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BUNDESTAG/5269: Heute im Bundestag Nr. 469 - 23.09.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 469
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 23. September 2015, Redaktionsschluss: 15.24 Uhr

1. Menschenrechtsantrag abgelehnt
2. Deutschland ist ein Entwicklungsland
3. Grünen-Vorstoß gegen globale Armut
4. Linke: Mütter-Rente für Adoptiveltern
5. Integration von Asylsuchenden
6. Bilanz des ostdeutschen Arbeitsmarktes
7. Koalition beschließt Steueränderungsgesetz


1. Menschenrechtsantrag abgelehnt

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat einen Antrag der Fraktion Die Linke (18/5203) abgelehnt, der das Ziel hatte, deutsche Unternehmen für den Schutz der Menschenrechte stärker in die Verantwortung zu nehmen. Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lehnte der Ausschuss am Mittwoch die Forderung der Linksfraktion ab, Unternehmen, die im Ausland produzieren oder produzieren lassen, per Gesetz zu verpflichten, "menschenrechtliche und umwelttechnische Sorgfaltspflichten" einzuhalten.

Zur Begründung hatte die Linksfraktion erklärt, dass sich deutsche Unternehmen bei ihrer Tätigkeit oftmals ihrer Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen ihrer Subunternehmer entziehen würden. Außerdem kritisierte die Fraktion, dass Deutschland in der Frage der Strafbarkeit von Unternehmen in der EU eine Sonderposition einnehme. So gebe es, im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten, keine Strafverfahren bei schweren Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht oder vorsätzliches Fehlverhalten vor deutschen Gerichten. Daher forderten die Abgeordneten, in Deutschland die zivilrechtliche Haftung für Menschenrechtsverstöße auszubauen.

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2. Deutschland ist ein Entwicklungsland

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Die Post 2015-Agenda für Nachhaltige Entwicklung, die von der Staatengemeinschaft auf dem UN-Gipfel vom 25. bis 27. September 2015 in New York verabschiedet werden soll, stellt nach Ansicht aller vier Bundestagsfraktionen auch Deutschland vor große Herausforderungen. "Deutschland ist ein Entwicklungsland", konstatierten die Abgeordneten am Mittwoch in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Sie bezogen diesen Satz auf einige der 17 Ziele (Sustainable Development Goals, SDGs), die neben den Entwicklungs- und Schwellenländern erstmals auch die Industrieländer bis zum Jahr 2030 erreichen wollen. Deutschland, betonte unter anderem Carsten Träger (SPD), habe etwa beim Meeresschutz und der Verringerung von Ungleichheiten "noch einen weiten Weg zu gehen". Quer durch alle Ressorts müsse daher eine breite Diskussion darüber beginnen, wie die SDGs gleichberechtigt erreicht werden können.

Peter Meiwald (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete es als die "größte Herausforderung", mehr Kohärenz in der deutsche Politik zu gewährleisten. "Die SDGs gehen an die Substanz dessen, was in Deutschland bislang noch selbstverständlich ist, insbesondere an unsere Landwirtschaftspolitik, unsere Kohlepolitik, unseren Umgang mit Gewässern", betonte er. "Deutschland hat hier noch große Aufgaben vor sich."

Christoph von Marschall (CDU) forderte ebenfalls eine kohärente Politik, aber nicht nur im Rahmen der bereits verabschiedeten "Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie", sondern auch im Hinblick auf eine noch zu entwickelnde europäische Nachhaltigkeitsstrategie. Außerdem bezeichete er es als besondere Aufgabe der Abgeordneten, in der Öffentlichkeit die nötige Aufmerksamkeit für das Thema Nachhaltigkeit und Ebtwicklungsziele zu schaffen.

Eva Bulling-Schröter (Die Linke) merkte an, dass sich die Fraktionen im Umweltausschuss bei Debatten über die Notwendigkeit nachhaltiger Politik meistens sehr einig seien, jedoch sehe dies im Wirtschaftsausschuss oft anders aus. "Wir müssen uns gemeinsam überlegen, wie die Wirtschaftspolitiker miteinbezogen werden können, um dann auch zu gewissen Mehrheiten zu kommen", mahnte die Linken-Abgeordnete. Schließlich könne es nicht sein, dass der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung (PBnE) immer "ganz tolle Sache" beschließe, diese aber letztlich nicht umgesetzt würden.

Der PBnE betont in seiner Stellungnahme zu den globalen Zielen für eine nachhaltige Entwicklung ebenfalls, dass eine Umsetzung etwa nur durch das Entwicklungs- und Umweltressort "bei weitem" nicht ausreiche. Vielmehr müsse eine Implementierung der Nachhaltigkeitsagenda in alle Politikbereiche sichergestellt werden. Der Vorsitzende des PBnE, Andreas Jung (CDU), hob im Umweltausschuss zudem die Notwendigkeit einer Wiederbelebung der EU-Nachhaltigkeitsstrategie hervor. Dass die Europäische Union die Strategie nicht fortführen wolle, sei "ein Tiefschlag für die Nachhaltigkeitsziele", urteilte Jung.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), nannte die Verabschiedung der Post 2015-Agenda am Wochenende "historisch". Mit den 17 SDGs hätten sich die Staaten nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt, sondern sie seien auf die Herausforderungen der globalisierten Welt eingegangen. Klar sei aber auch: "Die Arbeit fängt jetzt erst an."

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3. Grünen-Vorstoß gegen globale Armut

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt von der Bundesregierung konkrete Maßnahmen zur Armutsreduzierung in Deutschland und auch weltweit. Dazu hat sie einen Antrag (18/6045) vorgelegt, in dem sie auf die UN-Nachhaltigkeitsziele verweist. Das Gipfeljahr 2015 sei eine Chance, einen echten Durchbruch für Klimaschutz und globale Gerechtigkeit zu erreichen. Klimakrise, Hunger, Armuts- und Ressourcenkriege ließen sich nicht getrennt voneinander bekämpfen, schreiben die Grünen.

Sie fordern unter anderem, die Regelsätze im Zweiten und Dritten Sozialgesetzbuch anzuheben, um das Existenzminimum zu gewährleisten. Kinder- und Jugendarmut soll vermieden werden, in dem das Kindergeld in eine Kindergrundsicherung überführt wird und kurzfristig mehr alleinerziehende Familien durch eine Verlängerung der Bezugsdauer und eine Anhebung der Altersgrenze beim Unterhaltsvorschuss vor Armut geschützt werden. Eine Garantierente für langjährig Versicherte und die Sicherung eines "angemessenen Rentenniveaus" sollen zudem Altersarmut vermeiden. Darüber hinaus soll sich die Bundesregierung dafür einsetzen, ein soziales Europa im Rahmen der EU-2020-Strategie voranzubringen und die weltweite Armut zu reduzieren, in dem sie sich für die "entwicklungsfreundliche" Ausrichtung einzelner Wirtschaftszweige wie Landwirtschaft, Handel und Fischerei stark macht.

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4. Linke: Mütter-Rente für Adoptiveltern

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke fordert, die Erziehungsleistung von Adoptiveltern bei der Mütterrente anzuerkennen. Dazu hat sie einen Antrag (18/6043) vorgelegt, der am Donnerstag, 24. September 2015, im Bundestag beraten wird. Die Linke fordert konkret, dass Adoptiveltern für den 13. bis 24. Kalendermonat nach dem Geburtsmonat des Kindes Kindererziehungszeiten zugeordnet werden können. Dies soll auch dann möglich sein, wenn den leiblichen Eltern im Rahmen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes die sogenannte Mütter-Rente für vor 1992 geborene Kinder gewährt wurde. Bezieht der so anspruchsberechtigte Adoptivelternteil bereits eine Rente, soll diese zusätzliche Kindererziehungszeit rückwirkend ab Rentenbeginn, frühestens jedoch ab 1. Juli 2014 gewährt werden, schlägt Die Linke vor.

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5. Integration von Asylsuchenden

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Für die Erfahrungen bei der Arbeitsförderung von Asylsuchenden interessiert sich die Fraktion Die Linke. Sie hat dazu eine Kleine Anfrage (18/5985) gestellt, in der sie die Bundesregierung unter anderem danach fragt, wie diese die vorhandene Netzwerkarbeit unterstützt und die Arbeit der verschiedenen Einrichtungen und Initiativen künftig stärker fördern will. Außerdem fragen die Abgeordneten nach Wartezeiten auf Sprachkurse, nach spezifischen Hürden für die Beteiligung von Frauen daran und nach Möglichkeiten der Kinderbetreuung für Asylbewerber.

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6. Bilanz des ostdeutschen Arbeitsmarktes

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke hat eine Kleine Anfrage (18/5986) zum ostdeutschen Arbeitsmarkt 25 Jahre nach der Deutschen Einheit gestellt. Darin fragen die Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem, wo diese arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf sieht, um für gleichwertige Lebensbedingungen zu sorgen. Ferner interessiert die Fraktion, wie sich das Arbeitsvolumen, die Zahl der Selbständigen und die Zahl der Weiterbildungsangebote seit 1992 entwickelt haben.

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7. Koalition beschließt Steueränderungsgesetz

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch umfangreiche Änderungen des Steuerrechts beschlossen. Dabei ging es um eine Reihe von Änderungen, die die Bundesregierung dem Bundesrat am 19. Dezember 2014 zugesichert hatte. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmte das Gremium dem von der Regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (18/4902) zu. Der Entwurf enthält Vorschläge der Länder zum Beispiel zur Schließung von Lücken im Umwandlungssteuergesetz und zur Abschaffung von Funktionsbenennungserfordernissen beim Investitionsabzugsbetrag. Außerdem geht es um die Erweiterung der ertragsteuerlichen Inlandsbegriffe auf alle der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der UN-Seerechtskonvention zustehenden Hoheitsbereiche, die Verlustabzugsbeschränkung bei Körperschaften sowie die Ausdehnung der sogenannten Konzernklausel. Ferner sind verschiedene Maßnahmen im Bewertungsrecht vorgesehen.

Außerdem beschlossen die Koalitionsfraktionen insgesamt 24 Anträge mit weiteren Änderungen, die auch den Titel des Gesetzes betreffen. Er lautet jetzt "Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 2015". Bei den Änderungen geht es unter anderem um die Verlängerung einer Regelung zu Beitragsrückstellungen der Versicherungen, die 2015 auslaufen sollte. Aufgrund der unverändert fortbestehenden Entwicklungen auf den Kapitalmärkten erfolgt jetzt eine Verlängerung bis 2017.

Noch keine Regelung gefunden werden konnte für ein Problem bei der Abwicklung offener Immobilienfonds. In diesen Fällen kann es zu einer doppelten Erhebung von Grunderwerbsteuer kommen. Die CDU/CSU-Fraktion kündigte an, dass dieses Thema in einem der nächsten Gesetzgebungsverfahren angegangen werden soll. Den Entwurf insgesamt würdigt die Fraktion als Berücksichtigung der Wünsche der Bundesländer. Die SPD-Fraktion sprach von einem gut gemachten Gesetz und hob unter anderem die Klarstellung der Umsatzsteuerfreiheit bei interkommunaler Zusammenarbeit hervor.

Die Fraktion die Linke erklärte, nur ein Teil der Maßnahmen sei begrüßenswert. Und die seien auch noch verwässert worden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte die späte Vorlage der Änderungsanträge durch die Koalitionsfraktionen. Die Fraktion fordert ein sorgfältigeres Vorgehen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 469 - 23. September 2015 - 15.24 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2015

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