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BUNDESTAG/4896: Heute im Bundestag Nr. 097 - 25.02.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 097
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 25. Februar 2015, Redaktionsschluss: 12.15 Uhr

1. Al-Masri: Regierung prüft Gesuch an USA
2. Privilegen für Elektrofahrzeuge
3. Ehtikrat fordert Forschungskodex
4. Terror-Strafrecht soll verschärft werden


1. Al-Masri: Regierung prüft Gesuch an USA

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Berlin: (hib/SCR) Die Bundesregierung prüft in Folge des US-Senatsberichts über das umstrittene Inhaftierungs- und Verhörprogramm der CIA nun doch ein Rechtshilfegesuch hinsichtlich internationaler Haftbefehle gegen CIA-Mitarbeiter an die USA zu stellen. Dies teilte ein Vertreter der Bundesregierung am Mittwochmorgen den Mitgliedern des Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz mit. Die US-Geheimdienstler sollen 2003 an der Verschleppung des deutschen Staatsbürgers Khaled al-Masri aus Mazedonien nach Afghanistan beteiligt gewesen sein. Das Amtsgericht München hatte entsprechende Haftbefehle bereits 2007 erlassen.

Auf Nachfragen eines Vertreters der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verteidigte der Regierungsvertreter die bisherige Zurückhaltung der Bundesregierung in dem Fall. Die USA hätten seinerzeit mit Verweis auf nationale Sicherheitsinteressen erklärt, ohnehin nicht auf eventuelle Gesuche zu reagieren. Dies habe auch das Verwaltungsgericht in Köln bestätigt, dass eine Klage al-Masris gegen das Nicht-Handeln der Bundesregierung in seinem Fall abgewiesen und der Bundesregierung einen großen Ermessensspielraum zugestanden hatte. Mit dem jetzt in Prüfung befindlichen Gesuchen an die USA könne ein "Signal" gesetzt werden, betonte der Vertreter der Bundesregierung, auch wenn keine Aussichten auf Erfüllung seitens des Vereinigten Staaten bestünden.

In Bezug auf den veröffentlichten Bericht des US-Senats berichtete ein Vertreter der Bundesregierung, dass der Generalbundesanwalt weiterhin den im Dezember veröffentlichten, geschwärzten Bericht prüfe. Strafrechtlich infrage kämen etwa Verletzungen der Paragraphen 7 (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) und 8 (Kriegsverbrechen gegen Personen) des Völkerstrafgesetzbuches. Wie lange die Prüfung andauern werde, sei nicht prognostizierbar. Der Vertreter der Bundesregierung betonte, dass noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Ein Rechtshilfegesuch an die USA, um den ungeschwärzten Bericht zu erhalten, sei daher noch nicht gestellt worden. Die USA hätten ohnehin erklärt, diesen nicht zu überstellen. Vertreter der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen erkundigten sich in diesem Zusammenhang nach der Zusammenarbeit mit Straf- und Justizbehörden etwa in Italien und Polen.

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2. Privilegen für Elektrofahrzeuge

Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

Berlin: (hib/MIK) Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hat am Mittwochvormittag mit großer Mehrheit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge (18/3418) in geänderter Fassung zugestimmt. Für die Regierungsinitiative stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD. Bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen votierte Die Linke dagegen.

Bei den Ausschussberatungen änderten die Abgeordneten, dass der Gesetzentwurf auch für elektrisch betriebene Fahrzeuge der Klasse N2 gilt, soweit sie im Inland mit der Fahrerlaubnis der Klasse B geführt werden dürfe. Damit handele es sich vor allem um elektrische betriebene Lieferfahrzeuge.

Die Bundesregierung verfolgt mit diesem Gesetzentwurf das Ziel, elektrisch betriebene Fahrzeuge zu fördern. Auf Grundlage dieses Gesetzes soll eine Verordnung zur Änderung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften erlassen werden, die zum einen eine Regelung zur Kennzeichnung privilegierter elektrisch betriebener Fahrzeuge als formale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Bevorrechtigungen schafft und zum anderen den zuständigen Behörden der Länder die Möglichkeit eröffnet, Bevorrechtigungen für elektrisch betriebene Fahrzeuge auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung einzuführen.

Die Koalition wies darauf hin, dass der Gesetzentwurf ein erster Schritt in die richtige Richtung sei. Damit würden die Kommunen in die Lage versetzt zu entscheiden, welche Privilegien die Elektrofahrzeuge erhalten sollten. Das gelte auch für die vorgesehene Möglichkeit der Nutzung der Busspuren.

Für die Linksfraktion war das Gesetz unsinnig, da es zu größten Teilen nicht in die Realität umgesetzt werde. Zudem forderten sie eine vermehrte Förderung der Forschung in Batterietechniken. Bündnis 90/Die Grünen forderten stärkere Kaufanreize für "normale" Autokäufer, die Abschreibungen nicht nutzen könnten. Sie verwiesen auf ihren Antrag (18/3912), den der Ausschuss mit großer Mehrheit ablehnte.

Über den Gesetzentwurf der Regierung und den Grünen-Antrag muss der Bundestag noch abschließend entscheiden.

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3. Ehtikrat fordert Forschungskodex

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) Diskussionen über ethische Themen haben eine hohe gesellschaftspolitische Relevanz. Das wurde allein an der Liste der Themen deutlich, die der Deutsche Ethikrat seit seiner Konstituierung im Jahr 2008 bearbeitet und in Form von Berichten und Empfehlungen veröffentlicht hat. In der Aufzählung der Vorsitzenden des Deutschen Ethikrates, Professor Christiane Woopen, vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochvormittag im Berliner Paul-Löbe Haus ging es nicht nur um die aktuelle Entscheidung zum Hirntod und der Organspende, sondern auch um die Stellungnahme zur Suizidbeihilfe, zum Geschwisterinzest, dem Bericht zur anonymen Kinderabgabe und zu künstlich erzeugten Keimzellen und Embryonen.

Der Deutsche Ethikrat besteht aus 26 Mitgliedern, die naturwissenschaftliche, medizinische, theologische, philosophische, ethische, soziale, ökonomische und rechtliche Fachgebiete in besonderer Weise repräsentieren. Zu seinen Mitgliedern gehören Wissenschaftler aus den verschiedenen Fächern sowie Personen, die in besonderer Weise mit ethischen Fragen der Lebenswissenschaften vertraut sind. Im Deutschen Ethikrat sollen unterschiedliche ethische Ansätze und ein plurales Meinungsspektrum vertreten sein. Die Mitglieder dürfen keiner Körperschaft der Länder oder des Bundes und auch nicht dem Bundestag oder der Bundesregierung angehören.

Schwerpunkt war am Mittwochvormittag das Thema Biosicherheit oder Bio-Security. Dabei geht es um die Frage: Wie soll man mit Forschung umgehen, die zum medizinischen Fortschritt oder anderen gesellschaftlich wichtigen Zielen beitragen möchte, gleichzeitig aber auch von Bioterroristen oder anderen Straftätern missbraucht werden könnte? Der Ethikrat hat im Auftrag der Bundesregierung erörtert, ob die in Deutschland geltenden rechtlichen Regelungen und die Verhaltenskodizes von Wissenschaft und Wirtschaft ausreichen, um das Missbrauchspotenzial zu minimieren und tritt für mehr bewusstseinsbildende und verantwortungsfördernde Maßnahmen sowie rechtliche Regelungen ein. Auch sprach sich Christiane Woopen dafür aus, in der Wissenschaftsgemeinschaft das Bewusstsein für Missbrauchsgefahren zu schärfen und einen bundesweit gültigen Forschungskodex für einen verantwortlichen Umgang mit missbrauchsgefährdeter Forschung zu erstellen. Außerdem solle die Förderung von biosicherheitsrelevanten Vorhaben an das Votum einer neu einzurichtenden Kommission geknüpft werden.

Die Vertreter der verschiedenen Fraktionen lobten die Arbeit der Ethikrates ausdrücklich, bedauerten aber, dass die Gutachten außerhalb einer Forschungsgemeinde in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen würden. In diesem Zusammenhang fragte der Vertreter der SPD auch, ob es wirklich richtig gewesen sei, bei der Konstituierung fest zu schreiben, dass keine Bundestagsabgeordneten im Ethikrat vertreten sein sollen. Die Linke fragte, ob die Unabhängigkeit in der Zusammensetzung auch für die Zukunft gesichert sei, auch wenn die Voten des Ethikrates bislang tatsächlich von parteipolitischer Unabhängigkeit zeugten. Die Vertreterin der CDU/CSU bezweifelte, dass gesetzliche Regelungen bei der Biosicherheit der richtige Weg seien, da darunter auch die Freiheit der Forschung leiden könnte. Der Vertreter der Grünen gab zu Bedenken, dass bei der Erarbeitung eines Forschungskodexes dieser auch in ganz Europa gelten sollte, da Missbrauch von biosicherheitsrelevanter Forschung nicht an Grenzen halt mache.

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4. Terror-Strafrecht soll verschärft werden

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/SCR) Das Terrorismusstrafrecht soll verschärft werden. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/4087) sieht vor, Reisen ins Ausland, die zum Beispiel dem Besuch eines Terrorausbildungslagers dienen, unter Strafe zu stellen. Zudem soll Terrorfinanzierung als eigenständige Norm im Strafgesetzbuch verankert werden. Der Entwurf wird am Freitag in erster Lesung im Bundestag beraten.

In Bezug auf Reisetätigkeiten sieht der Gesetzentwurf vor, künftig bereits die Ausreise aus Deutschland beziehungsweise den Versuch unter Strafe zu stellen, wenn die betreffende Person plant, im Ausland an schweren staatsgefährdenden Gewalttaten teilzunehmen oder diese vorzubereiten. Darunter fällt laut Begründung zum Beispiel, wenn sich eine Person einer Terrorgruppe in Ausland anschließen oder im Ausland ein sogenanntes Terrorcamp besuchen möchte.

Die aktuelle Gesetzeslage, die unter anderem in § 89a StGB Vorbereitungshandlungen, etwa das Sich-Ausbilden-Lassen in Terrorausbildungslagern, unter Strafe stellt, sei "im Grundsatz sowohl gut geeignet als auch hinreichend, um den aktuellen Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus zu begegnen", schreibt die Bundesregierung. Die Vorverlagerung der Strafbarkeit hin zur Reise beziehungsweise dem Versuch sei zum einen durch Resolution 2178 (2014) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen geboten, die dieses in Ziffer 6 Buchstabe a vorsehe. Zum anderen verweist die Bundesregierung auf die Gefährdung durch rückkehrende Deutsche, die sich in Syrien Terrorgruppen angeschlossen und sich entsprechend vernetzt haben.

In Bezug auf die Finanzierung des Terrorismus begründet die Bundesregierung den Handlungsbedarf mit den Empfehlungen der Financial Action Task Force der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Diese habe angeraten, sowohl die Mindeststrafbarkeit zu erhöhen als auch die bisher in § 89a Absatz Nummer 4 StgB vorgesehene Erheblichkeitsschwelle aufzuheben. Laut Begründung der Bundesregierung ist Terrorismusfinanzierung von besonderer Bedeutung und rechtfertigt daher einen "eigenständigen Straftatbestand mit einer Mindestfreiheitsstrafe". Dazu soll die bisherige Regelung in § 89a Absatz 2 Nummer 4 StgB durch einen neuen § 89c StGB ersetzt werden. In diesem werde zudem der engere Anwendungsbereich der bisherigen Regelung deutlich erweitert, "indem er nun die Finanzierung terroristischer Straftaten allgemein unter Strafe stellt", heißt es in dem Entwurf. Der Entwurf sieht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Die Regelung soll zudem einen minderschweren Fall und einen Fall geringer Schuld enthalten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 097 - 25. Februar 2015 - 12.15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2015

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