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BUNDESTAG/6654: Heute im Bundestag Nr. 407 - 28.06.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 407
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 28. Juni 2017, Redaktionsschluss: 15.25 Uhr

1. Antrag zur Gemeinnützigkeit abgelehnt
2. Datenbasis für Endlagersuche mangelhaft
3. Grüne wollen Bürgerversicherung
4. Rückkehrrecht auf Vollzeit
5. Teilhabe und Bildung für Kinder
6. Kommission entscheidet über Mindestlohn


1. Antrag zur Gemeinnützigkeit abgelehnt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Eine von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangte Neufassung des Gemeinnützigkeitsrechts ist vom Finanzausschuss abgelehnt worden. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD stimmten in der Sitzung am Mittwoch gegen einen Antrag (18/12559) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in dem diese eine Anpassung und Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts fordert, um eine angemessene Rechtssicherheit und die Gleichbehandlung verschiedener zivilgesellschaftlicher Akteure sicherzustellen. Nur die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmte für den Antrag, die Fraktion Die Linke enthielt sich.

Die heutigen Regelungen hätten dazu geführt, dass Akteure mit gleichen oder ähnlichen Aktivitäten in dem einen Bundesland als gemeinnützig gelten würden und in dem anderen nicht, erklärte ein Sprecher der Fraktion. Gemeinnützige Organisationen würden zudem bei politischen Äußerungen Gefahr laufen, ihre Gemeinnützigkeitsstatus zu verlieren. Die CDU/CSU-Fraktion erinnerte, das Gemeinnützigkeitsrecht sei in der letzten Legislaturperiode reformiert worden. Der Antrag der Grünen falle in die Kategorie "Klientelpolitik". Die SPD-Fraktion sah "Verbesserungspotenzial" im Gemeinnützigkeitsrecht. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sei aber unzureichend. Von der Fraktion Die Linke hieß es, es gehe nicht nur um die Organisation Attac, der wegen allgemeinpolitischer Äußerungen vom Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkannt worden war. Die Probleme im Gemeinnützigkeitsrecht gebe es seit Jahrzehnten.

Wie es in dem Antrag heißt, trägt auch der Katalog an gemeinnützigen Zwecken in der Abgabenordnung zur Rechtsunsicherheit bei. "Viele zivilgesellschaftliche Themen werden darin nicht berücksichtigt. Einrichtungen, die sich zum Beispiel für Frieden, Menschenrechte und für die Rechte von Homo-, Bi-, Trans- und Intersexuellen einsetzen, müssen sich andere Zwecke aus der Abgabenordnung zu eigen machen, um als gemeinnützig anerkannt zu werden", heißt es in dem Antrag. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert daher unter anderem, sicherzustellen, "dass politische Äußerungen von Vertretern gemeinnütziger Organisationen im Rahmen des verfolgten gemeinnützigen Zweckes grundsätzlich erlaubt sind". Außerdem sollen der Zweckkatalog der Abgabenordnung überarbeitet und ein öffentlich einsehbares Gemeinnützigkeitsregister geschaffen werden.

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2. Datenbasis für Endlagersuche mangelhaft

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Für die Suche nach einem Endlager für hoch radioaktive Abfälle in Deutschland ist die verfügbare Datenbasis bisher unzureichend. Dies machte die Geschäftsführerin der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), Ursula Heinen-Esser, am Mittwoch in einem Fachgespräch des Umweltausschusses deutlich, an dem auch der Präsident des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), Wolfram König, sowie der Vorsitzende des mit der Endlagersuche befassten Nationalen Begleitgremiums, Klaus Töpfer, teilnahmen. Der Bundestag hat im vergangenen März ein neues Standortauswahlgesetz beschlossen, dem zufolge die Suche nach einem geologisch geeigneten Endlager bis 2031 abgeschlossen sein soll. Es könnte 2050 in Betrieb gehen.

Heinen-Esser berichtete, die BGE habe in diesen Tagen alle Geologischen Landesämter angeschrieben, um Angaben über die Beschaffenheit des Untergrundes abzurufen. Schon jetzt zeichne sich ab, dass "Quantität und Qualität" der in den Ländern vorhandenen Daten sehr unterschiedlich seien. Es gebe "exzellent" ausgestattete Landesämter, aber auch andere, "die nicht über solche Daten verfügen". Zusätzliche Informationen seien aber möglicherweise auch von Privatunternehmen zu erhalten, die über Erkenntnisse aus geologischen Bohrungen verfügten. Auch Töpfer betonte die Notwendigkeit einer "Qualifizierung der Daten mit Blick auf das Auswahlverfahren". Es gehe nicht nur darum, welche Informationen vorhanden sind. Die Frage sei auch: Welche müssten da sein?

Wie sehr ihnen die Brisanz ihres Themas bewusst sei, betonten alle drei Teilnehmer der Anhörung. BfE-Präsident König plädierte für "transparente, nachvollziehbare Verfahren" bei der Endlagersuche. Auch Heinen hob die Bedeutung der "Transparenz" hervor, "damit Vertrauen erst einmal entstehen kann". Aus diesem Grund habe der Gesetzgeber die Funktionen der beteiligten Behörden strikt getrennt. So ist die BGE ausschließlich für das Verfahren der Endlagersuche zuständig. Das BfA führt die Rechts- und Fachaufsicht; ihm obliegt die Genehmigung von Atommülltransporten und Zwischenlagern. Es hat auch die Beteiligung der Öffentlichkeit im Verfahren zu organisieren.

Der frühere Umweltminister Töpfer wies auf die lange Geschichte der Konflikte um ein atomares Endlager hin, die noch immer nachwirke. Vielfach sei die "Atmosphäre des Gegeneinander" nicht aufgelöst, es gebe "noch sehr viele Altlasten in den Köpfen". Auch das von ihm geführte Nationale Begleitgremium, dessen gesetzlicher Auftrag lautet, dem Verfahren "vermittelnd und unabhängig" zur Seite zu stehen, sehe sich dem Verdacht ausgesetzt, nur ein "Feigenblatt" zu sein, das für "Akzeptanz" zu sorgen habe. "Wir wollen nicht Akzeptanz haben, sondern Mitwirkung", sagte Töpfer. Nur durch die weitestgehende Beteiligung der Betroffenen könne Vertrauen entstehen.

Deutlich wurde in der Anhörung, dass die für die Endlagersuche zuständigen Behörden sich mitten in der Aufbauphase befinden. Das BfE hat nach den Worten seines Präsidenten König zu Jahresbeginn Fachpersonal aus dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) übernommen und schreibt derzeit Stellen auch extern aus. Die Personalgewinnung sei allerdings schwierig, weil die Zahl qualifizierter Bewerber außerordentlich gering und die Konkurrenz auf diesem Segment des Arbeitsmarktes heftig sei. Immerhin hätten König und Heinen-Esser einnader versprochen, gegenseitig kein Personal abzuwerben.

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3. Grüne wollen Bürgerversicherung

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die schrittweise Einführung einer Bürgerversicherung. Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) beruhe derzeit fast ausschließlich aus Einkünften aus Beschäftigung und werde hauptsächlich von Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen getragen, heißt es in einem Antrag (18/12951) der Fraktion. Das sei unsolidarisch und gefährde die finanzielle Stabilität.

Arbeitnehmer mit höherem Einkommen, Beamte, Minister, Abgeordnete und viele Selbstständige sorgten in der Privaten Krankenversicherung (PKV) nur für sich selbst vor. Viele wünschten sich im Alter bei sinkenden Einkommen und steigenden Prämien eine solidarische Absicherung.

Das gespaltene Krankenversicherungssystem führe zu Rosinenpickerei und zu einer Zwei-Klassen-Medizin. Das System biete für viele ältere Versicherte, für kleine Handwerker oder Soloselbstständige mit geringem Einkommen keine bezahlbare soziale Absicherung. Die Menschen müssten jedoch darauf vertrauen können, dass sie auch in Zukunft verlässlich und mit bezahlbaren Beiträgen abgesichert seien.

In die Bürgerversicherung müssten alle nach ihren finanziellen Möglichkeiten einzahlen. Auch andere Einkunftsarten wie Aktiengewinne würden in die Finanzierung einbezogen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber würden wieder jeweils zur Hälfte an den Beiträgen beteiligt. Die Zusatzbeiträge würden abgeschafft. Die Leistungen von Ärzten würden einheitlich vergütet und abgerechnet.

Zudem soll dem Antrag zufolge die Wahlfreiheit ausgebaut werden. So könne die Bürgerversicherung auch von der PKV angeboten werden, die sich dann dem Wettbewerb mit den gesetzlichen Krankenkassen stellen müssten. Alle Bürger könnten somit frei zwischen gesetzlichen und privaten Kassen wählen.

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4. Rückkehrrecht auf Vollzeit

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (18/12794) die Einführung eines Rückkehrrechts auf Vollzeit. Die sogenannte Teilzeitfalle, in der sich vor allem Frauen befänden, habe erhebliche negative Folgen für deren berufliche Entwicklung, das Einkommen sowie die Alterssicherung, kritisieren die Grünen.Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sei ein Rückkehrrecht auf Vollzeitstellen nötig, fordern die Grünen.

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5. Teilhabe und Bildung für Kinder

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Grünen verlangen von der Bundesregierung, ein Maßnahmepaket für eine bessere gesellschaftliche, kulturelle und politische Teilhabe für alle Kinder und Jugendlichen auf den Weg zu bringen. In einem entsprechenden Antrag (18/12795) fordern sie unter anderem, das Bildungs- und Teilhabepaket abzuschaffen. Stattdessen sollten die bisherigen Leistungen für Bildung und Teilhabe zum Teil im Regelsatz und zum Teil durch einen kostenlosen Zugang zu Freizeit- und Bildungsangeboten gewährt werden, heißt es in dem Antrag.

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6. Kommission entscheidet über Mindestlohn

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Der gesetzliche Mindestlohn steht in keinem Zusammenhang mit der Niedriglohnschwelle, sondern dient dazu, Beschäftigte vor Dumpinglöhnen zu schützen. Das stellt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/12722) auf eine Kleine Anfrage (18/12527) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen klar. Sie betont darin ebenfalls, dass die Entscheidung über eine angemessene Höhe des Mindestlohns nicht in der Politik, sondern von der Mindestlohnkommission getroffen werde.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 407 - 28. Juni 2017 - 15.25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2017

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