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BUNDESTAG/4745: Heute im Bundestag Nr. 610 - 27.11.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 610
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 27. November 2014, Redaktionsschluss: 15.25 Uhr

1. Strenge Datenkontrolle
2. Neue Schienenbahnen vom EEG ausgenommen
3. Grüne wollen gleiches Recht für alle Paare
4. Linke: Polizeimission in Ukraine beenden
5. Neue Arbeitskräfte für Finanzkontrolle
6. Solidaritätszuschlag und Einkommensteuer



1. Strenge Datenkontrolle

1.Untersuchungssausschuss (NSA)

Berlin: (hib/KOS) Die Kontrolle von "G-10-Daten" werde beim Bundesnachrichtendienst (BND) strenger gehandhabt als dies nach den Maßstäben des Datenschutzes üblich sei: Mit diesen Worten betonte Stefan Burbaum am Donnerstag vor dem zur Durchleuchtung des NSA-Spähskandals eingesetzten Untersuchungsausschuss zum Auftakt der Zeugenvernehmungen das Bemühen des BND, Informationen über Bundesbürger, an die der Auslandsgeheimdienst gelangt, unverzüglich zu löschen und in keiner Weise zu nutzen. Burbaum war zwischen 2002 und 2005 beim BND als "G-10-Jurist" für alle rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem von Artikel 10 des Grundgesetzes garantierten Fernmeldegeheimnis zuständig. Daten, die diesem Schutz unterliegen, werden als G-10-Daten bezeichnet. Abgeordnete der Opposition äußerten Zweifel an den Beteuerungen des Zeugen.

Der Ausschuss hat die Aufgabe, die massenhafte Ausforschung der Telekommunikation von Millionen Deutschen durch den US-Nachrichtendienst NSA und andere ausländische Dienste zu erhellen. Dabei sollen die Parlamentarier auch prüfen, ob hiesige Geheimdienste in diese Affäre verwickelt sind. Dem BND ist es untersagt, Daten über Bundesbürger, die im Rahmen seiner Auslandsaufklärung als "Beifang" anfallen, an die USA oder an andere Staaten zu übermitteln - etwa bei der inzwischen beendeten Kooperation mit der NSA bei der Satellitenausspähung in Bad Aibling oder beim Anzapfen von Internet-Glasfaserkabeln in Frankfurt. Die Beachtung von Artikel zehn des Grundgesetzes durch den BND wird von der G-10-Kommission des Bundestags kontrolliert, die auch Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis genehmigen muss.

Am Beispiel des Abschöpfens von Glasfaserkabeln erläuterte Burbaum die G-10-Praxis des BND. Sofern eine Genehmigung der G-10-Kommission vorliege, sei ein Telekommunikationsanbieter verpflichtet, die vom BND ausgewählten Datenstränge zu "doppeln" und auf BND-Rechner zu leiten. Dann würden mit Hilfe von Suchbegriffen in einem "kaskadenartigen Selektionsprozess" Informationen über "Grundrechtsträger", also über Deutsche, aussortiert und vor Ort gelöscht. Die verbleibenden Daten werden laut dem Zeugen routinemäßig auf verwertbare nachrichtendienstliche Erkenntnisse überprüft. Der jeweilige Übergabepunkt, bei dem die Kopie der Datenstränge vom Netzbetreiber zum BND gelange, werde "maximal abgesichert": Dem Telekommunikationsanbieter gehe es um den Schutz seiner Kunden, und der BND wolle Zugriffe anderer Geheimdienste abwehren: "Da darf niemand anders dran."

Burbaum sagte, beim BND würden G-10-Daten "als etwas besonders Schützenswertes" eingestuft, mit diesem Thema seien nur "spezielle Leute" befasst. Der G-10-Beauftragte sei dem BND-Präsidenten direkt zugeordnet. Nach den Worten des Zeugen muss die G-10-Kommission die Suchbegriffe genehmigen, mit deren Hilfe der BND aus Datenströmen G-10-Daten ausfiltere und den verbleibenden Rest nach verwertbarem Material durchsuche. Zudem präsentiere der BND diesem Bundestagsgremium die technischen Filtersysteme, die zur Eliminierung von G-10-Daten eingesetzt werden. Sobald bei einer Kommunikation wie einem Telephonat oder einem e-mail-Austausch ein Teilnehmer ein Deutscher sei, wird dieser Vorgang laut Burbaum als G-10-Datum gelöscht - unabhängig davon, wo sich diese Kommunikation abspielt, ob in Deutschland oder im Ausland.

Kritik an Burbaums These, wegen des frühzeitigen Aussortierens von G-10-Daten könne man nicht davon sprechen, dass Informationen über Grundrechtsträger gespeichert, erfasst oder gepuffert würden, äußerte die Opposition. André Hahn von der Linken betonte, beim Anzapfen von Glasfaserkabeln gelange der ausgewählte Datenverkehr als Kopie zunächst vollständig inclusive der G-10-Daten vom Netzbetreiber zum BND und damit unter dessen "Hoheit". Burbaum konterte, nach der Übergabe seien die Datenströme noch "im Fluss". In dieser Phase würden die G-10-Daten ausgefiltert und "unmittelbar" gelöscht, und erst nach dieser "Vorreduzierung" der Datenmenge werde der Rest gespeichert.

Nach Meinung des Zeugen kann auch keine Rede von einer "massenhaften" Datenerfassung durch den BND sein - allein schon deshalb nicht, weil man aufgrund der G-10-Auflagen nur 20 Prozent der ausgewählten Datenströme bearbeiten dürfe. Konstantin von Notz (Grüne) indes kritisierte, dass der Bezugspunkt für die Berechnung des 20-Prozent-Limits die maximale Übertragungskapazität eines Datenstrangs sei. Werde ein solches Kabel aber nur zu zehn Prozent genutzt, so könne der BND auf diesen Datenstrom zu hundert Prozent zugreifen.

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2. Neue Schienenbahnen vom EEG ausgenommen

Wirtschaft und Energie/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Neu in den Markt eintretende Schienenbahnen sollen angesichts der Besonderheiten des Marktzugangs von den "Besonderen Ausgleichsregelungen" nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ebenso profitieren können wie Schienenbahnen, die bereits Verkehrsdienstleistungen erbringen. Diese bisher nicht gegebene Möglichkeit sieht der von den Koalitionsfraktionen Fraktionen CDU/CSU und SPD gemeinsam eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (18/3321) vor. Anlass dieser geplanten Gesetzesänderung ist die von der EU-Kommission vor dem Hintergrund des europäischen Wettbewerbsrechts nicht genehmigte Anwendung der Besonderen Ausgleichsregelung für Schienenbahnen. Die Vergünstigung für bestehende Schienenbahnen hätte eine Markteintrittsbarriere für neue Schienenbahnen bedeutet, die an öffentlichen Ausschreibungen im Nahverkehr erstmals teilgenommen hätten. Diese Bedenken sollen mit dem Gesetzentwurf ausgeräumt werden, heißt es.

Wie die Fraktionen in der Begründung des Gesetzentwurfs schreiben, sollen daher Schienenbahnen bevor sie tatsächliche Stromverbrauchsmengen vorweisen können (also vor Aufnahme des Fahrbetriebs) bereits Anträge auf Anwendung der Besonderen Ausgleichsregelung stellen können. Die Antragstellung soll auf Basis prognostizierter Stromverbrauchsmengen für das Jahr der Aufnahme des Fahrbetriebs erfolgen.

Wie die Fraktionen erläutern, werden im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) Verkehrsleistungen üblicherweise über Ausschreibungen meist öffentlich-rechtlicher Verkehrsträger vergeben. Zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember nehme die Schienenbahn, der der Verkehrsdienstleistungsauftrag zugeschlagen worden sei, den Fahrbetrieb auf der betreffenden Strecke auf. Nach der schon bisher bestehenden Regelung für neugegründete Schienenbahnen könne sie dann erst im folgenden Jahr bis zum 30. September einen Antrag auf Begrenzung der EEG-Umlage stellen, und zwar auf Grundlage der bis dahin tatsächlich verbrauchten Stromverbrauchsmengen des Rumpfgeschäftsjahres. Sie könne dann die Begrenzung ab dem 1. Januar des auf die Antragstellung folgenden Jahres erhalten. Die Schienenbahn müsse also für gut zwölf Monate die EEG-Umlage in voller Höhe bezahlen, die entsprechenden Mehrkosten müsse sie bereits bei der Angebotserstellung für das Vergabeverfahren einkalkulieren. Daher würde eine Schienenbahn, die bisher keine Verkehrsdienstleistungen erbringe und sich erstmals um eine Strecke bewerbe, ein entsprechend teureres Angebot abgeben als eine Bahn, die bereits Verkehrsdienstleistungen erbringe. Eine bestehende Bahn würde bereits über eine Begrenzungsentscheidung verfügen, die sie ab Aufnahme des Fahrbetriebs sofort auch für die ausgeschriebene Verkehrsleistung nutzen könnte, woraus ihr ein Wettbewerbsvorteil erwachsen könne.

Ohne die Gesetzesänderung müssten alle Schienenbahnen ab 1. Januar 2015 die EEG-Umlage in voller Höhe bezahlen. Dies hätte massive Auswirkungen auf die Höhe der Fahrpreise im Schienenverkehr und auf den Wettbewerb im gesamten Verkehrssektor, schreiben die Fraktionen von CDU/CSU und SPD.

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3. Grüne wollen gleiches Recht für alle Paare

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PK) Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sollte nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auch nicht verheirateten Paaren die Kosten für eine künstliche Befruchtung anteilig erstatten. Solche Paare dürften bei der Chance auf Elternschaft nicht benachteiligt werden, schreiben die Abgeordneten und verlangen in einem Gesetzentwurf (18/3279) eine Änderung der sozialgesetzlichen Bestimmung.

Im Jahr 2012 seien in Deutschland 10.909 Kinder nach künstlicher Befruchtung geboren. Laut Gesetz hätten derzeit lediglich verheiratete Paare einen Anspruch darauf, dass ein Teil der Kosten für eine künstliche Befruchtung übernommen werde. Das Landgericht Berlin-Brandenburg habe in einer Entscheidung vom 13. Juni 2014 festgestellt, dass die gesetzlichen Krankenkassen auch nicht freiwillig die Kosten einer künstlichen Befruchtung übernehmen dürften. Das Bundesverfassungsgericht habe allerdings schon 2007 darauf hingewiesen, dass es dem Gesetzgeber freistehe, die Voraussetzungen für die Gewährung solcher Leistungen näher zu bestimmen.

Wie die Grünen-Fraktion schreibt, erhielten mit der gesetzlichen Neufassung künftig "neben verheirateten auch verpartnerte sowie nicht formalisierte Paare für Maßnahmen der homologen oder heterologen künstlichen Befruchtung einen gesetzlichen Anspruch auf partielle Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung".

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4. Linke: Polizeimission in Ukraine beenden

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO ) Die Fraktion Die Linke dringt auf ein Ende der deutschen Beteiligung an der EU-Polizeimission in der Ukraine. In einem Antrag (18/3314) fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, "sämtliche im Rahmen der EU-Mission EUAM Ukraine eingesetzten Angehörigen der Bundespolizei sofort aus der Ukraine abzuziehen" und keine weiteren Bundespolizisten in der Mission einzusetzen. Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion "jegliche materielle, logistische, personelle, finanzielle und politische Unterstützung für die EU-Mission" einstellen und sich auf EU-Ebene für deren Ende einsetzen.

Wie die Abgeordneten in der Vorlage ausführen, hat die Bundesregierung ihre Bereitschaft erklärt, sich mit bis zu 20 zivilen Experten sowie Polizisten des Bundes und der Länder an einer Polizeimission der Europäischen Union in der Ukraine zu beteiligen. Mit der Mission würden deutsche Polizisten in eine militärische Auseinandersetzung hineingezogen und "Teil einer Bürgerkriegspartei, die im Kampf gegen eine andere steht", schreibt die Fraktion.

An der friedlichen Beilegung des Konflikts "sollte sich die Bundesregierung gemeinsam mit der Ukraine, der Russischen Föderation, der EU und anderen Partnern beteiligen. Das gebietet aber ein Mindestmaß an Neutralität, das die Bundesregierung im bisherigen Konfliktverlauf nicht gezeigt hat", heißt es in dem Antrag weiter. Sie habe "damit zur Eskalation beigetragen". Auch die EU-Mission sei "getragen von einer einseitigen Schuldzuweisung an die Aufständischen, ohne Verantwortlichkeiten auf Seiten der Regierung in Kiew zu benennen, deren Kräfte nach Einschätzung zahlreicher Beobachter für Kriegsverbrechen verantwortlich sind".

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5. Neue Arbeitskräfte für Finanzkontrolle

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Dem Arbeitsbereich "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" (FKS) werden vom kommenden Jahr an jährlich zum 1. August nach Abschluss der Ausbildung 320 Arbeitskräfte zugeteilt. Damit würden bis zum Jahr 2019 die erforderlichen Ressourcen zugeführt, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (18/3264) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3119). Aktuell würden der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die zum Zoll gehört, 6.869 Stellen zur Verfügung stehen.

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6. Solidaritätszuschlag und Einkommensteuer

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um die Integration des Solidaritätszuschlages in die Einkommensteuer geht es in einer kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3226). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung unter anderem erfahren, ob eine vollständige Integration des Solidaritätszuschlages in den Einkommensteuertarif zu Mehrbelastungen für einzelne Steuerpflichtige führen würde. Außerdem geht es in der Kleinen Anfrage um das Verhältnis von Kindergeld, Kinderfreibetrag, Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 610 - 27. November 2014 - 15.25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. November 2014