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BUNDESTAG/4307: Heute im Bundestag Nr. 171 - 02.04.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 171
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 2. April 2014 Redaktionsschluss: 14:15 Uhr

1. Selbstanzeige wird nicht abgeschafft
2. Pfeiffer rügt Kürzung des Bundeszuschusses
3. Energieverbrauch soll sinken



1. Selbstanzeige wird nicht abgeschafft

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben sich grundsätzlich für den Erhalt der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung ausgesprochen. In einer Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch lehnten CDU/CSU- und SPD-Fraktion einen Antrag der Linksfraktion (18/556) auf Abschaffung dieses Instruments ab. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmte gegen den Antrag der Linksfraktion.

In ihrem Antrag fordert die Linksfraktion von der Bundesregierung die Vorlage eines Gesetzentwurfs, der die Möglichkeit zur Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung abschafft. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, Bagatelldelikte künftig als Ordnungswidrigkeiten zu behandeln. "Keine Schwarzfahrerin, kein kleiner Betrüger kann durch Selbstanzeige einen gesetzlich zugesicherten Anspruch auf Straffreiheit geltend machen. Eine Sonderregelung wird lediglich dem Steuerbetrug eingeräumt. Selbst wenn Eurobeträge in Millionenhöhe hinterzogen werden, gibt es bei Abgabe einer rechtzeitig korrekt ausgeführten Selbstanzeige ein Recht auf faktische Straffreiheit" heißt es in dem Antrag. Die jüngsten Fälle zeigten, dass die Selbstanzeige überwiegend den Reichen zur Entkriminalisierung diene. "Die strafbefreiende Selbstanzeige stellt damit ein Instrument zur rechtlichen Privilegierung bereits privilegierter Menschen dar", heißt es in dem Antrag. In der Sitzung des Ausschusses wies ein Sprecher der Fraktion darauf hin, dass Korrekturmeldungen von falschen Angaben gegenüber den Finanzbehörden auch ohne Selbstanzeige zu Änderungen der gemachten Angaben führen würden. Zudem seien Bagatellfälle strafrechtlich nicht relevant.

Der Vertreter der Bundesregierung erläuterte die Einigung der Finanzministerkonferenz vom 27. März 2014 auf Änderungen bei der Selbstanzeige. Danach soll der Berichtigungszeitraum eines Steuerhinterziehers für alle Fälle der Steuerhinterziehung auf zehn Jahre ausgeweitet werden. In Fällen einfacher Steuerhinterziehung waren es bisher nur fünf Jahre.Die Strafverfolgungsverjährung soll auch bei einfacher Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre angehoben werden. Der Strafzuschlag (Aufschlag auf die Steuerschuld) soll ab einem Hinterziehungsvolumen von 50.000 Euro von bislang fünf auf zehn Prozent erhöht werden. Außerdem sieht die Einigung vor, dass die sofortige Entrichtung der Hinterziehungszinsen von sechs Prozent pro Jahr künftig eine "zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung" für die Selbstanzeige sein soll. Geprüft werden müssen nach Angaben der Bundesregierung noch einige Punkte wie die Möglichkeit von Zuschlägen unterhalb eines Hinterziehungsvolumens von 50.000 Euro sowie die Möglichkeit einer Obergrenze für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige. Die Bundesregierung äußerte die Erwartung, dass die Selbstanzeige so ausgestaltet sein werde, dass die Fälle nicht nur noch von Spezialkanzleien betreut werden könnten.

Die CDU/CSU-Fraktion warf der Linksfraktion vor, den Nutzen der Selbstanzeige zu verkennen. Bei der Selbstanzeige würden viele Sachverhalte aufgedeckt werden, die sonst nicht ans Licht kommen würden. Verschärfungen der Bestimmung seien richtig, dürften aber nicht zu einer "Quasi-Abschaffung" der Möglichkeit der Selbstanzeige führen, wurde von der CDU/CSU-Fraktion gewarnt. Ohne Selbstanzeige würde der Staat in vielen Fällen nicht an die hinterzogenen Steuern kommen.

Auch die SPD-Fraktion ging davon aus, dass ohne die Möglichkeit der Selbstanzeige viele fälle von Steuerhinterziehung unentdeckt bleiben würden. Solange es nicht genug Personal bei den Finanzbehörden gebe, werde die Selbstanzeige gebraucht.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprach sich auch gegen den Antrag der Linksfraktion aus. Die von den Finanzministern beratene Untergrenze von 50.000 Euro wurde als zu hoch kritisiert. Man müsse berücksichtigen, welche Mengen an Kapital vorhanden sein müssten, um 50.000 Euro Zinsen zu hinterziehen. Die Fraktion verlangte, das Entdeckungsrisiko für Steuerhinterzieher müsse erhöht werden.

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2. Pfeiffer rügt Kürzung des Bundeszuschusses

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/PK) Das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Gesetz zur Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung wird vom GKV-Spitzenverband mit Einschränkungen positiv gesehen. Wie die Vorstandsvorsitzende des Verbandes, Doris Pfeiffer, am Mittwoch im Gesundheitsausschuss sagte, führt die neue Finanzstruktur zu deutlich weniger Verwaltungsaufwand. Problematisch sei allerdings die von der Regierung geplante Kürzung des Bundeszuschusses an die Krankenversicherung.

Dem Gesetzentwurf zufolge, der Ende März das Kabinett passierte, soll der Beitragssatz in der GKV ab 2015 von jetzt 15,5 auf 14,6 Prozent sinken, jeweils zur Hälfte getragen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Der bisher allein von den Versicherten gezahlte Sonderbeitrag von 0,9 Prozent des Einkommens entfällt. Dafür können die Kassen individuelle Zusatzbeiträge erheben, die auch vom Einkommen abhängig sind. Somit werden sich die Krankenkassenbeiträge künftig unterscheiden, je nachdem, wie hoch der Zusatzbeitrag ausfällt. Die möglichen pauschalen Aufschläge für die Versicherten fallen weg.

Pfeiffer rechnet damit, dass praktisch alle Kassen einen Zusatzbeitrag erheben werden. Konkret werde sich das Ende des Jahres herausstellen, wenn die Kassen ihre Haushalte aufstellten. Die finanzielle Lage der GKV sei zwar angesichts der hohen Reserven derzeit gut, bei den einzelnen Kassen stelle sich die Finanzlage aber auch sehr unterschiedlich dar, sagte die Vorstandschefin.

Seit diesem Jahr ist laut Pfeiffer eine Abnahme der Reserven in der GKV und im Gesundheitsfonds zu beobachten. Die Ausgaben überstiegen teilweise wieder die Einnahmen, was unter anderem mit den Prämienausschüttungen und der Kürzung des Bundeszuschusses zusammen hänge. Pfeiffer betonte. "Wir werden eine weitere Abschmelzung der Reserven sehen." So schlage allein der Wegfall des Sonderbeitrags von 0,9 Prozent mit rund 10,6 Milliarden Euro zu Buche.

Äußerst problematisch sei die Kürzung des Bundeszuschusses. Die Reserven seien im Moment noch komfortabel, in Zukunft müsse aber damit gerechnet werden, dass die Ausgaben stärker steigen als die Einnahmen. Über kurz oder lang reichten die Reserven nicht mehr zur Kompensation aus. Pfeiffer betonte: "Wir halten es daher für einen Fehler, den Bundeszuschuss zu kürzen." Der Bundeszuschuss solle in diesem Jahr um 3,5 Milliarden Euro und im nächsten Jahr um 2,5 Milliarden Euro reduziert werden. Ab 2017 werde der Zuschuss dann auf 14,5 Milliarden Euro steigen.

Pfeiffer warnte in dem Zusammenhang vor einer potenziellen "Beschleunigung von Beitragserhöhungen" in der Zukunft, wenn die Ausgaben weiterhin stiegen. Sie forderte eine bessere Planbarkeit. So sollte der Bundeszuschuss nicht wie derzeit von der Haushaltslage abhängig gemacht werden.

Positiv zu sehen sei der Wegfall der Regelungen zum Sozialausgleich und den Prämien, wodurch viel Verwaltungsaufwand eingespart werde. Auch die geplante Gründung eines Qualitätsinstituts sei zu begrüßen. In der Selbstverwaltung kontrovers diskutiert wird laut Pfeiffer die Frage der paritätischen Finanzierung im Gesundheitssystem. Denn wenn die Ausgaben künftig stärker stiegen als die Einnahmen, müssten das laut Gesetzentwurf die Arbeitnehmer alleine tragen, während der Arbeitgeberanteil bei 7,3 Prozent festgeschrieben sei.

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3. Energieverbrauch soll sinken

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/JOH) Um die Abhängigkeit Deutschlands von Öl- und Gasimporten mittel- und langfristig zu verringern, muss der Energieverbrauch deutlich sinken. Das machten Experten am Mittwochmittag im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in einem Fachgespräch zum Thema "Die Rolle von Gas- und Ölimporten angesichts des weiteren Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Anforderungen des Klimaschutzes" deutlich.

Abgesehen von Notfallplänen und der Bevorratung von Öl und Gas gebe wenige kurzfristige Handlungsoptionen, um die Versorgungssicherheit in Deutschland sicherzustellen, betonte Felix Matthes vom Öko-Institut e.V. Mittelfristig sei auch eine Quellendiversifizierung sinnvoll, um bei den Energieimporten nicht von einigen wenigen Ländern wie Russland oder Norwegen abhängig zu sein. Langfristig aber müsste vor allem die Energieeffizienz im Verkehrssektor und im Wärmemarkt verbessert werden, da in diesen Bereichen bisher das meiste Öl und Gas verbraucht werde. Investitionen in diese Bereichen seien für den Klimaschutz unverzichtbar und müssten bei der Umsetzung der Energiewende im Mittelpunkt stehen, forderte Matthes.

Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung verdeutlichte anhand verschiedener Zahlen die starke Abhängigkeit Deutschlands von Öl- und Gasimporten aus dem Ausland. So beziehe Deutschland 39 Prozent seines Rohöls aus Russland, 15 Prozent aus Großbritannien und zehn Prozent aus Norwegen. Erdgas importiere Deutschland zu 38 Prozent aus Russland, zu 35 Prozent aus Norwegen und zu 22 Prozent aus den Niederlanden. Der Anteil der Nettoimporte am Primärenergieverbrauch liege beim Öl bei nahezu 100 Prozent, beim Erdgas bei mehr als 80 Prozent. Zwar habe nach Angaben Kemferts der Energieverbrauch pro Kopf in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland abgenommen, jedoch seien die Potenziale bei der Verbesserung der Energieeffizienz "noch bei weitem nicht ausgeschöpft". Sie plädierte daher für eine rasche Umsetzung der Energiewende. So müssten heimische Energieträger stärker genutzt, erneuerbare Energien ausgebaut und die Herstellung eigenen Gases durch "Power to Gas"-Technologien gefördert werden. Außerdem sprach sich Kemfert für den Bau von Flüssiggasterminals in Deutschland aus. Auch wenn die Preise hierfür noch sehr hoch seien, stellten die Terminals in Zukunft eine "bedeutende Komponente" dar.

Anke Tuschek vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. betonte, dass Deutschland derzeit nicht um seine Versorgungssicherheit bangen müsse. Sie verwies aber darauf, dass Erdgas in der deutschen Volkswirtschaft "tief verwurzelt" sei. So sorge in jeder zweiten deutschen Wohnung, egal ob Neubau oder Bestand, eine Erdgasheizung für Wärme. Auf der Suche nach bezahlbaren Alternativen müsse unter anderem das Biogas stärker in den Blick genommen werden. Es habe auch eine erheblich bessere Co2-Bilanz als Erdgas. Im Bereich der "Power to Gas"-Technologie gebe es bisher nur Pilotprojekte, erläuterte Tuschek. Die Gasherstellung durch die Umwandlung regenerativ erzeugten Stroms sei aber eine effiziente und klimafreundliche Alternative zu Erdgas und eine weitere Möglichkeit, die Versorgungssicherheit künftig zu verbessern.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 171 - 2. April 2014 - 14:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2014