marburg/AG Bendix

Forschung, die sich in praktischem Nutzen niederschlägt: Die Bauteile des 24 Meter hohen Radarturms auf dem Cerro del Consuelo mussten mit Mulis und lokalen Trägern durch den Bergregenwald aus einer Höhe von 1.800 auf 3.200 Meter transportiert werden.
Foto: © Philipps-Universität Marburg/AG Bendix

"Niederschlag ist ein Klimaelement, das sich in Raum und Zeit recht chaotisch verteilt", erklärt Bendix zum Hintergrund des Vorhabens. "Gerade in den Tropen lässt es sich nur schwer anhand von Modellen vorhersagen." In Ecuador sorgt das Klimaphänomen "El Niño" häufig zu Starkregenfällen, die verheerende Folgen nach sich ziehen, etwa Erdrutsche; der Jahresniederschlag erreicht in den Hochlagen mit einer Menge von bis zu 6.000 Millimetern etwa das Zehnfache des Marburger Wertes.

"Das Monitoring von Niederschlag ist in Ecuador von großer Bedeutung, da das Land einen Großteil seiner Stromproduktion mit Wasserkraft deckt", erläutert Bendix. "Nur ein lokales Wetterradar-Messnetz kann zeigen, wo die Starkniedesrchläge auftreten und im Sinne der Kürzesfristvorhersage (Nowcasting) auch den Katastrophenschutz vor Ort unterstützen."

Andererseits gibt es in der Region sehr trockene Gebiete, in denen Landwirtschaft betrieben wird, beispielsweise Zuckerrohranbau. "Dort ist die Verteilung des Niederschlags für Bewässerung, Düngung und dergleichen von Belang", legt der Projektleiter dar.

Im Süden von Ecuador seien die Wasserressourcen vor allem durch den Klimawandel und die sich ändernde Landnutzung bedroht, führt der Geograf aus. "Dies wirkt sich auch auf die Biodiversität und die Landwirtschaft aus." Das Gebiet der östlichen Andenabdachung in der Provinz Loja gilt im weltweiten Vergleich als ein Schwerpunkt der Artenvielfalt.

Aus all diesen Gründen müsse man die raum-zeitliche Regenverteilung kennen, was nur mit Hilfe des Wetterradars möglich sei. Ecuador verfüge bisher nicht über verlässliche Niederschlagskarten, erklärt Bendix, denn die wenigen Stationen des Wetterdienstes stünden immer in gut erreichbaren Tallagen; über die Hochlagen wisse man hingegen "so gut wie nichts, obwohl diese die Wasserspender für Wasserkraft und Trinkwasser sind".

Die Wissenschaftler entwickelten daher ein Verfahren, um auch in gebirgigem Gelände kostengünstige Radargeräte einsetzen zu können, mit denen sich Niederschlagsfelder räumlich und zeitlich abbilden lassen. Das Team baute im Süden Ecuadors drei Wetterradargeräte auf; diese senden elektromagnetische Wellen aus und empfangen das Echo von Regentropfen, das Aufschluss über Ort und Menge des erfassten Niederschlags gibt. Zum Vergleich werden Daten von Niederschlags-Messstellen herangezogen.

Die Arbeitsgruppe von Bendix forscht seit mehr als zehn Jahren im Süden Ecuadors, derzeit in einem Wissenstransferprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unter dem Titel "Platform for Biodiversity and Ecosystem Monitoring and Research in South Ecuador", das Jörg Bendix koordiniert. Die Entwicklung des Radarnetzes wurde von ecuadorianischer Seite mit 200.000 US-Dollar unterstützt, die DFG bewilligte für das Transferprojekt mehr als 600.000 Euro.


Originalpublikation:
Jörg Bendix & al.: Radarnet-Sur: First Weather Radar Network In Tropical High Mountains, Bull. Amer. Meteor. Soc. 2017,
DOI: http://dx.doi.org/10.1175/BAMS-D-15-00178.1

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution376

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Philipps-Universität Marburg, Johannes Scholten, 01.06.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2017

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