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BUNDESTAG/7904: Heute im Bundestag Nr. 038 - 14.01.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 38
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 14. Januar 2019, Redaktionsschluss: 15.58 Uhr

1. Migrationspakt rechtlich nicht bindend
2. Ethische Fragen rund um KI
3. Regierung hat Gespräche nicht erfasst
4. Rolle von Hinterlegungsscheinen
5. Share Deals auf dem Immobilienmarkt
6. Grundstücke auf Insel Ummanz


1. Migrationspakt rechtlich nicht bindend

Petitionen/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Durch den UN-Migrationspakt werden nach Aussage des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Niels Annen (SPD), "weder nationale noch sonstige Rechte eingeschränkt". Es handle sich vielmehr um eine Vereinbarung, die rechtlich nicht bindend sei, sagte Annen während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montagmittag.

Grundlage der Sitzung war die Eingabe des Petenten Ludwig Englmeier mit der Forderung, die Bundesregierung solle dem globalen Migrationspakt (Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration) nicht beitreten, sich in der UN-Generalversammlung im September 2019 in der Abstimmung darüber der Stimme enthalten und eine Erklärung bei den Vereinten Nationen abgeben, wonach der globale Migrationspakt für Deutschland nicht bindend sei. Knapp 108.000 Mitzeichnungen erhielt die Petition, der zufolge der Pakt nicht geeignet ist, Migrationsfragen zu regeln. "Es ist ein Verlust deutscher Souveränität in der Einwanderungspolitik und ein Verwischen der Unterschiede zwischen legaler und illegaler Migration zu befürchten", heißt es in der Vorlage.

Vor den Abgeordneten sagte der Petent, der UN-Migrationspakt binde die unterzeichnenden Staaten zwar nicht rechtlich, "aber politisch". Es werde erwartet, ihn umzusetzen. Englmeier kritisierte, dass in dem Pakt die Rede davon sei, dass Migration eine "Quelle des Wohlstandes" sei. Für Deutschland entstünden aber Kosten in Höhe von fast einer Billion Euro innerhalb der nächsten 50 Jahre für den Lebensunterhalt der zugewanderten Migranten, sagte er. Auch ist aus Sicht des Petenten die in dem Pakt geregelte Migration kein Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Da in dem Übereinkommen gefordert werde, die Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte aus den typischen Herkunftsländern zu vermeiden, sei davon auszugehen, dass hauptsächlich geringqualifizierte Migranten nach Deutschland kämen. Zuwanderung müsse sich aber nach deutschen Interessen richten, forderte Englmeier.

Der UN-Migrationspakt sei sehr wohl im Interesse der Bundesrepublik Deutschland, befand hingegen Staatsminister Annen. "Der wesentliche Gewinn des Paktes liegt darin, dass sich die ganze Staatengemeinschaft umfänglich mit dem schwierigen und wichtigen Thema Migration auseinandergesetzt hat", sagte er. Der Pakt schaffe die Grundlage für eine zunehmende internationale Kooperation im Bereich der Migration - auch was die Grenzsicherung und den Datenaustausch angehe. "Deutschland verpflichtet sich zu Nichts, wozu es nicht ohnehin schon verpflichtet ist", betonte Annen. Auch begründe der Pakt "keine neuen Ansprüche auf Sozialleistungen in Deutschland". Die Rechte, die in dem Pakt dargestellt würden, seien Rechte, zu deren Wahrung Deutschland unabhängig von dem Pakt auf Grundlage des Grundgesetzes bereits verpflichtet sei. Ziel des Paktes sei eine Vereinbarung für die sichere, geregelte Migration. Migration sei schließlich eine Tatsache, die man nicht negieren könne, sagte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt. Dafür werde ein Handlungsrahmen benötigt.

Der den Petenten begleitende Jurist Ulrich Vosgerau vertrat hingegen die Auffassung, durch den UN-Migrationspakt werde neues Recht geschaffen. Dies werde auf zwei Wegen geschehen, so Vosgerau. So würden Gerichte den Migrationspakt als "Soft Law" heranziehen, um bereits bestehende Rechtsnormen mit unbestimmten Rechtsbegriffen auszulegen. Zudem könne dieses Soft Law zum Völkergewohnheitsrecht erstarken.

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2. Ethische Fragen rund um KI

Künstliche Intelligenz - Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Potenziale/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Mit ethischen Fragen der Künstlichen Intelligenz (KI) haben sich die Mitglieder der Enquete-Kommission zur Künstlichen Intelligenz in ihrer Sitzung am Montag beschäftigt. In öffentlichen Kurzvorträgen umrissen sechs Sachverständige dabei wesentliche theoretische und praktische Aspekte des Themas.

Knut Löschke (Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig) betonte, dass es keine besondere KI-Ethik gebe. Vielmehr gehe es um die grundsätzlichen ethischen Fragen, die sich auf den Einsatz von Instrumenten und Werkzeugen bezögen. Der Begriff KI führe die Diskussion in die falsche Richtung, sagte Löschke. Er chlug vor, stattdessen von "brain extension" zu sprechen.

Alexander Filipovic (Hochschule für Philosophie München) umriss verschiedene Problembereiche in Bezug auf Ethik und KI. Vornehmlich gehe es aktuell darum, im Bereich der angewandten Ethik den Gebrauch der sogenannten "schwachen KI" zu betrachten. Filipovic verwies auf die Herangehensweise der von der EU-Kommission eingesetzten "High-Level Expert Group on Artificial Intelligence", Diese leite aus Grundwerten abstrakte Prinzipien ab und entwickle dann Werte anhand konkreter Fälle. Je konkreter es dabei werde, desto kontroverser werde diskutiert, sagte Filipovic.

Andrea Martin (Chief Technology Officer für IBM) berichtete, wie IBM mit Fragestellung der KI-Ethik umgeht. Martin verwies dazu unter anderem auf den Leitfaden für IBM-Entwickler sowie weitere Angebote des Unternehmens, mit denen Entwickler etwa prüfen könnten, ob ihre KI-Lösungen faire Ergebnisse produzierten.

Katharina Zweig (TU Kaiserslautern) stellte eine sogenannte Blackbox-Analyse zur Kontrolle von KI-Anwendungen vor. Konkret ging sie dabei auf eine Untersuchung zur Personalisierung von Google-Suchergebnissen ein. Zweig stellte zudem Kosten und Voraussetzungen dieser Kontrollmöglichkeit dar.

Hannah Bast (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) problematisierte die Erklärbarkeit beziehungsweise Verzerrung (Bias) von Ergebnissen KI-basierter Anwendungen. Die Systeme lieferten nicht ohne weiteres eine verständliche Erklärung ihrer Ergebnisse, sagte Bast. Das erfordere weitere Arbeit, etwa die Entwicklung eines zusätzlichen Systems. Gleiches gelte für den Umgang mit einem Bias. Es sei daher eine politische Frage, in welchen Fällen man Erklärbarkeit beziehungsweise Mechanismen gegen ein Bias fordere, sagte Bast.

Lothar Schröder (Mitglied des ver.di-Bundesvorstands) kritisierte, dass es bei der Diskussion um KI an einer gesellschaftlichen Vision fehle. Aus gewerkschaftlicher Sicht seien zudem beim KI-Einsatz etwa Aspekte der Mitbestimmung wichtig. Konkret verwies Schröder beispielsweise auf KI-gestützte Bewerberauswahl.

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3. Regierung hat Gespräche nicht erfasst

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Gespräche in der Regierung besteht nicht. Dies erklärt die Regierung in ihrer Antwort (19/6871) auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/6355), die sich nach der Einflussnahme von Interessenvertretern auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung von Finanzmarktgesetzen an die Verordnung (EU) 2017/2402 und an die durch die Verordnung (EU) 2017/2401 geänderte Verordnung (EU) Nr. 575/2013 erkundigt hatte. Angesichts einer Vielzahl identischer Kleiner Anfragen der Fraktion zu anderen Gesetzentwürfen und angesichts des Umfangs der Überprüfung der aktuellen Gesetzgebungstätigkeit sowie der Detailtiefe von einzelnen Fragen sieht die Bundesregierung die Grenze zur "administrativen Überkontrolle" erreicht.

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4. Rolle von Hinterlegungsscheinen

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Die Fraktion Die Linke stellt in einer Kleinen Anfrage (19/6767) Fragen zur Rolle von sogenannten Hinterlegungsscheinen (American und Global Depository Receipts - ADRs/GDRs) bei der missbräuchlichen Erstattung von Kapitalertragsteuern. Die Bundesregierung soll darlegen, unter welchen Voraussetzungen ADRs und GDRs ausgegeben werden können und angeben, welche Erstattungsfälle ihr bekannt sind und welches Volumen diese haben. In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage wird erläutert, dass die US-Börsenaufsicht festgestellt habe, dass Banken vorläufige ADRs ausgegeben hätten mit dem Ziel, außerhalb der USA unberechtigte Steuererstattungen zu ermöglichen.

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5. Share Deals auf dem Immobilienmarkt

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um sogenannte Share Deals auf dem Immobilienmarkt und dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/6878). Wie die Fraktion in der Vorbemerkung erläutert, werden zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer oft nicht die Grundstücke selbst, sondern Anteile an den grundbesitzenden Unternehmen erworben. In diesen Fällen falle keine Grunderwerbsteuer an. Außerdem werde die Immobilienspekulation begünstigt. Die Bundesregierung soll angeben, welche Bedeutung sie den Share Deals für einen funktionierenden Immobilienmarkt beimisst. Außerdem wird nach der Umfang von Share Deals bei Immobilientransaktionen und bei Verkäufen von landwirtschaftlichen Grundstücken gefragt.

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6. Grundstücke auf Insel Ummanz

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um die Zuordnung ehemaliger volkseigener Grundstücke auf der Insel Ummanz bei Rügen geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/6875). Die Abgeordneten fragen, welche Eigentümer bisher im Grundbuch eingetragen wurden und welche Rechte bei Übertragungen eingeräumt wurden. Auf der Insel herrsche bis heute Unzufriedenheit über die Zuordnung ehemaliger volkseigener Grundstücke nach der Wende, heißt es in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 38 - 14. Januar 2019 - 15.58 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Januar 2019

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