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BUNDESTAG/4309: Heute im Bundestag Nr. 173 - 02.04.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 173
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 2. April 2014 Redaktionsschluss: 16:30 Uhr

1. Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz
2. Chefarztverträge in der Kritik
3. Insolvenzrecht auf dem Prüfstand



1. Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) Der Haushaltsausschuss wird zum Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2014 (BR-Drucksache 101/14) eine öffentliche Anhörung durchführen. Das beschloss der Ausschuss am Mittwoch Nachmittag einstimmig.

Im Haushaltsbegleitgesetz geht es vor allem um die geplante Absenkung der Zahlung an den Gesundheitsfonds um 3,5 Milliarden Euro auf 10,5 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr sollen die Zahlungen 11,5 Milliarden Euro betragen.

Zu der Anhörung wollen die Fraktionen sechs Sachverständige einladen. Die Benennung der Sachverständigen soll durch die Fraktionen entsprechend des jeweiligen Stärkeverhältnisses der Fraktionen im Haushaltsausschuss erfolgen.

Nach bisheriger Planung soll die Anhörung am 13. Mai von 11 Uhr beginnen und zwei Stunden dauern.

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2. Chefarztverträge in der Kritik

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/PK) Die Chefarztverträge an deutschen Krankenhäusern werden weiter kritisch hinterfragt. Wie am Mittwoch eine Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss ergab, schließen immer noch viele Kliniken fragwürdige Verträge mit Chefärzten ab, was häufige Operationen zur Folge haben könnte, ohne dass in jedem Fall eine medizinische Notwendigkeit dazu besteht. Ein Vertreter von Transparency International (TI) rügte, die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Bundesärztekammer (BÄK) im vergangenen Jahr erarbeiteten vier Empfehlungen für Musterverträge seien "völlig unzureichend".

Der Gesetzgeber hatte die DKG ultimativ aufgefordert, im Einvernehmen mit der BÄK bis Ende April 2013 Empfehlungen abzugeben, um sicherzustellen, dass in den Kliniken "Zielvereinbarungen, die auf finanzielle Anreize bei einzelnen Leistungen abstellen, ausgeschlossen sind. Diese Empfehlungen sollen insbesondere die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen sichern", heißt es im novellierten Paragrafen 136a SGB V. Die vier Empfehlungen sind inzwischen in Musterverträge eingegangen. Halten sich die Kliniken nicht daran, werden die kritischen Abweichungen öffentlich gemacht.

Der TI-Experte monierte, der Gesetzgeber habe "den Bock zum Gärtner gemacht". Für die DKG stünden die wirtschaftliche Interessen weit im Vordergrund. Somit gebe es "großes Verführungspotenzial", die Chefärzte anzureizen, Dinge zu tun, "die nicht unbedingt dem Wohl des Patienten dienen".

Der DKG-Vertreter gab zu Bedenken, dass es "ein gesetzliches Wirtschaftlichkeitsgebot für Krankenhäuser" gebe. Der Gesetzgeber habe aber vorgegeben, Einzelleistungen in den Verträgen nicht mehr vorzusehen. Die Klinikberichte des Jahres 2013 würden im Januar 2015 veröffentlicht. Einzelleistungsverträge müssten dann dort auftauchen. Daher sei es sinnvoll, bis dahin abzuwarten und zu sehen, ob aufgrund der Empfehlungen "das Ganze funktioniert". Sollte sich schon früher erweisen, dass es nicht funktioniere, könne auch schon vorher über Veränderungen gesprochen werden, um auszuschließen, dass die gesetzlichen Ziele umgangen werden.

Ein Vertreter des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte (VLK) berichtete, Anfang 2013 sei eine Koordinierungsstelle gegründet worden, in der angeboten werde, alte und neue Chefarztverträge zu überprüfen. Bisher seien 41 Verträge durchgesehen worden, darunter 30 Neuverträge. Es habe sich gezeigt, dass "eine Reihe von Klinikträgern" die Empfehlungen "munter" ignorierten und nach wie vor auf "Einzelleistungssteigerung" abzielten. Andere hätten eine Umgehungsstrategie eingeschlagen. Der VLK-Vertreter sprach sich dafür aus, die Empfehlungen punktuell anzupassen.

Die Bundesärztekammer ist bereit, mit der Krankenhausgesellschaft sofort in Nachverhandlungen einzutreten, wie ihr Vertreter im Ausschuss sagte. Es gebe vereinzelt Chefarztverträge, wo sogar von einem Bonus für bestimmte "Stückzahlen" bei Operationen die Rede sei. Dies stehe im Widerspruch zur Intention des Gesetzgebers. Der BÄK-Vertreter sprach sich dafür aus, die Empfehlungen "nachzuschärfen".

In den deutschen Krankenhäusern arbeiten rund 10.000 Chefärzte, die üblicherweise neben einem Festgehalt noch Bonuszahlungen erhalten sowie die Möglichkeit, bestimmte Zusatzleistungen extra abzurechnen. Chefärzte verdienen nach Schätzungen pro Jahr rund 280.000 Euro inklusive Boni und Privatliquidation.

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3. Insolvenzrecht auf dem Prüfstand

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (Anhörung)

Berlin: (hib/KOS) Auf ein differenziertes Echo bei den Sachverständigen stießen am Mittwoch Pläne der Regierung für ein besseres Management von Pleiten bei Konzernen mit mehreren Tochtergesellschaften. Im Prinzip fand ein Gesetzentwurf (18/407), der über die Benennung eines allein zuständigen Gerichtsstands und die Berufung möglichst nur eines Verwalters solche oft schwierigen Insolvenzverfahren effizienter organisieren und so teure Reibungsverluste vermeiden will, weithin Zustimmung. Allerdings äußerten die Experten in ihren Erklärungen wie in ihren schriftlichen Stellungnahmen Kritik an Details, die verbesserungsbedürftig seien. Gefordert wurde vor allem eine engere Verzahnung des Insolvenzrechts mit dem Steuerrecht.

Grundsätzliche Zweifel an der Notwendigkeit, Konzerninsolvenzen neu zu regeln, äußerte Frank Frind. Der Gesetzentwurf enthalte, so der Hamburger Insolvenzrichter, kein einziges Beispiel für schiefgelaufene Konzerninsolvenzen, die auf die bisherige Praxis zurückzuführen seien. Die mit der Benennung eines Gerichtsstands und der Berufung von Insolvenzverwaltern verbundenen Probleme seien bislang "hervorragend bewältigt" worden. Aus Sicht Frinds hat es sich bewährt, mit der Abwicklung von Pleiten Gerichte vorrangig an jenen Orten zu betrauen, an denen sich der wirtschaftliche Mittelpunkt des betroffenen Unternehmens befinde. So sei etwa der Fall "Quelle" nicht in Nürnberg, sondern in Essen bearbeitet worden. Im Übrigen könne es sogar sinnvoll sein, je nach Konzernstruktur verschiedene Insolvenzverwalter zu bestellen.

Seine Forderung, Insolvenz- und Steuerrecht besser zu verzahnen, begründete der Hamburger Anwalt und Steuerberater Günter Kahlert mit folgendem Beispiel: Wenn eine Konzernmutter in die Pleite schlittere, eine Tochterfirma aber weiterhin wirtschaftlich gesund sei, dann sei die Rettung dieses Tochterbetriebs sehr schwierig, da er steuerlich für das Mutterunternehmen hafte. Auch Christoph Niering plädierte dafür, die steuerlichen Aspekte einer Konzerninsolvenz besser zu regeln. Gerade die steuerlichen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Unternehmensgesellschaften könnten die Sanierung eines Konzerns gefährden, so der Vorsitzende des Verbands der Insolvenzverwalter. Was die Abwicklung von Insolvenzverfahren angehe, so hätten sich die Verwalter auch bislang schon helfen können, doch sei dies oft "am Rande des Erlaubten" geschehen. Deshalb begrüßte es Niering, dass nun eine solide gesetzliche Basis geschaffen werden solle. Insolvenzverfahren solle man bei jenen Gerichten konzentrieren, die diesen Aufgaben personell und sachlich gewachsen seien.

Für den Deutschen Anwaltverein setzte sich Klaus Pannen dafür ein, die Benennung eines einheitlichen Gerichtsstands nicht nur zu erleichtern, sondern verbindlich vorzugeben. Auch wenn die Berufung nur eines Insolvenzverwalters in der Praxis häufig sinnvoll sei, so wandte sich Pannen in diesem Punkt gegen eine verpflichtende Regelung, da Konzerne sehr unterschiedlich gestaltet sein könnten. Begrüßt wurde der Gesetzentwurf von Manja Schreiner vom Zentralverband des Deutschen Handwerks. Positiv zu bewerten sei, dass die verschiedenen Insolvenzverwalter zu einer besseren Kooperation angehalten würden, so es nicht zur Bestellung eines allein zuständigen Verwalters komme. Der Gesetzentwurf stelle einen "praxistauglichen Vorschlag zur Behebung der Schwierigkeiten im Umgang mit Insolvenzen im Konzernkontext" dar.

Aus Sicht des Hamburger Rechtsanwalts Nils G. Weiland kann im Fall von Konzerninsolvenzen die Berufung verschiedener Verwalter zweckmäßiger und wegen möglicher Interessenkonflikte sogar geboten sein. Die "pauschale Vermutung", die Benennung eines einzigen Verwalters sei sinnvoll, sei keineswegs immer zutreffend. Andrej Wroblewski vom IG-Metall-Vorstand pochte darauf, die Interessen der Belegschaften bei Unternehmenspleiten zu wahren. Es solle klar geregelt werden, dass das Mandat eines Konzernbetriebsrats auch nach der Eröffnung von Insolvenzverfahren fortbestehe.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 173 - 2. April 2014 - 16:30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2014