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BUNDESTAG/7174: Heute im Bundestag Nr. 323 - 17.05.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 323
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 17. Mai 2018, Redaktionsschluss: 09.43 Uhr

1. Hersteller halten Diesel für unverzichtbar
2. Linksextremistisch genutzte Immobilen
3. Fahndung nach G20-Tatverdächtigen
4. Verfassungsschutz in Hessen
5. Europäischer Datenaustausch zum Terror


1. Hersteller halten Diesel für unverzichtbar

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die deutsche Autoindustrie hält Fahrzeuge mit Dieselantrieb zur Erreichung der Klimaziele für unverzichtbar. "Der Dieselmotor leistet einen wesentlichen Beitrag, um die ehrgeizigen EU-Flottengrenzwerte für den Ausstoß von Kohlendioxid einzuhalten", erklärte Kurt-Christian Scheel vom Verband der Automobilindustrie (VDA) in einem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses unter Leitung der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP). Denn der Dieselmotor verbrenne effizienter als ein Benzinmotor und stoße deswegen bis zu 15 Prozent weniger Kohlendioxid aus.

Von den Herstellern wurde zudem darauf hingewiesen, dass es sich beim niedrigeren Steuersatz für Diesel im Vergleich zu Benzin nicht um eine Steuersubvention handele, wie es in einem Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/472) dargestellt werde. Der Antrag war Grundlage des Fachgesprächs. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, die Energiebesteuerung grundsätzlich am Ziel der Dekarbonisierung, also der Senkung des Kohlendioxidausstoßes, auszurichten. Dazu solle die Regierung einen Gesetzentwurf für den schrittweisen Abbau der Energiesteuervergünstigung von Dieselkraftstoff bei gleichzeitiger Anpassung der Kraftfahrzeugsteuern vorlegen und zunächst für den Bereich des Pkw-Verkehrs stufenweise umsetzen. Damit die Dekarbonisierung des Verkehrssektors gelingen könne und der deutschen Automobilindustrie Marktanteile erhalten blieben, sei Technologieoffenheit notwendig, heißt es in dem Antrag.

Es existiere kein einheitlicher Steuersatz für Kraftstoffe, sagte Karoline Kampermann vom Verband der Automobilindustrie. Zudem sehe auch die Energiesteuerrichtlinie der EU keinen Mindeststeuersatz für Dieselkraftstoff vor. Rechtsanwalt Alexander von Wrese erklärte, die Käufer hätten sich für ein Dieselfahrzeug entschieden, "weil diese Technologie zum Zeitpunkt des Kaufes in dem Ruf stand, besonders sparsam und damit umweltschonend zu sein". Eine sukzessive Erhöhung der Steuer auf Diesel stelle einen "Vertrauensbruch" für die Dieselfahrer dar. Nach Ansicht des Anwalts droht ein drastischer Wertverlust der Fahrzeuge bei einer Steuererhöhung. Auch das Handwerk warnte vor Belastungen seiner Betriebe. Carsten Benke (Zentralverband des Deutschen Handwerks) erklärte, die Handwerksbetriebe seien auf Fahrzeuge mit Dieselantrieb angewiesen, so dass eine Anhebung der Steuer keine steuernde, dafür aber eine besteuernde Wirkung haben würde.

Professor Michael Bräuninger (Economic Trends Research) lehnte den Begriff Subvention im Zusammenhang mit der Dieselbesteuerung ab. In fast allen EU-Ländern liege der Steuersatz für Diesel unter dem von Benzin. Eine Ausnahme sei Großbritannien. Selbst wenn die unterschiedliche Steuerstruktur zu Mindereinnahmen beim Staat führe, handele es sich nicht um eine Subvention, sondern eine Begrenzung der Steuerlast für Bürger und Unternehmen. Die Begrenzung der Steuerlast sei sinnvoll, weil Unternehmen und Personen, die größere Strecken zurücklegen müssten, besonders von der Steuer betroffen seien. Dies gelte auch für die Bevölkerung im ländlichen Raum und für untere Einkommensgruppen, die einen höheren Anteil ihres Einkommens für die Steuer aufwenden müssten. Sollten Dieselfahrzeuge durch Benzinfahrzeuge ersetzt werden, drohe eine Zunahme des Kohlendioxid-Ausstoßes um rund 600.000 Tonnen.

Ganz anderer Ansicht war Michael Oppermann vom Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft. Er bezeichnete in seiner Stellungnahme den von der Fraktion Bündnis 90/die Grünen geforderten Abbau der Dieselsubvention als "erforderliche, geeignete und zurückhaltende Maßnahme", um Ziele der Luftreinhaltung und des Klimaschutzes zu erreichen. Durch ein Ende der Dieselsubvention könnten die Emissionen des Straßenverkehrs binnen fünf Jahren um neun Prozent sinken. Der Abbau der Subvention stelle einen zurückhaltenden Eingriff dar und sei Fahrverboten vorzuziehen. Den Steuervorteil des Diesel beziffert das Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft auf deutlich über sieben Milliarden Euro. "Würde ein am Kohlendioxid-Ausstoß orientierte Besteuerung umgesetzt werden, müsste der nominale Dieselsteuersatz sogar rund sechs bis sieben Cent je Liter über dem von Benzin liegen", so das Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft.

Ähnlich argumentierte Jürgen Resch (Deutsche Umwelthilfe). In seiner Stellungnahme forderte er eine Neuordnung der Kraftstoffbesteuerung auf Grundlage des jeweiligen Kohlendioxid-Gehalts und eine "Verkehrswende". Der Dieselantrieb sei nicht erforderlich, um die Klimaschutzziele im Verkehrssektor einzuhalten. Für das Jahr 2014 würden 6.000 vorzeitige Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf die NO2-Hintergrundbelastung zurückgeführt. Vor diesem Hintergrund sei die Beendigung der geltenden steuerlichen Bevorzugung von Dieselkraftstoff gegenüber Benzin mehr als überfällig.

Alexander Möller vom Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) erklärte, für eine Dekarbonisierung des Straßenverkehrs sei eine "Antriebswende" erforderlich. Dazu sei ein attraktives Angebot von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, der Ausbau der Versorgung mit nicht-fossiler Energie sowie die Akzeptanz der Nutzer notwendig. Dem niedrigeren Energiesteuersatz für Diesel stehe für Diesel-Pkw zum Ausgleich ein hoher Zuschlag bei der Kraftfahrzeugsteuer gegenüber. Der müsse bei einer möglichen Anpassung der Energiesteuer abgesenkt werden. Handlungsbedarf sah Möller erst dann, wenn klar sei, welche Form von Mobilität in Zukunft gewollt sei.

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2. Linksextremistisch genutzte Immobilen

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Über die Zahl linksextremistisch genutzter Immobilien berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/2057) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/1367). Danach wird ein Großteil der in Frage kommenden Immobilien nicht ausschließlich von Angehörigen der linksextremistischen Szene, sondern auch von Nichtextremisten aufgesucht und genutzt. Nur in wenigen Fällen könne von einer ausschließlichen Nutzung durch Linksextremisten gesprochen werden, schreibt die Bundesregierung. In den meisten Fällen könne "keine trennscharfe Grenze zwischen extremistisch und nichtextremistisch genutzten Objekten beziehungsweise deren Nutzern" gezogen werden, sondern es liege eine sogenannte Mischnutzung vor.

Unter dieser Prämisse sind den Angaben zufolge bundesweit 51 Objekte als linksextremistisch genutzte Immobilien einzustufen, zu denen offene Informationen vorliegen. Bei der Erfassung fanden laut Vorlage nur Immobilien Berücksichtigung, bei denen Linksextremisten "über eine uneingeschränkte grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit verfügen, etwa in Form von Eigentum, Miete, Pacht oder durch ein Kenn- und Vertrauensverhältnis zum Objektverantwortlichen". Weitere Erfassungskriterien seien die "politisch ziel- und zweckgerichtete sowie die wiederkehrende Nutzung durch Linksextremisten".

Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, haben Linksextremisten bei sechs Objekten als Eigentümer, bei 14 Objekten als Mieter und in zwei Fällen aufgrund eines Mietkaufs Zugriff und Verfügungsgewalt. In den übrigen Fällen beruhe die Zugriffsmöglichkeit auf der Besetzung des Objekts, einem Kenn- oder Vertrauensverhältnis zum Objektverantwortlichen oder sei nicht näher zu bestimmen.

Zu weiteren Objekten liegen den Verfassungsschutzbehörden laut Bundesregierung vertrauliche Informationen vor. Eine detaillierte Auflistung dieser Objekte könne nicht veröffentlicht werden, "da die linksextremistische Szene daraus Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Sicherheitsbehörden ziehen und ihre weitere Vorgehensweise gezielt danach ausrichten könnte".

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3. Fahndung nach G20-Tatverdächtigen

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um eine "Öffentlichkeitsfahndung nach Verdächtigen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel auf europäischer Ebene" geht es in der Antwort der Bundesregierung (19/2058) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/1652). Danach hatte das Landeskriminalamt (LKA) Hamburg eine Beratungsanfrage an das Bundeskriminalamt (BKA) gestellt. Es benötigte den Angaben zufolge Informationen zur Umsetzung der Öffentlichkeitsfahndungen nach bislang unbekannten G20-Tatverdächtigen in 15 europäischen Ländern.

Wie aus der Vorlage weiter hervorgeht, übersandte das LKA Hamburg an das BKA eine sogenannte Fahndungsliste mit 24 Personen. "Diese Personen haben sich an den Ausschreitungen während des G20-Gipfels beteiligt", heißt es in der Antwort. Ermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruches, von Brandstiftungen und von gefährlichen Körperverletzungen seien eingeleitet worden.

Das BKA übermittelte die Fahndungsliste des LKA Hamburg laut Bundesregierung im April 2018 an die durch das Landeskriminalamt ausgewählten europäischen Staaten mit der Bitte um Identifizierung beziehungsweise Mitteilung von Erkenntnissen zu den 24 abgebildeten Personen. Rückmeldungen der europäischen Behörden werde das BKA an das LKA Hamburg weiterleiten.

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4. Verfassungsschutz in Hessen

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Einen Gesetzesentwurf "zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen" thematisiert die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/2064). Wie die Abgeordneten darin schreiben, plant die hessische Landesregierung mit dem Gesetzentwurf eine Ausweitung der Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV). Insbesondere solle das LfV Hessen danach "die Befugnis und Mittel erhalten, zur Informationsgewinnung Computersysteme zu hacken". Wissen will die Fraktion unter anderem, wie die Bundesregierung "eine Ausweitung der nachrichtendienstlichen Befugnisse im Hinblick auf die Überwachung informationstechnischer Systeme" vor dem Hintergrund bewertet, "dass Nachrichtendienste nach Ansicht der Fragesteller wesentlich schwieriger demokratisch zu kontrollieren sind als beispielsweise Polizeibehörden".

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5. Europäischer Datenaustausch zum Terror

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Datenaustausch im Rahmen der geheimdienstlichen europäischen ,Gruppe für Terrorismusbekämpfung' (CTG)" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/2077). Wie die Abgeordneten darin ausführen, kooperiert das Bundesamt für Verfassungsschutz nach einer Gesetzesänderung vom Sommer 2016 mit 29 europäischen Geheimdiensten in Den Haag. Wissen wollen sie unter anderem, welche Haltung die Bundesregierung zur Frage vertritt, "ob die CTG als informelles Gremium für die multilaterale Zusammenarbeit für den dort erledigten Datentausch einen formellen Rahmen oder einen Vertrag öffentlichen Rechts benötigt".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 323 - 17. Mai 2018 - 09.43 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2018

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