Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/3405: Heute im Bundestag Nr. 410 - 24.09.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 410
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 24. September 2012 Redaktionsschluss: 17:45 Uhr

1. Experten beurteilen explizite Aufnahme eines Informationszugangsrechts in das Grundgesetz zurückhaltend
2. Geldleistungen für Fraktionen sollen 2013 steigen



1. Experten beurteilen explizite Aufnahme eines Informationszugangsrechts in das Grundgesetz zurückhaltend

Innenausschuss

Berlin: (hib/AW) Mit ihrer Forderung nach der Aufnahme eines Grundrechts auf freien Informationszugang ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mehrheitlich auf Skepsis und Zurückhaltung bei Experten gestoßen. Der Innenausschuss hatte am Montag Nachmittag sechs Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf (17/9724) für eine entsprechende Grundgesetzänderung befragt. Nach dem Willen der Grünen soll in Artikel 5 des Grundgesetzes (Freiheit der Meinung, Kunst und Wissenschaft) der folgende Absatz eingefügt werden. "Jeder hat dass Recht auf Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen sowie zu Informationen nicht öffentlicher Stellen, soweit diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Der Zugang zu Informationen sonstiger nichtöffentlicher Stellen ist zu gewährleisten, soweit dies, insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der natürlichen Lebensgrundlagen, den überwiegenden Interessen der Allgemeinheit dient. Das Nähere wird bundesgesetzlich geregelt." Die Experten äußerten sich zudem zu den Ergebnissen der Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes, das das Institut für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation im Auftrag des Innenausschusses erstellt hat.

Der Rechtswissenschaftler Martin Ibler von der Universität Konstanz wies darauf hin, dass es bereits mehrere vergebliche Versuche gegeben habe, das Grundgesetz in diesem Sinne zu ändern. Eine Änderung sei jedoch "nicht notwendig", sie habe sich durch das Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene und ähnliche Gesetze in den Bundesländern erübrigt. Das in Artikel 5, Absatz 1 verbriefte Recht, "sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten", sei dadurch bereits erfüllt, argumentierte Ibler. Zudem schränke eine solche Grundgesetzänderung die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer zu stark ein. Zugleich regte Ibler jedoch an, den Artikel 5, Absatz 1 durch den folgenden Satz zu präzisieren: " Allgemein zugänglich sind nach Maßgabe eines Gesetzes auch bei Behörden vorhandene Informationen."

In diesem Sinne äußerte sich auch sein Kollege Michael Sachs von der Universität zu Köln. Es bestehe kein ersichtlicher Grund für eine Änderung des Grundgesetzes. Es sei nicht erkennbar, dass - wie im Gesetzentwurf der Grünen behauptet - die Informationsansprüche der Bürger nur deshalb nicht realisiert würden, weil sie lediglich in einfachen Gesetzen formuliert sind. Das Grundgesetz garantiere nach Artikel 19 schließlich den Rechtsweg, wenn eine Behörde angeforderte Informationen nicht herausgebe.

Der Rechtswissenschaftler Wolfgang Schulz vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg warnte davor, dass eine solche Grundgesetzänderung verfrüht sein könne. In der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft", der er als Sachverständiger angehört, würden derzeit ähnliche Probleme beraten. Es wäre besser, diese gemeinsam anzugehen.

Jan Ziekow von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer - er gehört zu den Mitverfassern der Evaluation des Informationsfreiheitsgesetzes - wollte sich nicht festlegen. Die Frage einer Grundgesetzänderung sei eine politische. Allerdings könne die Aufnahme eines Informationszugangsrechts in das Grundgesetz durchaus den Paradigmenwechsel unterstützen, der durch das Informationsfreiheitsgesetz bereits eingeläutet worden sei.

Christoph J. Partsch von der Deutschen Gesellschaft für Informationsfreiheit e.V. plädierte mit Nachdruck für eine entsprechende Grundgesetzänderung. In der Realität rangiere das Recht auf Informationsfreiheit meist hinter dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zurück. Unter dem Vorwand des Datenschutzes würden all zu oft die Herausgabe von Informationen durch Behörden blockiert. Dies zeige sich nicht nur bei der Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes, sondern auch beim Bundesarchivgesetz. Dadurch würden beispielsweise historische Forschungen blockiert. Ein Werk wie Eugen Kogons "Der SS-Staat" könne heute gar nicht mehr recherchiert und geschrieben werden.

Der ehemalige Landesbeauftragte für Datenschutz in Mecklenburg Vorpommern, Karsten Neumann, pflichtete bei, dass der Datenschutz von Behörden in vielen Fällen als "Feigenblatt" missbraucht werde, um Informationen nicht herauszugeben. Er sprach sich für eine verstärkte pro-aktive Informationspflicht für Behörden aus, wie dies in Bremen realisiert worden sei.

*

2. Geldleistungen für Fraktionen sollen 2013 steigen

Bundestagsnachrichten/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Die Bundestagsfraktionen können im Jahr 2013 auf mehr Geld als in diesem Jahr hoffen. Dies geht aus einem als Unterrichtung (17/10670) vorgelegten Vorschlag von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) im Benehmen mit dem Ältestenrat hervor. Danach würde der monatliche Grundbetrag für jede Fraktion ab dem Haushaltsjahr 2013 bei 371.258 Euro liegen und der monatliche Betrag für jedes Mitglied bei 7.751 Euro. Wird der Vorschlag umgesetzt, bedeutet dies eine Erhöhung der Geldleistungen um 4,71 Prozent. Die bisherigen Oppositionszuschläge blieben unverändert.

In der Unterrichtung wird darauf verwiesen, dass sich nach Feststellungen des Statistischen Bundesamtes im Juli 2012 gegenüber dem Vorjahresmonat eine durchschnittliche Preiserhöhung von 2,42 Prozent bei den Kosten für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften sowie Verpflegungs-, Beherbergungs- und Verkehrsdienstleistungen ergeben habe. Wie es in der Vorlage weiter heißt, müsste diese Preiserhöhung angesichts der Verwendung der Geldleistungen durch die Fraktionen zu 27 Prozent für ihre Sachausgaben zu einer Erhöhung der Geldleistungen um 0,65 Prozent für 2012 führen.

Laut Unterrichtung ist es zudem angesichts der Verwendung der Geldleistungen durch die Fraktionen zu 73 Prozent für ihre Personalausgaben notwendig, dass das Ergebnis der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst im Jahr 2012 zu einer Erhöhung der Leistungen um 4,06 Prozent für 2013 führt.

Dem Vorschlag zufolge werden die Geldleistungen im Haushaltsjahr 2012 nicht angehoben. Damit leisteten die Fraktionen "einen Beitrag zu den Einsparungen im Bundeshaushalt". Der Bundestagspräsident ist nach dem Abgeordnetengesetz verpflichtet, dem Bundestag einen Vorschlag zur Anpassung der Geldleistungen an die Fraktionen vorzulegen.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 410 - 24. September 2012 - 17:45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2012