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BUNDESTAG/3892: Heute im Bundestag Nr. 292 - 04.06.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 292
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 4. Juni 2013 Redaktionsschluss: 10:50 Uhr

1. Zahl rechtlicher Betreuungen soll gesenkt werden
2. Bundesbericht zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchs
3. Im Bundestag notiert: ungerechtfertigte Erstattung von Kapitalertragsteuer
4. Im Bundestag notiert: Atomstromimporte durch die Ostsee
5. Im Bundestag notiert: Nutzung von Blockheizkraftwerken
6. Im Bundestag notiert: Stromversorgungssicherheit in Süddeutschland
7. Im Bundestag notiert: "Zwangsrouter"



1. Zahl rechtlicher Betreuungen soll gesenkt werden

Rechtsausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/KOS) Sachverständige begrüßen überwiegend das Ziel, die Zahl rechtlicher Betreuungen zu senken, indem die Betreuungsbehörden mit ihrem Wissen über soziale Hilfen als Alternative zu solchen Maßnahmen stärker in gerichtliche Verfahren über die Anordnung von Betreuungen einbezogen werden. Mehrfach wurde am Montagabend bei einer Anhörung des Rechtsausschusses über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/13419) jedoch betont, dass eine Reduzierung rechtlicher Betreuungen ohne einen Ausbau alternativer Hilfen sowie vor allem eine bessere finanzielle Ausstattung der kommunalen Betreuungsbehörden nicht gelingen könne. Gestärkt werden müssten auch die Betreuungsvereine, die ehrenamtliche Betreuer schulen. Roland Schlitt, Rechtspfleger beim Amtsgericht Kassel: "Nicht alles ist zum Nulltarif zu bekommen." Zu der Anhörung waren neun Experten geladen.

Sind Erwachsene nicht mehr zur eigenständigen Regelung ihrer persönlichen Angelegenheiten fähig, dann erhalten sie einen rechtlichen Betreuer, der in einem Gerichtsverfahren bestellt wird. Gründe können körperliche, geistige und seelische Behinderungen oder psychische Krankheiten sein. Die Zahl rechtlicher Betreuungen stieg laut Gesetzentwurf zwischen 2005 und 2011 von 1,2 Millionen auf 1,3 Millionen. Der Trend zur Zunahme wurzele nicht zuletzt im demographischen Wandel: Inzwischen seien über 60 Prozent der betreuten Personen über 60 Jahre alt.

Mit der Anordnung solcher Maßnahmen wird stets das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen tangiert, da die Betreuer Entscheidungen stellvertretend für die Betroffenen fällen. Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung erreichen, dass solche Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht in höherem Maße als bislang vermieden werden. Deshalb soll gründlicher geprüft werden, ob die Bestellung eines rechtlichen Betreuers tatsächlich nötig ist oder ob es dazu Alternativen gibt. Auf diese Weise will man auch die steigende Kostenbelastung in den Justizetats der Länder eindämmen, die mit der Zunahme rechtlicher Betreuungen verbunden ist.

Bei der Anhörung unterstützten mehrere Richter den Plan der Regierung, vor der gerichtlichen Anordnung einer Betreuung die Anhörung der zuständigen Betreuungsbehörde zwingend vorzuschreiben. Auch haben diese Ämter laut Gesetzentwurf stets Berichte vorzulegen, die bestimmten Qualitätskriterien genügen müssen. Bei den Gerichtsverfahren sollen die Behörden überdies durch Fachkräfte vertreten sein.

Die Vizepräsidentin des Landgerichts Berlin, Andrea Diekmann, kritisierte, dass in der gerichtlichen Praxis "teilweise Betreuungen angeordnet werden, obwohl anderweitige Hilfen zur Verfügung stehen und ausreichend wären". Die Neuerungen könnten dazu beitragen, dass künftig stärker der Grundsatz beachtet werde, rechtliche Betreuer nur dann zu bestellen, wenn dies erforderlich sei. Harald Reske monierte, dass bei Gerichtsverfahren oft ein "ordentlich fundierter Bericht" der Betreuungsbehörde fehle. Wenn die Gerichte in Zukunft auf einer besseren Grundlage entscheiden könnten, gab sich der Kölner Amtsrichter überzeugt, könnten viele rechtliche Betreuungen überflüssig werden.

Hingegen meinte Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag, der Anstieg solcher Betreuungen sei nicht darauf zurückzuführen, "dass die Betreuungsbehörden ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben". Schließlich seien es die Gerichte, die solche Maßnahmen anordneten. Wenn die Fachämter personell nicht überall ausreichend ausgestattet seien, so liege dies "nicht am bösen Willen", sondern an der Finanzknappheit vieler Kommunen. Vorholz sagte voraus, dass sich die Kommunen mit den Ländern über die Frage streiten würden, wer die Kosten für die neuen Aufgaben zu tragen habe, die im Zuge der Reform auf die Betreuungsbehörden zukommen. Auch die Richter unter den Sachverständigen mahnten, diese Ämter personell und finanziell adäquat auszustatten. Vorholz bezweifelte im Übrigen, dass sich durch die geplanten Maßnahmen die Zahl rechtlicher Betreuungen senken lassen werde, da deren Anstieg vor allem in der demographischen Entwicklung wurzele.

Thorsten Becker kritisierte, dass in der Vergangenheit alternative Hilfen zu Betreuungen immer weiter eingeschränkt worden seien. Der Sprecher des Bundesverbands der Berufsbetreuer plädierte dafür, den vorliegenden Gesetzentwurf nicht umzusetzen und stattdessen eine "echte Reform" anzustreben.

Im Namen mehrerer katholischer Sozialverbände forderte Barbara Dannhäuser, im Vorfeld einer rechtlichen Betreuung neue Hilfsmodelle für Betroffene zu schaffen, die eine solche Maßnahme entbehrlich machen. Eine Betreuung müsse auf die jeweilige Person zugeschnitten sein, solle von möglichst kurzer Dauer sein und müsse "in regelmäßigen, kurzen Abständen auf ihr Erfordernis überprüft werden". Aus Sicht Dannhäusers fehlt ein "Konzept einer angemessenen und auskömmlichen Finanzierung des Gesamtsystems, einschließlich der Betreuungsvereine".

Nach Meinung Schlitts hängt der Erfolg der geplanten Änderungen vor allem davon ab, "ob mehr ehrenamtliche Betreuer gefunden werden können". Deshalb müssten die Betreuungsvereine mit ihren Angeboten für Schulungen und Fortbildungen der Ehrenamtlichen finanziell gestärkt werden.

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2. Bundesbericht zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchs

Bildung und Forschung/Unterrichtung

Berlin: (hib/ROL) Die Offenheit des Zugangs und die Flexibilität des System, das auch Unterbrechungen erlaubt, sind einige Aspekte der Promotionsphase, die im Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2013 (17/13670) hervorgehoben werden. Dabei hat sich auch gezeigt, dass die spätere Karriere unabhängig von der konkreten Qualifizierung verlaufe, schreibt die Bundesregierung in dem als Unterrichtung vorliegenden Bericht. Insgesamt zeigten die empirischen Befunde, dass die Vielfalt der Promotionskontexte in hohem Maße dazu beitrügen, den spezifischen Lebenslagen der Promovenden Rechnung zu tragen. Damit werde nicht nur eine langjährige Position des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bestätigt, sondern auch die Bundesregierung in der Auffassung, dass mit Blick auf die unterschiedlichen Lebenslagen des wissenschaftlichen Nachwuchses die Vielfalt der Wege zur Promotion auch zukünftig gewahrt bleiben sollten. Gleichzeitig müssten Qualitätsstandards in allen Phasen der Promotion verstärkt werden.

Der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN), der im April veröffentlicht wurde, liefert einmal pro Legislaturperiode fundierte Daten und aktuelle Forschungsbefunde zu Qualifikations- und Karrierewegen sowie beruflichen Perspektiven der Wissenschaftler in Deutschland. Erstmalig wurde der Bericht als unabhängiger Bericht durch ein wissenschaftliches Konsortium erstellt, das sich aus dem Institut für Hochschulforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HoF), dem Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF) sowie dem Internationalen Zentrum für Hochschulforschung Kassel (INCHER-Kassel) zusammensetzt.

Der BuWiN 2013 lege zudem dar, dass Deutschland über ein ausdifferenziertes Qualifizierungssystem verfüge, das mit unterschiedlichen institutionellen Formen und Fördermöglichkeiten den Anforderungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs Rechnung trage. Neben der oben dargestellten Promotionsphase gelte dies auch für die Post-doc-Phase.

In den letzten Jahren hätten sich neben der Habilitation zunehmend alternative Qualifizierungs- und Karrierewege für Nachwuchswissenschaftler etabliert. Dazu gehöre die Juniorprofessur ebenso wie die Leitung unabhängiger Nachwuchsgruppen. Auch Tenure Track-Angebote würden zunehmend an Bedeutung gewinnen.

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3. Im Bundestag notiert: ungerechtfertigte Erstattung von Kapitalertragsteuer

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung kann den fiskalischen Gesamtschaden und die Gesamtsteuerausfälle durch ungerechtfertigte Erstattung von Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit um den Dividendenstichtag über ausländische Banken gehandelten Aktien nicht beziffern. Die Gestaltungen seien verdeckt erfolgt, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (17/13638) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/13233). Die Antwort enthält eine umfassende Darstellung dieser nach einer Gesetzesänderung nicht mehr möglichen Gestaltungen.

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4. Im Bundestag notiert: Atomstromimporte durch die Ostsee

Wirtschaft und Technologie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Mögliche Atomstromimporte durch die Ostsee sind Gegenstand einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (17/13635), bei der es sich um eine Nachfrage zur Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/11502 handelt. Die Bundesregierung soll unter anderem erklären, ob Fragen der Energieimporte, des Energiemixes und der Nutzung der Atomenergie der unternehmerischen Entscheidung unterliegen sollen. Hintergrund der Frage ist der Bau von zwei Atomreaktoren in der Region Kaliningrad, die auch Strom für den Export produzieren sollen.

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5. Im Bundestag notiert: Nutzung von Blockheizkraftwerken

Wirtschaft und Technologie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Nach der Nutzung von Blockheizkraftwerken und Kraft-Wärme-Kopplung durch Wohnungseigentümergemeinschaften fragt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (17/13610). Die Bundesregierung soll darlegen, ob der Einbau eines Blockheizkraftwerks von der Eigentümergemeinschaft mit qualifizierter Mehrheit statt mit Zustimmung aller Eigentümer beschlossen werden kann und ob es gesetzlichen Regelungsbedarf beim Betrieb dieser Anlagen durch Wohnungseigentümergemeinschaften gibt.

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6. Im Bundestag notiert: Stromversorgungssicherheit in Süddeutschland

Wirtschaft und Technologie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Die Stromversorgungssicherheit in Süddeutschland ist Gegenstand einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/13613). Die Bundesregierung soll die Situation bei der Stromversorgung angesichts der Verzögerungen beim Bau der "Thüringer Strombrücke" beurteilen und darlegen, ob sie zur Sicherstellung der Versorgung in Süddeutschland auf Stromimporte aus dem Ausland setzt.

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7. Im Bundestag notiert: "Zwangsrouter"

Wirtschaft und Technologie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Ob ein handelsüblicher Router eine Schnittstelle oder eine Telekommunikationsendeinrichtung ist, möchte die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (17/13606) zu den auch unter der Bezeichnung "Zwangsrouter" bekannt gewordenen Geräten von der Bundesregierung erfahren. Hintergrund der Kleinen Anfrage ist das Verhalten der Bundesnetzagentur, die die "Zwangsrouter" nach Angaben der Fraktion für zulässig halte. Beschwert hatte sich ein Endnutzer, der nur den vom Internetanbieter gelieferten Router benutzen konnte, da der Anbieter die zur Nutzung anderer Geräte erforderliche Herausgabe der Zugangsdaten verweigerte.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 292 - 4. Juni 2013 - 10:50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2013