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BUNDESTAG/6632: Heute im Bundestag Nr. 385 - 21.06.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 385
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 21. Juni 2017, Redaktionsschluss: 13.30 Uhr

1. Mieterstrom: Kritik an Umsetzung
2. Berufszulassung für Makler und Verwalter
3. Ablehnung von Anträgen zum Bodenmarkt
4. Steuerprüfintervalle nicht verkürzt
5. Cum/Ex-Abschlussbericht vorgelegt


1. Mieterstrom: Kritik an Umsetzung

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/fla) Solarstrom-Förderung nicht nur für Eigenheimbesitzer, sondern auch für Mieter: Diesen Vorstoß von Bundesregierung und Koalitions-Fraktionen haben die Sachverständigen bei einer Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie prinzipiell einhellig begrüßt. Bei der Sitzung unter der Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Klaus Barthel (SPD) wurde aber die geplante Ausgestaltung des Vorhabens kritisiert.

Die Experten hatten den von der Bundesregierung vorgelegten "Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (18/12728) und den textgleichen Vorstoß von CDU/CSU und SPD (18/12355) zu bewerten.

Maren Petersen (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. /BDEW) stufte den Gesetzentwurf als "eher negativ" ein. Sie beschwor das Entstehen einer "Drei-Klassen-Gesellschaft": privilegierte Eigenheimbesitzer, Mieter, denen die Förderung zugutekommt, und "die weit überwiegende Mehrheit der Mieter, die nicht profitiert". Sie müssten "mehr bezahlen als vorher".

Katherina Reiche (Verband kommunaler Unternehmen /VKU) verknüpfte mit der Begrüßung der Mieterstrom-Vorstoßes "im Grundsatz" eine ähnlich formulierte Kritik: "Die Förderung von Mieterstrom führt zwangsläufig dazu, dass Verbraucher, die an der Förderung n nicht teilhaben, höhere Kosten tragen". Mithin: "Das Umlagen- und Entgeltsystem sollte grundlegend überarbeitet werden, um in Zukunft eine faire Lastenverteilung sicherzustellen."

Eine finanzielle Entlastung solch benachteiligter Verbraucher forderte Thomas Engelke (Verbraucherzentrale Bundesverband / vzbv). Er machte sich zudem stark für eine "Nachbarschaftslösung" - "anstelle der räumlichen Begrenzung von Mieterstrom auf das einzelne Gebäude". Er begrüßte, dass die Mieter laut Gesetzentwurf den Stromanbieter weiter frei wählen dürfen und der Stromvertrag nicht an den Mietvertrag gekoppelt werden soll.

Andreas Horn (Sonnenkraft Freising) nannte das Ziel des Vorhabens "richtig und wichtig". Mieter an der Energiewende teilhaben zu lassen, fördere die Akzeptanz und sei "ein Akt der Gerechtigkeit". Doch werde das vorgeschlagene Gesetz "genau diese Ziele verfehlen". Denn: "Neben einem zu geringen und kurzfristigen Förderanreiz behindern bislang Rechtsunsicherheiten und neue, aufwändige und teure Pflichten als Gesetzesfolgen die praktische Umsetzung von Mieterstromprojekten im gewünschten Umfang."

Nach Ansicht von Lukas Siebenkotten (Deutscher Mieterbund) muss der Gesetzentwurf "spürbar nachgebessert" werden. Hauptkritikpunkt: "Eigenstrom wird auch künftig besser gefördert als Mieterstrom." Freilich sprach er auch von einem "insgesamt guten Vorhaben": "Machen Sie es." In der nächsten Legislaturperiode könne ja nachgearbeitet werden,

Michael Geißler von der Berliner Energieagentur (BEA) sah es so: Bei allen "positiven Ansätzen" sei im Gesetzentwurf "eine Reihe von Bedingungen verankert, die die Inanspruchnahme vom Förderung bei der Umsetzung von Mieterstromprojekten unnötig verkomplizieren und dadurch weiterhin wirtschaftlich erschweren". So kritisierte er, dass nur einzelne Gebäude versorgt werden können, nicht aber Gebäudeensembles, auch wenn die einem gemeinsamen Eigentümer oder Vermieter zuzuordnen seien.

Hartmut Gaßner vom Anwaltsbüro GGSC sprach von einer "Energiewende in homöopathischen Dosen". Er bemängelte, mit dem Gesetzentwurf werde nicht die Gleichstellung des solaren Mieterstroms mit solarem Eigenverbrauch umgesetzt, wie des im Erneuerbare Energie Gesetz (EEG) gefordert werde. Sein Rat: "Mit der grundsätzlichen Gleichstellung von Eigenverbrauch und Mieterstrom könnten die Ziele des Mieterstromgesetzes viel einfacher umgesetzt werden."

Marc Elxnat (Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände) befand: "Jede Förderung impliziert, dass die Kosten dafür von der Allgemeinheit und insbesondere denjenigen getragen werden müssen, die nicht direkt profitieren." Für manche Verbraucher könne also "die Förderung höhere Preise bedeuten" - und zwar zu einer "merklichen Belastung im Einzelfall", auch wenn die Mehrbelastungen im deutschlandweiten Vergleich "sehr moderat" ausfielen. Für die Gemeinden werde es zu leichten Einbußen bei den Konzessionseinnahmen kommen. Deshalb werde die angestrebte Ausbaubegrenzung von 500 Megawatt pro Jahr "ausdrücklich begrüßt".

Laut Gesetzentwurf sollen Vermieter einen Zuschuss bekommen, wenn sie Solarstrom ohne Nutzung des Netzes direkt an Letztverbraucher in dem betroffenen Wohngebäude liefern und die Mieter diesen Strom verbrauchen. Die Höhe des Zuschlags soll dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge von der Größe der Solaranlage und dem Fotovoltaik-Zubau insgesamt abhängen und voraussichtlich zwischen 3,8 Cent und 2,75 Cent pro Kilowattstunde liegen. Überschüssiger Strom fließt ins Netz und wird vergütet. Einer vom Ministerium beauftragten Studie zufolge könnten bis zu 3,8 Millionen Wohnungen bundesweit von der Novelle profitieren.

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2. Berufszulassung für Makler und Verwalter

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/PEZ) Wohnimmobilienverwalter und Immobilienmakler sollen erstmals Leitplanken für ihre berufliche Qualifikation erhalten. Der Wirtschaftsausschuss im Bundestag stimmte am Mittwoch für den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Einführung einer Zulassungsregelung für diese Berufsgruppen in geänderter Fassung (18/10190). Die Oppositionsfraktionen stimmten sowohl gegen den Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und SPD als auch gegen den Gesetzentwurf. Der Bundestag entscheidet am Donnerstag über das Gesetz.

Wohnimmobilienverwalter und Makler sollen damit erstmals Nachweis über ihre Qualifikation ablegen - auch vor dem Hintergrund der hohen Vermögenswerte, mit denen sie umgehen, und der gestiegenen Beliebtheit von Immobilien als Altersvorsorge und Geldanlage. Ursprünglich war vorgesehen, dass Prüfungen vor Industrie- und Handelskammern die Kenntnisse von Verwaltern und Maklern belegen sollen; diesen Passus strichen die Koalitionsfraktionen allerdings in dem geänderten Gesetzentwurf. Als Nachweis soll nun eine Fortbildungspflicht von 20 Stunden innerhalb von drei Jahren genügen; Einzelheiten soll eine Rechtsverordnung klären. Die geänderte Fassung schließt indes Verwalter von Mietimmobilien ein, im Gegensatz zur ursprünglichen Version des Gesetzes.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte im Ausschuss die Notwendigkeit des Gesetzes. Verbraucher bräuchten dringend mehr Transparenz und mehr Schutz. In der Rechtsverordnung würden die Nachweispflichten ausformuliert, die Umsetzung werde man "intensiv und kritisch verfolgen". Die Fraktion des Koalitionspartners SPD bekannte, sich mehr gewünscht zu haben. Sie habe sich mit dem Festhalten an einem Sachkundenachweis aber nicht durchsetzen können. "Wir sehen es als Einstieg in die richtige Richtung", sagte ein Abgeordneter.

Enttäuscht äußerten sich die Oppositionsfraktionen. Das Gesetz greife viel zu kurz, hieß es von den Abgeordneten der Linken unter Verweis auf eine öffentliche Anhörung, bei der sich Branchenvertreter selbst für offizielle Prüfungen als Qualitäts- und Qualifikationsnachweis ausgesprochen hatten. Ein Abgeordneter der Grünen erwähnte den Schutz von Eigentum, der hinter der Initiative stehe, und nun aus Sicht der Fraktion zu kurz kommt. "Sie haben aus dem Spatz eine Mücke gemacht", sagte er an die Koalitionsfraktionen adressiert.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte in einem ergänzenden Antrag die Bundesregierung aufgefordert, ein Wohneigentumsgesetz vorzulegen, das die Verbraucherrechte von Wohnungseigentümern und Wohnungseigentümergemeinschaften festschreibt (18/8084). Auch für die Finanzverwaltung von Wohnungseigentümergemeinschaften wollten die Abgeordneten Änderungen. Der Antrag wurde abgelehnt.

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3. Ablehnung von Anträgen zum Bodenmarkt

Ernährung und Landwirtschaft/Ausschuss

Berlin: (hib/EIS) Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat am Mittwoch zwei Oppositionsanträge zum Bodenmarkt mehrheitlich abgelehnt. Ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/12551), der eine strenge Regulierung fordert, fand keine Mehrheit gegen das Votum von CDU/CSU- und SPD-Fraktion bei Zustimmung durch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ein Antrag der Grünen (18/11601), der die Einführung eines Förderprogrammes für Betriebsneugründer vorschlägt, wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linksfraktion abgelehnt.

Die Grünen wollten Landwirten mithilfe einer Förderung unter die Arme greifen, indem die Beratung und das Coaching für Betriebsneugründer und Betriebsabgebende ausgebaut werden sollte. Auch sollten die außerfamiliäre Hofnachnachfolge unterstützt sowie alternative Ansätze für den Zugang zu Bewirtschaftungsflächen ermöglicht werden. Die Linke wollte hingegen den Ausverkauf des Bodens an landwirtschaftsfremde Investoren stoppen und den Bodenmarkt im Interesse der Landwirtschaft strenger regulieren. Die Bundesregierung sollte außerdem einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Privatisierung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen aus den Beständen der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) beendet und stattdessen den grundsätzlichen Vorrang der Vergabe langfristiger Nutzungsrechte und der Erbpacht regeln.

Die Linke sah dringenden Handlungsbedarf, weil das "Bodenrecht nicht mehr den Herausforderungen gewachsen ist". Die landwirtschaftlichen Flächen würden sich immer mehr auf immer weniger Eigentümer konzentrieren, obwohl eine "breite soziale und regionale Bodenstreuung das Ziel bleiben muss". Die Grünen pflichteten bei, dass der Boden nicht mehr in die Hände der Bauern falle, weshalb die "Chance der Menschen erhöht werden muss, Landwirtschaft zu betreiben, indem der Zugang zum Land ermöglicht wird".

Die Union kritisierte hingegen die Vorlagen, weil das Problem bekannt und einiges gemacht worden sei. So seien die Losgrößen bei den Landverkäufen durch die BVVG verkleinert worden und für Großinvestoren dadurch weniger attraktiv. Außerdem würden die Landwirte selbst die Bodenpreise stark in die Höhe treiben und sein mitverantwortlich an der Entwicklung. Ein Schnellschuss am Ende der Legislaturperiode würde jedenfalls nicht helfen, hieß es seitens der Fraktion. Der nächste Bundestag müsse sich mit dem Thema weiter beschäftigen.

Auch die Sozialdemokraten stellten fest, dass mancher Lösungsvorschlag auch an den Interessen aus dem "Umfeld der Landwirtschaft" gescheitert sei. Deshalb müsse weiter im Einvernehmen mit den Bundesländern nach Regelungen gesucht werden. Das Grundstücksverkehrsrecht weise jedenfalls Schwächen auf, die behoben werden müssen. Zudem sei es problematisch aus Sicht des landwirtschaftlichen Bodenmarktes, dass juristische Personen auch Grundstückeigentümer sein dürfen. Auch die Bundesregierung bekannte sich dazu, dass breit gestreutes Eigentum in der Landwirtschaft gewollt sei "und keine externen Investoren die Wertschöpfung aus der Landwirtschaft abziehen sollen". Doch die Handlungsmöglichkeiten des Bundes seien in dieser Hinsicht klein, weil das in der Hoheit der Bundesländer liege.

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4. Steuerprüfintervalle nicht verkürzt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat es abgelehnt, Steuerpflichtige mit besonderen Einkünften häufiger prüfen zu lassen. Dies hatte die Fraktion Die Linke in einem Gesetzentwurf (18/9125) gefordert, mit dem die Abgabenordnung geändert werden sollte. Der Entwurf wurde jedoch in der Sitzung des Ausschusses am Mittwoch mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Nur die Fraktion Die Linke votierte für den Entwurf.

Begründet worden war die Änderung mit der seit Jahren rückläufigen Zahl von Steuerprüfungen bei Steuerpflichtigen mit besonderen Einkommen. Die Zahl dieser Prüfungen sei von 1.838 im Jahr 2010 auf 1.391 Prüfungen im Jahr 2014 zurückgegangen. Entsprechend verringert hätten sich auch die zusätzlichen Steuereinnahmen durch diese Prüfungen - und zwar von 404 auf 313 Millionen Euro. Die Fraktion wollte daher erreichen, dass in der Abgabenordnung ein Mindestintervall einer Außenprüfung von drei Jahren festgeschrieben wird. Unter Berufung auf Medienberichte heißt es, bisher hätten diese Steuerpflichtigen nur alle sieben Jahre mit einer Prüfung zu rechnen. Mehrkosten durch die Schaffung neuer Planstellen für Steuerprüfer könnten durch die zu erwartenden Mehreinnahmen kompensiert werden.

Die CDU/CSU-Fraktion erklärte, wenn alle drei Jahre Prüfungen erfolgen sollte, müsste die Zahl der Prüfer von derzeit 14.000 auf 190.000 erhöht werden. Ein Beschluss des Gesetzentwurfs würde außerdem ein "Arbeitsbeschaffungsprogramm für Steuerberater" auslösen. Die CDU/CSU-Fraktion warf der Linksfraktion vor, "absolut unrealistische Forderungen" zu erheben. Die SPD-Fraktion erklärte, wenn es eine Bundessteuerverwaltung geben würde, "hätten wir mit dem Thema anders umgehen können". Es sei allerdings absolut unrealistisch, dass der Bundesrat so einem Gesetz zustimmen würde. Andererseits wünschte sich aber auch die SPD-Fraktion mehr Prüfungen.

Die Linksfraktion verteidigte ihren Entwurf in der Sitzung mit Hinweis auf die zu erwartenden Mehreinnahmen durch zusätzliche Prüfungen. Eine Aufstockung der Zahl der Prüfer wolle man ausdrücklich. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bezeichnete den Vorschlag als grundsätzlich gut, sah aber Probleme in der konkreten Ausgestaltung. In der nächsten Legislaturperiode solle über die Prüfintervalle geredet werden. Die bereits von der SPD-Fraktion angesprochene Schaffung einer Bundesteuerverwaltung wurde auch von Bündnis 90/Die Grünen befürwortet.

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5. Cum/Ex-Abschlussbericht vorgelegt

4. Untersuchungsausschuss (Cum/Ex)/Ausschuss

Berlin: (hib/mwo) Der 4. Untersuchungsausschuss (Cum/Ex) hat am Mittwoch seinen Abschlussbericht vorgelegt. Der Ausschussvorsitzende Hans-Urich Krüger (SPD) übergab das rund 800 Seiten umfassende Dokument (18/12700) im Beisein der Obleute der Fraktionen an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Darin sind zwei Sondervoten der Linken und der Grünen enthalten, auf deren Initiative das Gremium im Februar 2016 eingesetzt worden war.

Auftrag des Ausschusses war die Untersuchung von Gestaltungsmodellen sogenannter Cum/Ex-Geschäfte mit Leerverkäufen um den Dividendenstichtag, die auf eine mehrfache Erstattung beziehungsweise Anrechnung von Kapitalertragsteuer gerichtet waren, obwohl die Steuer nur einmal bezahlt wurde. Insbesondere sollten die Ursachen der Entstehung dieser Cum/Ex-Geschäfte und ihre Entwicklung untersucht und geklärt werden, ob und wenn ja, wann - rechtzeitig - geeignete Gegenmaßnahmen von Stellen des Bundes ergriffen wurden, ob diese ausreichten und wer gegebenenfalls jeweils die Verantwortung in diesem Zusammenhang trug.

Der Abschlussbericht kommt zu dem Schluss, dass der Ausschuss nicht erforderlich gewesen ist. Alle Vorwürfe seien widerlegt, mit denen dessen Einsetzung begründet wurde. Das Gremium habe die Überzeugung gewonnen, so der Bericht, dass in den zuständigen Behörden sachgerecht und pflichtgemäß gearbeitet wurde. Der Bundesregierung, insbesondere dem Bundesfinanzministerium, könnten keine Vorwürfe gemacht werden. Der Ausschuss habe vielmehr öffentliche Aufmerksamkeit geschaffen für ein aufwändig verschleiertes Zusammenwirken von Kapitalmarktteilnehmern zum Betrug des Fiskus um große Summen.

Der durch Cum/Ex verursachte Steuerschaden dürfte laut Bericht nur einen Bruchteil der öffentlich immer wieder kolportierten zwölf Milliarden Euro ausmachen. Der Ausschuss geht von rund einer Milliarde Euro aus, die Größenordnung sei beim jetzigen Stand der Steuer- und Strafverfahren aber nicht seriös abschätzbar. Auf Nachfrage Lammerts bestätigte Krüger, dass es sich bei den Geschäften um kriminelle Machenschaften gehandelt habe.

Der Ausschuss stellte fest, dass Cum/Ex-Geschäfte schon immer rechtswidrig gewesen seien, bestimmte Marktakteure aber ihre Anlagestrategie bewusst vor den Behörden verschleiert und Gesetze gegen ihren Sinn ausgelegt hätten. Mittlerweile seien die Cum/Ex-Gestaltungen wie auch die ähnlich gelagerten Cum/Cum-Geschäfte, mit denen sich der Ausschuss ebenfalls beschäftigt hatte, unterbunden worden.

Linke und Grüne erklärten zur Begründung ihrer Sondervoten, dass die Regierungsparteien die aus der Sicht der Opposition jeweils für die massiven Steuerbetrügereien verantwortlichen Minister in Schutz nehmen würden. Der Bericht sei "einseitig geschrieben" (Grüne) und "entschärft" worden (Linke). Die Linke will in ihrem Sondervotum nachweisen, dass insbesondere das Bundesfinanzministerium früher hätte eingreifen können und müssen, um einen Milliardenschaden zu Lasten der Allgemeinheit abzuwenden. Im Sondervotum der Grünen heißt es: "Die Koalitionsfraktionen wollten den Untersuchungsauftrag nie erfüllen und haben entsprechend agiert." Der organisierte Griff in die Staatskasse sei auch durch staatliches Versagen ermöglicht worden.

Krüger hatte vor der Übergabe erklärt, der parlamentarische Auftrag sei erfüllt worden, und er sei mit dem Ergebnis zufrieden. Der Ausschuss habe sich seine Arbeit nicht leicht gemacht. Es sei herausgearbeitet worden, dass die Cum/Ex-Geschäftsmodelle ein Straftatbestand seien. Anfragen von Staatsanwaltschaften belegten das Interesse der Strafverfolgungsbehörden an den Erkenntnissen des Ausschusses. Er habe die Hoffnung, dass die Arbeit darüberhinaus verstärkt zu Selbstanzeigen von Beteiligten führt.

Der Ausschuss tagte 46 Mal, davon 19 Mal öffentlich, und hörte rund 70 Zeugen vom Börsenhändler bis zum Minister sowie 5 Sachverständige. Die Protokolle der Sitzungen füllen Krüger zufolge über 2.000 Seiten.

Am Freitag, 23. Juni 2917, steht der Bericht ab 11.55 Uhr auf der Tagungsordnung des Bundestages. Für die im Parlamentsfernsehen übertragene Debatte ist eine Stunde angesetzt.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 385 - 21. Juni 2017 - 13.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2017

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