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BUNDESTAG/4819: Heute im Bundestag Nr. 020 - 14.01.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 020
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 14. Januar 2015, Redaktionsschluss: 13.45 Uhr

1. Stromsperren bleiben weiter möglich
2. Konzept gegen Alkoholsyndrom
3. Anbietertest für Atomfirma URENCO
4. Auseinandersetzungen bei Wirtschaftsprüfern



1. Stromsperren bleiben weiter möglich

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Berlin: (hib/HLE) Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat am Mittwoch zwei Anträge der Fraktion Die Linke abgelehnt, in denen die Fraktion ein Verbot von Stromsperren und bundesweit gleich hohe Netzentgelte gefordert hatte. Stromsperren durch die Versorgungsunternehmen aufgrund von Zahlungsunfähigkeit der Kunden sollten gesetzlich verboten werden, heißt es in dem Antrag (18/3408), der von der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD abgelehnt wurde. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich.

Ein Sprecher der Linksfraktion verlangte. für schutzbedürftige Kunden müsse eine Grundversorgung mit Strom jederzeit möglich sein. Die hohen Strompreise seien für Millionen Menschen in Deutschland mit geringem Einkommen eine hohe Belastung. Fast sieben Millionen Kunden seien im letzten Jahr Stromsperren angedroht worden. Die dann tatsächlich durchgeführten 344.798 Stromsperren würden einen Rekordwert bedeuten, erklärte die Fraktion, die von einem gesellschaftlichen Problem sprach. Die Stromversorgung als grundlegendes Element der Daseinsvorsorge sei durch die derzeitige Rechtslage für hunderttausende Menschen in Deutschland nicht gesichert.

Die CDU/CSU-Fraktion bezeichnete den Antrag als "völlig absurd" und als Versuch, in Eigentumsrechte einzugreifen. Die Leistungserbringer hätten ein Recht auf Bezahlung. Wie die CDU/CSU wies auch die SPD-Fraktion darauf hin, dass niemandem der Strom abgedreht werde, wenn er sich um die Sache kümmere. Sperren gebe es allenfalls als "letzte Lösung". Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte hingegen, ganz so perfekt, wie die Kritiker des Antrags die Lage darstelle, sei sie gar nicht. Die Ursachen für die Stromsperren müssten in den Blick genommen werden, forderte die Fraktion, die zudem auf die außerordentlich teuren Grundversorgungstarife hinwies. Dort würden die Kunden "abgezockt".

Abgelehnt wurde auch ein weiterer Antrag der Linksfraktion (18/3050), in dem diese bundeseinheitliche Netzentgelt für Strom gefordert hatte. Im Vergleich der Länderdurchschnitte gebe es Kostendifferenzen von 100 Prozent, hatte die Fraktion ihren Antrag begründet. So hätten Kunden in Mecklenburg-Vorpommern im Mittel 9,29 Cent Stromnetzentgelt pro Kilowattstunde bezahlt, während Kunden in Bremen nur 4,71 Cent bezahlt hätten, heißt es unter Berufung auf Angaben eines Vergleichsportals. Die Ursachen dieses Preisgefälles lägen in der regionalen Wälzung der Investitions- und Betriebskosten der Stromnetze. Die Fraktion vertrat aber den Standpunkt, dass diese Kosten von allen Verbrauchern gleichermäßig getragen werden sollten. Die Koalitionsmehrheit von CDU/CSU und SPD lehnte den Antrag ab, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich.

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2. Konzept gegen Alkoholsyndrom

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/PK) Das Ausmaß schwerer Schädigungen von Kindern durch den Alkoholkonsum von Frauen während der Schwangerschaft wird offenbar noch drastisch unterschätzt. Bei einem Expertengespräch am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages forderten die Sachverständigen aus Medizin und Praxis die Abgeordneten energisch dazu auf, dieses gravierende Problem mit geeigneter Vorbeugung, Aufklärung, Diagnose und Behandlung systematisch anzugehen.

Nach Auskunft der Experten wurde das sogenannte fetale Alkoholsyndrom (FAS) erstmals 1973 in den USA diagnostiziert und ist seither auch in Deutschland bekannt, allerdings zumeist nur in Fachkreisen, obwohl es mit konservativ geschätzt 200.000 Betroffenen hierzulande kein Randphänomen ist. In Deutschland werden jedes Jahr im Schnitt 2.000 Kinder geboren, die alle Anzeichen eines FAS zeigen und schätzungsweise rund 10.000 Kinder, die einzelne Anzeichen von FAS aufweisen.

Das FAS steht für die schwersten Formen der Schädigung eines Fötus durch Alkohol und umfasst körperliche, geistige sowie Verhaltensstörungen. Das gesamte Spektrum der vorgeburtlichen Alkoholschädigung wird mit dem Begriff Fetal Alcohol Spectrum Disorders (FASD) zusammengefasst. Diese Schädigungen sind irreparabel und bleiben ein Leben lang. Die zahlreichen Formen dieser Schädigung sind nach Angaben der Experten ausgesprochen schwer zu diagnostizieren, weshalb auffällige Kinder oft zu einer ganz anderen Krankheit oder Störung zugeordnet werden.

Viele Ärzte wollten eine solche Diagnose wegen der zahlreichen Unsicherheiten auch nicht stellen. Nur etwa ein Fünftel der Fälle werde überhaupt sofort erkannt, der Rest nicht oder erst mit Verzögerung. Die Experten sprachen von einem "absolut kritischen Zukunftsthema", weshalb Einrichtungen geschaffen werden sollten, wo Diagnose-Spezialisten ausgebildet und Behandlungen konzipiert werden könnten.

Kinder, die unter FAS oder FASD leiden, hätten große Schwierigkeiten, sich im Alltag zurechtzufinden und scheiterten oft im Leben. Es müsse davon ausgegangen werden, dass zahlreiche Betroffene in die Psychiatrie abgeschoben würden oder im Gefängnis landeten, ohne jemals therapiert worden zu sein. Bei Erwachsenen werde eine solche Diagnose bisher überhaupt nicht gestellt, obwohl natürlich viele Kinder mit FAS-Syndrom inzwischen längst erwachsen seien und immer noch Hilfe benötigten, selbst wenn sie geistig nicht zurückgeblieben sind.

Das FAS-Syndrom ist nach Aussage der Experten keineswegs auf einschlägige Milieus beschränkt. So sei das Trinkverhalten von Frauen mit einem hohen sozialen Status, guten Jobs und breiter Bildung oft ebenso problematisch wie das von Frauen aus sozial niedrigen Schichten. Das Ausmaß des Problems sei auch in den Kreisen von Kinder- und Frauenärzten, Psychologen, Erziehern und Lehrern noch gar nicht angekommen. Hinzu komme erschwerend die breite gesellschaftliche Akzeptanz von Alkohol in quasi allen Lebenslagen und die Unkenntnis darüber, dass auch eine geringe Menge Alkohol den Fötus schon schwer schädigen kann.

Nötig ist nach Ansicht der Experten eine besonders sensible Beratung der Frauen, die keinesfalls stigmatisiert werden dürfen. Auch dürfe es künftig nicht zu einer reinen Abfrage heikler Angaben kommen oder gar zu einer Art "Alkoholpolizei". Die Erfahrung zeige, dass schwangere Frauen oder Mütter mit kleinen Kindern, die nach ihrem Alkoholkonsum befragt würden, schlicht nicht die Wahrheit sagten. Die Frauen entzögen sich auf diese Weise einer möglichen Diagnose, die aber auch für die Nachsorge von entscheidender Bedeutung sei. Das Problem gehe aber nicht nur die Frauen an, sondern ebenso die Männer, die mit ihrem Trinkverhalten das ihrer Partnerinnen maßgeblich mit beeinflussten. Die Männer müssten somit "auch in die Pflicht genommen werden".

Die Experten forderten neben spezialisierten Einrichtungen auch geeignete Initiativen, um das Problem in der Bevölkerung bekannt zu machen und auf die Gefahren konkret hinzuweisen. Denkbar wären Warnbotschaften wie bei Zigaretten, Werbekampagnen oder verpflichtende Hinweise von Ärzten und Hebammen zu Beginn einer Schwangerschaft.

Die Sachverständigen waren: Prof. Dr. Hans-Ludwig Spohr, Charité Campus Virchow Klinikum; Prof. Dr. Florian Heinen, Pädiatrische Neurologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital; Gisela Michalowski, 1. Vorsitzende der FASD Deutschland e. V.; Elke Mattern, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft.

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3. Anbietertest für Atomfirma URENCO

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Mit einem Anbietertest wollen die Eigentümer der Firma URENCO, darunter auch deutsche Energiekonzerne, herausfinden, wie große das Interesse potenzieller Erwerber an Anteilen der Firma wäre. Wie die Bundesregierung in einer Antwort (18/3649) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3249) weiter mitteilt, wird sie möglichen Änderungen an der Anteilsstruktur von URENCO nur zustimmen, wenn klargestellt ist, "dass auch weiterhin nukleare Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Stabilität bei URENCO sichergestellt sind". Die Firma betreibt Urananreicherungsanlagen unter anderem in der nordrhein-westfälischen Stadt Gronau.

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4. Auseinandersetzungen bei Wirtschaftsprüfern

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung sieht keine mögliche Befangenheit von Mitarbeitern der Abteilung Sonderuntersuchungen der APAK (Abschlussprüferaufsichtskommission) gegenüber ihrem Leiter. Dies erklärt sie in ihrer Antwort (18/3648) auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3400). Darin bringt die Regierung aber auch ihre Sorge zum Ausdruck, dass die andauernden Auseinandersetzungen innerhalb des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer die Selbstverwaltung in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigen könnten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 020 - 14. Januar 2015 - 13.45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Januar 2015


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