Universität des Saarlandes - 12.10.2016
Von den Panama Papers zum eigenen Nachrichtendienst für das Unternehmen
Im April 2016 veröffentlichen weltweit über hundert Zeitungen, Fernsehstationen und Online-Medien neue Erkenntnisse zu Steuervermeidung und Steuerhinterziehung. Sie basieren auf den "Panama Papers", einer Datenmenge, die 2,6 Terabyte an Informationen und 11,5 Millionen Dokumente umfasst. 2015 hatte man diese der Süddeutschen Zeitung zugespielt, eine internationale Journalistengruppe wertete sie über ein Jahr hinweg aus. Nun haben Informatiker der Max-Planck-Ausgründung "Ambiverse" die Daten in nur wenigen Stunden mit einer neuartigen Software analysiert und dabei neue Resultate erhalten. Eigentlich soll die Software Unternehmen helfen, große Textmengen automatisch zu analysieren.
Während die internationale Journalistengruppe die Panama Papers in die
Tiefe analysierte und sich auf Personen wie Nawaz Sharif, Premierminister
von Pakistan, oder Petro Poroshenko, Präsident der Ukraine, fokussierte,
gingen die jungen Gründer mit ihrer neuartigen Software in die Breite. Sie
fanden heraus, dass beispielsweise nicht Politiker die größte Gruppe
bildeten, sondern Sportler. Sie machten mehr als 20 Prozent der von der
Software identifizierten Personen aus, dicht gefolgt von Künstlern. Erst
dann kamen die Politiker. Die Fähigkeit der Software, automatisch
Kategorien zu bilden, lieferte noch weitere Einblicke. Unter den Sportlern
waren es die Fußballer, die sich am häufigsten mit Strategien zur
Steuervermeidung und Hinterziehung auseinandersetzten. Den zweiten Platz
belegten Tennis- und Basketballspieler mit rund zehn Prozent, Hockey- und
Volleyballspieler nahmen mit rund fünf Prozent den dritten Platz ein. Auch
zu den Politikern gab es noch eine neue Erkenntnis: Die politische
Ideologie beeinflusst nicht die Entscheidung, ein Offshore-Konto zu
verwenden. Konservative und sozialistische Politiker tauchten zu gleichen
Teilen in den Panama Papers auf.
"Es ist schade, dass wir nur mit den vom 'International Consortium of Investigative Journalists' zur Verfügung gestellten und bereits aufbereiteten Daten arbeiten konnten. Denn unser System kommt nicht nur mit Rohdaten klar, es erzielt dann sogar noch bessere Ergebnisse", erklärt Johannes Hoffart, der über die zugrundeliegende Technologie an der Universität des Saarlandes promovierte. Zusammen mit vier weiteren Max-Planck-Forschern hat er vor knapp einem Jahr das Unternehmen "Ambiverse" gegründet, um die Technologie zu vermarkten. Ähnlich wie Nachrichtendienste ein Heer von Analysten vorhalten, um öffentlich zugängliche Texten auszuwerten, können Unternehmen dies mit der Ambiverse-Software in wenigen Minuten tun.
Die Software ist unter anderem deswegen so stark, weil sie nicht nur nach einem Begriff sucht, sondern beispielsweise bei der Suche nach "Angela Merkel" auch Texte findet, in denen die Bundeskanzlerin lediglich "Angie" oder "CDU-Chefin" genannt wird. Gleichzeitig verwirft das Programm alle Dokumente, die sich auf den bekannten Fußballtrainer mit gleichem Nachnamen beziehen. So können Unternehmen Personen, Orte und Produkte in großen Textmengen finden, selbst wenn dies durch mehrdeutige Begriffe oder Abkürzungen erschwert wird. Die Kategoriensuche ermöglicht es sogar, nach "Finanzunternehmen" oder "Fußballern" zu recherchieren, ohne diese genauer spezifizieren zu müssen. Zusätzlich lässt sich die Software neben deutschen und englischen Texten, auch auf spanische und chinesische anwenden. Möglich macht dies eine am Max-Planck-Institut für Informatik entwickelte Wissensdatenbank, die sich ihr Wissen unter anderem mit Hilfe der Online-Enzyklopädie Wikipedia erarbeitet. Mit ihrem Geschäftsplan haben die Gründer von Ambiverse vor wenigen Tagen den überregionalen Businessplanwettbewerb "1,2,3, GO" gewonnen.
Weitere Informationen unter:
http://www.ambiverse.com/oh-wie-schon-ist-offshore-panama/
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution8
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität des Saarlandes, Friederike Meyer zu Tittingdorf, 12.10.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2016
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