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BUNDESTAG/6576: Heute im Bundestag Nr. 329 - 23.05.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 329
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 23. Mai 2017, Redaktionsschluss: 12.50 Uhr

1. Einsatz in internationalen Polizeimissionen
2. Professioneller Umgang bei Rückführungen
3. Grenznahes Atomkraftwerk Fessenheim
4. NOx-Grenzwert für Braunkohleanlagen
5. 433.000 Vertriebene bei Mossul-Offensive
6. Wahhabismus im Kosovo


1. Einsatz in internationalen Polizeimissionen

Inneres/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Als Unterrichtung durch die Bundesregierung (18/12445) liegt der "Bericht über das deutsche Engagement beim Einsatz von Polizistinnen und Polizisten in internationalen Polizeimissionen 2016" vor. Danach wurden im vergangenen Jahr insgesamt 302 Beamte der Polizeien des Bundes und der Länder sowie der Bundeszollverwaltung in internationale Polizeimissionen und das bilaterale Polizeiprojekt GPPT Afghanistan entsandt. Darunter befanden sich 44 Frauen, was einem Anteil von rund 15 Prozent entspricht. Durchschnittlich seien "stets 153 Beamtinnen und Beamte im Einsatz" gewesen.

Wie in der Vorlage ferner ausgeführt wird, beteiligt sich die Bundespolizei (früher Bundesgrenzschutz) seit 1989 an internationalen mandatgetragenen Einsätzen. Die ersten 50 Bundesgrenzschutzbeamten wurden den Angaben zufolge unter dem Mandat der Vereinten Nationen zur Sicherstellung freier und fairer Wahlen in Namibia eingesetzt. Auch die DDR habe sich daran "mit 30 Polizeibeobachtern - in ihrem ersten und einzigen Einsatz - beteiligt". Nach drei weiteren internationalen Missionseinsätzen in Kambodscha, West-Sahara und auf der Donau beteiligten sich seit 1994 Beamte des Bundes (Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Bundeszollverwaltung) und der Bundesländer gemeinsam an Friedensmissionen.

Bis heute wurden laut Unterrichtung insgesamt mehr als 9.000 Beamte in rund 40 mandatierte Friedensmissionen in etwa 30 Länder und in das bilaterale "German Police Project Team" (GPPT) in Afghanistan entsandt. "Deutsche Polizistinnen und Polizisten leisten in fragilen Staaten und Krisenregionen einen Beitrag zum Aufbau einer funktionsfähigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Polizei", heißt es in dem Bericht. Ihr Wirken in den vergangenen 20 Jahren habe zur Stabilisierung in Krisenregionen bedeutend beigetragen. Auch weiterhin sei der Einsatz deutscher Polizeikräfte im Ausland "gefragt und mehr denn je erforderlich".

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2. Professioneller Umgang bei Rückführungen

Menschenrechte/Unterrichtung

Berlin: (hib/AHE) Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter attestiert der Bundespolizei einen "professionellen" und "zugewandten" Umgang mit rückzuführenden Personen. Wie es in dem als Unterrichtung (18/12444) vorliegenden Jahresbericht 2016 heißt, bemühe sich die Bundespolizei, Rückführungen, insbesondere im Umgang mit Kindern, möglichst schonend durchzuführen. "Diese Grundhaltung der speziell fortgebildeten und damit auch sensibilisierten Bundespolizistinnen und Bundespolizisten ist sicher auch mitursächlich dafür, dass die Atmosphäre an den Flughäfen trotz der für die Rückzuführenden schwierigen Situation meist verhältnismäßig ruhig erscheint."

Ein Schwerpunkt des Jahresberichts liegt auf der Situation im Frauenstrafvollzug. Hier bemängelte die Nationale Stelle "mehrfachbelegte Hafträume ohne abgetrennte Toilette, was einen Verstoß gegen die Menschenwürde darstellt". In einigen Einrichtungen hätten sich Probleme bei der Wahrung der Intimsphäre derjenigen Frauen gezeigt, die in einem videoüberwachten Haftraum untergebracht waren. So sei der Toilettenbereich durch die Videoüberwachung selbst für männliche Bedienstete an den Monitoren in der Sicherheitszentrale voll einsehbar gewesen. Ein besonders gutes Praxisbeispiel stelle hingegen die Justizvollzugsanstalt Rohrbach dar: Hier werde der Toilettenbereich auf Monitoren nur verpixelt dargestellt. "Um dennoch eine Selbstverletzung oder einen Suizidversuch feststellen und verhindern zu können, löst sich die Verpixelung im Toilettenbereich allmählich auf, wenn dieser nicht nach einer gewissen Zeit von den Gefangenen verlassen wird."

Kritik übt der Nationale Stelle überdies an einigen von ihr festgestellten Fixierungen in Jugendstrafanstalten, "die allein aufgrund renitenten oder aggressiven Verhaltens der Jugendlichen, nicht aber wegen der für diese Maßnahme vorausgesetzten Eigengefährdung angeordnet worden seien. Hervorgehoben wird aber andererseits, dass viele Kinder und Jugendliche in geschlossenen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe von einem vertrauensvolles Verhältnis zu Erzieherinnen und Erziehern berichten würden, "die sich für ihre Anliegen viel Zeit nehmen und große Geduld aufbringen". Besonders positiv sei in einzelnen Einrichtungen der hohe Anspruch an die pädagogische Professionalität: "Diese wird unter anderem durch regelmäßige, verpflichtende Fortbildungen beispielsweise zu Deeskalationstechniken sowie regelmäßige Einzel- und Teamsupervision durch externe Fachkräfte sichergestellt."

Weitere Empfehlungen Berichts betreffen unter anderem Fixierungen in Polizeidienststellen und in psychiatrischen Einrichtungen, sowie die Überwachung und Dokumentation dieser Maßnahmen.

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ist Deutschlands Einrichtung für die Wahrung menschenwürdiger Unterbringung und Behandlung im Freiheitsentzug. Sie agiert als Präventionsmechanismus im Sinne einer Reihe internationaler Abkommen, vor allem aber der Antifolterkonventionen der Vereinten Nationen. Die Stelle legt der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag sowie den Landesregierungen und Länderparlamenten einen jährlichen Tätigkeitsbericht vor.

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3. Grenznahes Atomkraftwerk Fessenheim

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/SCR) Technische Aspekte der Sicherheitsausstattung des französischen Atomkraftwerks Fessenheim sind Gegenstand einer Antwort der Bundesregierung (18/12296) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/12059). Die Bundesregierung verweist darin darauf, dass eine sicherheitstechnische Bewertung von Aspekten wie der "Vermaschung sicherheitsrelevanter Einrichtungen" nur nach eine umfassenden anlagenspezifischen Analyse möglich sei. Dafür sei die atomrechtliche Aufsichtsbehörde, die Autorité de Sûreté Nucléaire (ASN), zuständig, heißt es in der Antwort.

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4. NOx-Grenzwert für Braunkohleanlagen

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/SCR) Die Bundesregierung hält die auf europäischer Ebene mehrheitlich beschlossene Obergrenze für Stickstoffoxid-Emissionen (NOx) aus bestehenden Braunkohlekraftwerken für nicht "sachgerecht". Die Schlussfolgerungen zum Merkblatt zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) für Großfeuerungsanlagen von Ende April 2017 sehen für bestehende Braunkohleanlagen eine ++ NOx-Obergrenze von 175 mg/Nm vor. In einer Antwort (18/12337) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/11967) schreibt die Bundesregierung, dass sie in der "Festlegung einer oberen Bandbreite" keine "fachliche Grundlage" erkenne. Die betroffenen Anlagen könnten unter Einsatz der "bestverfügbaren Technik" ihre Emissionen "nachweislich auf einen Jahresmittelwert von bis zu 190 mg/Nm mindern". Ihre Ablehnung der Obergrenze habe die Bundesregierung auf wissenschaftliche Einschätzungen des Umweltbundesamtes gestützt.

Ob durch den neuen Grenzwert Nachrüstungen an Kohlekraftwerken in Deutschland notwendig werden, weiß die Bundesregierung nicht. "Eine gesicherte Beurteilung der Notwendigkeit zur Nachrüstung einer Anlage kann nur durch die Vollzugsbehörde erfolgen", heißt es in der Antwort. Die Vollzugskompetenz liegt bei den Bundesländern.

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5. 433.000 Vertriebene bei Mossul-Offensive

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Nach Angaben der Vereinten Nationen sind elf Millionen Menschen im Irak auf humanitäre Hilfe angewiesen, davon etwa drei Millionen Vertriebene. Seit Beginn der Militäroffensive gegen den "Islamischen Staat" in Mossul seien mehr als 433.000 Neu-Vertriebene registriert worden, die auf humanitäre Hilfe angewiesen seien, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/12327) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/12056). Demgegenüber seien mehr als 97.000 Menschen inzwischen wieder in ihre Heimat im Mossul-Korridor und nach Ost-Mossul zurückgekehrt. Die Vereinten Nationen schätzten, dass sich gegenwärtig noch etwa 450.000 Menschen in den westlichen Stadtgebieten befinden. Kurdische Peschmerga haben laut Antwort in der Anfangsphase der im Oktober 2016 begonnenen Offensive im Raum Mossul ihre Frontlinie nördlich, nordöstlich und östlich von Mossul in Richtung der Stadt verschoben und dort eine neue Verteidigungslinie errichtet. Die Kampfhandlungen zur Befreiung des Stadtgebietes selbst würden durch Kräfte der Irakischen Sicherheitskräfte und ihrer Verbündeten - nicht durch Peschmerga - vorgenommen.

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6. Wahhabismus im Kosovo

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Für die Bundesregierung ist im Kosovo "nach wie vor keine breite Bewegung weg vom tradierten liberalen Islamverständnis hin zu einer wahhabitischen Interpretation des Islam" zu erkennen. Wie es in der Antwort (18/12347) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/11962) heißt, seien zwar saudi-arabische Missionierungsorganisationen im Kosovo aktiv und verbreiteten hier die von Saudi-Arabien vertretene wahhabitische Interpretation des Islam, etwa durch die Entsendung von Predigern. Wenngleich dies im Kosovo im gewissen Umfang toleriert werde, lasse das aber nicht den Schluss zu, dass die Islamische Gemeinschaft Kosovos insgesamt eine Affinität zu einem fundamentalistischen Islamverständnis habe, schreibt die Bundesregierung.

Neben den beiden bekannten kosovarischen Führungspersonen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien, Lavdrim Muhaxeri und Ridvan Haqifi (mutmaßlich getötet), werden allerdings immer wieder Hinweise auf andere kosovarische Staatsangehörigen mit Bezug zu IS bekannt. Beispielsweise sei im März eine Gruppe Kosovaren in Italien im Zusammenhang mit einer Anschlagsplanung auf die Rialto-Brücke in Venedig festgenommen worden, der Propagandaaktivitäten für IS nachgewiesen werden konnten. Mit Stand vom April 2016 soll es nach offenen Informationen der kosovarischen Behörden etwa 300 Ausreisefälle nach Syrien gegeben haben, darunter 40 (Ehe-)Frauen und mehr als 20 Kinder. Eine eindeutige Zuordnung, welcher Organisation sich die Ausgereisten im Krisengebiet angeschlossen haben, sei nicht möglich.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 329 - 23. Mai 2017 - 12.50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2017

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