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INNEN/2847: Katrin-Göring Eckardt zu Flüchtlinge, Abgasskandal und Syrien


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 29. September 2015

Mitschrift des Statements von Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende, zu den Themen Flüchtlinge, Abgasskandal und Syrien


Flüchtlinge:

Die Bundesregierung hat heute den Gesetzentwurf zu den Asylverfahren vorgelegt. Wir werden ihn prüfen. Wir werden schauen, ob die Verabredungen, die mit den Ministerpräsidenten getroffen wurden, auch tatsächlich umgesetzt sind. Es bleibt dabei, die Kommunen brauchen dringend Unterstützung. Es ist positiv, dass die Bundesregierung hier endlich in die Verantwortung geht. Es ist auch positiv, dass Menschen aus dem Balkan einen Arbeitsmarktzugang nach Deutschland bekommen sollen. Das ist dringend notwendig und ein erster Schritt in Richtung eines Einwanderungsgesetzes.

Es bleibt aber auch dabei, dass dieser Entwurf bittere Pillen enthält. Zunächst ist es nach wie vor nicht erwiesen, dass die Deklaration als sichere Herkunftsländer irgendeinen Erfolg hat. Insbesondere was den Kosovo angeht - dort sind nach wie vor knapp 5.000 Soldaten stationiert - kann man nicht von einem sicheren Herkunftsland sprechen. Es bleibt dabei: Die Kürzungen bei den Leistungen für Asylbewerber sind hochproblematisch. Ich bezeichne sie nach wie vor als Schikane. Und drittens: Wir sind in einer Situation, wo jetzt die Zeit des Aufenthalts in den Erstaufnahmeeinrichtungen verlängert werden soll. Und wir sehen, wie problematisch diese großen Einrichtungen sind, gerade für die Flüchtlinge und für Konflikte, die dort entstehen. Auch das bleibt eine bittere Pille.

Ich sage Ihnen, wir bleiben dran. Wir brauchen hier weitere Veränderungen. Wenn es Herr Weise nicht schafft, den Berg an Anträgen zu bearbeiten, dann werden wir wieder über eine Altfallregelung reden müssen. Wir werden auch über Kontingente und über das sinnlose Widerrufsverfahren, was dazu führt, dass nach drei Jahren alle Asylbescheide noch einmal überprüft werden müssen, reden müssen.

Aber dieses ist nur ein erster Schritt. Wir brauchen Integrationsmaßnahmen, die weit darüber hinausgehen. Deswegen habe ich eigene Vorschläge vorgelegt, zum Beispiel den Deutschlandfonds für Integration, in den einerseits die Wirtschaft und andererseits der Staat einzahlen. Viele Unternehmen haben gesagt, sie brauchen Fachkräfte und freuen sich über die Flüchtlinge. Dann sollen sie bitte auch hier mit in die Verantwortung gehen. Ich hoffe sehr, dass zum Beispiel der Wirtschaftsminister hier auch seine Verantwortung wahrnimmt und nicht das tut, was er in den Verhandlungen getan hat, nämlich die Vorrangprüfung aufrechtzuerhalten, obwohl viele andere längst der Meinung waren, dass das ein sinnloses Instrument ist.

Wir brauchen eine Bildungsoffensive: Zehn Milliarden für zehn Jahre schlagen wir vor. Eine Bildungsoffensive, die klar macht, in Schulen, in Hochschulen muss dafür gesorgt werden, dass Integration gelingen kann. Dafür muss man auch über das Kooperationsverbot reden.

Und wir brauchen eine Einwanderungsgesetzgebung, die diesen Namen verdient. Dass wir das nicht längst haben, ist auch Teil des Problems, was jetzt auf dem Tisch liegt.


Abgasskandal:

Wenn man sich diesen Skandal anschaut, dann sieht man, was die Politik versäumt hat und was das Unternehmen versäumt hat. Was jetzt notwendig ist: Wir brauchen Tests auf der Straße und nicht im Labor. Und wir brauchen unabhängige Kontrollen. Es kann nicht sein, dass die Unternehmen diese Tests durchführen und das Bundesamt dann hinterher nur seinen Haken dran macht. Es geht um Gesundheitsschutz für die Bürgerinnen und Bürger, es geht um Umweltschutz, aber es geht auch um die Zukunft der deutschen Automobilindustrie. Wir wollen Jobs und Unternehmen schützen.

Deswegen muss die Bundesregierung jetzt dafür sorgen, dass es hier eine echte Trendwende gibt. Statt sich in Brüssel für höhere CO2-Werte einzusetzen, wie die Bundesregierung das in der Vergangenheit gemacht hat, muss sie sich dafür einsetzen, dass die Zukunftsfähigkeit der Automobilindustrie gewährleistet ist. Das geht nur mit schadstoffarmen Autos und mit entsprechenden Innovationen. Das geht nicht weiter mit Tricksereien.


Syrien:

Die Situation in Syrien ist so, dass die Flüchtlinge vor allen Dingen deswegen hierher kommen weil sie vor dem Assad-Regime und vor den todbringenden Fassbomben fliehen. Deswegen kann es keine Lösung mit Assad geben. Dass es Gespräche geben soll mit dem Regime - und schon längst gibt, der UN-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura tut da bereits seit geraumer Zeit - ist richtig. Es müssen die Regionalmächte einbezogen werden, selbstverständlich aber auch die USA und Russland.

Was es für Russland nicht geben kann, ist ein Rabatt für die Unterstützung in Syrien bei den Sanktionen, die bezogen auf die Ukraine ausgesprochen worden sind. Das lehne ich ab. Einen solchen Deal darf es nicht geben. Aber trotzdem: Es gibt eine gemeinsame Verantwortung, was die Situation in Syrien angeht, und wir brauchen eine entsprechende diplomatische Initiative.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 29. September 2015
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2015

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