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ENERGIE/1653: Weitreichende Expertise in der Batterieforschung für Elektromobilität (idw)


Technische Universität Berlin - 14.11.2019

Weitreichende Expertise in der Batterieforschung für Elektromobilität

• Batterien sind Taktgeberinnen der Elektromobilität
• TU Berlin hat weitreichende Expertise von der Material-, Elektroden- und Zellherstellung bis hin zum Recycling


Die Batterie ist die Schlüsselkomponente bei der Herstellung eines Elektroautos. Sie ist als Energielieferant das Bauteil, dass sowohl die Reichweite als auch die Kosten eines Elektroautos bestimmt. Aktuelle Elektroautos basieren auf Lithium-Ionen-Technologie - laut Expert*innen auch in absehbarer Zukunft noch nicht ersetzbar. 60 bis 80 Prozent der Wertschöpfung am Batteriesystem wird durch die Batteriezellen bestimmt. Die Lebensdauer, die Sicherheit, die Kosten und die Leistungsfähigkeit der Lithium-Ionen-Batterien stehen daher im Fokus der Forschung rund um Elektromobilität.

Die TU Berlin ist Partnerin des deutschlandweiten Kompetenznetzwerkes Lithium-Ionen-Batterien, und mehrere Fachgebiete beschäftigen sich intensiv mit verschiedenen Aspekten der Batterie. So ist das Fachgebiet Handhabungs- und Montagetechnik Teil des großen vom BMBF geförderten Kompetenzclusters zur Batteriezellproduktion "ProZell". Die Eröffnungsveranstaltung der zweiten Förderphase dieses Forschungsverbundes wurde am 13./14. November 2019 an der TU Berlin ausgerichtet. In dem Cluster sind deutschlandweit 26 Forschungseinrichtungen und Hochschulen an 14 Standorten beteiligt. Über 100 Wissenschaftler*innen in zwölf geförderten Projekten forschen zum Thema Batteriezellfertigung. Ziel des Clusters im Rahmen des BMBF-Dachkonzepts "Forschungsfabrik Batterie" ist die Verbesserung der Prozessschritte der Batteriezellproduktion hinsichtlich Zellperformance, Kosten- und Umweltwirkung sowie die Digitalisierung und das Recycling zur intelligenten Schließung der Wert- und Materialkreisläufe.

Schnellere Produktionsprozesse

"In dem TU Berlin-Projekt 'HoLiB - Hochdurchsatzverfahren in der Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien' entwickeln wir ein neuartiges Hochgeschwindigkeitsverfahren. Dabei werden eine Vielzahl verkoppelter Einflüsse untersucht, um Wirkzusammenhänge zu verstehen und Prozessgrenzen zu optimieren", erläutert der Fachgebietsleiter Prof. Dr. Franz Dietrich und betont das Potenzial von schnelleren und kostengünstigeren Produktionsprozessen für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Durchdringung von leistungsfähigen Batterien in den Weltmarkt.

Lebensdauer der Batterien auf dem Prüfstand

Prof. Dr. Julia Kowal beschäftigt sich mit der elektrischen, thermischen und Lebensdauer-Modellierung von Batterien sowie mit ihrer Charakterisierung bezüglich Performance, thermischen Verhaltens und Alterung. "Künftig werden immer leichtere und kleinere Batterien benötigt, die mehr Kapazität, eine längere Lebensdauer und einen niedrigeren Preis haben. Die Charakterisierung einer Batteriezelle, was ihre Spannungs-, Strom- und Temperaturgrenzen betrifft, als auch die Systemauslegung, Modelbildung, Simulation, Zelldiagnose und Zellüberwachung sind dabei von entscheidender Bedeutung, um die Reichweite und Lebensdauer von Elektrofahrzeugen zu erhöhen", so Julia Kowal, Leiterin des Fachgebiets Elektrische Energiespeichertechnik an der TU Berlin. In dem Kooperationsprojekt SiCWell mit der Daimler AG, der Solfas GmbH und zwei weiteren Fachgebieten der TU Berlin untersucht die Wissenschaftlerin zum Beispiel den Einfluss von hochfrequenten Schaltvorgängen, wie sie durch sogenannte Umrichter erzeugt werden, auf die Lebensdauer von Batterien. "Umrichter sind Schaltungen, bestehend aus Halbleiterschaltern, die mit einer hohen Frequenz geschaltet werden. Mit dem Umstieg auf Siliziumcarbid (SiC)-Halbleiter werden die Schaltungen kompakter und effizienter, allerdings bei einer höheren Schaltfrequenz. Unklar ist bisher der Einfluss auf die Lebensdauer der Batterien, und genau diesen untersuchen wir in dem Projekt."

Defekte in Elektroden finden

Das Fachgebiet Keramische Werkstoffe unter Leitung von Prof. Dr. Aleksander Gurlo befasst sich mit Techniken und Prozessen zur Synthese von Elektroden. Dazu werden spezielle Verfahren wie das sogenannte Tape Casting und Freeze Casting angewendet. Die speziellen Kompetenzen seines Fachgebiets liegen in der Aufbereitung und Trocknung von Batteriematerialien sowie dem Vakuumtrocknen von Elektrodenmaterialien. "In einem aktuellen Forschungsprojekt arbeiten wir an der Entwicklung eines speziellen Analyseverfahrens, um Defekte in den Elektroden von Lithium-Ionen-Batterien zu charakterisieren", so Aleksander Gurlo. In weiteren Projekten forscht sein Team an ganz neuen Elektrodenmaterialien. "So gilt zum Beispiel nanostrukturiertes Wolframdisulfid als vielversprechendes Elektrodenmaterial für die Zeit nach den Lithium-Ionen-Batterien. Es zeigt verglichen mit anderen konventionellen Materialien eine hohe elektrochemische Stabilität", so der Materialwissenschaftler.

Plattform verschafft Übersicht über Rohstoffe

Prof. Dr. Vera Rotter, Professorin für Kreislaufwirtschaft und Recyclingtechnologie an der TU Berlin, nähert sich dem Thema Elektromobilität von dem anderen Ende: Unter ihrer Mitwirkung entstand im Zuge des Horizon 2020-Projektes ProSUM zum Beispiel die Urban mine-Plattform: "Auf dieser interaktiven, öffentlich zugänglichen Online-Plattform sind alle wichtigen Rohstoffe inventarisiert, die innerhalb Europas zum Beispiel in Auto-Batterien, Handys oder anderen Produkten verwendet wurden. Dabei handelt es sich insgesamt um rund 450 Mio. Tonnen Material. Diese Übersicht ermöglicht es Hersteller*innen, Recyclingunternehmen, Verbänden oder Politiker*innen zu erkennen, welche Rohstoffe aktuell oder in Zukunft innerhalb Europas auftauchen oder zu erwarten sind. Damit können Recyclingunternehmen besser mit künftig anfallenden Abfallströmen planen und Unternehmer wissen, wo innerhalb Europas bestimmte recycelte Rohstoffe erworben werden können, um auf umweltbelastende Primärproduktion zu verzichten", so die Professorin.



Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution52

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Berlin, 14.11.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2019

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