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BUNDESTAG/7295: Heute im Bundestag Nr. 445 - 25.06.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 445
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 25. Juni 2018, Redaktionsschluss: 16.27 Uhr

1. Kritik an Ausdehnung der Arbeitszeiten
2. Kritik an Tiertransporten in Drittländer
3. Entlastung von Ländern und Kommunen
4. Mögliche Vielehen in Deutschland
5. Linksextremistisch genutzte Immobilien
6. Rechte Verdachtsfälle unter Gewalttaten
7. Fragen zu Durchsuchung in Wien


1. Kritik an Ausdehnung der Arbeitszeiten

Arbeit und Soziales/Ausschuss

Berlin: (hib/CHE) Überwiegend skeptisch bewerten Sachverständige einen Gesetzentwurf (19/1174) der FDP-Fraktion zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Das wurde in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag deutlich. Die FDP möchte die Regelungen für eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden zugunsten einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit abschaffen. Gegenstand der Anhörung waren neben dem Gesetzentwurf noch zwei Anträge der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Die Linke plädiert in ihrem Antrag (19/2522) unter anderem für ein stärkeres Mitbestimmungsrecht von Betriebs- und Personalräten bei Fragen der Personalbemessung und der Arbeitszeiten. Die Grünen verlangen in ihrem Antrag (19/2511), dass Beschäftigte im Rahmen von 30 bis 40 Stunden pro Woche ihre Arbeitszeit selber regulieren können.

In der Anhörung verwies Beate Beermann von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin auf den "ungünstigen Einfluss" längerer täglicher Arbeitszeiten auf das Unfallrisiko, die Produktivität und die Gesundheit der Beschäftigten. "Um abschalten zu können, ist eine bestimmte Ruhezeit einfach nötig", sagte sie. Kai Seiler, Leiter des Landesinstituts für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen, betonte, die Erhöhung der täglichen Arbeitszeit bei gleichzeitiger Aufweichung der Ruhezeiten sei "auf Dauer keine günstige Kombination". Denn dann müsse am Schlaf gekürzt werden, mit den bekannten gesundheitlichen Folgen, so Seiler. Beide Sachverständige verwiesen außerdem darauf, dass der heutige Rechtsrahmen genügend Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten biete. Eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes lehnte auch Nadine Absenger vom Deutschen Gewerkschaftsbund ab. "Längere Arbeitszeiten erfordern längere Ruhezeiten. Wie soll das funktionieren, wenn man aber die Arbeitszeit ausdehnen und die Ruhezeit gleichzeitig verkürzen will?", fragte sie. Der Arbeitsrechtler Wolfhard Kohte kritisierte, dass der FDP-Entwurf keinerlei Begrenzungspunkte sowohl für die Arbeitszeiten als auch die Ruhezeiten enthalte. Dadurch löse sich die Korrelation zwischen Belastung und Dauer der Arbeit auf, sagte er.

Zustimmung zu dem Anliegen der FDP kam dagegen von den Arbeitgebern. Roland Wolf von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände sagte, dies würde zu einer Entzerrung der Arbeitszeiten führen, sie könnten so einfacher über die Woche verteilt werden. "Die Arbeitszeit bleibt gleich, sie wird nur anders verteilt", versicherte Wolf. Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) äußerte sich zustimmend. Das Arbeitszeitgesetz passe nicht mehr in die moderne Zeit und auch die Arbeitnehmer würde eine Flexibilisierung einfordern, sagte Dirk Wohlfeil vom HDE. Ablehnend äußerten sich beide Vertreter zu den Oppositionsanträgen. Das Betriebsverfassungsgesetz garantiere den Betriebsräten schon heute ausreichend Mitspracherechte. "Es gibt keinerlei Bedarf, das noch auszudehnen", sagte Wolf. Dirk Wohlfeil ergänzte, die Dienstleistungsbranche müsse sich an den Wünschen der Kunden orientieren und entsprechend planen und könne nicht danach gehen, wann die Beschäftigten arbeiten wollen.

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2. Kritik an Tiertransporten in Drittländer

Ernährung und Landwirtschaft/Anhörung

Berlin: (hib/EIS) Die Zahl der Langstreckentransporte von lebenden Tieren in außereuropäische Länder steigt seit Jahren an. "Es ist uns daher ein großes Anliegen, dieses Gespräch zu führen", begründete Ausschussvorsitzender Alois Gerig (CDU) am Montag die Notwendigkeit eines öffentlichen Fachgesprächs des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft über die Situation von Lebendtiertransporten in Drittländer, "denn die europäischen Tierschutzbestimmungen sind bis zum Bestimmungsort einzuhalten, auch wenn dieser außerhalb der EU liegt." Fünf Sachverständige nahmen in der Sitzung dazu Stellung, der Anträge der FDP (19/435) und von Bündnis 90/Die Grünen (19/448) zugrunde lagen.

Markus Krümpel von der Viehhandlung Krümpel GmbH erläuterte, dass sein Unternehmen aus Deutschland heraus keine Schlachttiere direkt in Drittländer exportieren würden, weil es keine Veterinärabkommen mit Nicht-EU-Staaten gebe. Es würden nur Zuchttiere ausgeführt. Insgesamt exportiere sein Unternehmen rund 350.000 Nutztiere pro Jahr hauptsächlich in die Niederlande. "Nur ein kleiner Teil geht in die Türkei oder nach Russland", sagte Krümpel. Der Unternehmer befürwortete die geltenden Vorgaben der EU-Verordnung (EG) Nr. 1 / 2005 zum Schutz von Tieren beim Transport. Entscheidend sei jedoch aus seiner Sicht, dass die Richtlinie in allen EU-Mitgliedsstaaten eingehalten werde. Für den Erhalt des Transports von Tieren in Deutschland sprach sich Bianca Lind, Geschäftsführerin beim Bundesverband Rind und Schwein e.V. (BRS), aus. Zwar seien die Transporte für die Tiere eine Belastung, aber die Bedingungen in Deutschland seien zumutbar und vertretbar. Auch der Export von Zuchtrindern aus Deutschland heraus müsse erhalten bleiben, denn in der Bundesrepublik gebe es die größte Population von rund 2,7 Millionen Zuchttieren, "die weltweit sehr gefragt sind". Doch müsse auch aus Sicht der Verbandsvertreterin darauf gepocht werden, dass die Regeln in allen EU-Staaten gleich gelten.

Mangelhafte Kontrollen, unzureichende Durchsetzung der Regeln und zu geringe Strafen bemängelte Alexander Rabitsch, der vierzehn Jahre lang in Österreich Tiertransportkontrollen durchgeführt hat. Mittlerweile würden viele Transporte nach Süden Österreich umfahren, weil die Transportkontrollen streng seien. Selbst bei Kurzstreckentransporten sei die Einhaltung der Vorschriften schlecht. "Kein Transport ohne Mängel", fasste Rabitsch seine Erfahrungen zusammen. Langstreckentransporte außerhalb der EU bewertete Rabitsch als Tierquälerei. Transporte nach Asien würden hinter Moskau gar nicht mehr kontrolliert. Im Süden würden viele Tiere in den heißen Monaten im Sommer in den Nahen Osten transportiert. Er selbst habe Tierquälerei in Drittländern wie in Marokko selbst erlebt. Die Schlachtung auf den Märkten sei schlecht abgelaufen und habe nicht den EU-Standards entsprochen, obwohl es sich um aus Europa importierte Tiere gehandelt habe.

Auch Holger Vogel, Präsident des Bundesverbandes der beamteten Tierärzte e.V. (VbT), kritisierte, dass die Tierschutzregeln hinter den EU-Grenzen gar nicht durchgesetzt würden. Es sei unter den gegeben Umständen ohnehin schwierig mit nur rund 3.900 Amtstierärzten in ganz Deutschland alle Aufgaben zu erfüllen. Zudem seien die für den Export in Drittländer notwendigen Zertifikate "tierseuchenlastig" gestaltet. Tierschutzverstöße würden im Vergleich dazu zu wenig berücksichtigt. Ein weiteres Problem sei, dass die EU-Verordnung 1 / 2005 nicht bußgeldbewertet sei. Nur über den Umweg des Tierschutzgesetzes könnten Strafzahlungen "konstruiert" werden. "Das ist ein Papiertiger", monierte Vogel den Handlungsspielraum durch die EU-Verordnung. Aus veterinärmedizinischer Sicht stelle sich zudem die Frage, ob Zuchttiertransporte überhaupt noch notwendig seien. Durch Embryotransfer oder Besamung gebe es Alternativen.

Kritik übte auch Frigga Wirths von der Akademie für Tierschutz, weil das Thema bereits seit dreißig Jahren ohne nennenswerte Fortschritte behandelt werde. EU-weit würden rund vier Millionen Tiere aus Europa in Drittländer exportiert. Dabei handele es sich im Wesentlichen um Schlachttiere und rund 60.000 Zuchttiere, die im vergangenen Jahr aus Deutschland verschickt worden seien. "Es geht diesen Tieren nicht gut", sagte Wirths. Auch die Zuchttiere würden schnell in Schlachthöfen landen. Die Bedingungen dort seien schlecht. Den Tieren würden die Augen ausgestochen und die Sehnen durchgeschnitten, um sie wehrlos zu machen für die betäubungslose Schlachtung. Wirths drang deshalb darauf, dass keine Transporte mehr in Drittländer erlaubt werden dürfen, sollten diese nicht mindestens dem EU-Niveau entsprechen.

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3. Entlastung von Ländern und Kommunen

Haushalt/Unterrichtung

Berlin: (hib/SCR) Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, Kommunen und Länder bei den Kosten der Integration stärker zu unterstützen. Es sei notwendig, "dass die bestehenden Entlastungsregelungen in Form der Integrationspauschale, für die Kosten der Unterkunft sowie für die unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen und Ausländer mindestens in ihrer bisherigen Höhe fortgeführt und bedarfsgerecht verstärkt und erweitert werden", heißt es in der Stellungnahme des Bundesrates (19/1701) zum Entwurf des Bundeshaushalts 2018 (19/1700). Zudem fordert die Länderkammer ausgabenseitig "ein größeres Gewicht auf langfristige wachstumsstärkende Ausgaben zu legen und Investitionsbedarfe (...) konsequent anzugehen".

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4. Mögliche Vielehen in Deutschland

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um mögliche Vielehen geht es in der Antwort der Bundesregierung (19/1997) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/1738). Danach ist die Anzahl möglicher Vielehen unter in Deutschland lebenden Menschen nicht bekannt. "Nach Deutschland eingereiste Personen müssen (bei deutscher Staatsangehörigkeit) und können (bei ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit) ihre im Ausland geschlossene Ehe grundsätzlich nicht im Standesamt nachbeurkunden lassen", heißt es in der Vorlage.

Darin verweist die Bundesregierung zugleich darauf, dass dem Grundgesetz, das den Bestand und die wesentlichen Strukturen von Ehe und Familie "als Institutsgarantie" gewährleiste, das "Bild der Einehe" zugrundeliege. Paragraf 1.306 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verbiete bereits "die Eingehung einer Vielehe, unabhängig davon, wo die Ehe geschlossen wird, wenn deutsches Recht für die Eheschließung anwendbar ist". Im Übrigen sei der "ordre public-Vorbehalt des Artikels 6 des Einführungsgesetzes zum BGB zu beachten". Zudem stelle Paragraf 172 des Strafgesetzbuches (StGB) in Verbindung mit Paragraf 3 StGB die Eingehung einer Doppelehe im Inland unter Strafe; soweit deutsches Strafrecht auf Auslandstaten anwendbar ist, gelte dies auch für die Eingehung im Ausland.

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5. Linksextremistisch genutzte Immobilien

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Begriffsbestimmung linksextremistisch genutzter Immobilien ist Thema der Antwort der Bundesregierung (19/2881) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/2462). Danach hat die Bundesregierung bei der Beantwortung (19/2057) einer früheren Kleinen Anfrage der Fraktion zu "Immobilien der linksextremen Szene" (19/1367) "eine Definition zugrunde gelegt, wonach nur solche Immobilien aufzuführen sind, bei denen Linksextremisten über eine uneingeschränkte, grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit verfügen, etwa in Form von Eigentum, Miete, Pacht oder durch ein Kenn- und Vertrauensverhältnis zum Objektverantwortlichen". Zusätzlich zu dieser uneingeschränkten, grundsätzlichen Zugriffsmöglichkeit müsse nach dieser Definition auch das Erfordernis der politisch ziel- und zweckgerichteten Nutzung und auch die wiederkehrende Nutzung durch Linksextremisten hinzukommen.

Wie die Bundesregierung weiter ausführt, ist diese Begriffsbestimmung "inhaltsgleich zu jener, die bei der Beantwortung der nahezu gleichlautenden Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke zu rechtsextremistischen Immobilien zugrunde gelegt wurde".

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6. Rechte Verdachtsfälle unter Gewalttaten

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Rechte und rassistische Verdachtsfälle unter Gewalttaten seit 2016" sind Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/2775). Darin schreibt die Fraktion, es bestehe oftmals eine Diskrepanz zwischen der Erfassung politisch rechts motivierter Kriminalität durch staatliche Behörden und den von Opferverbänden und Beratungsstellen geführten Statistiken. Wissen will sie unter anderem, welche von 23 in der Vorlage aufgeführten Straf- und Gewalttaten nach Kenntnis der Bundesregierung im Kriminalpolizeilichen Meldedienst (KPMD) als Fälle politisch rechts motivierter Kriminalität erfasst sind.

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7. Fragen zu Durchsuchung in Wien

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Gefahr des Datenabflusses von Bundesamt für Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt durch Ermittlungen in Österreich" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/2777). Wie die Fraktion darin ausführt, wurden am 28. Februar 2018 in Österreich Räumlichkeiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) durchsucht und dabei Akten und elektronische Datenträger sichergestellt. "Vorgeblich ging es dem von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) geführten Innenministerium dabei um Korruptionsbekämpfung", schreibt die Fraktion weiter.

Wissen will sie, welche eigenen Erkenntnisse die Bundesregierung zu den Ermittlungen der österreichischen Justiz gegen das BVT hat. Auch erkundigt sie sich unter anderem danach, ob es nach Kenntnis der Bundesregierung zutrifft, dass Daten aus dem Austausch des BVT mit Partnerdiensten beschlagnahmt wurden, und ob davon gegebenenfalls auch solche Daten betroffen sind, "die das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) an das BVT übermittelt hat".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 445 - 25. Juni 2018 - 16.27 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2018

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