Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/4808: Heute im Bundestag Nr. 009 - 09.01.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 009
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 09. Januar 2015, Redaktionsschluss: 14.20 Uhr

1. Verlängerung des Türkei-Einsatzes
2. Deutsche Unterstützung für Nigeria
3. Aktivitäten fremder Geheimdienste
4. Staatenimmunität vor italienischer Justiz
5. Parlamentswahl in Moldau



1. Verlängerung des Türkei-Einsatzes

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Bundeswehr soll sich ein weiteres Jahr am Luftverteidigungseinsatz der Nato in der Türkei zum Schutz vor Angriffen aus Syrien beteiligen. Ein entsprechender Antrag der Bundesregierung (18/3698) steht in der kommenden Woche auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

Der Auftrag der Mission "Active Fence" bestehe unverändert in der Verstärkung der integrierten Luftverteidigung an der Grenze zu Syrien und diene damit dem Schutz der türkischen Bevölkerung und des türkischen Territoriums vor Angriffen aus dem benachbarten Bürgerkriegsland. Der Einsatz erfolgt auf Ersuchen des Nato-Partners Türkei und auf der Grundlage des Rechts der kollektiven Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der UN-Charta. Er ziele jedoch nicht auf die "Einrichtung oder Überwachung einer Flugverbotszone über syrischem Territorium", wie die Bundesregierung betont: "Die bodengebundene Luftverteidigung wird nicht in den syrischen Luftraum hineinwirken." Das Mandat ist laut Antrag bis zum 31. Januar 2016 befristet, zum Einsatz kommen sollen bis zu 400 Soldaten. Die Kosten des Einsatzes beziffert die Bundesregierung auf 20,5 Millionen Euro.

Die Bundesregierung betrachtet die Lage in der Region mit großer Sorge. "Die Türkei ist der durch den Syrien-Konflikt sowie den Kampf gegen die Terrormiliz ISIS im Irak und in Syrien am stärksten betroffene NATO-Partner. In der Türkei haben über 1,5 Millionen Flüchtlinge Zuflucht gefunden, sie werden dort versorgt und geschützt." Die türkische Regierung habe bislang besonnen auf Zwischenfälle an der syrisch-türkischen Grenze reagiert und von militärischen Alleingängen abgesehen. Die Verstärkung der Integrierten NATO-Luftverteidigung in der Türkei sei eine ausschließlich defensive Maßnahme, die als Mittel militärischer Abschreckung verhindern soll, dass sich der Konflikt von Syrien auf die Türkei ausweitet.

*

2. Deutsche Unterstützung für Nigeria

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die nigerianische Regierung bekennt sich zu Rechtsstaat und Menschenrechten; bei der Umsetzung internationaler Verpflichtungen kommt es nach Darstellung der Bundesregierung aber zu Verzögerungen. Wie es in ihrer Antwort (18/3664) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen heißt, seien in den Großstädten des Landes Meinungs- und Pressefreiheit, Religions-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit weitgehend gewährleistet, Menschenrechtsverletzungen würden von der Zivilgesellschaft und den Medien regelmäßig kritisiert. Die Arbeitsbedingungen für Journalisten seien jedoch außerhalb urbaner Zentren oft schwierig, ihre Arbeit werde auch von den Sicherheitskräften behindert.

Die Menschenrechtssituation sei insbesondere im Norden Nigerias und in Folge der Übergriffe der islamistischen Terrorgruppe "Boko Haram" aber auch der Sicherheitskräfte angespannt und verschlechtere sich. Seit Erklärung des Ausnahmezustands in drei Bundesstaaten, in denen "Boko Haram" vor allem agiere, gingen die Sicherheitskräfte mit großer Härte gegen diese vor. Menschenrechtsverletzungen durch exzessive Gewalt, insbesondere durch "Boko Haram", seien verbreitet. Übergriffe der Sicherheitskräfte würden bisher nur selten strafrechtlich verfolgt. Die Zahl extralegaler Tötungen durch Sicherheitskräfte im ganzen Land werde von der Nigerianischen Menschenrechtskommission auf 2.500 im Jahr geschätzt.

Zwar werde die Religionsfreiheit von der Verfassung gewährleistet. "Allerdings ist sie de facto durch den terroristischen Islamismus wesentlich beeinträchtigt. In den von 'Boko Haram' eingenommenen Gebieten im Nordosten berichten Augenzeugen und Repräsentanten der verschiedenen christlichen Denominationen von systematischen Zerstörungen von Kirchen, Zwangsislamisierung, Tötung oder Vertreibung von Christen", schreibt die Bundesregierung. In Anwendung der Sharia würden zudem in den zwölf nördlichen Bundesstaaten von Gerichten Körperstrafen verhängt, Todesstrafen und Amputationen würden dort jedoch nicht vollstreckt.

In ihrer Propaganda habe die "Boko Haram" wiederholt Bezug auf den IS genommen. "Einen Anschluss oder Treueschwur hat es bisher jedoch nicht gegeben", schreibt die Bundesregierung. Auch Informationen zu Beziehungen zur somalischen Al-Schabab lägen nicht vor. "Boko Haram" finanziere sich vornehmlich durch kriminelle Aktivitäten, etwa Lösegeldzahlungen und Überfälle - auch in den Nachbarländern Kamerun, Niger und Tschad. Durch die Ausrufung eines "Kalifats" versuche "Boko Haram" seinen Einflussraum zu konsolidieren, sich staatliche Funktionen anzumaßen und seine Terrorherrschaft religiös zu legitimieren.

"Die Bundesregierung weist in allen bilateralen Gesprächen, die Sicherheits- und Menschenrechtsfragen berühren, die nigerianische Seite darauf hin, dass der Terrorismus von 'Boko Haram' mit einem ganzheitlichen Ansatz bekämpft werden muss, und dass die nigerianische Regierung neben der rein militärischen Bekämpfung Programme entwickeln und umsetzen muss, die auch die wirtschaftlichen, sozialen und interreligiösen Probleme und die grundlegenden Probleme des nigerianischen Bildungssystems angehen", heißt es weiter.

Deutschland unterstütze Nigeria zudem im Rahmen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit den Schwerpunkten Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und erneuerbare Energien beziehungsweise Energieeffizienz. Der Fokus liege auf den Herausforderungen der Armutsbekämpfung, des Wirtschaftswachstums und des Klimaschutzes. Für 2015 seien dafür insgesamt rund 17 Millionen Euro vorgesehen. Die Bundesregierung plant zudem, Nigeria durch Kooperation im Bereich Polizeizusammenarbeit (unter anderem. Tatortsicherung, Forensik, Menschenrechtsschulung) und Grenzverwaltung im Kampf gegen "Boko Haram" zu unterstützen. Der Beginn eines entsprechenden Projekts im Bereich Grenzverwaltung sei im Frühjahr 2015 geplant. Vorgesehen sei darüber hinaus ab Anfang 2015 die Förderung eines Projektes zur psycho-sozialen Betreuung von Opfern von "Boko Haram". Die Betreuung soll rund 10.000 Menschen zu Gute kommen, die in Vertriebenenlagern leben.

*

3. Aktivitäten fremder Geheimdienste

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob und gegebenenfalls welche Liegenschaften in Deutschland, die sie aufgrund des NATO-Truppenstatuts und des Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut den Streitkräften ausländischer Staaten überlassen hat, durch amerikanische oder britische Nachrichtendienste oder Nachrichtendienste anderer NATO-Länder mitgenutzt werden. Wie sie in ihrer Antwort (18/3538) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3165) schreibt, überlässt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nach dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut Liegenschaften "ausschließlich der Truppe einer Vertragspartei und deren zivilem Gefolge (Artikel I des NATO-Truppenstatutes - NTS) sowie den der Truppe gleichgestellten Organisationen (Unterzeichnungsprotokoll zu Artikel I Absatz 1 Buchstabe a NTS) zur Erfüllung ihres Verteidigungsbedarfs".

Der Bundesregierung sei ebenfalls nicht bekannt, dass für amerikanische oder britische Nachrichtendienste kabelgebundene Telekommunikationsverbindungen existieren. "Nach Kenntnis der Bundesregierung haben amerikanische oder britische Nachrichtendienste keine Richtfunkstrecken beantragt."

Zur Frage nach Liegenschaften in Deutschland, die von Geheimdiensten der USA oder Großbritanniens genutzt werden, schreibt die Bundesregierung: "Im Rahmen der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit hat der Bundesnachrichtendienst (BND) Kenntnis, dass amerikanische und britische Nachrichtendienste Verbindungselemente in diplomatischen Einrichtungen unterhalten." Weitere Informationen zu dieser Frage könnten nicht beziehungsweise nicht offen mitgeteilt werden, "weil sie unter dem Aspekt des Schutzes der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern besonders schutzbedürftig sind", schreibt die Bundesregierung.

*

4. Staatenimmunität vor italienischer Justiz

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Italien bleibt nach Auffassung der Bundesregierung völkerrechtlich verpflichtet, ein Urteil des Internationalen Gerichtshofes vom 3. Februar 2012 zur Staatenimmunität im Zusammenhang von Entschädigungsklagen von NS-Opfern zu befolgen. Eine anderslautende Entscheidung des italienischen Verfassungsgerichtshofs vom Oktober vergangenen Jahres ändere nichts an der Feststellung des Internationalen Gerichtshofes über Inhalt und Reichweite der der Bundesrepublik Deutschland zustehenden Staatenimmunität vor italienischen Gerichten, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/3492) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3333).

Die Abgeordneten hatten darin darauf hingewiesen, dass das italienische Verfassungsgericht in seiner Entscheidung NS-Opfern wieder die Möglichkeit eröffnet habe, Entschädigungsklagen gegen Deutschland zu führen. Ein Gesetz, das Deutschland vor solchen Klagen schützen sollte und italienischen Gerichten die Zuständigkeit für diese entzogen habe, sei für verfassungswidrig erklärt worden.

Die Bundesregierung argumentiert, dass zum Zweck der Zahlung von Entschädigungen für NS-spezifisches Unrecht an einzelne Empfänger das "Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über die Regelung gewisser vermögensrechtlicher, wirtschaftlicher und finanzieller Fragen vom 2. Juni 1961" ('Globalabkommen') geschlossen worden sei. In dessen Artikel 2 habe die italienische Regierung erklärt "dass alle Ansprüche und Forderungen der Italienischen Republik oder von italienischen natürlichen oder juristischen Personen, die gegen die Bundesrepublik Deutschland oder gegen deutsche natürliche oder juristische Personen noch schweben, erledigt sind, sofern sie auf Rechte und Tatbestände zurückgehen, die in der Zeit vom 1. September 1939 bis 8. Mai 1945 entstanden sind". Die italienische Regierung würde die Bundesrepublik Deutschland wegen jeder eventuellen gerichtlichen oder jeder sonstigen Inanspruchnahme seitens italienischer natürlicher oder juristischer Personen in Bezug auf die genannten Ansprüche und Forderungen schadlos halten. In Artikel 5 jenes Vertrages von 1961 heißt es, deutsche Vermögenswerte in Italien würden zum Zwecke der Liquidation nicht mehr erfasst und nicht mehr veräußert.

Für italienische Militärinternierte und für andere Kriegsgefangene entstehe unter im Einzelnen näher bestimmten Umständen eine gesetzliche Leistungsberechtigung. In diesen Ausnahmefällen liege eine besondere, durch die nationalsozialistische Ideologie geprägte Verfolgung vor; der Kriegsgefangenenstatus trete in den Hintergrund, heißt es in der Antwort.

Alle Bundesregierungen seit 1949 seien sich ihrer Verantwortung gegenüber Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft bewusst gewesen und hätten sich nach Kräften und mit Erfolg bemüht, für das von den Nationalsozialisten begangene Unrecht zu entschädigen. Im Verhältnis zu Italien seien nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl die Frage von individuellen Entschädigungen für NS-typisches Unrecht als auch die Frage zwischenstaatlicher Reparationen für Kriegsschäden umfassend geregelt worden. In einer gemeinsamen, am 18. November 2008 veröffentlichten deutsch-italienischen Erklärung heiße es: "Zusammen mit Italien erkennt Deutschland uneingeschränkt das immense Leid an, das Italienern insbesondere bei Massakern und ehemaligen italienischen Militärinternierten zugefügt wurde, und erhält die Erinnerung daran aufrecht."

*

5. Parlamentswahl in Moldau

Auswärtiges/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Die Linke kritisiert Unstimmigkeiten bei der Parlamentswahl in der Republik Moldau im November vergangenen Jahres. Jene etwa 700.000 Moldauer, die sich zur Arbeit in Russland aufhielten, hätten nur in fünf Wahllokalen ihre Stimme abgeben können, und nur 15.000 Stimmzettel seien aus diesen Wahllokalen in der moldauischen Hauptstadt eingetroffen, schreiben die Abgeordneten in einer Kleinen Anfrage (18/3624). Zudem führen sie die Anhebung der Sperrklausel von vier auf sechs Prozent sowie die Zulassung einer "Scheinpartei" an, um dem EU-skeptischem Spektrum "wertvolle Stimmen abnehmen zu können". Wissen will die Linksfraktion unter anderem, inwieweit die Bundesregierung der Auffassung ist, dass solche Maßnahmen dazu beigetragen haben, "dass die Wahlen transparent, fair und frei verlaufen sind" und inwieweit die Bundesregierung den Verlauf der Parlamentswahlen allein schon deshalb als "erfolgreich" ansehe, weil sich die "auf Pro-EU-Kurs befindlichen Parteien PLDM, PDM und PL durchgesetzt haben und somit den auch von der Bundesregierung gewünschten 'prowestlichen' Kurs fortsetzen können".

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 009 - 9. Januar 2015 - 14.20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang