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BUNDESTAG/6010: Heute im Bundestag Nr. 524 - 19.09.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 524
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 19. September 2016, Redaktionsschluss: 15.39 Uhr

1. Expertenlob für Steuerförderung
2. Unterbringung ukrainischer Asylbewerber
3. Praxis des Kirchenasyls in Deutschland
4. Finanzlage der Stiftung für HIV-Infizierte


1. Expertenlob für Steuerförderung

inanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die Einführung einer steuerlichen Förderung von Forschungsaktivitäten von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist von den meisten Experten grundsätzlich begrüßt wurden. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag zu einem von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzentwurf (18/7872) erklärte etwa der Verband der chemischen Industrie, in der Europäischen Union hätten alle Länder bis auf Estland und Deutschland eine steuerliche Forschungsförderung. Die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung sei "unerlässlich".

Nach Vorstellungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sollen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) für ihre Forschungsausgaben einen "Forschungsbonus" in Höhe von 15 Prozent ihrer Aufwendungen für Forschung und Entwicklung erhalten. Dieser Forschungsbonus solle in Form einer Steuerermäßigung gewährt werden, schreibt die Fraktion. Der Forschungsbonus soll allen Unternehmen bis 249 Mitarbeitern gewährt werden können und zusätzlich zu bestehenden Projektförderungen eingeführt werden. Die Steuermindereinnahmen durch den neuen Bonus werden von der Fraktion mit 770 Millionen Euro angegeben. Nach Ansicht der Fraktion erreicht die bisherige Innovationsförderung die Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen nicht.

Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) schloss sich dieser Argumentation an: "In Deutschland sieht das Steuerrecht keine systematische Förderung von Forschung und Entwicklung vor. Vielmehr beinhaltet es eine Reihe von Regelung, welche die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Unternehmen be- oder gar verhindern." Im Steuerrecht liege jedoch ein Hebel, um im globalen Innovationswettbewerb weitere Fortschritte zu erzielen.

Der BDI riet jedoch davon ab, die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung auf kleine und mittlere Unternehmen zu beschränken. In der Regelung würden zudem "praktische Abgrenzungs- und Missbrauchsfragen offenbar". Ähnlich argumentierte die chemische Industrie: "Damit eine steuerliche Forschungsförderung ihr volles Potenzial zur Stärkung der deutschen Volkswirtschaft entfalten kann, ist es allerdings nötig, dass Unternehmen aller Größenklassen in den Genuss einer steuerlichen Forschungsförderung kommen." Denn gerade große Unternehmen würden erheblich zur Innovationskraft unseres Landes beitragen. Diese Auffassung vertrat auch der Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Die Förderung solle unabhängig von der Steuerprogression und auch im Verlustfall gewährt werden.

Joachim Bühler vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (Bitkom) verwies auf eine stagnierende Intensität bei den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Zwar sei Deutschland im Bereich der direkten Förderung gut aufgestellt, es sei jedoch im gegenwärtigen Umfeld notwendig, zusätzliche Innovations- und Wachstumseffekte zu generieren. Vor allem für kleine Unternehmen und Start-ups sei eine Steuergutschrift mit Auszahlung im Verlustfall besonders geeignet.

Die bestehende Projektförderung sei zielgenau, erreiche aber nicht so viele Firmen, erklärte Professorin Monika Schnitzler (Ludwigs-Maximilians Universität München). Sie verwies auf die Erfahrungen anderer Länder, die mit steuerlicher Förderung wesentlich mehr Unternehmen erreichen würden. Georg Licht vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung sprach sich für Maßnahmen zugunsten von kleinen und mittleren Unternehmen aus. Während die Großunternehmen ihre Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren stark erhöht hätten, sei der Anteil bei den KMU rückläufig. Bei Einführung einer Steuerförderung könne die Zahl der forschenden KMU erhöht werden.

Dagegen erwartet Heike Belitz (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) "größere Mitnahmeeffekte" von einer steuerlichen Förderung. Es würden erhebliche Zweifel bestehen, dass die kleinen und mittleren Unternehmen durch Einführung der Steuerförderung zur Teilnahme an Forschung und Entwicklung motiviert werden könnten. "Alternativ sollte die Ausweitung der Projektförderung, vor allem des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) des Bundes in Betracht gezogen werden, um kleine und mittlere Unternehmen zu mehr Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten anzuregen", empfahl Belitz.

Bas Strathof (CPB Nederlands Bureau for Economic Policy Analysis) zeigte Defizite in der Risikokapitalfinanzierung für Deutschland auf. Andere Länder wie die Niederlande oder Großbritannien seien in der Risikokapitalfinanzierung erheblich besser aufgestellt. Er empfahl, die Förderung stärker auf junge Unternehmen und nicht allein auf kleine und mittlere Unternehmen zu konzentrieren. Junge Unternehmen hätten das Potenzial zu schnellem Wachstum, während kleine und mittlere Unternehmen auch feststecken könnten.

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2. Unterbringung ukrainischer Asylbewerber

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Unterbringung ukrainischer Asylbewerber ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/9608) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9451). Danach erfolgt die Festlegung der zuständigen Aufnahmeeinrichtung der Länder bei allen neu einreisenden Asylsuchenden durch das bundesweite EASY-System zur Erstverteilung von Asylbegehrenden. Dabei würden neben der quotengerechten Verteilung auch die Zuständigkeiten der jeweiligen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) beachtet, da im Hinblick auf die notwendige Spezialisierung der Asylentscheider nicht jede Außenstelle jedes Herkunftsland bearbeite.

Für die Durchführung der Asylverfahren von Asylsuchenden aus dem Herkunftsland Ukraine seien seit April 2016 ausschließlich die Außenstellen München, Manching und Nostorf-Horst zuständig, schreibt die Bundesregierung weiter. Demgemäß würden Asylsuchende aus der Ukraine, die ihren Asylantrag in einer Außenstelle des Bamf stellen müssen, grundsätzlich in einer der Aufnahmeeinrichtungen untergebracht, denen die genannten Außenstellen zugeordnet sind.

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3. Praxis des Kirchenasyls in Deutschland

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die Praxis des Kirchenasyls in Deutschland thematisiert die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (18/9638). Wie die Fraktion darin schreibt, hatten Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche im Februar 2015 mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vereinbart, dass für die Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften die Möglichkeit bestehen soll, Einzelfälle, in denen besondere humanitäre Härten gesehen werden, zur erneuten Überprüfung beim Bamf vorzutragen. Wissen wollen die Abgeordneten, inwieweit nach dem Willen der Bundesregierung an der bisherigen zwischen Vertretern der Kirchen und des Bamf vereinbarten Handhabung von Kirchenasylfällen festgehalten werden soll und welche eventuellen Abweichungen zukünftig aus welchen Gründen geplant sind. Auch erkundigen sie sich unter anderem danach, wie die Bundesregierung die bisherigen Erfahrungen mit dem Kirchenasyl in Deutschland bewertet und welche Schlussfolgerungen sie daraus zieht.

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4. Finanzlage der Stiftung für HIV-Infizierte

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Die langfristige Sicherung der Stiftung Humanitäre Hilfe zur Entschädigung von HIV-Infizierten ist Thema einer Kleinen Anfrage (18/9612) Die Linke. Ende der 1970er und während der 1980er Jahre seien Tausende Bluter durch verseuchte Blutkonserven mit HIV infiziert worden, in Deutschland mehr als 1.500.

1995 sei die Gründung einer Stiftung beschlossen worden, um den Betroffenen zu helfen. Jedoch drohe der Stiftung das Geld auszugehen, was auch mit der Fehleinschätzung über die Lebenserwartung von HIV-Infizierten zusammen hänge. Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung nun Details über die Finanzlage der Stiftung und die Versorgung der Opfer erfahren.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 524 - 19. September 2016 - 15.39 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2016

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