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BUNDESTAG/3535: Heute im Bundestag Nr. 540 - 26.11.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 540
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 26. November 2012 Redaktionsschluss: 14:15 Uhr

1. Banken und Börsen warnen vor zu starker Derivate-Regulierung
2. Öffentliches Expertengespräch zum sozial gerechten Mietrecht
3. Sieben Menschen im dritten Quartal 2012 infolge antisemitischer Straftaten verletzt
4. Regierung: Europäisches Kartellamt nicht durchsetzbar
5. Regierung prüft Kommissions-Vorschlag zur Änderung der Honig-Richtlinie
6. Der Regierung fehlen Daten zur Bewertung herbizidtoleranter Kulturpflanzen
7. Im Bundestag notiert: Spezialeinheit GSG 9



1. Banken und Börsen warnen vor zu starker Derivate-Regulierung

Finanzausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/HLE) Börsen und Banken haben Änderungen an einem von der Bundesregierung vorgelegten Finanzmarktregulierungsgesetz verlangt. So warnte die Frankfurter Deutsche Börse Group am Montag in einer Anhörung des Finanzausschuss vor "unkalkulierbaren wirtschaftlichen Risiken", falls bestimmte Vorschriften aus dem deutschen Insolvenzrecht in den zur Diskussion stehenden Gesetzentwurf eingefügt würden.

In der Anhörung ging es um Regeln zur Einhaltung der Vorgaben einer in Deutschland unmittelbar geltenden EU-Verordnung zur Finanzmarktregulierung. Dazu hat die Bundesregierung den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zur Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (17/11289) eingebracht. Mit diesem nach dem englischen Begriff "European Market Infrastructure Regulation" auch als EMIR-Ausführungsgesetz bezeichneten Vorhaben werden die für die Umsetzung der EU-Vorgaben zuständigen Behörden, darunter die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) benannt. Außerdem werden Bußgeldtatbestände im Kreditwesengesetz erweitert.

Die Abkürzung OTC steht für den Begriff "over the counter" (über den Schalter). Darunter sind Termingeschäfte zu verstehen, die von zwei Geschäftspartnern ohne Einschaltung einer Börse abgewickelt werden.

Nach Angaben der Bundesregierung sieht die EU-Verordnung vor, dass bestimmte Derivategeschäfte außerhalb von Börsen künftig nicht mehr direkt zwischen den Geschäftspartnern abgewickelt werden dürfen, sondern über zentrale Clearing-Stellen geleitet und in Transaktionsregistern dokumentiert werden müssen. Damit werde es der Finanzaufsicht erleichtert, einen besseren Überblick über die Marktaktivitäten und Risikopositionen zu erlangen und in diesen bisher weitgehend unregulierten Bereich einzugreifen. Die Finanzkrise habe gezeigt, dass intransparente, frei abgeschlossene Derivategeschäfte zu großem Misstrauen zwischen den Banken geführt und die Funktionsfähigkeit der Märkte beeinträchtigt hätten.

Die BaFin begrüßte in der Anhörung den Entwurf grundsätzlich. Die Kritik der Sachverständigen richtete sich auf einen Nachteilsausgleich, den es bei der Übertragung von Kundensicherheiten und Positionen von Kunden insolvent gewordener Clearingmitglieder auf eine andere Clearingstelle geben soll. Mit der Übertragung sollen eigentlich Kunden geschützt und andernfalls drohende Kursschwankungen und Dominoeffekte vermieden werden. Der Nachteilsausgleich für den Insolvenzverwalter zu Lasten der zentralen Gegenparteien werde aber die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Einrichtungen benachteiligen, kritisierte zum Beispiel die Strombörse EEX. Auch das Deutsche Aktieninstitut bezeichnete in seiner Stellungnahme den Nachteilsausgleich als kontraproduktiv. Dem eigentlichen Ziel, vermehrt Derivate über zentrale Gegenparteien abzuwickeln, würde ein "Bärendienst" erwiesen. Da der Nachteilsausgleich auch nicht in dem europäischen Regelwerk enthalten sei, widerspreche dieser Teil des nationalen Gesetzes dem Geist des EU-Regelwerks. Auch die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, warnte davor, dem Insolvenzverwalter eines ausgefallenen Mitglieds die Möglichkeit nachträglicher Ersatzansprüche einzuräumen.

Der deutsche Fondsverband BVI stellte zum Gesetzentwurf insgesamt fest, er schaffe "Transparenz und stellt einen weiteren Schritt zur Sicherung der Finanzmarktstabilität dar". Dagegen klagte der Deutsche Sparkassen und Giroverband über hohe operative Anforderungen, zum Beispiel durch Umstellung auf elektronische Bestätigungssysteme. Für kleine Institute könne der Derivatehandel "unverhältnismäßig sein mit der Konsequenz, dass sich diese Akteure aus dem Markt zurückziehen und die dort bereits vorherrschende Konzentration auf wenige große Parteien weiter erhöht wird". Das könne zu höheren systemischen Risiken führen, warnte der Sparkassenverband.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sah größere Risiken durch die Bildung größerer Einheiten am Derivate-Markt. Markus Henn vom Verein Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (weed) vertrat die Auffassung, dass mit der Regulierung neue Risiken geschaffen würden. Wenn eine der zentralen Clearing-Stellen eines Tages ausfallen sollte, könnte dies die heutigen Probleme mit Banken gering erscheinen lassen. Henn forderte: "Bundesregierung und Bundestag sollten deshalb grundsätzlich prüfen, ob die Nutzung von (OTC-)Derivaten nicht insgesamt eingeschränkt werden muss." Im Rohstoffbereich gebe es überhaupt keine Klarheit über die Relevanz von OTC-Geschäften. Transparenz wäre "die erste Voraussetzung, um den Markt überhaupt überblicken und dann auch angemessen regulieren zu können".

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2. Öffentliches Expertengespräch zum sozial gerechten Mietrecht

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Berlin: (hib/MIK) Um den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen "Wohnraum in Deutschland zukunftsfähig machen - Für ein sozial gerechtes und klimafreundliches Mietrecht" (17/7983) geht es am Mittwoch, 28. November 2012, in einem öffentlichen Expertengespräch des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.

Als Sachverständige sind geladen: Gesine Kort-Weiher, Deutscher Städtetag, Christian Lieberknecht, Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Lukas Siebenkotten, Deutscher Mieterbund, Michael Spielmann, Deutsche Umwelthilfe und Kai H. Warnecke, Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer.

Das Expertengespräch beginnt um 12.00 Uhr im Sitzungssaal E 600 im Paul-Löbe-Haus in Berlin und soll gegen 13.00 Uhr beendet sein.

Interessierte Besucher können sich beim Sekretariat des Ausschusses (Telefon: 030/227-32816, Fax: 030/227-30017, E-Mail: verkehrsausschuss@bundestag.de) unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums anmelden. Zur Sitzung muss ein Personaldokument mitgebracht werden.

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3. Sieben Menschen im dritten Quartal 2012 infolge antisemitischer Straftaten verletzt

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im dritten Quartal dieses Jahres sind in Deutschland laut Bundesregierung sieben Menschen infolge politisch motivierter Straftaten mit antisemitischem Hintergrund verletzt worden. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (17/11413) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/11133) weiter hervorgeht, wurden im dritten Quartal 2012 insgesamt 222 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gemeldet. Darunter waren laut Vorlage sieben Gewalttaten und 48 Propagandadelikte. Zu den genannten 222 Straftaten seien insgesamt 112 Tatverdächtige ermittelt und fünf Personen festgenommen worden. Die angegebenen Zahlen werden sich den Angaben zufolge "aufgrund von Nachmeldungen und Korrekturen noch (teilweise erheblich) verändern".

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4. Regierung: Europäisches Kartellamt nicht durchsetzbar

Wirtschaft und Technologie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Ehe ein einheitliches europäisches Kartellamt geschaffen werden kann, bedarf es nach Angaben der Bundesregierung noch "erheblicher Überzeugungsarbeit innerhalb der EU". Es gebe erhebliche unterschiedliche Auffassungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (17/11285) auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion (17/11071). Die Abgeordneten hatten sich nach dem im Koalitionsvertrag formulierten Ziel der Schaffung eines unabhängigen europäischen Kartellamts erkundigt. Weiter heißt es: "Nach Auffassung der Bundesregierung gewährleistet die gegenwärtige Struktur eine effektive europäische Kartellverfolgung." Kritisch bewertet werden könne aber die Rolle der EU-Kommission sowohl als ermittelnde, entscheidende und rechtsetzende Behörde.

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5. Regierung prüft Kommissions-Vorschlag zur Änderung der Honig-Richtlinie

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der Honig-Richtlinie wird gegenwärtig von der Bundesregierung geprüft. Das geht aus einer Antwort (17/11347) der Regierung auf eine Kleine Anfrage (17/11116) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Darin heißt es weiter, dass die Prüfung insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen des Kommissionsvorschlags auf das Lebensmittelrecht und die Gentechnik-Kennzeichnung von Honig vorgenommen werde. In dieser Frage seien die Bundesländer und die Verbände um Stellungnahme gebeten worden. In der Antwort spricht sich die Regierung dafür aus, verantwortbare Potenziale der grünen Gentechnik zu nutzen. Der Schutz von Mensch und Umwelt bleibe dabei oberstes Ziel des deutschen Gentechnikrechts.

Ziel der Änderung der Honig-Richtlinie ist laut Grünen, dass Pollen künftig nicht als Zutat im Honig betrachtet werden. Das hätte zur Folge, dass Honig mit Pollen von gentechnisch veränderten Organismen nicht mehr gekennzeichnet werden müsste, schreiben die Abgeordneten.

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6. Der Regierung fehlen Daten zur Bewertung herbizidtoleranter Kulturpflanzen

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Es liegen keine nachprüfbaren Daten zur Dimension des Anbaus von konventionell gezüchteten Pflanzen mit Herbizidtoleranz in Deutschland und in der Europäischen Union vor. Das geht aus eine Antwort (17/11351) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (17/11115) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Die Grünen hatten sich für eine Risikobewertung durch die Bundesregierung hinsichtlich der möglichen Auskreuzung gentechnisch veränderter, herbizidtoleranter Pflanzen mit konventionell gezüchteten Kulturpflanzen interessiert. In der Antwort heißt es dazu, dass die Auskreuzung von durch konventionelle Mutationszüchtung erzeugtem Clearfield-Raps auf verwandte Beikrautarten aus der Gruppe der Kreuzblütler grundsätzlich möglich ist. Zu beachten sei das Risiko der möglichen Auskreuzung von Clearfield-Raps auf benachbarte konventionelle Rapsschläge und damit der Übertragung der Resistenzeigenschaft auf nicht-herbizidtoleranten Raps.

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7. Im Bundestag notiert: Spezialeinheit GSG 9

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Spezialeinheit GSG 9 der Bundespolizei hat keine gemeinsamen Einsätze mit Spezialeinheiten anderer Länder durchgeführt. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/11237) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10964) hervor.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 540 - 26. November 2012 - 14:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. November 2012