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BUNDESTAG/6045: Heute im Bundestag Nr. 559 - 28.09.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 559
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 28. September 2016, Redaktionsschluss: 17.51 Uhr

1. Kritik an Konzept für Wassertourismus
2. Reform der Spitzensportförderung


1. Kritik an Konzept für Wassertourismus

Tourismus/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Mit ihren Plänen zur Entwicklung des Wassertourismus und zur Renaturierung von Fließgewässern findet die Bundesregierung bei betroffenen Interessenvertretern bisher wenig Gegenliebe. Dies wurde am Mittwoch in einer Anhörung im Tourismusausschuss deutlich, dessen Gegenstand das im Juli vom Verkehrsministerium vorgelegte Wassertourismuskonzept war. Die anwesenden Vertreter der Fremdenverkehrswirtschaft ließen an dem Entwurf kaum ein gutes Haar. Sorge bereitet ihnen auch die Absicht des Umweltministeriums, mit dem "Bundesprogramm Blaues Band" 2.800 Kilometer Nebenwasserstraßen zu renaturieren. Wassertourismuskonzept und Blaues Band seien eine "eher unheilvolle Klammer", klagte etwa Tobias Woitendorf vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern.

Mit dem Konzept will das Verkehrsministerium das Wasserstraßennetz neu einteilen in Hauptwasserwege, die weiterhin für den Gütertransport verfügbar sind, Freizeitwasserwege zur sportlichen und touristischen Nutzung sowie naturnahe Gewässer, die im Prinzip gar nicht oder ausschließlich für "muskelgetriebenen Wassersport" genutzt werden. Das Konzept stellt die Möglichkeit in Aussicht, gering befahrene Gewässer aus der Zuständigkeit des Bundes in die von Ländern oder Kommunen zu übertragen sowie Wassersportler und -touristen mit Gebühren zu einer Kostenbeteiligung heranzuziehen.

Die betroffenen Spitzenverbände fühlen sich nicht hinreichend in die Entscheidungsfindung der Bundesregierung eingebunden. Das war in der Anhörung der durchgehende Tenor und der Hauptkritikpunkt. So beklagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) Dirk Dunkelberg, er habe von einer Veranstaltung des Umweltministeriums zum Blauen Band am 8. Dezember vorigen Jahres nur durch Zufall erfahren. Dabei bestehe gerade hier Anlass zu Befürchtungen. Die Sorge sei, dass als Folge der geplanten Renaturierungsmaßnahmen "traditionelle Reviere" nicht mehr genutzt werden könnten. Als "Schreckensbegriffe" in den einschlägigen Konzepten nannte Dunkelberg die "ökologische Durchgängigkeit" und den "Rückbau von Bauwerken". Er forderte ein "Miteinander von Wassersport und Naturschutz".

"Nutzer und Verbände werden nicht in der Vollständigkeit eingebunden, wie wir uns das gewünscht hätten", kritisierte auch Steffen Häbich, beim Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) zuständig für Wassertouristik und Sportschifffahrt, das Verfahren der Entscheidungsfindung. Wie vor ihm bereits Dunkelberg, wandte er sich gegen das Vorhaben, unbedeutende Wasserwege in die Zuständigkeit von Ländern oder Kommunen zu geben. Die Gefahr bestehe, dass dann notwendige Investitionen in die Infrastruktur unterbliebe. Das Wasserstraßennetz müsse in Gänze erhalten bleiben. Es sei der Bund, der die durchgängige Befahrbarkeit zu garantieren habe.

Einer Gebührenpflicht für die touristische Nutzung von Wasserwegen mochten sich die Verbandsvertreter nicht grundsätzlich verschließen, wenn auch Renate Schult vom Verein "Blaues Band" in Sachsen-Anhalt die Frage aufwarf, wo die Grenze sei. Schließlich nutzten auch Radfahrer und Wanderer öffentliche Infrastruktur. In jedem Fall müsse gewährleistet sein, dass die Einnahmen ausschließlich in den Unterhalt des Wasserstraßennetzes flössen.

Zweifel an den Kriterien der Kategorisierung von Wasserwegen äußerte der stellvertretende Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern Woitendorf. So sei in seinem Land die Peene als naturnahes Gewässer ausgewiesen. Die Peene sei aber ein intensiv wassersportlich genutzter Fluss.

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2. Reform der Spitzensportförderung

Sport/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Deutlichere Athletenfokussierung, mehr Effizienz durch höhere Konzentration und eine bessere Steuerung. Das sind die Schlüsselworte im Konzept der Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung, das Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, am Mittwoch vor dem Sportausschuss vorgestellt haben. Das Konzept sieht eine potenzialorientierte Fördersystematik vor. Statt einer retrospektiven Betrachtung sollen in Zukunft mittels des perspektivischen Berechnungsmodells "PotAS" (Potenzialanalysesystem) die Potenziale für die jeweils kommenden vier bis acht Jahre ermittelt und entsprechend die Förderung daran ausgerichtet werden.

Aufgabe der neu zu schaffenden PotAS-Kommission, der neben Vertretern des DOSB auch Experten aus dem sportwissenschaftlichen Bereich angehören sollen, ist es, Sportarten und Disziplinen in Cluster aufzuteilen. Im Exzellenzcluster sollen sich den Planungen nach "gut aufgestellte Sportarten mit konkreten Medaillenpotenzial" wiederfinden, die maximal gefördert werden sollen. Das Potenzialcluster umfasst Disziplinen "im Mittelfeld der Bewertungen". Für sie soll "im Rahmen einer Individualvereinbarung" festgelegt werden, in welchem Bereich und in welcher Höhe gefördert wird. Sportarten und Disziplinen im "Cluster mit wenig oder keinem Potenzial" könnten künftig hingegen nicht mehr mit einer Spitzensportförderung rechnen. Auf Basis der Clusterung sollen danach unter Führung des DOSB Strukturgespräche zur Herbeiführung einer homogenen Förderstruktur der Bundes- und Landesförderung stattfinden.

Geändert werden soll den Planungen zu Folge auch die Kaderstruktur. Statt A-, B-, C-, DC- und D-Kader erfolgt künftig die Einteilung in Nachwuchskader, Perspektivkader und Olympiakader, auch um die große Zahl an aktuellen B-Kadern zu reduzieren. Verbesserungen soll es im Bereich der "Dualen Karriere" geben. Vorgesehen ist die verbindliche Einführung einer langfristigen, individuellen Planung. Außerdem soll Zugang und Verbleib in den Sportförderstellen nur für die perspektivreichsten Sportler möglich sein.

Neben Änderungen bei der Nachwuchsförderung - künftig sollen bundesweite Programme von der Talentsuche bis zur Talentbindung implementiert werden - soll sich auch an der Situation der Trainer etwas ändern. So ist die Erstellung eines Berufsbildes "Berufstrainer/in im Sport" geplant. Ebenso ist die "Optimierung der Gestaltung von Arbeitsverträgen für Trainer" vorgesehen.

Auswirkungen hat die Neuausrichtung auch auf die Stützpunktstruktur, die effizienter werden soll. Verbunden damit ist die Konzentration der Bundesstützpunkte (BSP). Die aktuelle Zahl von 204 soll um bis zu 20 Prozent reduziert werden. Statt der 19 Olympiastützpunkte (OSP) in unterschiedlicher Rechtsform und mit unterschiedlichen Trägern soll es künftig 13 OSPs geben. Was die Trägerschaft angeht sind der Vorlage zu folge noch drei Varianten in der Diskussion, die alle eine zentrale sportfachliche Steuerung durch den DOSB vorsehen.

Mehr als bislang sollen der Athlet und nicht die Verbände im Mittelpunkt der Förderung stehen, sagte Innenminister de Maizière vor dem Sportausschuss. DOSB-Präsident Hörmann betonte, wer Spitzenplatzierungen anstrebe, müsse bereit sein, an dem bestehenden System Änderungen vorzunehmen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 559 - 28. September 2016 - 17.51 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2016

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